Parlamentskorrespondenz Nr. 492 vom 17.05.2011

Bürgerinitiativen vom Fremdenrecht bis Verkehrs- und Sozialpolitik

Abgeordnete für Weiterentwicklung der Arbeit im Petitionsausschuss

Wien (PK) – Petitionen und Bürgerinitiativen mit den unterschiedlichsten Anliegen waren in weiterer Folge Diskussionsgegenstand im Plenum des heutigen Nationalrats.

Einige Anliegen betreffen das Fremdenrecht. So sprechen sich mehr als 110.000 Online-UnterzeichnerInnen für ein humanitäres Bleiberecht für gut integrierte, von Abschiebung bedrohte Kinder, eine uneingeschränkte Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention in der Verfassung sowie ein neues Asyl- und Fremdenrecht aus. Die entsprechende Petition unter dem Titel "Kinder gehören nicht ins Gefängnis", eine Initiative der Caritas, der Diakonie, des SOS Kinderdorf und von Amnesty International, wurde dem Nationalrat von den Abgeordneten Sonja Ablinger (S), Franz-Joseph Huainigg (V), Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Peter Westenthaler (B) vorgelegt. Auch die Gemeinde Aschach drängt auf eine "humanitäre Reform" des Fremdenrechts und spricht sich in einer Petition für einen Abschiebestopp für gut integrierte AusländerInnen aus. Beide Initiativen waren vom Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen dem Innenausschuss zugewiesen worden.

Auch soziale Fragen sind immer wieder Thema von Petitionen und Bürgerinitiativen. Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) überreichte eine Petition, die sich gegen die Abschaffung der 13. Familienbeihilfe wendet. Eine von der SPÖ Oberösterreich initiierte Bürgerinitiative plädiert für mehr Verteilungsgerechtigkeit in Österreich. Gefordert wird unter anderem eine Vermögenssteuer für private Netto-Vermögen ab einer Million Euro, eine Besteuerung von Spekulationsgewinnen, die Einführung einer Bankenabgabe, die Abschaffung von Steuerprivilegien für eigennützige Privatstiftungen, eine Einschränkung der Gruppenbesteuerung sowie eine steuerliche Entlastung von Arbeit durch eine Wertschöpfungsabgabe. Die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes und ein Ausgleich des bislang entstandenen Wertverlustes ist die Forderung einer weiteren Bürgerinitiative. Diese Initiativen waren vom Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen zur Kenntnis genommen worden.

Die von Abgeordneter Elisabeth Hakel (S) übermittelte Petition wiederum drängt auf die Übernahme der "Neuen Mittelschule" ins Regelschulsystem. Sie war vom Ausschuss dem Unterrichtsausschuss zugewiesen worden.

Auch Verkehrsthemen beschäftigen Bürgerinnen und Bürger sehr. Eine von Grün-Abgeordnetem Dieter Brosz (G) dem Nationalrat überreichte Petition zielt auf den "menschengerechten Ausbau" der Umfahrung Zwettl ab. Eine von G-Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek eingebrachte Petition befasst sich ebenfalls mit verkehrspolitischen Fragen. Konkret geht es um die Attraktivierung der Wiener S-Bahn-Linie S 80 und die Erhaltung der Haltestelle "Lobau". Die Bürgerinitiative YEG Ybbstalbahn Entwicklungs Gemeinschaft drängt in einer Petition darauf, die Ybbstalbahn nach der Übernahme durch das Land Niederösterreich weiter zu betreiben und die Streckeninfrastruktur zu erhalten. Sie wurde von Abgeordneter Tanja Windbüchler-Souschill (G) vorgelegt. Eine weitere Bürgerinitiative zielt auf eine "Verkehrswende" ab und spricht sich unter anderem dafür aus, den öffentlichen Verkehr auszuweiten, einen Taktfahrplan nach Schweizer Muster zu implementieren, die Bahnliberalisierung zu stoppen, Pläne zur Streckenstilllegung nicht weiter zu verfolgen und eine Volksabstimmung über einen zukunftsfähigen Verkehr durchzuführen. Auch diese Bürgerinitiativen waren vom Ausschuss zur Kenntnis genommen worden.

