Parlamentskorrespondenz Nr. 541 vom 29.06.2010

Petitionsausschuss: Vom Augarten bis zum Schutz von Fließgewässern

Abgeordnete befassen sich mit Bürgeranliegen

Wien (PK) – Der Petitionsausschuss des Nationalrats befasste sich auch in seiner heutigen Sitzung wieder mit einer Reihe von Bürgeranliegen. Die Themenpalette reichte vom geplanten Konzertsaal für die Wiener Sängerknaben im Augarten und den Schutz von Fließgewässern über die Reform des Pensionskassengesetzes bis hin zu Fragen des Tierschutzes. Außerdem lagen dem Ausschuss erneut zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen zu verschiedenen regionalen Verkehrsprojekten vor. Zu den einzelnen Anliegen werden nun, sofern sie nicht ohnehin schon vorliegen, Stellungnahmen der verantwortlichen Ministerien bzw. anderer zuständiger Stellen eingeholt. Über insgesamt sieben Petitionen und Bürgerinitiativen wurden die Beratungen abgeschlossen und ein Sammelbericht zur Vorlage an den Nationalrat in Aussicht genommen.

Der Petitionsausschuss einigte sich außerdem darauf, in seiner nächsten Sitzung gemeinsam mit der Volksanwaltschaft darüber zu diskutieren, wie die Arbeit des Ausschusses im Sinne der BürgerInnen verbessert werden könnte. Es gehe darum, den BürgerInnen den Zugang zum Ausschuss zu erleichtern, hob Ausschussvorsitzende Ursula Haubner hervor. Ihr zufolge soll der Rechtsdienst des Parlaments bis zur nächsten Sitzung diesbezügliche Möglichkeiten prüfen. Sie selbst kann sich etwa nach dem Vorbild Deutschlands die Auflage "öffentlicher Petitionen" vorstellen. Dabei werden die BürgerInnen aktiv eingeladen, sich auf elektronischem Weg an einer Petition zu beteiligen, und das Anliegen bei großem Zuspruch in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses mit dem zuständigen Regierungsmitglied diskutiert.

Auf inhaltlicher Ebene wandten sich die Abgeordneten zunächst einer Petition zu, die unter dem Titel "Flüsse voller Leben" darauf drängt, die letzten naturnahen Flüsse und Bäche in Österreich nicht mit Kraftwerken zu verbauen und so zu zerstören. Abgeordneter Günther Kräuter (S) wies darauf hin, dass angesichts aktueller Kraftwerkspläne dringender Handlungsbedarf bestehe und wurde dabei insbesondere auch von den Grünen und vom BZÖ unterstützt. In manchen Gebieten sei ein Kraftwerksbau aus ökologischen Gründen einfach nicht möglich und mache auch ökonomisch keinen Sinn, zeigte sich etwa Abgeordnete Christiane Brunner (G) überzeugt. Sie sieht es in diesem Zusammenhang als einen großen Mangel an, dass der österreichische Gewässerbewirtschaftungsplan keine "no-go-areas" enthält. Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) bekräftigte die ablehnende Haltung seiner Partei gegen einen unkontrollierten Ausbau der Wasserkraft.

Kein Verständnis für die Anliegen des WWF und der anderen Initiatoren der Petition zeigte hingegen FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter. Sie trat definitiv für einen Ausbau der Wasserkraft ein und machte geltend, dass es zu herkömmlichen Kraftwerken verschiedene naturnahe Alterativen wie Strombojen oder Wasserwirbelkraftwerke gebe. Seitens der ÖVP hob Abgeordnete Anna Höllerer (V) die Notwendigkeit des Schutzes von Fließwasserstrecken hervor und verwies auf die Sensibilität des Themas.

Die Abgeordneten einigten sich darauf, zunächst einmal Stellungnahmen des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums einzuholen.

Eine umfassende Diskussion im Ausschuss löste eine Petition aus, die sich einen Stopp der Verbauung des Augartens zum Ziel gesetzt hat. Während sich die Grünen ausdrücklich hinter das Anliegen der Petition stellten und die Missachtung von Anraineranliegen beim geplanten Bau eines Konzertsaals für die Wiener Sängerknaben kritisierten, sprach Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) von bewussten Fehlinformationen, durch die sich die BürgerInnen zunehmend "belästigt" fühlten. Es habe ein umfangreiches Genehmigungsverfahren für das Projekt gegeben und auch die Volksanwaltschaft habe keine behördlichen Fehler feststellen können, betonte sie. Die einzigen, die das Recht nicht einhalten würden, seien die Besetzer des Bauplatzes selbst. Cortolezis-Schlager machte überdies geltend, dass die Grünen ein anderes Projekt am selben Platz unterstützt hätten.

