Parlamentskorrespondenz Nr. 772 vom 14.10.2010

Novelle zum Finanzsicherheiten-Gesetz passiert Justizausschuss

Weitere Themen: Kinderschutz, Kopierkosten bei Gericht

Wien (PK) – Nach einer Aktuellen Aussprache machte der heutige Justizausschuss mit S-V-F-B-Mehrheit eine Novelle zum Finanzsicherheiten-Gesetz (873 d.B.) plenumsreif, mit der die Bundesregierung eine EU-Richtlinie in österreichisches Recht umsetzt. Durch diese Änderung wird der Begriff der "Finanzsicherheiten" um Kreditforderungen (ausgenommen solche, bei denen die SchuldnerInnen VerbraucherInnen oder KMUs sind) erweitert. Mit S-V-F-B-Mehrheit wurde auch ein Abänderungsantrag zum Finanzsicherheiten-Gesetz verabschiedet, der eine Veränderung der gewählten Terminologie zum Inhalt hat.

In der Debatte begrüßten die Abgeordneten Ewald Stadler (B) und Johannes Jarolim (S) die Ausnahmen für Kreditverbindlichkeiten von KonsumentInnen und KMUs, die Justizministerin Claudia Bandion-Ortner auf eine Initiative ihres Ressorts zurückführte.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) begründete die Ablehnung durch seine Fraktion mit der Befürchtung, durch die Gestaltung einheitlicher Richtlinien könnte eine Dynamik auf den Finanzmärkten entstehen, die völlig undurchsichtige Derivative schafft.

Kinderschutz im Fokus von Regierungs- und Oppositionsparteien

Dass das Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (867 d.B.) ratifiziert werden soll, begrüßten sowohl Abgeordnete der Koalitions- als auch der Oppositionsparteien. Das Übereinkommen aus dem Jahre 1996 ersetzt zwischen den Vertragsparteien das Haager Minderjährigenübereinkommen (MSÜ), bei dessen Anwendung es immer wieder zu Schwierigkeiten gekommen war.

Ebenfalls auf den Bereich des Kinderschutzes stellte ein Entschließungsantrag des BZÖ (1080/A[E]) ab. Abgeordneter Ewald Stadler (B) wollte Kinder vor sexuellen Übergriffen geschützt wissen und forderte u.a. die Verdoppelung der Strafrahmen bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen, die ausnahmslose Verhängung von lebenslänglicher Strafe bei Todesfolge, die Abschaffung der Verjährungsfristen, keine Strafnachsicht und keine Tilgung bei Vergehen an Minderjährigen, eine generelle Anzeigepflicht und die Schaffung einer allgemein zugänglichen Sexualstraftäterdatei.

Der B-Antrag wurde jedoch mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen abgelehnt, wobei Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) vor allem mit Skepsis auf die Forderung nach einer allgemeinen Anzeigepflicht reagierte und auf Bedenken aus dem Kreis der Therapeuten hinwies.

Durchsetzen konnte sich Abgeordneter Ewald Stadler (B) hingegen mit seinem im Zuge der Debatte eingebrachten Entschließungsantrag zum Thema Cyber-Grooming. Die Justizministerin wird darin aufgefordert, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen via Internet als Straftatbestand im StGB verankert.

Die Abgeordneten Anna Höllerer (V) und Gabriele Binder–Maier (S) sprachen sich zwar zunächst dafür aus, eine diesbezügliche Regelung auf EU-Ebene abzuwarten, traten schließlich dem Anliegen Stadlers aber bei, zumal Justizministerin Claudia Bandion-Ortner bereits gesetzliche Schritte des Ressorts angekündigt hatte. Unterstützt wurde die BZÖ-Initiative auch von FPÖ und Grünen.

Abgeordneter Johann Maier (S) sah im Bereich Cyber-Crime und Kinderpornographie insbesondere auch die internationale Zusammenarbeit zwischen den Polizeidienststellen gefordert und drängte auf die Ermöglichung direkter Kontakte der ErmittlerInnen zu den Internet-Providern.  