In der Diskussion wurde zum Teil von der Opposition Kritik an der Arbeitsweise des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen geübt, wobei die Abgeordneten durchaus Verbesserungen der Arbeitsweise lobend anerkannten.

Abgeordnete Susanne WINTER (F) kündigte die Ablehnung des Sammelberichts durch ihre Fraktion an und sah insbesondere Defizite in der Funktionsweise des Ausschusses. Die bloße Kenntnisnahme einer Petition sei nichts anderes als ein Begräbnis erster Klasse, zumal es an jeglicher rechtlicher Verbindlichkeit fehle, gab sie zu bedenken. Mit Nachdruck unterstützte sie in ihrer Wortmeldung die Petition betreffend Valorisierung des Pflegegeldes. Der Regierung warf sie in diesem Zusammenhang vor, durch ihre Weigerung, das Pflegegeld zu erhöhen, bei den Ärmsten zu sparen.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) erinnerte, viele Petitionen und Bürgerinitiativen würden im Ausschuss im Rahmen eines Hearings behandelt, und wies ferner auf die Möglichkeit hin, Petitionen und Bürgerinitiativen künftig elektronisch im Wege der Homepage des Parlaments zu unterstützen.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) sprach ebenfalls von positiven Entwicklungen im Petitionsausschuss und trat für eine weitere Ausreizung der Möglichkeiten der Geschäftsordnung ein. Auch sollten seiner Meinung nach Petitionen und Bürgerinitiativen verstärkt auf die Tagesordnungen der Spezialausschüsse gesetzt werden. Bei der inhaltlichen Betrachtung der vorliegenden Petitionen rückte Pirklhuber vor allem den Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit ins Bild und verlangte überdies in einem Entschließungsantrag eine jährliche Valorisierung des Pflegegelds.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) skizzierte, dass viele BürgerInnen das Gefühl hätten, von der Politik nicht entsprechend wahrgenommen zu werden. Vor diesem Hintergrund gelte es, die Beteiligung an Petitionen möglichst niederschwellig zu gestalten, um dem Bedürfnis der Menschen nach Mitsprache Rechnung zu tragen. Bürgerinitiativen sollten außerdem möglichst vielen Interessierten zugänglich gemacht werden: Das derzeit in Bearbeitung befindliche E-Voting für in Verhandlung stehende Initiativen könne, wie Höllerer ausführte, das Petitionsrecht "neu beleben". Zuletzt gewährte die Rednerin einen Einblick in die Tätigkeit des Ausschusses und den Verhandlungsstand ausgewählter Bürgerinitiativen.

Seine Fraktion werde dem Sammelbericht nicht die Zustimmung erteilen, kündigte F-Mandatar Leopold MAYERHOFER an, der in weiterer Folge auf die Petition zur Umfahrung Zwettl zu sprechen kam. Dem Initiator derselben, G-Abgeordnetem Dieter Brosz, hielt Mayerhofer entgegen, dass alles Erdenkliche getan wurde, um dieses Projekt gut und anrainerfreundlich abzuwickeln. Man müsse aber auch bedenken, dass die in diesem Gebiet ansässige Bevölkerung auf vernünftige Verkehrslösungen für Pendler angewiesen sei, schloss Mayerhofer.

Abgeordneter Wolfgang SPADIUT (B) verwies darauf, dass die Einreichung von Petitionen Ausdruck gelebter direkter Demokratie sei, die auch entsprechend ernstgenommen werden sollte. Die geforderte Erhöhung des Pflegegeldes unterstützte der Redner, da sonst die Pflege zu Hause nicht länger leistbar sei.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) befasste sich mit der Petition über die Haltestelle Lobau und brachte einen Entschließungsantrag ein, diese Haltestelle dauerhaft außer Streit zu stellen. Es sei evident, wie wichtig diese für den Nahverkehr ist, wie es generell darum gehen müsse, die Infrastruktur zu verbessern, wäre doch alles andere objektiv kontraproduktiv. Aus diesem Grunde sollten die verkehrsbezogenen Petitionen auch dem Verkehrsausschuss zugewiesen werden, um diese mit der zuständigen Ministerin diskutieren zu können.

