Parlamentskorrespondenz Nr. 565 vom 23.06.2009

Ausschuss empfiehlt Anpassungen an EU-Chemikalienrecht

Opposition zieht aus dem Umweltausschuss aus

Wien (PK) - Am Beginn der Umweltausschusssitzung teilte Abgeordnete Christiane Brunner (G) in einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung mit, dass im heutigen Wirtschaftsausschuss im Rahmen der Debatte über das Dampfkesselbetriebsgesetz ein § 27-Antrag zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz behandelt wird. Dies wäre eine Angelegenheit des Umwelt- und nicht des Wirtschaftsausschusses, unterstrich sie. V-Abgeordneter Hermann Schultes wies darauf hin, dass das Vorgehen korrekt sei und die Geschäftsordnung eingehalten wurde. - Aus Protest verließen die Mandatare von FPÖ, der Grünen und des BZÖ die Ausschusssitzung.

Aktuelle Aussprache zur Klimakonferenz in Kopenhagen

In der Aktuellen Aussprache zum Thema "Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen" stellte Bundesminister Nikolaus Berlakovich fest, die Diskussion über ein Weltklimaschutzabkommen trete nun in die heiße Phase. Man könne stolz darauf sein, dass die europäischen Länder ein Programm für den Klimaschutz ausgearbeitet haben. Man bemühe sich nun, die USA "ins Boot zu holen". Die USA ihrerseits verhandeln intensiv mit China, um auch die Schwellenländer einzubinden.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) hielt es für wichtig, dass die Verhandlungen in Kopenhagen zu einer Vereinbarung führen. S-Abgeordneter Josef Auer betonte, der Klimaschutz sei für alle ein wichtiges Anliegen und man müsse die Entwicklungs- und Schwellenländer unterstützen. Abgeordnete Petra Bayr (S), die die Ausschussverhandlungen leitete, wollte wissen, wie das Ministerium zu der Vorstellung stehe, dass Entwicklungsländer, wenn man ihnen die Schulden erlässt, diese Summen in Anpassungsmaßnahmen investieren müssen. Hat Österreich die Kyoto-Ziele erreicht?, fragte S-Abgeordneter Walter Schopf.

Minister Nikolaus Berlakovich räumte ein, über den Schuldenerlass von Entwicklungsländern für den Klimaschutz werde diskutiert, aber die Frage der Finanzierung sei noch offen. Bei der Ecofin-Tagung haben sich die Finanzminister darauf geeinigt, dass alle Länder in einen Topf einzahlen – die Höhe des Beitrags orientiert sich am Bruttoinlandsprodukt - und nur die armen Entwicklungsländer erhalten Geld daraus. Er werde alles daran setzen, sagte der Minister, damit Österreich die Kyoto-Ziele erreicht. Er könne sich aber nicht des Eindrucks erwehren, dass nicht alle etwas für den Klimaschutz tun wollen. Wenn die Ziele nicht erreicht werden, werde es keine Strafzahlungen geben, sondern es werden Zertifikate gekauft. Es werde ein Bundesklimaschutzgesetz – ein solches sehe das Regierungsprogramm vor - geben, mit dem auch die Länder Verantwortung übernehmen müssen.

Ein "Fluoriertes Treibhausgase-Gesetz" gegen den Klimawandel

Der Entwurf für ein "Fluoriertes Treibhausgase-Gesetz" dient der Durchführung und Überwachung der europäischen "F-Gase-Verordnung". Chemisch wird zwischen den einfachen Treibhausgasen Kohlendioxid(CO2), Methan(CH4), Distickstoffoxid(N2O) und den fluorierten Treibhausgasen (fluorierte Kohlenwasserstoffe und Schwefelhexafluorid) unterschieden. F-Gase werden zwar nur in geringen Mengen emittiert, sind aber bis zu 22.000 mal klimaschädlicher als das maßgebende Kohlendioxid. Fluorierte Kohlenwasserstoffe werden industriell als Kältemittel in Klimaanlagen und Wärmepumpen, als Treibgase in Spraydosen und vielfach als Lösungsmittel verwendet. Der Gesetzentwurf regelt u.a. die Reduzierung der Emissionen durch die Kontrolle von Behältern, durch Verbote und Verwendungsbeschränkungen, Vorkehrungen zur Rückgewinnung von F-Gasen beim Recycling alter Kälte- und Klimaanlagen, von Brandschutzsystemen und Hochspannungsschaltanlagen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) würde sich wünschen, dass dieses Gesetz bald in Kraft tritt, damit die klimaschädliche Belastung eingedämmt werden könne. Abgeordneter Gerhard Steier (S) sprach die fluorierten Kohlenwasserstoffe an, die in Autoklimaanlagen verwendet werden. Minister Nikolaus Berlakovich meinte hierzu, diese fluorierten Treibhausgase seien schädlicher als CO2 und würden nicht nur als Kältemittel bei Klimaanlagen, sondern u.a. auch als Treibgase in Spraydosen verwendet werden.

