Parlamentskorrespondenz Nr. 9 vom 14.01.2009

Ressortzuständigkeiten in der Regierung werden neu geregelt

Verfassungsausschuss billigt Änderung des Bundesministeriengesetzes

Wien (PK) – Im Rahmen der Regierungsbildung haben SPÖ und ÖVP vereinbart, bei den Ressortzuständigkeiten einige Adaptierungen vorzunehmen. Die dafür notwendige Novellierung des Bundesministeriengesetzes wurde heute vom Verfassungsausschuss des Nationalrats gebilligt. Der Beschluss erfolgte mit den Stimmen der Koalitionsparteien, seitens der Opposition wurde unter anderem kritisiert, dass es kein eigenes Umweltministerium und kein eigenes Familienministerium gebe. Auch die Übertragung der Sportagenden an Verteidigungsminister Norbert Darabos stieß auf breiten Widerstand.

Im Wesentlichen sind folgende Änderungen bei den Ressortzuständigkeiten vorgesehen: Der Bereich Arbeit (Arbeitsmarktpolitik, Arbeitslosenversicherung etc.) fällt künftig nicht mehr in die Zuständigkeit des Wirtschaftsministeriums, sondern in jene des Sozialministeriums, für das Ex-ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer verantwortlich zeichnet. Dafür werden Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner künftig auch die Kompetenzen für "Jugend und Familie" übertragen. Der Bereich Sport wandert vom Bundeskanzleramt in das Verteidigungsministerium. Außerdem wird Wissenschaftsminister Johannes Hahn künftig allein für den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung zuständig sein und sich nicht mehr mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie abstimmen müssen. Die Verantwortung für "Freiwilligenpolitik" teilen sich künftig das Sozialministerium und das Wirtschaftsministerium.

Ausdrücklich festgelegt wird darüber hinaus, dass die Organisation der nachgeordneten Dienststellen, Behörden, Ämter und Einrichtungen des Bundes so zu gestalten ist, dass Wirkungen und Leistungen klar bestimmten Organisationseinheiten zugeordnet werden können. Gleichzeitig soll transparent werden, welche Budgetmittel und Entscheidungsbefugnisse zur Besorgung dieser Wirkungen und Leistungen eingesetzt werden und wurden. Damit wird den Grundsätzen des neuen Bundeshaushaltsrechts Rechnung getragen.

Insgesamt wird es neben dem Bundeskanzleramt weiterhin 12 Ministerien geben, die Frauenministerin bleibt auch künftig ohne eigenes Ressort.

Die Opposition lehnte die Novellierung des Bundesministeriengesetzes geschlossen ab. So wandten sich etwa die Abgeordneten Ewald Stadler (B), Peter Fichtenbauer (F), Harald Stefan (F) und Herbert Scheibner (B) dezidiert gegen die Zuordnung des Sports zum Verteidigungsressort. Stefan äußerte die Befürchtung, dass dadurch die Förderung des Spitzensports zu Lasten des Breitensports zu sehr in den Vordergrund gerückt werden könnte. Abgeordneter Fichtenbauer meinte, dass Darabos mit dem Verteidigungsressort genug Arbeit hätte. Abgeordneter Stadler kritisierte vor allem Darabos' Haltung zum Thema Doping im Sport. Skeptisch reagierte auch Abgeordneter Dieter Brosz (G), der betonte, dass Spitzensportlern auch dann Förderungen offen stehen müssten, wenn sie keine Karriere beim Bundesheer einschlagen wollten.

Ein weiterer Kritikpunkt der FPÖ an der Gesetzesvorlage war die Übertragung der Familien- und Jugendagenden an das Wirtschaftsressort. Diese Agenden seien zu wichtig, um sie zu einem "Wurmfortsatz" des Wirtschaftsressorts zu machen, meinte Abgeordneter Christian Höbart und forderte wie sein Fraktionskollege Fichtenbauer ein eigenes Ministerium für Familie, Jugend und Sport. Fichtenbauer sprach sich überdies dafür aus, den Konsumentenschutz wie in der Vergangenheit wieder dem Justizressort zuzuordnen.