Abgeordneter Johann HELL (S) setzte sich gleichfalls mit den Petitionen zu Verkehrsfragen auseinander. Man habe diese dem Verkehrsministerium zur Kenntnis gebracht, um von dort eine entsprechende Reaktion zu erhalten. Der Bund müsse eine Grundversorgung sicherstellen, die Länder müssten ergänzend tätig werden. Aus dieser Verantwortung könne man die Bundesländer nicht entlassen, unterstrich der Redner.

Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) plädierte für den Erhalt der Ybbstal-Bahn und erinnerte das Land Niederösterreich an seine diesbezügliche Verantwortung. Dies umso mehr, als die verantwortlichen PolitikerInnen Niederösterreichs zahlreiche Absichtserklärungen in diese Richtung abgegeben hätten.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) griff die Petition zu mehr Verteilungsgerechtigkeit auf und erteilte dabei der darin enthaltenen Idee nach Einführung einer Vermögenssteuer ebenso eine Absage wie dem Vorschlag nach Aufhebung der Gruppenbesteuerung. Beide Maßnahmen wären für den Wirtschaftsstandort kontraproduktiv, erklärte der Mandatar, der auch vor einer Überforderung des Mittelstandes warnte.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) bezeichnete es als nicht hinnehmbar, wie die Regierungsfraktionen mit den Anliegen der BürgerInnen umgehen. Als bedauerlich empfand die Rednerin, wie die Regierung die Anliegen von Familien behandelt. Angesichts der Gelder, die man nach Griechenland schicke, sei es beschämend, auf die Bedürfnisse der Familien nicht in ausreichendem Maße einzugehen.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) vertrat hingegen die Ansicht, dass der zuständige Ausschuss sich ausführlich mit den Anliegen der BürgerInnen beschäftige. Dass sie in den Sammelbericht und damit ins Plenum kämen, zeige eindrucksvoll, welchen Stellenwert die Mehrheit des Hauses diesen Wünschen der Bevölkerung einräume. Der Ausschuss müsse mehr sein als ein Briefkasten für die Fachausschüsse, und in diesem Sinne agiere er auch.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) sagte, die Petitionen gingen direkt in die konkrete politische Arbeit ein, was belege, welche Wichtigkeit man ihnen beimesse. Sodann legte der Redner einen Fokus auf die kinderbezogenen Petitionen.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) sah die Petitionen im Ausschuss gleichfalls ausreichend behandelt. Man nehme sie überaus ernst und diskutiere sie auf breiter Basis. Man solle den entsprechenden Ausschuss also nicht schlechtreden. Sodann ging die Rednerin noch auf die Valorisierung des Pflegegelds ein.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) befasste sich in seiner Wortmeldung mit der Infrastruktur und votierte vor allem für einen Technologieschub im ländlichen Raum. Außerdem plädierte er für eine adäquate medizinische Versorgung des ländlichen Raums, die für die Lebensqualität in diesem Bereich erforderlich sei.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) sprach sich dafür aus, die Petitionen ernster zu nehmen, denn derzeit erfolge die Auseinandersetzung mit diesen höchst oberflächlich, was sie nicht goutieren könne. Sodann unterstrich sie die Bedeutung der verkehrspolitischen und kinderspezifischen Petitionen.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) meinte, man sei der Wichtigkeit der in Rede stehenden Bürgeranliegen durch eine intensive Behandlung gerecht geworden, um sodann jene über das Pflegegeld herauszugreifen. In dieser Frage sei Österreich auf dem richtigen Weg, den es auch weitergehen werde.

Abgeordneter Johann SINGER (V) beschäftigte sich mit der Petition betreffend "Kinder gehören nicht ins Gefängnis" und mit dem Fremdenrecht.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) ging schließlich ebenfalls auf die Petition zur Pflege ein und zog dabei eine positive Bilanz.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) erklärte, die BürgerInnen wollten Taten sehen, weshalb es entsprechende Umsetzung der Bürgeranliegen brauche. An dieser Stelle gebe es nach wie vor nennenswerten Handlungsbedarf. Man müsse diese Anliegen also ernsthaft in den zuständigen Sachausschüssen diskutieren, regte der Redner an.

Der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen wurde schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Die G-Entschließungsanträge fanden keine Mehrheit.

(Fortsetzung Nationalrat)