Parlamentskorrespondenz Nr. 1024 vom 15.12.2010

Forschungsausschuss: Erster Schritt im Kampf gegen Cold Calling

Breite Diskussion über Vorlage der Forschungsstrategie

Wien (PK) – Dem so genannten "Cold Calling" wird nun auf gesetzlicher Ebene der Kampf angesagt. Zu diesem Zweck passierte heute im Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie einstimmig eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes, das ein Verbot der Unterdrückung und Verfälschung der Rufnummernanzeige bringt. Damit reagiert man auf den Umstand, dass sich bisher die Initiatoren von Telefonmarketing durch anonymes Auftreten oft der Rechtsverfolgung entzogen haben. Damit wird der telekom-rechtlicher Teil der Lösung des Problems "Cold Calling" abgedeckt, die zusätzlich erforderliche Änderung des Konsumentenschutzgesetzes liegt dem Parlament ebenfalls vor und wird im zuständigen Ausschuss für Konsumentenschutz zu behandeln sein. Diese Vorlage zielt darauf ab, dass telefonisch abgeschlossene Verträge ausdrücklich bestätigt werden müssen. Außerdem sollen Rücktrittsrechte ausgeweitet werden.

Auf der Tagesordnung standen heute ebenfalls Anträge der Grünen und des BZÖ zum Thema Mobilfunk, die jedoch keine Mehrheit fanden. Die Abgeordnete Gabriela Moser (G) fordert die Berücksichtigung von Risiken im Telekommunikationsgesetz und verlangt die Verankerung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung gesundheitlicher, ökologischer und anrainerrechtlicher Aspekte. Abgeordneter Rainer Widmann (B) wiederum möchte eine regelmäßige Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte von Mobilfunkanlagen durch die Fernmeldebehörde verankern.

Eine breite Diskussion entfaltete sich anhand des von Abgeordneter Ruperta Lichtenecker (G) eingebrachten Entschließungsantrags, in dem die Grünen die Vorlage der Forschungsstrategie und des Strategiepapiers "Der Weg zum Innovationsleader" an den Forschungsausschuss einfordern. Die Opposition beklagte, dass die Veröffentlichung bereits für Mitte 2010 versprochen worden war. Die Ministerinnen Doris Bures und Beatrix Karl argumentierten, man habe zuerst die Budgetzahlen abwarten müssen, um die Strategie abschließen zu können. Sie stellten die Präsentation der Forschungsstrategie für Ende Jänner, Anfang Februar in Aussicht. Die Diskussion im Ausschuss bot ihnen aber Gelegenheit, bereits jetzt den Abgeordneten ihre Schwerpunkte für die Forschungsstrategie vorzustellen. Der Antrag der Grünen wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

Änderung des TKG zur Unterbindung des "Cold Calling"

Die Änderungen im Telekommunikationsgesetz, das ein Verbot der Unterdrückung und Verfälschung der Rufnummernanzeige mit sich bringt, wurde von allen Fraktionen unisono als ein Fortschritt im Kampf gegen das "Cold-Calling" begrüßt (die Abgeordneten Rainer Widmann – B, Gerhard Deimek – F,  Heidrun Silhavy – S, Johann Hell – S und Karin Hakl – V). Allgemein wurde jedoch auch der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass der Teil des Konsumentenschutzes möglichst bald im zuständigen Ausschuss behandelt wird.

Der ebenfalls zur Diskussion stehende Antrag der Abgeordneten Gabriela Moser (G) zur Berücksichtigung gesundheitlicher, ökologischer und nachbarrechtlicher Aspekte bei Mobilfunkanlagen wurde von SPÖ, ÖVP und FPÖ mehrheitlich abgelehnt. Keine Zustimmung von SPÖ und ÖVP gab es auch zur Initiative des Abgeordneten Rainer Widmann (B) betreffend eine regelmäßige Kontrolle über die Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte bei Mobilfunkanlagen.

Abgeordneter Johann Hell (S) begründete die Ablehnung mit dem Hinweis, dass sich die Menschen ein ausgebautes Mobilfunknetz erwarten und wesentliche Schutzkonzepte international festgelegt seien. Das Telekommunikationsgesetz enthalte technische Bestimmungen und stelle kein Gesundheitsschutzgesetz dar, sagte er. Soweit wie möglich enthalte es aber Bestimmungen, um den Schutz der Menschen zu berücksichtigen. Hell machte auch geltend, dass es bereits jetzt ausreichend Kontrolleinrichtungen gebe und sämtliche Überprüfungen zeigten, dass man in Österreich weit unter den Grenzwerten liege.