Seitens der Grünen bemängelte Abgeordnete Daniela Musiol, dass kein eigenes Ressort für Umwelt und Energie geschaffen worden sei. Die Umweltagenden blieben "ein Anhängsel" des Landwirtschaftsministeriums, bedauerte sie. Überdies übte Musiol daran Kritik, dass die Zuständigkeit für Forschung und Entwicklung nach wie vor auf drei Ministerien aufgeteilt bleibe. Positiv bewertete sie hingegen, dass der Bereich Arbeit wieder zurück in das Sozialministerium kommt.

Verteidigt wurde die neue Ressortverteilung von den SPÖ-Abgeordneten Josef Cap und Johannes Jarolim sowie von ÖVP-Abgeordnetem Wilhelm Molterer. Die Aufteilung der Ressortzuständigkeiten sei eine praktikable, betonte Cap, seiner Ansicht nach werden in weiterer Folge höchstens noch kleinere Adaptierungen notwendig sein, die sich aus der Arbeit in der Praxis ergeben. An die Opposition appellierte Cap, konstruktiv an der Gesetzgebung mitzuwirken und einem Arbeitsverhältnis Vorzug vor einem Streitverhältnis zu geben. Der frühere Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) erkundigte sich nach dem Grund der Übertragung der Arbeitsagenden an das Sozialministerium.

Staatssekretär Josef Ostermayer meinte zur Kritik der Opposition, über Ressortzuständigkeiten könnte man ewig streiten. Ihm zufolge hat die Regierung bei der Ressortverteilung drei Prinzipien verfolgt: die Zahl der Regierungsmitglieder nicht zu vergrößern sondern eher zu verkleinern, möglichst hohe Synergien bei der Zusammenführung von Bereichen zu nutzen sowie persönliche Kompetenzen zu berücksichtigen. So würden etwa mehr Synergien zwischen den Bereichen Arbeit und Soziales als zwischen den Bereichen Arbeit und Wirtschaft erwartet. Er gehe aber, so Ostermayer, davon aus, dass die Aufgabenerfüllung im Bereich Arbeit in enger Abstimmung mit dem Wirtschaftsressort erfolge. Dass es kein eigenes Umweltministerium und kein eigenes Familienministerium gebe, begründete Ostermayer mit dem erstgenannten Prinzip, er wies aber darauf hin, dass es für den Bereich Familie und Jugend ein eigenes Staatssekretariat im Wirtschaftsministerium gebe.

Zur Kompetenzverteilung im Forschungsbereich merkte Ostermayer an, die klare Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung habe sich in der vergangenen Legislaturperiode bewährt. Die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ministerien habe hervorragend funktioniert. Dieser Einschätzung schloss sich Abgeordneter Bartenstein an, der auch die Verbindung von Landwirtschaft und Umwelt als sinnvoll beurteilte und in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung von Nachhaltigkeit und erneuerbaren Energieträgern für beide Bereiche verwies.

Abseits der Ressortverteilung diskutierten die Abgeordneten im Ausschuss intensiv über den Umgang mit Doping im Sport. Auslöser für die Debatte war Abgeordneter Ewald Stadler (B), der kein Verständnis für die Forderung von Verteidigungsminister Darabos zeigte, Dopingsünder auch strafrechtlich zu belangen. Bei einem Dopingvergehen würde kein einziges Rechtsgut nach dem Strafrechtskatalog verletzt, argumentierte Stadler. Auch weitere Abgeordnete wie Ausschussvorsitzender Peter Wittmann (S) und Abgeordneter Herbert Scheibner (B) wandten sich gegen die Kriminalisierung von Sportlern.

Generell gab Wittmann zu bedenken, dass der Sport in Österreich traditionell autonom organisiert sei und über mehr als die Hälfte des Sportbudgets selbst verfügen könne. Er sprach sich dagegen aus, dieses seiner Meinung nach bewährte System zu verändern. Zuvor hatte Abgeordneter Dieter Brosz (G) das Gießkannenprinzip im Bereich der Sportförderung in Frage gestellt und die Anti-Doping-Bestimmungen in Österreich als ungenügend bezeichnet.

Die Novellierung des Bundesministeriengesetzes wurde unter Berücksichtigung eines S-V-Abänderungsantrages mit den Stimmen der Koalitionsparteien beschlossen. (Schluss)