Dem gegenüber brachte Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) vor, dass bei der Genehmigung des Projekts Bestimmungen des Denkmalschutzes, des Wasserrechts und des Naturschutzes verletzt worden seien. Er zeigte zudem kein Verständnis dafür, dass den Wiener Sängerknaben 2.000 Quadratmeter öffentlicher, denkmalgeschützter Grund dauerhaft zu einem "Niedrigstpreis" vermietet werden sollten. Niemand besetze einen Bauplatz "aus Jux und Tollerei", stimmte auch sein Fraktionskollege Wolfgang Pirklhuber in die Kritik ein.

Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) und Abgeordnete Susanne Winter (F) forderten ebenfalls die Aufklärung des Sachverhalts. Winter schloss sich inhaltlich zwar weitgehend den Ausführungen von Cortolezis-Schlager an, meinte aber, man müsse auch den Gegnern des Projekts die Möglichkeit zur Stellungnahme einräumen. Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) wies darauf hin, dass der Bau vom Bundesdenkmalamt bewilligt worden sei und kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingebracht wurde.

Der Petitionsausschuss ersucht nun das Wirtschaftsministerium, eine Stellungnahme zur Petition abzugeben. Mit ihrer Forderung, auch das Kulturministerium, den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, die Volksanwaltschaft, das Bundesdenkmalamt, die Wiener Sängerknaben und die Projektgegner um Stellungnahmen zu ersuchen, konnten sich die Grünen nicht durchsetzen.

Mehrere Petitionen bzw. Bürgerinitiativen lagen dem Ausschuss zum Bereich Landwirtschaft und Tierschutz vor. Im Konkreten ging es etwa um ein Importverbot für gentechnisch veränderte Futtermittel, einen Stopp von Langstrecken-Tiertransporten und eine Verbesserung des Tierschutzes im Bereich der Schweinezucht.

Abgeordnete Anna Höllerer (V) wies in diesem Zusammenhang unter anderem darauf hin, dass es in Österreich nicht genügend Anbauflächen für Eiweiß-Futtermittel gebe. Im Bereich der Schweinehaltung wird ihrer Darstellung nach an einer Verbesserung der Tierschutzbestimmungen gearbeitet, aus ökonomischen Gründen erachtet sie aber Gesetzesänderungen ohne Übergangsbestimmungen für nicht machbar. Was die Tiertransporte betrifft, hat Österreich laut Höllerer ein "sehr gutes Gesetz" und führe auch umfangreiche Kontrollen durch, sie sieht aber keine Möglichkeit, die Frage der Langstrecken-Tiertransporte auf nationaler Ebene zu lösen.

Dem gegenüber wandte die Opposition ein, dass es auf den österreichischen Straßen viel zu selten Kontrollen gebe und die Strafen viel zu gering seien. Österreich könnte bei den Tiertransporten eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen, mache das aber nicht, kritisierte etwa Abgeordneter Bernhard Vock (F).

Auf verbreitete Skepsis stieß eine Bürgerinitiative betreffend die Gründung einer eigenen Kammer für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe. Abgeordneter Johann Hechtl (S) stellte die Sinnhaftigkeit einer solchen Kammer in Frage und machte geltend, dass es mit der Arbeiterkammer bereits eine starke Interessenvertretung für die genannten Berufe gebe. Auch Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) und Abgeordneter Bernhard Vock (F) standen einer neuen Kammer mit Zwangsmitgliedschaft ablehnend gegenüber. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) und Abgeordnete Anna Höllerer (V) gaben allerdings zu bedenken, dass von den Betroffenen offenbar gewisse Defizite beim Vertreten ihrer Anliegen wahrgenommen würden und verwiesen auf die "erkleckliche" Zahl von Unterschriften.

Vom Ausschuss abgeschlossen wurden die Beratungen über eine Petition betreffend Reform des Pensionskassengesetzes. Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) machte darauf aufmerksam, dass intensive Verhandlungen über ein neues Pensionskassengesetz liefen und damit eine Fortführung der Diskussion sichergestellt sei. Die zweite Pensionssäule müsse auf ein stabiles und tragfähiges Fundament gestellt werden, forderte sie. Auch Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) und Ausschussvorsitzende Ursula Haubner (B) verwiesen auf die Bedeutung eines transparenten, nachvollziehbaren und sicheren Systems. Ihr Vorschlag, ExpertInnen des Sozial- und des Finanzministeriums in den Ausschuss zu laden, fand aber keine Mehrheit.