Das Gesetz wurde einstimmig angenommen.

Anpassungen an das EU-Chemikalienrecht

Ein Gesetzentwurf zur Durchführung der europäischen REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemical Substances - Registrierung, Bewertung und Zulassung von Chemikalien) und zur Änderung des Chemikaliengesetzes enthält nationale Begleitvorschriften zur Weiterentwicklung des EU-Chemikalienrechts. Konkret geht es um die Implementierung europäischer Vorschriften in das - weitgehend aufrecht bleibende - Chemikaliengesetz 1996 und um Begleitmaßnahmen zur Anwendung der CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging - Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung).

Bundesminister Nikolaus Berlakovich teilte Abgeordneter Andrea Gessl-Ranftl (S) mit, dass eine größere Novelle in der zweiten Jahreshälfte in Begutachtung gehen werde. Die Umsetzungsfrist laufe bis 2010.

Eine Ausschussentschließung wurde ebenso einhellig beschlossen wie der Gesetzestext.

Klimaschutz auch über den Wolken 

Die Treibhausgasemissionen aus dem Luftverkehr machen EU-weit 3 % der klimaschädlichen Emissionen aus. Da diese weiter zu steigen drohen und befürchten lassen, dass Bemühungen und Erfolge im Kampf gegen den Klimawandel durch Flug-Emissionen konterkariert werden, sieht die EU-Richtlinie 2008/101 die Einbeziehung des Luftverkehrs in den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten ab 2012 vor. Zur Umsetzung dieser Richtlinie hat die Bundesregierung einen Entwurf zur Ausweitung des Geltungsbereichs des Emissionszertifikategesetzes (230 d.B.) vorgelegt. Luftfahrzeugbetreiber werden verpflichtet, Tonnenkilometerleistungen und CO2-Emissionen ab 2010 zu überwachen und darüber zu berichten. Zur Erfüllung ihrer Klimaschutz-Verpflichtungen können sie auch Zertifikate ortsfester Anlagen zukaufen oder Gutschriften aus JI- und CDM-Projekten verwenden.

Mitverhandelt wurde ein F-Antrag gegen CO2-Sequestrierung und Lagerung. F-Abgeordneter Norbert Hofer kritisiert Projekte von Energiekonzernen wie der OMV, die darauf abzielen, CO2 aus dem Rauchgas von Kohlekraftwerken abzuscheiden ("Sequestrierung") und in ausgebeuteten Öl- oder Gaslagerstätten "endzulagern". Abscheidung und Lagerung von CO2 verbrauchen sehr viel Energie und würden den Wirkungsgrad eines Kohlekraftwerks von 43 % auf 28 % senken, argumentiert er und gibt zu bedenken, dass keineswegs sicher sei, dass das "endgelagerte" CO2 nicht doch seinen Weg zurück in die Atmosphäre findet. Daher wendet sich die FPÖ gegen die Förderung der CO2-Sequestrierung mit Mitteln des Klimafonds.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) wies darauf hin, dass bis jetzt der Flugverkehr keiner Mineralölbesteuerung unterliegt. Es sei höchste Zeit, dass der Flugverkehr in den Zertifikatehandel eingebunden wird.

In einer einstimmig angenommenen Ausschussfeststellung heißt es: Der Ausschuss geht davon aus, dass die Versteigerungserlöse gemäß §17b EZG für Maßnahmen in Österreich und in Drittländern zur Eindämmung des Klimawandels sowie zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels, für Forschung und Entwicklung im Bereich Klimaschutz, einschließlich Luftverkehr, und zur Deckung der Kosten für die Verwaltung des Emissionshandelssystems für den Luftverkehr verwendet werden.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage einhellig gebilligt. Die Verhandlungen über den FPÖ-Antrag wurden einhellig vertagt.

Bericht über Vollzug der UVP in den Jahren 2006-2009

In der Folge stand der Bericht über die Vollziehung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Tagesordnung, der mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich stellte zunächst grundsätzlich fest, dass es sich bei der diesbezüglichen Gesetzesmaterie um kein Projektverhinderungsgesetz handle, wie dies teilweise in der Öffentlichkeit dargestellt wird, und dass auch die Verfahren nicht zu lange dauern. Durch das UVP-Gesetz sei es vielmehr gelungen, Planungssicherheit zu schaffen, zumal es auch zu einer Verfahrenskonzentration komme. Was die Verfahren anlangt, so gebe es einen "schlanken" Instanzenzug (nur 2 Instanzen – Landesbehörde und Umweltsenat), der eine effiziente Abwicklung der Verfahren ermögliche. Bei Wasserkraftanlagen dauern die Verfahren durchschnittlich zehn Monate in der ersten Instanz und 13,8 Monate in der zweiten. Probleme entstünden oft deshalb, weil die Unterlagen nicht rechzeitig zur Verfügung stehen oder aufgrund politischer Interessen; aber dafür könne man nicht dem Gesetz die Schuld geben.