Diese Einschätzung wurde auch von der zuständigen Ministerin Doris Bures bestätigt. In Österreich werde auf die Gesundheit der Menschen bei der Errichtung von Sendeanlagen Bedacht genommen, stellte sie fest, man halte sich an sämtliche wissenschaftliche Ergebnisse. Österreich arbeite in internationalen Forschungsgremien mit, und sie habe darüber hinaus den wissenschaftlichen Beirat Funk gegründet. Auch würden jährlich ca. 200 Messungen durchgeführt, was sehr personalintensiv sei. Sie widersprach damit auch dezidiert Abgeordneter Gabriela Moser (G), die moniert hatte, auch im Telekommunikationsgesetz seien soziale und gesundheitspolitische Aspekte ebenso zu berücksichtigen wie etwa die Nachbarschaftsrechte. Hinsichtlich der Forderungen Mosers warnte Abgeordneter Gerhard Deimek (F) vor allzu weitreichenden Regelungen und damit amerikanischen Verhältnissen. Dies würde dazu führen, dass sich die Wirtschaft auf Grund einer möglichen Prozessflut nicht weiterentwickeln kann, befürchtete er.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) wies mit aller Vehemenz auch auf Aussagen von ÄrztInnen hin, wonach die Kopftumor-Rate bei Kindern im Umfeld von Sendemasten steigt. Dem konnte sich die Ministerin nicht anschließen, da es ihr zu Folge bei jenen Schwellenwerten, die in Österreich eingehalten werden, zu keinerlei Gefährdungen der Gesundheit kommt. Die Ministerin hielt auch wenig von der Forderung Mosers, einen Sendemasten-Kataster zu erstellen, indem sie auf die organisatorischen Schwierigkeiten in Bezug auf Bauordnungen der Länder hinwies. Sie konnte auch keinen Erkenntnisnutzen aus einem derartigen Kataster erkennen. Sie, Bures, habe aber nichts dagegen, wie sie Abgeordneter Moser gegenüber versicherte, den wissenschaftlichen Beirat Funk dem Gesundheitsressort zu übertragen.

FTI-Strategie soll Ende Jänner/Anfang Februar vorliegen

Die Diskussion über den Antrag der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) zur Veröffentlichung der FTI-Strategie des Bundes bot den zuständigen Ministerinnen Doris Bures und Beatrix Karl die Gelegenheit, bereits zu diesem Zeitpunkt den Abgeordneten die Schwerpunkte der genannten Strategie vorzulegen. Beide zeigten Verständnis für die Ungeduld der Abgeordneten, betonten jedoch, dass es in ihren Ministerien keinen Stillstand gegeben habe. Man arbeite zügig an der Strategie und nun gehe es darum, die Maßnahmen der beiden Ressorts abzustimmen und eine Gesamtstrategie der Bundesregierung zu präsentieren. Man habe alle Bereiche der Forschung zu berücksichtigen, von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung, so Bures und Karl, die die Vorlage ihrer Pläne für Ende Jänner, Anfang Februar in Aussicht stellten. Beide wiesen darauf hin, dass trotz der Budgetkonsolidierung für den Forschungsbereich zusätzliche Mittel, sogenannte Offensivmittel, zur Verfügung stehen. Die Strategie solle einen wesentlichen Wegweiser für die zukünftige Forschungspolitik darstellen.

Bures: Wichtig ist Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft

Bundesministerin Doris Bures betonte, gerade im wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei die Forschungsförderung von besonderer Bedeutung. Sie halte daher auch am Ziel fest, die F & E - Quote bis 2020 auf 4% zu erhöhen. Derzeit liege man bei 2,76%. Die Herausforderungen würden sich auch in den Schwerpunkten "Umwelt und Energie", "Mobilität und Verkehr", "Informations- und Kommunikationstechnologie" sowie "Produktionstechnologie" für ihren Teil der Gesamtstrategie widerspiegeln. Es gehe darum, dort vermehrt Impulse zu setzen, wo die Chancen Österreichs am besten stehen, im globalen Wettbewerb bestehen zu können.

Ein besonderes Anliegen ist der Ministerin die Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft, um rasch zu neuen marktfähigen Produkten zu kommen. Auf Grund der wirtschaftlichen Struktur im Inland messe sie den Forschungsinvestitionen im Bereich der KMU eine besondere Bedeutung zu. Sie erinnerte in diesem Zusammenhang an das Quick-Start-Programm und erläuterte, man habe den Anteil der Förderungen aus öffentlichen Mitteln von 25% auf 45% aufgestockt. Diese Maßnahme werde auch im nächsten Jahr weitergeführt. Darüber hinaus habe ihr Ressort auch eine Machbarkeitsstudie bezüglich der Inanspruchnahme von Förderungen in Auftrag gegeben.

Der antizyklische Einsatz von Budgetmitteln für die Forschung und die damit verbundenen Offensivmaßnahmen hätten gegriffen, bekräftigte Bures in weiterer Folge. Das zeigten alle Untersuchungen, die Forschungsausgaben in den Unternehmen seien 2010 nicht zurück gegangen. Die vorliegenden Evaluierungen der Förderungsmaßnahmen hätten bewiesen, dass man nur dann erfolgreich sein könne, wenn man auf zwei Schienen fahre, stellte die Ministerin fest, nämlich auf der Standortförderung und der angewandten Forschungsförderung. Die Mittel dafür würden in den nächsten Jahren um 110 Millionen Euro steigen, insgesamt stünden dafür 400 Millionen Euro zur Verfügung, rund 75% davon würden für die KMU aufgewendet. Bures betonte einmal mehr ihre Bemühungen die privaten Forschungsinvestitionen wieder anzuheben.

