Parlamentskorrespondenz Nr. 640 vom 03.07.2008

Schwerpunkt ÖBB im Rechnungshofausschuss

Huber, Trattner und Steinacker stehen Abgeordneten Rede und Antwort

Wien (PK) - Nicht mit Kritik sparte der Rechnungshof in seinem Prüfbericht betreffend die Immobiliengebarung der Österreichischen Bundesbahn-Holding AG sowie einzelner ÖBB-Gesellschaften, den der Rechnungshofausschuss in seiner heutigen Sitzung behandelte. Nach einer mehrstündigen Debatte wurde der Bericht mit Mehrheit vertagt. Als Auskunftspersonen waren der ehemalige ÖBB-Generaldirektor Martin Huber, Gilbert Trattner, Vorstandsmitglied der ÖBB-Infrastruktur Bau AG, sowie Michaela Steinacker, ehemalige Geschäftsführerin der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, geladen. Nach der Behandlung der Immobiliengebarung der ÖBB wandte sich der Rechnungshofausschuss dem bereits ausführlich debattierten Bericht über die Umsetzung des Bundesbahnstrukturgesetzes (siehe PK-Meldung Nr.458) zu, der zuletzt wegen der Abwesenheit des ehemaligen ÖBB-Generaldirektors Huber vertagt worden war. Nach Auskünften Hubers wurde dieser Bericht heute einstimmig zur Kenntnis genommen.

Rechnungshof-Kritik am Immobilienmanagement der ÖBB

Beim Immobilienmanagement der ÖBB vermisste der Rechnungshof eine Unternehmensstrategie im Sinne einer schriftlich festgelegten langfristigen, strategischen Liegenschaftsplanung. Die Auswahl des Personalberaters bei der Besetzung der Geschäftsführung der ÖBB–Immobilienmanagement Gesellschaft und beim Besetzungsverfahren selbst sei intransparent erfolgt, kritisieren die die RH-Prüfer. Der Vertrag der Geschäftsführerin der ÖBB–Immobiliengesellschaft enthalte großzügige Konditionen, 2006 sei ihr Jahreseinkommen um 52 % über dem Bruttobezug des Bundeskanzlers gelegen. Angestellte der ÖBB–Immobilien-Gesellschaft erhielten Bonifikationen trotz verspäteter schriftlicher Zielvereinbarung, fehlender Beurteilung der Zielerreichung und unzureichender Dokumentation. 

Neben einer Innenrevision fehlten einheitliche Vorgaben für ein systematisches Dokumentenmanagement und eine nachvollziehbare Projektdokumentation ebenso wie konsistent gestaltete Aufzeichnungen über die Kenndaten der Verkäufe von Liegenschaften. Mängel ortete der Rechnungshof auch bei Aufträgen für Gutachter und Berater, die meist mündlich und ohne Vergleichsangebote nahezu ausschließlich an einzelne ausgewählte Auftragnehmer ergingen. Schließlich bezeichnete der Bericht die Zuschlagskriterien zur Bestbieterermittlung bei der Ausschreibung immobilienwirtschaftlicher Bewertungsleistungen für den Hauptbahnhof Wien als nicht nachvollziehbar.

In seinen Empfehlungen regte der Rechnungshof an, die für eine Innenrevision notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen und umfassende Datenbanken einzurichten. Einerseits über die Kenndaten bei Liegenschaftsverkäufen und andererseits als Grundlage für eine nach dem Rotationsprinzip erfolgende Beauftragung von Gutachter– und Rechtsberaterleistungen. Zur Optimierung des Verkaufs von Liegenschaften drängen die Prüfer auf eine umfassende Interessentensuche mit einer größtmöglichen Anzahl von Angeboten, auf Punktesysteme zur Bestbieterermittlung und auf die strikte Einhaltung vorgegebener Verfahren. Bei künftigen Standortentscheidungen will der Rechnungshof die Kosten angemieteter Objekte den Kapitalkosten der Altobjekte inklusive Instandhaltungsinvestitionen gegenübergestellt sehen. Entscheidungen wären jeweils zu dokumentieren und die üblichen Instrumente des Projektmanagements anzuwenden. Weiters verlangt der Rechnungshof die Ausarbeitung einer mehrjährigen Immobilienstrategie und die Sicherstellung des "Vier–Augen–Prinzips" im Immobilienmanagement. Im Stellenbesetzungsverfahren wären alle maßgeblichen Informationen zu dokumentieren. Bei der Gestaltung der Geschäftsführerbezüge sei auf Leistungsanreize zu achten; Bonifikationen seien nur bei Überschreitung des der Höhe des Grundbezuges entsprechenden Kerngeschäfts gerechtfertigt, hielt der Rechnungshof fest.