Sodann ging Berlakovich auf die Fragen der Mandatare ein und stellte u.a. klar, dass er derzeit keine Veranlassung sehe, die Schwellenwerte anzupassen (Fragen der S-Abgeordneten Petra Bayr und Josef Auer). Weiters sprach er sich für eine Beibehaltung des Umweltsenats aus. Bezüglich des laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahrens zeigte sich der Minister zuversichtlich. Wenn die Novelle beschlossen wird, dann werde es zu keinem Verfahren kommen.

Generell merkte der Umweltminister zur neuen UVP-Novelle an, dass sie Verfahrenserleichterungen und –beschleunigungen bringen soll, und zwar unter gleichzeitiger Wahrung der Umwelt- und der Bürgerrechte. Um die Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz aufrecht erhalten zu können, habe er sich auch gegen die Aufnahme des "öffentlichen Interesses" der Versorgungssicherheit in die Novelle ausgesprochen. Neu im Gesetz sei unter anderem auch, dass das Prinzip der Energieeffizienz beachtet werden muss, dass es ein Verfahrensmonitoring gibt und dass die Umweltschutzorganisationen wieder Beschwerdebefugnis beim Verwaltungsgerichtshof haben.

Bericht über die Umweltförderung des Bundes im Jahr 2008

Einen detaillierten Gesamtüberblick über die österreichische Umweltförderung des Bundes im Jahr 2008 gab ein weiterer Bericht des Lebensministeriums, der mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde. Darin werden vor allem die Bereiche Siedlungswasserwirtschaft, die Umweltförderung im In- und Ausland sowie die Altlastensanierung näher beleuchtet. Neben einer Finanzvorschau ist dem Bericht eine Übersicht über das österreichische Joint-Implementation-/Clean-Development-Mechanism-Programm (JI/CDM) beigefügt.

Nach Ansicht von Abgeordneten Hermann Schultes (V) seien vor allem die Mittel für die Umweltförderung im Inland sehr gut eingesetzt, weil dabei die geringsten CO2-Vermeidungskosten anfallen. Abgeordneter Peter Stauber (S) gab zu bedenken, dass der Förderschlüssel für die Siedlungswasserwirtschaft in den letzten Jahren leider immer mehr zu Ungunsten der Gemeinden ausgefallen ist. Außerdem wünschte er sich, dass die Altlastensanierungsbeiträge für die Müllverbrennung wegfallen. Seine Fraktionskollegin Petra Bayr (S) wies darauf hin, dass es im Bereich der Umweltförderung im Inland zu einem Rückstau von insgesamt 2.200 Projekten gekommen ist. Würde man noch 160 Mio. € dafür in die Hand nehmen, dann könnte ein Investitionsvolumen von über 1 Mrd. € ausgelöst werden, zeigte sie auf.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich räumte er, dass er sich auch mehr Geld für die Umweltförderung im Inland gewünscht hätte. Allerdings könne man es schon als Erfolg werten, dass die budgetierten 90 Mio. € für die nächsten fünf Jahre sicher gestellt sind. Der Ressortchef wies weiters darauf hin, dass mittlerweile einige Projekte aufgrund der Wirtschaftslage wieder zurückgezogen wurden bzw. eine andere Förderschiene gefunden wurde. Hinsichtlich der Altlastensanierungsbeiträge sah er keinen Handlungsspielraum, da die Mittel gebraucht werden.

Schließlich wurde mit S-V-Mehrheit die EU-Jahresvorschau 2009 für die Bereiche Landwirtschaft und Umwelt zur Kenntnis genommen. Dabei handelt es sich um einen 27-seitigen Bericht, der auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission und des 18-Monate-Programms des Rates (Französische, Tschechische und Schwedische Präsidentschaft) eine Jahresvorschau für 2009 enthält.

Minister Nikolaus Berlakovich ging auf eine Frage der Abgeordneten Petra Bayr (S) ein und stellte klar, dass entgegen manchen Medienberichten sicher kein Klonfleisch im Handel sei. Es soll nur im Rahmen einer Verordnung sichergestellt werden, dass es ein eigenes Zulassungsverfahren gibt, wenn Fleisch, das von Nachkommen von geklonten Tieren kommt, einmal am Markt angeboten werden sollte. Derzeit sind von der Novel-food-Verordnung nämlich nur geklonte Zuchttiere erfasst.

Was die Gentechnikfreiheit in der österreichischen Landwirtschaft betrifft, so werde er sich auch im nächsten Ministerrat dafür einsetzen, dass das nationale Selbstbestimmungsrecht erhalten bleibt. Allerdings könne der EU-Ministerrat nichts vorschreiben, merkte Berlakovich an, es müsse die Kommission selbst aktiv werden. (Schluss)