Karl: Investieren in Qualität und Exzellenz

 

Bundesministerin Beatrix Karl informierte die Abgeordneten, die Schwerpunkte ihres Ressorts für die Forschungsstrategie bestünden aus einem Mix von bewährten und neuen Instrumentarien. Dabei spiele der Forschungsrat eine wichtige Rolle und dieser solle auch in Zukunft ein strategisches Monitoring vornehmen. Die Wissenschaftsministerin unterstrich die Bedeutung der Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und bekräftigte ihre Absicht, besonders in Qualität und Exzellenz zu investieren. Dabei würden die sogenannten Exzellenzcluster einen zentralen Bestandteil darstellen. Sie werde aber mit der Zielsetzung der Overhead-Finanzierung beginnen, sagte sie. Einen weiteren Schwerpunkt wolle sie bei der Forschungsinfrastruktur setzen. Die Ministerin bestätigte, dass die Forschungsinfrastruktur-Finanzierung mit dem Hochschulplan zusammen hänge.

Die Bedeutung des Wissenschafts- und Technologietransfers von den Universitäten zur Wirtschaft wurde Bundesministerin Karl besonders hervorgehoben, mit dem Ziel, innovative Produkte auf den Markt bringen zu können. Hier ortete sie jedoch noch großen Handlungsbedarf. Weiters hielt sie es für notwendig, auch im universitären und außeruniversitären Forschungsbereich die private Beteiligung anzuheben. Nach einem Rückgang im Jahr 2009 sei 2010 wieder ein leichter Aufwärtstrend festzustellen, sagte sie.

Abgeordneter Josef Auer (S) zeigte sich mit der Information der beiden Ministerinnen zufrieden und meinte, vieles laufe in die richtige Richtung. In Anbetracht der Tatsache, dass die Strategie in wenigen Wochen vorliegen werde, stellte er den Antrag auf Vertagung, der mit S-V-Mehrheit auch angenommen wurde.

Abgeordnete unterstützen die Förderung von Forschung in KMU

Der Ansicht von Abgeordnetem Gerhard Deimek (F), zuerst müsse die Strategie kommen und dann die finanzielle Bedeckung, konnten weder die beiden Ministerinnen noch Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) etwas abgewinnen. Zuerst brauche man ein Budget für die nächsten Jahre und erst dann mache die Vorlage einer Strategie Sinn, meinte Gartlehner.

In der Diskussion urgierte Abgeordneter Kurt Grünewald (G) die Vorlage des Hochschulplans vor der Präsentation der Forschungsstrategie und kritisierte einmal mehr die Zersplitterung der Zuständigkeiten im Forschungsbereich. Er bezweifelte die von Ministerin Karl angepeilte Stärkung der Forschungsinfrastruktur, denn dafür wären laut Expertenmeinung rund 600 Millionen € nötig. Mit 80 Millionen € könne man dies nicht schaffen. Für die Arbeit des Rats für Forschung- und Technologieentwicklung fand der Abgeordnete lobende Worte, er habe jedoch den Eindruck, dass man den Rat als Feigenblatt halte und sich nicht an dessen Empfehlungen orientiere. Grünewald ortete darüber hinaus eine Grauzone zwischen Forschungs- und Strukturförderung und vermutete, dass Finanzmittel aus dem Forschungsbereich in die Strukturförderung fließen.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) forderte budgetäre Sicherheit für die Forschungsinstitutionen und hielt eine Evaluierung der Förderung für angewandte Forschung für notwendig. Ausdrücklich unterstützte er - sowie Abgeordneter Gerhard Deimek (F) - die verstärkte Förderung von Forschung in den KMUs. Dem schloss sich auch Abgeordnete Karin Hakl (V) an und trat dafür ein, für die unternehmensnahe Forschung im Ausschuss eine Plattform zu bilden. Sie wolle abseits der Regierungsvorhaben eine diesbezügliche Initiative starten.

Die Abgeordneten Kurt Grünewald (G) und Rainer Widmann (B) thematisierten auch die Initiative, Mädchen für die so genannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) zu interessieren. Bundesministerin Beatrix Karl hatte zuvor betont, sie wolle diesbezügliche Talente besonders fördern. Dazu bedürfe es aber eines umfassenden Maßnahmenpakets, sagte sie. Dies beginne mit der LeherInnenbildung, woran sie mit ihrer Amtskollegin Claudia Schmied arbeite. Es gebe auch bereits Initiativen wie Open-Labs und Sparkling-Science (dabei arbeiten in über 160 Projekten WissenschafterInnen Seite an Seite mit Jugendlichen an aktuellen wissenschaftlichen Forschungen), womit man Kinder für die Forschung begeistere. Die Frage stelle sich nur, wie man diese Interessen nachhaltig fördern und aufrecht erhalten könne. Notwendig sei auch eine gute Studienwahlberatung meinte die Ministerin.

(Schluss Forschungsausschuss)