Parlamentskorrespondenz Nr. 105 vom 19.02.2009

Rechnungshofpräsident Moser für mehr Transparenz und mehr Kontrolle

RH-Ausschuss: Breite Debatte über öffentliche Finanzkontrolle

Wien (PK) - Der Rechnungshofausschuss hielt heute unter dem Vorsitz seines Obmannes Werner Kogler eine Aussprache über aktuelle Fragen zur öffentlichen Finanzkontrolle ab. Rechnungshofpräsident Josef Moser argumentierte vor den Abgeordneten einmal mehr leidenschaftlich für eine ganzheitliche Prüfungskompetenz des Rechnungshofs unter Einschluss kleiner Gemeinden sowie von Betrieben mit einer öffentlichen Beteiligung von auch unter 50 %. Beim Thema Managergehälter verlangte er mehr Transparenz und kündigte den Weg zum Verfassungsgerichtshof an, um zu klären, ob staatsnahe Betriebe ihm Informationen mit dem Argument "Datenschutz" vorenthalten dürften. Ob der Rechnungshof die Möglichkeit habe, Haftungsübernahmen des Bundes für die Banken zu überprüfen, sei rechtlich nicht klar, teilte Moser den Abgeordneten mit. Für die neue Form der Budgetberatungen schlug der RH-Präsident vor, dem Rechnungshof die Möglichkeit zu geben, den Bundesrechnungsabschluss jeweils schon im April - zur Beratung über das vierjährige Finanzrahmengesetz - vorzulegen, und den Prüfern Einschau in die Budgetierungsgrundlagen nach deutschem Vorbild zu geben.

Die Verwaltungsreform - ein weiteres Hauptthema der heutigen Ausschusssitzung - mit dem Ziel "Einsparungen" zu starten, hielt Moser für falsch. Die Verwaltung sei effizienter und bürgernäher zu gestalten. In der Gesundheitspolitik riet Moser zu Umschichtungen, um die Alterung der Gesellschaft und den medizinischen Fortschritt zu bewältigen und die Entstehung einer Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern.    

Abgeordnete Christine Lapp (S) hatte die Debatte eingeleitet, indem sie sich für die Ergebnisse eines gemeinsamen Symposions von UNO und INTOSAI zur Korruptionsbekämpfung interessierte. Beim Thema Verwaltungsreform warnte Lapp vor Einsparungen um des Einsparens willen und drängte darauf, den Nutzen der Verwaltung für die Bevölkerung zu optimieren, statt Leistungen für die Menschen einzuschränken. 

Abgeordnete Gabriela Moser (G) wollte wissen, warum sich Gemeinden gegen eine Kontrolle durch den Rechnungshof sperrten und drängte darauf, Betriebe ab einer öffentlichen Beteiligung von 25 % vom Rechnungshof prüfen zu lassen. Skeptisch zeigte sich die Abgeordnete hinsichtlich der Berufung nicht reformfreudiger Bundesländervertreter in die Arbeitsgruppe zur Verwaltungsreform.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) kritisierte den enormen Anstieg der Kosten für Inserate der letzten Bundesregierung in der Zeit zwischen dem 7. Juli und dem 28. September und wollte klären, ob die hohen Kosten für externe Berater den Richtlinien des Rechnungshofes entsprechen.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) stellte die Diskussion über die Gemeindeprüfung in den Zusammenhang mit der Staats- und Verwaltungsreform. Dabei ließ er seine Präferenz für Kontrollen vor Ort im Sinne des in Österreich gut funktionierenden Föderalismus erkennen. Man sollte vermeiden, Gemeindepolitik allzu kompliziert zu machen, da es schon jetzt schwierig genug sei, engagierte Menschen für die Gemeindepolitik zu gewinnen. Gahrs Wunsch lautete, die Rechnungshöfe der Bundesländer personell besser auszustatten. Um Stellungnahmen des Rechnungshofpräsidenten bat der Abgeordnete beim Thema Managergehälter: "Wird die Schablonenverordnung in den staatsnahen Betrieben eingehalten?" lautete Gahrs Frage.