Diskussion um Personalentscheidungen, Gehälter, fehlende Strategien

Der erste Themenblock galt den Personalentscheidungen und Verträgen, wobei sich Abgeordnete Gabriela Moser (G) vor allem auf die Dienstverträge und Bonifikationen konzentrierte. Ihre Frage richtete sich auch nach den Vorgängen bei der Ausschreibung und Entscheidung für die Geschäftsführung der Immobilienmanagement GmbH. Abgeordneter Günther Kräuter (S) unterschied in seiner Wortmeldung zwischen Benefizien, wie etwa Pensionskassen und die Verwendung des Dienstautos durch Familienmitglieder, und Bonifikationen. Kräuter wollte insbesondere wissen, wer solche Zusatzzahlungen absegnet, obwohl die Dokumentation der Zielerreichung nicht vorliegt. Er erkundigte sich auch, warum kein/e Stellvertreter/in für Michaela Steinacker im Interesse des Vier-Augen-Prinzips aufgenommen worden ist.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) ging zunächst auf die kürzlich präsentierte Bilanz des neuen ÖBB-Chefs Peter Klugar ein, wonach das Betriebsergebnis trotz hoher Zuwächse im Personen- und Güterverkehr schlecht ist. Dies sei auf die Fehler des ehemaligen Managements zurückzuführen, meinte Gradauer. Er wies auch auf die hohen Bundeszuschüsse für die ÖBB hin und unterstrich, dass man mit Steuergeldern sparsam umzugehen habe. Gradauer kritisierte weiters die Gehälter des ÖBB-Managements und fragte, ob die Beträge hinsichtlich der aktienrechtlichen Bestimmungen gedeckt seien. Dem gegenüber meinte Abgeordneter Hermann Gahr (V), es sei notwendig, gute Leute ins Unternehmen zu bekommen, da sich gute Köpfe rechneten. Man müsse sich vor Augen führen, so Gahr, dass die Ausgangssituation bei der ÖBB außerordentlich schlecht gewesen sei. Die Immobilientochter habe sich aber gut entwickelt und es sei gelungen, klare Strukturen zu schaffen. Die Abkehr von einer zentralistischen Führungsstruktur hin zu vier Bereichen, die selbstverantwortlich arbeiten, hätten sich als positiv herausgestellt.

Rechnungshofpräsident Moser stellte in seiner Antwort fest, dass im Immobilienbereich die wirtschaftlichen Entscheidungsgrundlagen fehlten und die Vorgänge äußerst intransparent gewesen seien. Es habe weder eine Kosten-Nutzen-Analyse noch Rentabilitätsrechnungen gegeben. Auch seien keine Alternativbetrachtungen angestellt worden.

Der Holding selbst warf Moser vor, ihre Mitwirkungsbefugnisse bei den Personalentscheidungen weit überschritten und die Eigenverantwortlichkeit der Vorstände der AG übergangen zu haben. So sei zum Beispiel im Vorfeld der Bestellung der Geschäftsführung für die Immobilienmanagement GmbH die Auswahl des befassten Personalberaters nicht nachvollziehbar gewesen. Dieser habe dann 8 BewerberInnen für die weitere Selektion empfohlen, davon seien drei Personen vom Präsidium des Aufsichtsrats der ÖBB-Holding zu einem Hearing eingeladen worden, wonach das Präsidium einen einzigen Bewerber als geeignet beurteilt hat. Nachdem dieser seine Bewerbung zurückgezogen hatte, sei man ohne neuerliche Ausschreibung auf eine Direktsuche gegangen und habe sich für Michaela Steinacker entschieden. Dieser Vorgang zeige einen großen Mangel an Transparenz.

Moser kritisierte auch scharf, dass man den Wünschen des Eigentümers nach Wahrung des Vier-Augen-Prinzips nicht nachgekommen sei und man bis dato noch keine/n zweite/n Geschäftsführer/in der Immobilienmanagement GmbH bestellt habe. Es sei zwar dazu eine Ausschreibung erfolgt, die vor Ungereimtheiten strotze, wie sich der Rechnungshofpräsident ausdrückte, letztendlich habe sich aber die Holding dafür entschieden, das Vier-Augen-Prinzip durch die Einbindung des Vorstands der Muttergesellschaft zu ersetzen.