Im Verkehrsbereich ging es unter anderem um die – mittlerweile ausgesetzte – Schließung der Autobahnmeisterei Haag, die Beseitigung von Tempolimit 50 auf der B14 zwischen Donauwarte und Kahlenbergerdorf, Lärmschutzmaßnahmen entlang der Autobahn im Bereich der Tiroler Gemeinde Pettnau, den Bau einer Straßenbahn nach Schwechat und den Vollausbau der Weinviertler Schnellstraße S 3.

Die gesamten Beschlüsse des Petitionsausschusses:

Petition Nr. 40 gegen eine (Teil-)Privatisierung der Bundesimmobiliengesellschaft – Einholung einer weiteren Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums.

Petition Nr. 43 betreffend Reform des Pensionskassengesetzes – Erledigung durch Kenntnisnahme. Damit kamen Anträge der Grünen und des BZÖ, die Beratungen zu vertagen und VertreterInnen des Sozialministeriums bzw. des Finanzministeriums in den Ausschuss zu laden, nicht mehr zur Abstimmung.

Petition Nr. 44 betreffend Aufhebung der Tempo-50-Beschränkung auf der B 14 zwischen Donauwarte und Kahlenbergdorf – Erledigung durch Kenntnisnahme.

Petition Nr. 45 gegen "Glücksspiel-Wildwuchs" in den Gemeinden – Erledigung durch Kenntnisnahme. Ein Antrag der Grünen, die Petition dem Finanzausschuss zuzuweisen, wurde damit nicht mehr abgestimmt.

Petition Nr. 46 für die Errichtung von Lärmschutzwänden entlang der Autobahn A 12 im Bereich der Gemeinde Pettnau – Einholung einer Stellungnahme der Asfinag. Ein Antrag der Grünen, die Petition dem Verkehrsausschuss zuzuweisen, fand keine Mehrheit.

Petition Nr. 47 gegen eine (Teil-)Privatisierung der Bundesimmobiliengesellschaft – Einholung einer weiteren Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums.

Petition Nr. 48 für ein Verbot von Langstrecken-Tiertransporten - Erledigung durch Kenntnisnahme. Damit kamen Anträge des BZÖ und der Grünen, die Bürgerinitiative dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen, nicht mehr zur Abstimmung.

Petition Nr. 49 für den Schutz von Fließgewässern – Einholung von Stellungnahmen des Umweltministeriums und des Wirtschaftsministeriums.

Petition Nr. 50 gegen die Schließung der Autobahnmeisterei Haag – Einholung einer Stellungnahme der Asfinag.

Petition Nr. 51 gegen die Schließung der Postfiliale im Linzer Einkaufszentrum Muldenstraße – Einholung von Stellungnahmen des Verkehrsministeriums und des Finanzministeriums.

Petition Nr. 52 betreffend Stopp der Verbauungen des Augartens – Einholung einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums. Die Grünen beantragten überdies die Einholung von Stellungnahmen des Unterrichtsministeriums, des Bundesdenkmalamts, des Vereins der Freunde des Augartens, der Wiener Sängerknaben, des Josefinsichen Erlustigungskomitees, der Initiative Denkmalschutz, des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes und der Volksanwaltschaft, konnten sich damit aber nicht durchsetzen.

Petition Nr. 53 betreffend Importverbot für gentechnisch veränderte Futtermittel – Einholung einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Bürgerinitiative Nr. 19 für den Bau einer Straßenbahnverbindung von Wien nach Schwechat – Erledigung durch Kenntnisnahme. Damit kam ein Antrag der Grünen, die Bürgerinitiative dem Verkehrsausschuss zuzuweisen, nicht mehr zur Abstimmung.

Bürgerinitiative Nr. 20 betreffend strengere Regelungen für die Schweinehaltung – Erledigung durch Kenntnisnahme. Ein Antrag der Grünen, die Bürgerinitiative dem Gesundheitsausschuss zuzuweisen, wurde damit nicht mehr abgestimmt.

Bürgerinitiative Nr. 21 für einen Vollausbau der Weinviertler Schnellstraße S 3 – Erledigung durch Kenntnisnahme. Die FPÖ forderte eine Zuweisung der Bürgerinitiative an den Verkehrsausschuss, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.

Bürgerinitiative Nr. 22 betreffend Gründung einer Kammer für Pflegeberufe – Einholung von Stellungnahmen des Gesundheitsministeriums und des Sozialministeriums.

Über die zur Kenntnis genommenen Petitionen und Bürgerinitiativen wird ein Sammelbericht erstellt, der im Nationalrat zur Diskussion stehen wird. (Schluss)