Abgeordneter Manfred Haimbuchner (F) interessierte sich ebenfalls für die Vorschläge des Rechnungshofs zum Thema Gemeindeprüfungen, erkundigte sich nach der Einbindung des Rechnungshofs in die Verwaltungsreform und fragte, ob der Rechnungshof die Bundeshaftungen für die Banken kontrollieren könne. Wie sein Vorredner Gahr befasste sich auch Haimbuchner mit dem Problem, dass immer wieder RH-Rohberichte in die Öffentlichkeit gelangen.

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) widersprach der Behauptung, die Gemeinden würden sich gegen Prüfungen sperren, zu fragen sei aber, ob das Personal des Rechnungshofs ausreiche, tatsächlich alle Gemeinden zu prüfen.

Abgeordneter Ernest Windholz (B) wies darauf hin, dass Rechnungshofempfehlungen für die Finanzierung der Schulen nicht umgesetzt wurden und riet bei der Gemeindeprüfung zu einer Kooperation des Rechnungshofs mit den Rechnungshöfen der Länder.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) empfahl, Kontrolle nicht grundsätzlich negativ zu sehen, sondern als eine Möglichkeit, Fehler zu vermeiden oder aus ihnen zu lernen. Auch Zanger bat um eine Stellungnahme des Rechnungshofpräsidenten zur aktuellen Diskussion über Managergehälter.

Abgeordneter Werner Kogler (G) räumte gegenüber Abgeordnetem Gahr ein, es sei schwierig geworden, Menschen für ein Engagement in der Gemeindepolitik zu begeistern. Dies sei umso bedauerlicher, als die Bedeutung der Gemeinden als Großinvestoren in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage zugenommen habe. Während etwa die Bundesimmobiliengesellschaft keine baureifen Projekte habe, könnten viele Gemeinden rasch zahlreiche Bauvorhaben starten und damit der Arbeitslosigkeit entgegen wirken. Man sollte den Gemeinden mehr Geld geben, sagte Kogler, der dort aber zugleich enorme Kontrolllücken sah. Vor allem das System der Gemeindeaufsicht sei nicht zu verteidigen, meinte der Abgeordnete und brachte Beispiele aus seiner steirischen Heimat, wo die Gemeindeaufsicht über zu wenig Personal verfüge und überdies politisch abhängig sei. Kogler riet zu einer intensiven öffentlichen Diskussion sowie zu einer Parlamentarischen Enquete über das System der Gemeindekontrolle und meinte, eine Rechnungshofprüfung aller Gemeinden könnte prophylaktisch wirken. Es würde schon genügen, bei Vorliegen von Verdachtsmomenten fünf bis fünfzehn Gemeinden pro Jahr zu überprüfen.

Abgeordneter Roman Haider (F) fragte, wie realistisch die Einsparungsziele seien, die im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform genannt werden.

Rechnungshofpräsident Josef Moser berichtete zunächst über ein gemeinsames Symposion der UNO und der INTOSAI zum Thema Korruptionsbekämpfung und unterstrich die Bedeutung der öffentlichen Finanzkontrolle bei den Bemühungen zur Erreichung des Millenium-Ziels zur Halbierung der Weltarmut bis 2015. Die Transparenz der öffentlichen Finanzen in den Entwicklungsländern sei zu verbessern und die Unabhängigkeit ihrer Rechnungshöfe zu gewährleisten. Daher wurde vereinbart, die "Magna Charta" der öffentlichen Finanzkontrolle, die Deklaration von Lima, als UNO-Resolution zu verabschieden, um sie in die internationale Rechtsordnung überzuführen. Zudem soll ein Multitrust Fund zur finanziellen Unterstützung von Rechnungshöfen in den Entwicklungsländern errichtet werden.