Was die Gehälter betrifft, so gab Moser Abgeordnetem Gahr insofern recht, dass der Markt den Preis bestimmt. Umso wichtiger sei daher die Transparenz in diesem Bereich. Moser kritisierte jedoch, dass Bonifikationen ausgezahlt worden sind, obwohl das Ziel der bestmöglichen Nutzung und Verwertung nicht erreicht worden sei. Außerdem seien Bonifikationen auch für Kerntätigkeiten gewährt worden.

Martin Huber verwies in seiner Stellungnahmen zunächst auf das Bundesbahnstrukturgesetz, wonach die ÖBB als Aktiengesellschaft nun über einen gleichen Stellenwert verfüge, wie etwa Siemens, die OMV und die Post. Er zitierte auch § 70 des Aktiengesetzes, wonach der Vorstand eigenverantwortlich und weisungsfrei handelt.

Der ehemalige ÖBB-Chef legte ausführlich dar, warum er gegen eine/n zweite/n Geschäftsführer/in der Immobilienmanagement GmbH gewesen ist. Diese habe etwas mehr als 300 MitarbeiterInnen, verfüge über keinen eigenen Besitz und stelle eine reine Dienstleistungsgesellschaft für die ÖBB-Infrastruktur Bau AG dar. Auch habe die ÖBB-Technische Services GmbH nur einen Geschäftsführer, obwohl dieser Bereich für rund 4.000 Mitarbeiterinnen verantwortlich sei. Ähnlich sehe es bei anderen Teilbereichen aus. Durch die Struktur der Entscheidungsfindung gebe es kein Vier-Augen-Prinzip, sondern ein Vierzig-Augen-Prinzip, betonte Huber, und ein größeres Ausmaß an Transparenz sei kaum möglich. Huber erklärte dies damit, dass das Pouvoir für die Geschäftsführung der Immobilienmanagement GmbH mit 70.000 € limitiert sei. Bei Geschäften zwischen 70.000 und 200.000 € müsse der Vorstand der ÖBB-Infrastruktur Bau AG befasst werden, bei Beträgen darüber hinaus dessen Aufsichtsrat.

Was die Bonifikationen und Benefizien betrifft, so konnte Huber nicht nachvollziehen, warum Spitzenmanager der ÖBB anders behandelt werden sollten, als jene anderer Unternehmungen. Die Diskussion um die Dienstautos bezeichnete er als lächerlich. Die Verträge entsprächen weitgehend der Vertragsschablonenverordnung. Huber ortete auch Ungereimtheiten zwischen Bundesbahnstrukturgesetz und Aktiengesetz, wobei er sich, wie er festhielt, für die strenge gesetzliche Basis des Aktiengesetzes mit seinen Haftungsbestimmungen entschieden habe.

Hinsichtlich der Managementgehälter und deren Steigerungen warf Huber dem Rechnungshof vor, diese falsch dargestellt zu haben. Der Rechnungshof habe Vergleiche ohne Bereinigung vorgenommen. Er habe daher ein eigenes Gutachten erstellen lassen, das zum Schluss kommt, dass die Gehälter nicht um 84 %, sondern um 29 % gestiegen sind, und jene im Immobilienbereich sogar um 1 % gesunken sind.

Dem entgegnete Rechnungshofpräsident Moser, der Einkommensbericht seines Hauses beruhe auf den Meldungen der einzelnen Unternehmen. Der Rechnungshof selbst stelle keine Plausibilitätskontrolle der ihm zur Verfügung gestellten Informationen an. Das zeige aber die Notwendigkeit, die Vorstandsbezüge zu prüfen, wie dies derzeit geschehe. Moser wies aber darauf hin, dass die Schere zwischen Managerbezügen und Angestellten bei den ÖBB stark auseinander gehe und einen Spitzenwert im Vergleich zu anderen Unternehmen darstelle. Die Aussage Hubers zu den Kompetenzen der Geschäftsführung der Immobilienmanagement GmbH mache die Berechtigung klar, zu hinterfragen, ob die Bezüge für die Geschäftsführung tatsächlich angemessen sind. Grundsätzlich bezweifelte Moser die Vereinbarkeit mancher Konzernrichtlinien mit dem Aktiengesetz.  

