Parlamentskorrespondenz Nr. 93 vom 18.02.2010

Von der Unzufriedenheit der ÖBB-Kunden bis zum Klimaschutz

Verkehrsministerin Doris Bures in der Fragestunde des Bundesrats

Wien (PK) - Die 781. Sitzung des Bundesrats begann mit einer Fragestunde, in der Bundesministerin Doris Bures die Bundesrätinnen und Bundesräte über einzelne Aspekte aus ihrem Arbeitsbereich informierte. Im Mittelpunkt der Fragen standen die Verkehrssicherheit, Infrastrukturmaßnahmen, der Lärm- und Klimaschutz sowie die ÖBB.

Aufgrund des Todes von Bundesrat Harald Reisenberger musste der Wiener Landtag seine Mitglieder des Bundesrats neu wählen. Als neue Bundesrätin wurde dabei Muna Duzdar (S/W) entsandt.

Bundesrat Karl BODEN (S/N): Im Jahr 2009 gab es 630 Verkehrstote in Österreich, das ist die niedrigste Zahl seit Beginn der Aufzeichnungen; was werden Sie unternehmen, um diese Zahl noch weiter zu senken?

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Bundesministerin Doris BURES unterstrich eingangs, dass die Verkehrssicherheit zu ihren Schwerpunkten zähle. Auch bei tendenziell sinkenden Zahlen der Verkehrstoten könne man angesichts von 630 verstorbenen Menschen im Straßenverkehr nicht wegschauen. Sie habe daher ein Verkehrssicherheitspaket geschnürt, das aus drei Komponenten bestehe: durch gesetzliche Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass massives Fehlverhalten, wie Alkohol am Steuer, kein Kavaliersdelikt darstellt. Darüber hinaus würden die Kontrollen verstärkt und eine Kampagne soll bei den VerkehrsteilnehmerInnen zu einer Bewusstseinsänderung führen. Ihr sei es wichtig zu zeigen, dass Unfälle jedem passieren können und man dabei das eigene Leben sowie das der anderen zerstöre.

Nachdem Bundesrätin Elisabeth GREIDERER (V/T) die in Deutschland und der Schweiz eingerichtete Rettungsgassen angesprochen hatte, meinte die Verkehrsministerin, sie werde alle Maßnahmen unterstützen, die zu mehr Verkehrssicherheit führen. Deshalb habe sie auch ständig Kontakt mit den Blaulichtorganisationen. Was die Rettungsgassen betrifft, so sollte eine parlamentarische Enquete über deren Vorteile mehr Aufschluss geben.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) gegenüber bekräftigte Bures, dass die Absicherung gefährlicher Bahnkreuzungen weitergeführt werde. Es würden Über- und Unterführungen sowie Ampelanlagen gebaut, sagte sie. Die Maßnahmen der ASFINAG würden der Verkehrssicherheit dienen und seien keine reine Geldbeschaffungsaktion, versicherte sie Bundesrätin Monika MÜHLWERT (F/W) gegenüber.

Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O): Kann das Bundesstraßenbauvorhaben A 26 Linzer Autobahn, Abschnitt Knoten Linz/Hummelhof (A7) – Ast. Donau Nord (Westring), zeitgerecht abgeschlossen werden?

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Die Planungen und Finanzierungen seitens ihres Hauses für die genannte Bundesstraße seien auf Schiene, bekräftigte Ministerin Doris BURES. Im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung seien jedoch 1800 Stellungnahmen eingelangt, die genau geprüft würden. Deshalb werde man nicht ganz im Zeitplan bleiben können, bemerkte die Verkehrsministerin, aber bei so wichtigen Verfahren wolle sie nichts übers Knie brechen. Sie zeigte sich auch davon überzeugt, dass die von der ASFINAG geplanten 527 Mio. Euro Gesamtkosten halten werden. Weiters wies sie darauf hin, dass im Jahr 2009 seitens ihres Ressorts in Oberösterreich 120 Mio. Euro investiert worden seien, was einen Beschäftigungseffekt von 1200 Arbeitsplätzen hatte. Bures beantwortete damit auch Fragen der Bundesräte Johann KRAML (S/O), Peter ZWANZIGER (o.F./K) und Elmar PODGORSCHEK (F/O).

Bundesrat Johann ERTL (F/N): Welche Maßnahmen gegen die überdurchschnittlich hohe Lärmbelästigung der Anrainer, insbesondere der Gebiete rund um den Flughafen Wien-Schwechat, werden Sie – in Abstimmung mit dem Wiener Bürgermeister und dem Landeshauptmann von Niederösterreich – gerade im Zusammenhang mit dem Bau der 3. Piste in Wien-Schwechat setzen?