Dann ging Rechnungshofpräsident Moser auf die geplante Verwaltungsreform ein, und berichtete von der Einrichtung der diesbezüglichen Arbeitsgruppe, in die Wirtschaftsforscher und der Rechnungshof ihre Expertise einbringen werden, indem sie Probleme außer Streit stellen und politische Lösungsansätze bewerten werden. Seine Empfehlungen zur Verwaltungsreform werde der Rechnungshof öffentlich darstellen, kündigte Präsident Moser an. Die Verwaltungsreform mit dem Ziel "Einsparungen" zu starten, hielt Moser für falsch. Ihm gehe es darum, die Qualität der Verwaltung zu verbessern, ihre Effizienz zu steigern und sie bürgernäher zu gestalten. In der Gesundheitspolitik hielt Moser etwa Einsparungen für unmöglich, es gehe um Umschichtungen, um die Alterung der Gesellschaft und den medizinischen Fortschritt zu bewältigen und die Entstehung einer Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern.

Zur Diskussion um eine Ausweitung der Prüfungskompetenzen des Rechnungshofs stellte RH-Präsident Moser fest, der Rechnungshof habe die gesamte Staatswirtschaft zu prüfen. Dazu gehörte zunehmend auch die Prüfung von Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern, da sowohl deren Aufgaben in der Daseinsvorsorge für die Menschen als auch ihre Einnahmen stark zugenommen haben. Die Kontrolle habe damit nicht Schritt gehalten, klagte Moser. Der Rechnungshof könne von 16 Mrd. € an Gemeindegeldern lediglich 4,5 Mrd. € prüfen. Dazu komme, dass seit der Auslagerung von Aufgaben vielfach nicht einmal die Gemeinderäte prüfen könnten, ob mit den von ihnen zu verantwortenden Geldern in ausgelagerten Betrieben nicht womöglich Quersubventionierung betrieben werde. 8 Mrd. € von 11 Mrd. € an Gemeindeschulden liegen im ausgelagerten Bereich, fügte der Rechnungshofpräsident an dieser Stelle hinzu. Die Gemeinden brauchten dringend fachkundige Beratung für einen effizienten Einsatz ihrer Mittel, dies werde in der aktuellen Finanzkrise noch deutlicher, betonte Moser und plädierte nachdrücklich dafür, sich bei der Prüfung der Gemeindefinanzen nicht auf eine reine Finanzprüfung zu beschränken, sondern eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vorzunehmen, wie sie der Rechnungshof betreibe. Anhand aktueller Probleme wegen fehlender Pflegedaten oder mangelnder Transparenz infolge von Auslagerungen bemühte sich Rechnungshofpräsident Moser aufzuzeigen, welche Vorteile eine erweiterte Prüfungskompetenz des Rechnungshofes für die Gemeinden und ihre Bürger bringen könnte. Dasselbe gelte für Unternehmen mit einer öffentlichen Beteiligung von weniger als 50 %. Den Vorwurf, eine Erweiterung der Prüfungskompetenzen des Rechnungshofes würde zu Doppelprüfungen führen, wies Präsident Moser entschieden zurück. Der Rechnungshof stimmt seine Prüfungsvorhaben jeweils mit den Landes-Rechnungshöfen ab, erfuhren die Ausschussmitglieder.

Dann wandte sich der Rechnungshofpräsident der neuen Form der parlamentarischen Budgetberatung infolge des neuen Haushaltsrechts zu und regte gesetzliche Änderungen an, die es möglich machen sollen, den Bundesrechnungsabschluss bereits im April vorzulegen, um den Abgeordneten eine bessere Planungsgrundlage für das neue vierjährige Finanzrahmengesetz zu geben. Eine wichtige Voraussetzung dafür wäre, den Budgetauslaufzeitraum künftig entfallen zu lassen.