Martin Huber (ÖBB) replizierte auf Moser, es habe bezüglich der Datenmitteilung eine Mustervorlage des Rechnungshofs gegeben, die man nicht in einer anderen Weise ausfüllen konnte. Die Darstellungen des Rechnungshofpräsidenten seien formal möglicherweise richtig, sagte Huber, fest stehe allerdings, dass die Schere zu Lasten, und nicht zu Gunsten des Vorstandes auseinander gegangen ist.

Zu seiner Tätigkeit bemerkte Huber, das Management habe die Gesellschaft mit einem Minus von 180 Mio. Euro übernommen. 2005 sei dann eine Verbesserung von mehr als 190 Mio. Euro erreicht worden. Dazu komme, dass es zwischen 2005 und 2007 gelungen sei, den Umsatz um 1 Mrd. Euro zu steigern. Huber berichtete überdies von Kosteneinsparungen von 300 Mio. Euro jährlich durch Personalreduzierung. Es gebe nicht einen einzigen Euro Verlust, und schon gar keinen Spekulationsverlust, betonte er mit Nachdruck. Vielmehr könne das Management auf einen operativen Erfolg von 270 Mio. Euro verweisen, dafür brauche man sich nicht zu schämen, meinte Huber.

Gilbert Trattner (Infrastruktur Bau-AG) unterstrich, es gebe keine Provisionszahlungen seitens der Bau AG zur Immobilien GesmbH. Um das Liegenschaftsvermögen von 10 Mio. m2 effizient zu bewirtschaften, habe die Bau AG mit der Immo GesmbH einen Managementvertrag abgeschlossen, dem Preise zugrunde liegen, die sich am Markt orientieren. Für die Bau AG sei es in erster Linie darum gegangen, einen Eigenfinanzierungsanteil zu erwirtschaften, wobei die Bewirtschaftung der Immobilien, wie Trattner mit Nachdruck betonte, höchst professionell in Form von Projektgesellschaften und unter Steuer schonender Vorgangsweise erfolgte. Diese Bewirtschaftung sei Grundvoraussetzung, um den Zufluss an öffentlichen Geldern an die ÖBB zu reduzieren. Trattner erinnerte daran, dass die Bahn vor der Reform jährlich 4,3 Mrd. Euro aus dem Budget erhalten hatte. Derzeit gebe es einen sechsjährigen Rahmenplan über 1,6 - 1,7 Mrd. Euro jährlich.

Michaela Steinacker (Geschäftsführerin Immobilien GmbH) teilte mit, ihre Aufgabe habe zunächst darin bestanden, alle entsprechenden Konzessionen für die Bewirtschaftung der Immobilien zu erwerben, vom Hausverwalter, über Immobilienmakler, bis zum Bauträger. Nicht betriebsnotwendiges Vermögen musste verwaltet und verwertet werden. Da nur ein geringer Teil ihrer Mitarbeiter bei der Übernahme tatsächlich aus dem Immobilienbereich kam, stand die fachspezifische Ausbildung des Personals im Vordergrund.

Als Erfolg ihrer Tätigkeit wertete sie vor allem den Umstand, dass allein 2007 103 Mio. Euro an Erlösen erzielt werden konnten und es darüber hinaus gelungen sei, die Leerstände deutlich zu senken. Was ihre eigene Sonderbonifikation von 20 % für das Jahr 2006 betrifft, erklärte sie dies mit Leistungen, die vom Eigentümer honoriert wurden. So habe es in diesem Zeitraum unter ihrer Federführung besonders hohe Verwertungserlöse gegeben. Sie wies in diesem Zusammenhang vor allem auf die Lösung der schwierigen Situation am Bahnhof Wien-Mitte hin und erinnerte an die Bereinigung der Rechtslage von Post-Bahnliegenschaften sowie an das Forderungsmanagement und die Sicherstellung des wirtschaftlichen Ergebnisses der Außenstände.

Rechnungshofpräsident Josef Moser stellte fest, Bonifikationen seien alljährlich im Vorhinein schriftlich zu vereinbaren und kritisierte Zielvereinbarungen, die erst im Nachhinein erfolgt seien. Da in einer Wechselrede zwischen Generaldirektor Martin Huber und dem Rechnungshofpräsidenten nicht geklärt werden konnte, ob dieser Vorwurf des Rechnungshofes berechtigt sei, oder nur ein Mangel in der Dokumentation bestehe, regte Ausschussobmann Werner Kogler an, die Abgeordneten sollten sich durch Akteneinsicht selbst ein Urteil bilden.