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Die Verkehrsministerin unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Mediationsverfahrens im Zusammenhang mit der 3. Flughafenpiste. Die Diskussion werde nun in einem Dialogforum weiter geführt, sagte sie. Für sie seien die Vereinbarungen bezüglich der Schwellenwerte im Mediationsverfahren verbindlich, versicherte Bures, auch wenn diese unter den Werten liegen, die im Rahmen der Studie vom Institut für Umwelthygiene der Universität Wien vorgelegt wurden. Das Mediationsverfahren habe auch international große Aufmerksamkeit erregt und dazu geführt, dass in Wien ein neues Kompetenzzentrum für Flughafenmediation errichtet wird, informierte sie Bundesrat Karl BODEN (S/N).

Bures machte aber auch in Reaktion auf Anfragen der BundesrätInnen Friedrich HENSLER (V/N) und Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) darauf aufmerksam, dass man eine Balance zwischen Lärmschutz und Sicherung des Wirtschaftsstandorts suchen müsse. Das Regierungsübereinkommen sehe die Erarbeitung eines strategischen Konzepts Luftfahrt vor und dabei gehe es darum, Wien als Drehscheibe zu Osteuropa zu erhalten. Dabei seien alle Flughäfen in Österreich einzubinden, und man müsse sich auch mit den internationalen Flughäfen abstimmen.

Bundesrätin Elisabeth GRIMLING (S/W): Wir erleben derzeit die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten; was unternehmen Sie als Infrastrukturministerin zur Eindämmung der negativen Auswirkungen wie Arbeitslosigkeit, Auftragsrückgänge und Konkurse?

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Angesichts der noch immer hohen Arbeitslosigkeit sei die Wirtschaftskrise noch nicht vorbei, stellte Bundesministerin Doris BURES fest. Es habe sich aber die Richtigkeit des österreichischen Wegs erwiesen, in Infrastruktur zu investieren. Anhand der begleitenden Evaluierung könne man beweisen, dass dadurch der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich wesentlich geringer ausgefallen ist als in anderen europäischen Ländern. Jeder Euro in die Infrastruktur habe 2 Euro an Wertschöpfung gebracht, 1 Mrd. Euro schaffe 17.000 Beschäftigte. Ihr Ressort sei darauf bedacht gewesen, in Infrastrukturprojekte zu investieren, die Österreich in Zukunft einen Wettbewerbsvorteil bringen und hohe Beschäftigungseffekte haben. Dazu gehöre die Sicherung gefährlicher Eisenbahnkreuzungen und die Sanierung der Bahnhöfe. Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) gegenüber räumte sie jedoch ein, dass auch an der ASFINAG aufgrund geringerer Mauteinnahmen die Wirtschaftskrise nicht spurlos vorüber gegangen ist. Dennoch gebe es im Hinblick auf die Investitionen, sowohl für ASFINAG als auch für die ÖBB, klare gesetzliche Vorgaben.

Bundesrat Christoph KAINZ (V/N): Welche Maßnahmen setzen Sie, um die Kundenzufriedenheit mit den ÖBB, insbesondere nach der AK-Umfrage und dem SCG-Bericht 2008, wieder zu steigern?

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Ihr Anliegen sei es, das Bewusstsein in der ÖBB zu schärfen, dass der Kunde König ist, sagte Verkehrsministerin Doris BURES. In diesem Sinne habe sie dem Management klare Zielvorgaben, insbesondere auf Verlässlichkeit und Pünktlichkeit, vorgelegt. Bures gab jedoch zu bedenken, dass die ÖBB derzeit die größten Investitionen in der Zweiten Republik abzuwickeln haben und daher Baustellen auch Schwierigkeiten verursachen.

Um die Serviceorientierung der Bahn zu erhöhen werde sie in Umsetzung einer EU-Richtlinie dem Parlament auch eine Vorlage zur Verankerung von Fahrgastrechten übermitteln. Danach soll es rückwirkend mit 1. Jänner 2009 im Fernverkehr eine Rückerstattung des Fahrpreises von 25 % ab einer Stunde Verspätung und von 50 % ab 2 Stunden Verspätung geben. Im Nahverkehr sei eine Rückerstattung von 10 % des Monatspreises vorgesehen, wenn die Pünktlichkeit unter 90 % sinkt. Bures ging damit auch auf eine Frage von Bundesrat Karl BODEN (S/N) ein. Der Einführung eines Österreich-Tickets stand die Ministerin zwar positiv gegenüber, ein solches Angebot habe aber einen hohen Subventionsbedarf, merkte sie an. Sie müsse derzeit in die Infrastruktur und in die Unterstützung der PendlerInnen investieren, weshalb sie dieses Projekt zurückstelle, antwortete sie Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W).