Handlungsbedarf sah der Rechnungshofpräsident bei den Bezügen der Manager in staatsnahen Unternehmen. Es genüge nicht, sich auf die Schablonenverordnung zu verlassen. Der Rechnungshof rate zu mehr Transparenz; man sollte keine Obergrenzen festlegen, sondern Kriterien, die es erlauben zu bewerten, ob die Höhe der Gehälter adäquat sei. Kritik übte der Rechnungshofpräsident an der Auszahlung von Leistungsprämien trotz Verlusten bei Privatisierungen, an überhöhten Abfertigungen, Leistungsprämien für freigestellte Manager und an der Auslagerung der Verhandlungen über Vorstandsbezüge durch Aufsichtsräte. Aktuelle Bemühungen des Rechnungshofes um Prüfung von Managergehältern litten an der Weigerung von Unternehmen, alle dafür notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen, teilte Präsident Moser den Abgeordneten mit und kündigte an, diese Frage, in der sich die Unternehmen auf den Datenschutz berufen, vom Verfassungsgerichtshof klären zu lassen.

Er könne nachweisen, dass noch niemals ein Rohbericht aus dem Rechnungshof an die Öffentlichkeit gegangen sei. Es komme aber vor, dass geprüfte Stellen ein Interesse daran haben, Rohberichte an die Öffentlichkeit zu bringen, um die Diskussion darüber in eine bestimmte Richtung zu lenken. Das Problem für den Rechnungshof bestehe darin, dass er sich gegen falsche Darstellungen nicht wehren könne, solange er den Endbericht nicht vorlegen könne. Für überlegenswert hielt der Rechnungshofpräsident daher eine Verkürzung des Stellungnahmeverfahrens von drei Monaten auf einen Monat.

Zu der von Abgeordneten angesprochenen Rechnungshofkontrolle bei der Umsetzung des Bankenhilfspakets führte Präsident Moser aus, die Prüfungskompetenz des Rechnungshofs für Haftungen sei seit einer Gesetzesänderung im Jahr 1977 nicht mehr klar. Um der Kreditklemme entgegenzuwirken, plädierte Moser für die Einführung eines Berichtswesens über den Finanzmarkt, das vom Rechnungshof überprüft werden könnte.

In einer zweiten Diskussionsrunde schloss sich Abgeordneter Gerald Grosz (B) der Kritik des Abgeordneten Werner Kogler (G) am System der Gemeindeaufsicht in der Steiermark an und wollte wissen, ob es für den Rechnungshofpräsidenten ausreichend wäre, alle Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern prüfen zu können. - Der Rechnungshofpräsident meinte, dies wäre ein Schritt in die richtige Richtung, zeigte aber seine Präferenz für einen gesamthaften Ansatz, wie er der Entwicklung der österreichischen Bundesverfassung entspreche.

Abgeordneter Kurt Gassner (S) wandte sich gegen den Eindruck, man müsste die Gemeinden zusätzlich prüfen, weil sie selbst "zu patschert" dafür wären. Einmal mehr wandte sich Gassner gegen Auslagerungen, um Steuern zu sparen, ohne im Einzelnen auf Wirtschaftlichkeitsfragen einzugehen. Sein Vorschlag lautete, die Rechnungshöfe der Bundesländer in Filialen des Rechnungshofes umzuwandeln. 

Abgeordneter Alois Gradauer (F) bedauerte den "Sisyphos Rechnungshof", der immer wieder Empfehlungen mache und erleben müsse, dass diese nicht eingehalten werden. Positiv sah Gradauer den Vorschlag, den Rechnungshof bei der Budgeterstellung mitreden zu lassen.

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) machte darauf aufmerksam, wie gut die alles in allem ausreichend geprüften österreichischen Gemeinden funktionierten, erinnerte daran, dass Gemeinden Aufgaben gezwungenermaßen ausgelagert hätten, um Maastricht-Kriterien einzuhalten, und dass die Gemeinden keinerlei Probleme mit Prüfungen hätten.

Rechnungshofpräsident Josef Moser sah sich nicht als Sisyphos, sondern machte nicht ohne Stolz darauf aufmerksam, dass bereits 38 % der Empfehlungen des Rechnungshofes für die Verwaltungsreform umgesetzt seien.

Für eine neue, effizientere Budgetdebatte schlug der Rechnungshofpräsident vor, den Rechnungshof einzubeziehen und ihm die Möglichkeit zu geben, Einsicht in die Budgetierungsunterlagen zu nehmen. (Fortsetzung)