Abgeordneter Faul (S) kritisierte den ÖBB-Generaldirektor wegen der Studie, die er auf Kosten des Steuerzahlers in Auftrag gegeben hatte, "um selbst Recht zu behalten". Beim Verkauf von ÖBB-Immobilien seien Provisionen zwischen 20 % und 25 % bezahlt worden, während die Höchstgrenze auf dem Markt bei 3 % liege. Es stelle sich die Frage, warum die ÖBB nicht ein professionelles Immobilienbüro beschäftigt habe, und warum die von Huber zitierten "40 Augen" bei den ÖBB all das nicht gesehen haben, was dem Rechnungshofprüfer beim ersten Blick aufgefallen sei.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) wollte wissen, warum die Immobiliengesellschaft keine konzise Strategie entwickelte, warum sie ihre Tätigkeit so nachlässig dokumentiert habe und warum eine Innenrevision fehle. Moser kritisierte die Beauftragung eines einzigen Gutachters mit 85 % aller Gutachterleistungen und klagte darüber, dass Immobilien nicht unter den Bestbietern versteigert wurden. Ihre Kritik galt auch intransparenten Vergabeverfahren, die den Eindruck der "Freunderlwirtschaft" bei der Verwertung von ÖBB-Immobilien vermittelten.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) erinnerte an die 10.000 Mitarbeiter, die bei den ÖBB während der letzten Jahre abgebaut worden seien, was Kosten für den Staat nach sich gezogen und überdies zu einer katastrophalen Optik geführt habe, da Prämien an Manager ohne Bestätigung vereinbarter Ziele ausgezahlt worden seien.

Abgeordneter Kuckacka (V) mahnte die Verantwortung des Rechnungshofs ein, der die ÖBB durch einen "einseitigen" Bericht schlecht aussehen lasse und damit die Öffentlichkeit verunsichere. Er verwahre sich auch dagegen, hervorragende Manager ständig abzuqualifizieren und erinnerte daran, dass Michaela Steinacker im Jahr 2007 zur "besten Immobilienmanagerin des Jahres" gewählt wurde. Der Rechnungshof sollte auch auf die Voraussetzungen eingehen, unter denen das neue Management seine Arbeit aufgenommen habe. Außerdem sollte der Rechnungshof beachten, dass erst die ÖBB-Reform die Voraussetzungen dafür geschaffen habe, die ÖBB zu prüfen. Erst der Versuch, ein marktgerechtes Unternehmen mit transparenten  Strukturen zu schaffen, habe dem Rechnungshof die Möglichkeit für seine Kritik geboten.

Rechnungshofpräsident Josef Moser wies den Vorwurf, der Bericht des Rechnungshof sei einseitig, entschieden zurück und erinnerte an die langjährige Kritik des Rechnungshofes an den Strukturen der ÖBB und seine Vorschläge für eine Reform des Unternehmens in Richtung Diversifizierung, Transparenz und Entflechtung der internen Finanzierungsströme. Die schwierige Ausgangsposition sei im Bericht dargelegt worden. Die Zusammenführung der Zuständigkeiten für die ÖBB-Immobilien in einer Gesellschaft sei als richtig dargestellt und alle Stellungnahmen der Immobiliengesellschaft in den Bericht eingearbeitet worden. Am Beispiel des Verkaufs der "Erdberger Lände" belegte der Rechnungshofpräsident seinen Vorwurf einer intransparenten Vorgangsweise ohne ausreichende Kosten-Nutzen-Analyse, einer eingeschränkten Interessentensuche, einer nicht nachvollziehbaren Auswahl dreier Interessenten und am Verzicht auf ein Vergleichsgutachten. Mangelhaft sei auch die interne Kommunikation bei der Abwicklung dieses Projekts zu beurteilen. Der Rechnungshof habe aber nicht nur negative, sondern auch positive Aspekte dargestellt, hielt Moser fest.