Die Bundesministerin begrüßte auch die Vereinbarung mit Niederösterreich, wodurch klar gestellt worden ist, wofür im Bahnnetz der Bund aufzukommen hat und was das Land Niederösterreich zahle. Mit Salzburg und Steiermark gebe es ebenfalls derartige Verträge, mit Oberösterreich sei man im Gespräch.

Bundesrat Peter ZWANZIGER (o.F./K) bestätigte sie die Weiterführung des Projekts Koralmtunnel und stellte seine Fertigstellung für das Jahr 2020 in Aussicht.

Bundesrat Stefan ZANGERL (o.F./T): Liegen für Tirol aber auch für das gesamte Bundesgebiet Lärm- bzw. Immissionskataster vor, aus denen hervorgeht, wie stark die Belastung für Anrainer wirklich ist und welche Maßnahmen zur Verringerung geplant sind?

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Sie habe einen strategischen Umgebungslärmkataster für Autobahnen, Autostraßen und Bahnstrecken erarbeitet, der dem Umweltministerium im Jänner 2009 übermittelt worden und nun auch auf der Homepage veröffentlicht sei, informierte Bundesministerin Doris BURES. Die ÖBB investiere jährlich zirka 30 Mio. Euro in den Lärmschutz, und bisher hätten 201 Gemeinden davon profitiert. Für weitere 50 Gemeinden seien Lärmschutzinvestitionen geplant, Details müssten aber aufgrund der Kostenteilung mit Ländern und Gemeinden ausverhandelt werden. Bures beantwortete damit auch eine Frage von Bundesrat Hans-Peter BOCK (S/T). Gegenüber Bundesrat Georg KEUSCHNIGG (V/T) unterstrich sie die Wichtigkeit des Brenner Basistunnels und hob hervor, dass in Österreich 30 % des Transitverkehrs auf die Schiene verlagert sei. Das sei in der EU ein sehr hoher Wert, sagte sie, Österreich strebe aber 40 % an.

Bundesrat Stefan SCHENNACH (G/W) sprach die Empfehlungen des Rechnungshofs an, worauf die Verkehrsministerin feststellte, von den acht Vorschlägen des Rechnungshofs seien sechs umgesetzt. Sie gehe aber mit den Rechnungsprüfern nicht konform, wenn diese meinen, eine zweite Tunnelröhre sei auf Hochleistungsstraßen nicht notwendig.

Bundesrat Werner STADLER (S/O): Was unternehmen Sie in Ihrem Ressort für Klimaschutz und effizienten Energieeinsatz?

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Zentraler Punkt war für Bures dabei vor allem die sogenannte Green Mobility, wobei sie auf Investitionen in die Schiene und auf die Ökologisierung der LKW-Maut hinwies. Wichtig war für die Ministerin aber auch die Förderung der Elektromobilität mit dem Ziel, ein marktgängiges Produkt mit entsprechender Infrastruktur zu schaffen. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an die 60 Mio. € an Bundesmitteln.

Was die von Bundesrat Josef SALLER (V/S) angesprochene Nahverkehrsoffensive betrifft, trat Bures für eine enge Abstimmung mit den Ländern und Gemeinden ein, dies allerdings auf Basis klarer Zuständigkeiten.

Bundesrat Martin PREINEDER (V/N): Welche Schritte wurden von Ihnen unternommen, um der Entschließung des Bundesrats vom 19. Juni 2008 betreffend Ausbau von Parkplätzen an Autobahnauffahrten (Initiative Park & Drive) zu entsprechen, mit welcher der Verkehrsminister ersucht wurde, gemeinsam mit Ländern, Städten und Gemeinden ein Konzept zur sinnvollen Errichtung weiterer Parkplätze im gesamten Bundesgebiet zu erstellen, insbesondere um die Bildung von Fahrgemeinschaften zu fördern?

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Die Ministerin teilte mit, dass es bisher nur ein entsprechendes Rahmenübereinkommen mit Niederösterreich gebe, das eine Kostenaufteilung im Verhältnis 50:50 vorsieht. Angebote der ASFINAG an die anderen Bundesländer würden aber weiterhin bestehen. An Maßnahmen zur Förderung von PendlerInnen, die in einer Zusatzfrage von Bundesrat Karl Boden (S/N) angesprochen wurden, nannte Bures die steuerlichen Freibeträge, aber auch Tarifstützungen bei der Bahn in der Höhe von 700 Mio. € jährlich. Innovative Verkehrsprojekte wiederum, an die Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) erinnerte, würden seitens des Ministeriums "ideell", aber auch in Form von Anstoßfinanzierungen unterstützt. Finanzierungen, die in die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden fallen, könne der Bund aber nicht übernehmen, gab Bures zu bedenken.

(Schluss Fragestunde/Forts. BR)


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