Parlamentskorrespondenz Nr. 850 vom 04.11.2010

Bundesrat diskutiert Europäische Ermittlungsanordnung

EU-Ausschuss: Österreichische Standards wahren

Wien (PK) – Auch die engere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Justiz beschäftigte heute den EU-Ausschuss des Bundesrats. Grundlage dafür war die Vorlage zu einer Europäischen Ermittlungsanordnung, mit der ein umfassendes Rechtshilferegime geschaffen werden soll.

Derzeit gibt es nämlich, wie Wolfgang Pekel vom Justizministerium ausführte, mehrere Rechtsgrundlagen, wie ein Europaratsübereinkommen samt Protokollen, ein EU-Übereinkommen samt Protokoll und ein Rahmenbeschluss über die Europäische Beweisanordnung (RB-EBA). All diese Vorschriften passten nicht zusammen, erläuterte er.

Die Richtlinie sehe nun vor, dass der ersuchende Mitgliedstaat unter Verwendung eines einheitlichen Formulars eine Europäische Ermittlungsanordnung (European Investigation Order, EIO) erlässt, die im ersuchten Staat nach dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung vollstreckt wird. Der Vorschlag schränke auch die derzeitigen, einer zwischenstaatlichen Zusammenarbeit häufig im Weg stehenden Ablehnungsgründe deutlich ein. Dieser Punkt der Ablehnungsgründe sei aber unter den Mitgliedstaaten noch sehr umstritten, räumte Pekel ein. Angesichts dessen und der unterschiedlichen Behördenstruktur in den einzelnen EU-Ländern handle es sich um eine äußerst komplexe Angelegenheit, erläuterte Pekel, sodass die Verhandlungen noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden.

BundesrätInnen verlangen Präzisierungen des EU-Vorschlags

Die Bundesrätinnen und Bundesräte unterstützten unisono die Initiative der Kommission. In einem einstimmig angenommenen Antrag auf Mitteilung an die Europäische Kommission verlangen sie jedoch weitere Präzisierungen. Vor allem sollten die Gründe für die Ablehnung einer Ermittlungsanordnung konkretisiert werden, um den Behörden ein für die Praxis taugliches Regulativ an die Hand zu geben. Auch halten sie es für dringend geboten, die Behörde des Anordnungsstaates zu einer Gesetzmäßigkeits- und Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verpflichten.

Der Ausschuss vertrat weiters die Ansicht, dass die Gründe einer Bewilligung einer Ermittlungsanordnung durch die Anordnungsbehörde klar dargestellt werden müsse, vor allem im Hinblick auf das Redaktionsgeheimnis, Berufsgeheimnisse und das Doppelbestrafungsverbot. Jedenfalls ist nach Auffassung des Ausschusses sicher zu stellen, dass eine Übermittlung von Beweismitteln verweigert werden kann, deren Verwertung in Österreich in einem vergleichbaren Verfahren nicht zulässig wäre. Sie schließen sich damit auch der Meinung des Nationalrats an. (siehe PK-Meldung Nr. 760/2010)

Justizministerium: Hohe Standards in Österreich bleiben gewahrt

In der Diskussion informierte der Vertreter des Justizministeriums auf eine Anfrage von Bundesrat Franz Eduard Kühnel (V/W), dass die gegenständliche und auch von Österreich forcierte Initiative nun auch von Frankreich voll unterstützt werde. Auch Deutschland und Großbritannien brächten sich sehr konstruktiv ein, bei diesen Staaten gebe es jedoch Bedenken hinsichtlich der Ablehnungsgründe. Durch die Umsetzung der Richtlinie würde es auch zu einer eklatanten Verkürzung und Vereinheitlichung der Fristen kommen, innerhalb derer den Rechtshilfeansuchen entsprochen werden müsse. Derzeit dauere es in manchen Fällen sogar bis zu einem Jahr, der Richtlinienentwurf sehe eine Frist von 90 Tagen vor.

An den österreichischen Standards werde sich nichts ändern, betonte Pekel gegenüber Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (G/N). Diese blieben für die österreichischen StaatsanwältInnen bindend, versicherte er.

Die Bedenken von Bundesrätin Cornelia Michalke (F/V) versuchte er mit dem Hinweis auf die MRK und die Charta der Grundrechte zu entkräften, die für alle Mitgliedstaaten Geltung haben. Die zentrale Frage sei die Gestaltung der Ablehnungsgründe, unterstrich er, der ersuchende Staat könne nur jene Maßnahmen verlangen, die in seinem eigenen Rechtssystem vorgesehen und die auch verhältnismäßig sind, präzisierte er. Das könnte sogar laut Pekel zu einem verbesserten Recht in einigen Staaten führen.

(Fortsetzung EU-Ausschuss Bundesrat)


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