In einer weiteren Verhandlungsrunde befasste sich Abgeordneter Erwin Hornek (V) mit dem "kaskadenhaften" Aufbau der Kontrolle beim Verkauf von ÖBB-Immobilien und meinte, der Informationsaustausch zwischen Rechnungshofpräsident Moser und Ex-ÖBB-Generaldirektor Huber heute im Ausschuss hätte schon vorher stattfinden sollen.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) qualifizierte die Vereinbarung zwischen ÖBB und Bundesregierung über die Finanzierung der ÖBB-Infrastruktur als Begründung von "Vorbelastungen" in der Höhe von 7,1 Mrd. € für künftige Budgets und bezweifelte, dass diese Vorgangsweise haushaltsrechtskonform sei.

Abgeordneter Kräuter (S) wollte wissen, ob bei den ÖBB "Kopfprämien" für Erfolge beim Personalabbau bezahlt würden.

Michaela Steinacker berichtete von einem sehr ambitionierten Change-Prozess, in dem es gelungen sei, ÖBB-Beamte neu zu qualifizieren, um sie auf neuen Tätigkeitsfeldern, etwa bei der kundenorientierten Vermarktung von Immobilien einsetzen zu können. Die Verwertung von Immobilien stehe in einem engen Zusammenhang mit der Strukturreform, weil es sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt habe, Standorte zu konzentrieren und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu verbessern. Nicht mehr benötigte Immobilien mussten optimal verwertet werden. Dafür seien klare Grundsätze festgelegt worden. Steinacker räumte Fehler in der Dokumentation ein, führte aber aus, dass Dokumente über die 500 Transaktionen vorhanden seien und verstand die Hauptkritik des Rechnungshofes in fehlenden Datenbanken.

Die Wahl des Sachverständigen rechtfertigte Steinacker mit der großen Sicherheit, die er wegen seiner hohen Haftpflichtversicherung bot, sowie mit seiner unbestrittenen Qualifikation.

Gilbert Trattner erläuterte die Arbeit des Investitionsausschusses, der für die Vorbereitung von Aufsichtsratsentscheidungen über Immobilienverkäufe zuständig gewesen sei. Die Frage, welche Flächen behalten und welche verwertet werden sollen, sei auch auf einer ÖBB-internen "Bedarfsprüfungsplattform" diskutiert worden.

Martin Huber stellte klar, dass er und das neue ÖBB-Management einen "krassen Sanierungsfall" übernommen haben und hie und da auch Fehler passiert seien. Über Gehälter zu diskutieren, halte er für sinnlos, sagte Huber und lehnte den Vergleich der Einkommen von ÖBB-Managern und jenem des Bundeskanzlers ab. Die Gehälter vieler anderer Manager in börsenotierten Unternehmen seien wesentlich höher als jene bei den ÖBB.

Die interne Revision, die er bei den ÖBB vorgefunden habe, sei unzweckmäßig gewesen, er habe sie daher ausgelagert und in Form einer Konzernrevision neu aufgebaut. Es gebe keine "Kopfprämien" bei den ÖBB, es sei aber notwendig gewesen, die Personalkosten zu senken und die Altersschichtung in der Belegschaft in Richtung junge Mitarbeiter zu verändern. Das Projekt "Erdberger Lände" sei sehr erfolgreich abgewickelt worden. Ursprünglich hätte die Immobilie um 16 Mio. € verkauft werden sollen, schließlich haben die ÖBB 22 Mio. € erlöst. Ziel der Vereinbarung mit der Bundesregierung über die Finanzierung der Infrastruktur sei die Sicherstellung einer nachhaltigen Finanzierung der Bau-AG gewesen, hielt Martin Huber fest. Keine Auskunft gab der ehemalige ÖBB-Generaldirektor auf Fragen der Abgeordneten Gabriela Moser (G), Manfred Haimbuchner (F) und Alois Gradauer (F) über sein ÖBB-Gehalt, seine Abfertigung, über Finanzspekulationen bei den ÖBB sowie über seine Nebentätigkeiten und Nebengeschäfte.

ÖBB-Strukturreform: Huber verteidigt starke Durchgriffe der Holding

In der wieder aufgenommenen Diskussion über den Rechnungshofbericht zur ÖBB-Strukturreform (100 d.B.) verteidigte Ex-ÖBB-Chef Martin Huber die starken Durchgriffe der Holding gegenüber den Einzelgesellschaften. Ein Konzern sei nur mit straffen Zügeln zu führen, argumentierte er, auch bei den ÖBB sei eine starke Klammer notwendig gewesen, "damit das Werkl funktioniert". So habe die Holding konsequent daran gearbeitet, die Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und versucht, der weit verbreiteten Mentalität entgegenzutreten, dass "Vater Staat" ohnehin alles zahle. Als plakatives Beispiel führte Huber an, dass sich früher Fahrpläne nach den Baustellen richten hätten müssen, während er darauf gedrängt habe, Baustellen nach den Fahrplänen zu richten.