Grüne wollen Missbrauch von behinderten Menschen thematisiert wissen

Geht es nach den Grünen, sollen in Zukunft auch Menschen mit Behinderungen in Expertengremien zum Thema Missbrauch vertreten sein (1124/A[E]), zumal bekannt sei, dass diese Gruppe häufiger zum Opfer sexueller Übergriffe bzw. Gewalt werde. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund fordern sie in einem weiteren Entschließungsantrag (1125/A[E]), der ebenfalls auf der Tagesordnung des Justizausschusses stand, die Durchführung einer Studie zum Thema Missbrauch von behinderten Menschen in Institutionen. Außerdem ist es den Grünen ein Anliegen, dass in jedem Bundesland spezielle Anlaufstellen für Missbrauchsopfer mit Behinderung eingerichtet werden (1126/A[E]).

Die obengenannten Entschließungsanträge wurden jedoch unter Hinweis auf die Komplexität der Materie mehrheitlich vertagt. Die Justizministerin kündigte an, sie werde das Anliegen mit Abgeordneter Helene Jarmer (G), die die Initiativen eingebracht hatte, besprechen.

Ein Antrag der FPÖ (954/A[E]) wiederum zielt auf den besseren Schutz von Ungeborenen mit Behinderungen ab. Die Freiheitlichen plädieren darin für eine Veränderung des Strafgesetzbuchs im Bereich der Fristenlösung. Konkret soll im § 97 StGB die Wortfolge "oder eine ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig behindert oder körperlich schwer geschädigt sein werde" entfallen. Derzeit könne in diesen Fällen eine Abtreibung bis zum Geburtstermin erfolgen, gab Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) zu bedenken. Abgeordneter Ewald Stadler (B), der sich mit Nachdruck zum Verbot der Abtreibung bekannte, meinte überdies, im Falle der Behinderung des Embryos laufe die derzeitige gesetzliche Regelung auf eine subtile Form der Eugenik hinaus.

Der Antrag wurde schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen vertagt.

Weitere Anträge der FPÖ abgelehnt bzw. vertagt

Abgelehnt wurde weiters ein Antrag der FPÖ (1175/A(E)), in dem Abgeordneter Christian Lausch eine moderne Körperschutzausstattung für die Einsatzeinheiten der Justizwache fordert. Justizministerin Claudia Bandion-Ortner teilte dazu mit, dass mit der Anschaffung der Ausrüstung bereits begonnen worden sei.

Mehrheitlich vertagte der Ausschuss eine Initiative des Abgeordneten Heinz-Christian Strache (F) auf besseren Schutz vor Betrug durch Abbuchungsermächtigung (1242/A[E]).

Abgeordneter Johann Maier (S) erinnerte an die große Zahl von Fällen, bei denen KonsumentInnen durch Call Center und Telefonanbieter im Zuge von unautorisierten Abbuchungen geschädigt wurden, wies aber auf die Regelung im § 44 Zahlungsdienstegesetz hin, die eine unverzügliche Rückerstattung vorsieht. Sollte sich herausstellen, dass diese Bestimmung nicht greift, sei über eine Verschärfung nachzudenken, versicherte er.

Senkung von Kopierkosten von Gerichtsakten in Aussicht

Keine Mehrheit fand ein Antrag des Abgeordneten Ewald Stadler (B) betreffend Senkung der Kopierkosten von Gerichtsakten (1238/A[E]), in dem er vor allem ins Treffen führte, dass die von Copy-Centers verrechneten Kosten in keinem Verhältnis zu den bei Gericht praktizierten Tarifen stehen. SPÖ und ÖVP brachten zu diesem Thema aber einen eigenen einstimmig angenommenen Entschließungsantrag ein, der die Justizministern nun auffordert, die Bemühungen zur Digitalisierung von Akten zu intensivieren, damit die Akteneinsicht ressourcenschonend und kostengünstig abgewickelt werden kann. (Schluss Justizausschuss)