Parlamentskorrespondenz Nr. 1044 vom 26.11.2009

Nach 89. Ende der Utopien oder Anfang einer neuen Weltordnung?

Buchpräsentation und Diskussion in der 2. Quadriga des Parlaments

Wien (PK) – Nationalratspräsidentin Barbara Prammer lud heute zur 2. Quadriga des Hohen Hauses ins Palais Epstein. Vorgestellt wurden dabei vier Bücher zu aktuellen zeitgenössischen Fragen, wobei die Palette von politischen Analysen bis zu einem Erzählband reichte. An der Veranstaltung nahm ein ebenso zahlreiches wie erlesenes Publikum teil, darunter mehrere Abgeordnete.

S-Klubobmann Josef Cap erklärte in Vertretung der Präsidentin, das Parlament sei stolz auf die Serie "Quadriga", in der Bücher im Rahmen von politischen Diskussionen abseits des Tagesgeschehens vorgestellt werden könnten. Das Thema des heutigen Abends sei ein überaus interessantes, das eine intensive Debatte lohne, weil die damit verbundenen Fragen große Auswirkungen auf viele gesellschaftliche Bereiche hatten und haben, weshalb er sich bereits auf den angeregten Meinungsaustausch freue.

Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, an der sich die Politologin Ulrike Ackermann, die Publizistin Isolde Charim, der Schriftsteller Robert Menasse und der Autor Raul Zelik beteiligten.

Vier Bücher zum Zeitgeschehen

Ulrike Ackermann befasst sich in ihrem Buch mit der Krise des Freiheitsbegriffs. Haben die Menschen noch ein Bewusstsein davon, was politische, individuelle und wirtschaftliche Freiheit bedeuten? Es sind Errungenschaften, die über Jahrhunderte mühsam erkämpft wurden. Doch sie scheinen immer mehr an Wertschätzung zu verlieren. Gerade angesichts der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise wachsen die Zweifel. Hat etwa unser Erfolgsmodell von Demokratie und sozialer Marktwirtschaft ausgedient? Die hier versammelten Essays widmen sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln dem Zustand und den Aussichten der Freiheit. Die Autoren und Autorinnen analysieren diese Krise und entwickeln Perspektiven, wie sie gemeistert werden kann.

Robert Menasse legt einen Erzählband vor, in dem er Aspekte der jüngeren Zeitgeschichte behandelt. Die Palette reicht dabei von der RAF über den Mauerfall bis zu Griechenlands EM-Triumph 2004. Laut Werbetext des Verlags erzählt er dabei so, "dass wir uns erinnern, uns erkennen und Spätere uns verstehen".

Als Beobachter der Gesellschaft, in der wir leben, tritt uns Ingo Schulze in den vorliegenden Reden und Essays entgegen, die sein politisches Engagement zeigen - mit dem machtvollen Mittel der Sprache: "Mein Problem war und ist nicht das Verschwinden des Ostens, sondern das Verschwinden des Westens, eines Westens mit menschlichem Antlitz. Spätestens seit 1989/90 befindet sich die Politik auf dem Rückzug. Sie gibt von sich aus die Kompetenz ab und ebnet einer Ökonomisierung aller Lebensbereiche, einem Exzess-Kapitalismus, den Weg." Für Ingo Schulze beginnt Widerstand mit Wahrnehmung. Seine Essays, Reden und Wortmeldungen sprechen eine Sprache, die die Welt als veränderbar zeigt. Und sie erinnern uns an eine schon fast vergessene Frage: "Was wollen wir?"

Ob Klimawandel, industrielle Überkapazitäten, Arbeitslosigkeit oder Verteilung des Reichtums – der "freie Markt" scheint grundlegende soziale und wirtschaftliche Probleme nicht lösen zu können. Doch ist eine Gesellschaft jenseits des Kapitalismus überhaupt noch vorstellbar? Raul Zelik und Elmar Altvater liefern in ihrem Gespräch eine radikal-kritische Analyse der Gegenwart. Ihr gemeinsamer Versuch, ein utopisches Gesellschaftsmodell zu entwickeln, geht von einem Ökonomiebegriff aus, der das ökologische und soziale Gemeinwohl einbezieht und auf Vernunft gegründet ist.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments im Fotoalbum : www.parlament.gv.at (Schluss)