Huber bekräftigte gleichzeitig, die Holding habe in keiner einzigen Phase gegen das Aktienrecht gehandelt. Das habe auch der Rechnungshof nie behauptet, sondern lediglich festgestellt, dass dem Aktienrecht fremde Mittel verwendet worden seien. Die Holding habe, so Huber, nach dem Motto agiert, alles was nicht verboten sei, müsse erlaubt sein.

Ausdrücklich zurückgewiesen wurden von Huber Behauptungen, wonach es sich bei den umstrittenen Finanzgeschäften um Spekulationsgeschäfte gehandelt habe. Er räumte aber ein, dass der Vorstand der Holding, hätte er zum Zeitpunkt des Abschlusses von den Transaktionen gewusst, diese nicht genehmigt hätte.

Wie es zu den Geschäften kommen konnte, erklärte Huber damit, dass ein Mitarbeiter des Fachbereichs Corporate Treasury, die ihm offerierten Geschäfte offenbar nicht ganz verstanden habe. Geschäfte dieser Art seien zu diesem Zeitpunkt seitens des Aufsichtsrats nicht genehmigungspflichtig gewesen, lediglich die Vorstände der Tochtergesellschaften waren eingebunden, nicht aber die Holding selbst.

Generell verteidigte Huber das Konzept des "Corporate Treasury" in den ÖBB. Es sei nicht sinnvoll, in jeder einzelnen Gesellschaft einen eigenen Treasury-Bereich aufzubauen, konstatierte er. Die CT-Truppe sei auch besonders fachlich versiert und bei einer Prüfung absolut positiv bewertet worden.

Was die Bahninfrastruktur betrifft, halte er es nicht für falsch, Bau und Betrieb zu trennen, sagte Huber. Seiner Meinung nach ist aber die Zuordnung der Agenden nicht ganz richtig getroffen worden. So liege die Verantwortung für die laufende Instandhaltung bei der Betriebs AG, jene für größere Baumaßnahmen bei der Bau AG. Das habe, bildlich gesprochen, zur Folge dass die Betriebs AG eine Brücke aus Kostengründen so lange nicht streiche, bis sie ganz rostig und daher die Bau AG dafür zuständig sei. Huber trat dafür ein, die Betriebs AG zu einem klaren Besteller zu machen, die die Bau AG beauftrage.

Zum geplanten Bau des Koralmtunnels merkte Huber an, er sei nie dezidiert gegen den Tunnel gewesen, sondern habe immer nur gesagt, dass dieser sich betriebswirtschaftlich nicht rechne. Da der Bau jedoch ein dringendes Anliegen der Politik gewesen sei, habe er einen entsprechenden Beschluss des Eigentümers verlangt. Dieser habe dafür auch die Verantwortung übernommen.

Zum Abschluss seiner Stellungnahme richtete Huber "als Privatperson und Steuerzahler" den dringenden Appell an die Abgeordneten, die ÖBB aus der Politik herauszuhalten. So lange das Unternehmen Spielball der Politik sei, werde es nicht zur Ruhe kommen, mahnte er. Durch Anschüttungen und Unwahrheiten werde dem Unternehmen und seinen 43.000 Mitarbeitern schwerster Schaden zugefügt. Er habe überhaupt keine Probleme mit der Kontrolle des Rechnungshofes, Empfehlungen und Kritik, sagte Huber, das, was von Seiten der Politik passiere, sei für ihn aber unverständlich.

Zuvor hatten die Abgeordneten Gabriela Moser (G) und Günther Kräuter (S) nochmals auf einige kritische Stellen im Rechnungshofbericht verwiesen und Huber um Auskunft über die Spekulationsgeschäfte, die starken Durchgriffe der Holding und die Trennung des Infrastrukturbereichs in Bau und Betrieb gebeten. Kräuter zeigte sich verwundert darüber, wie so hohe Spekulationsverluste in einem staatlichen Unternehmen überhaupt passieren könnten. Moser übte u.a. Kritik an der Erstellung eines Generalverkehrsplans trotz fehlender Verkehrsprognosedaten. (Schluss)