Parlamentskorrespondenz Nr. 493 vom 17.05.2011

Nationalrat genehmigt Abkommen mit Südafrika, Korea und Mazedonien

Heftige Diskussion um Zweizeiler des Abgeordneten Großruck

Wien (PK) - Jeweils einstimmig passierten sodann einige internationale Abkommen das Plenum des Nationalrats. Das bestehende, 1999 zwischen der EU und der Republik Südafrika abgeschlossene Abkommen über Handel, Entwicklung und Zusammenarbeit (Trade, Development and Cooperation Agreement – TDCA) wurde nach einer Überprüfung erweitert und aktualisiert.

Die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Republik Korea haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen und werden daher mittels eines eigenen Abkommens auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt. Das Abkommen behandelt die Zusammenarbeit in den Bereichen Politik, regionale und internationale Organisationen, wirtschaftliche Entwicklung, Bildung, Kultur, Recht, Sicherheit, Tourismus und öffentliche Verwaltung. Damit soll ein umfassender Rahmen für die Beziehungen zwischen der EU und Korea geschaffen werden.

Schließlich lag dem Nationalrat ein Abkommen zwischen Österreich und der Republik Mazedonien vor, das die kulturellen Beziehungen regelt. Ziel ist es, die kulturelle Zusammenarbeit zu fördern und eine vertragliche Basis hierfür zu schaffen.

Ein Zweizeiler des Abgeordneten Wolfgang Großruck (V) hinsichtlich der jüngsten Affäre um den Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, sorgte dann für heftige Reaktionen anderer Parteien, die bis zur Rücktrittsaufforderung reichten.

Die Diskussion über die Abkommen wurde von Abgeordneter Ursula PLASSNIK (V) eingeleitet. Sie setzte sich eingehender mit der europäischen Politik gegenüber Korea auseinander. Das vorliegende Rahmenabkommen sei von besonderer Bedeutung, da man damit ein nennenswertes Handelsvolumen zu schaffen helfe. Real stelle dieser Vertrag das zweitgrößte Handelsabkommen nach der NAFTA dar, womit man einen handelspolitischen Meilenstein geschaffen habe. Auch für die österreichischen Unternehmen berge dieses Dokument zahlreiche Vorteile, betonte die Rednerin.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) wies auf die Bedeutung Südafrikas als Partner für Europa hin. Südafrika habe sich in den letzten Jahren nachhaltig profiliert und nehme eine wichtige Rolle auf dem afrikanischen Kontinent ein. Dem vorliegenden Abkommen komme mithin eine nennenswerte Bedeutung zu, von dem, so hoffte die Redner, beide Seiten profitieren würden. In einem Antrag wurde ein redaktionelles Versehen betreffend die Kundmachung korrigiert.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zu allen drei Abkommen an, beklagte allerdings, das Abkommen mit Mazedonien sei weitgehend inhaltsleer und beschränke sich überwiegend auf "no na – Bestimmungen".

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) unterstützte ebenfalls die drei Abkommen und plädierte für eine klare, zentrale Verankerung der ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit und der Menschenrechte als Zielbestimmungen in sämtlichen Wirtschaftsabkommen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) meinte, auch das BZÖ werde sich dem Konsens nicht entziehen, gab aber zu bedenken, es gebe derzeit wichtigere außenpolitische Themen als derartige harmlose Abkommen. Er vermisste insbesondere eine eigenständige Position Österreichs zu aktuellen Problemen, wie etwa der Bewältigung der Flüchtlingsströme aus Nordafrika, der Lage der Christen in Ägypten oder der Krise in Libyen.

Staatssekretär Wolfgang WALDNER unterstrich die Wichtigkeit der Abkommen, wies auf den Stellenwert des Exports für die österreichische Wirtschaft hin und unterstrich darüber hinaus auch die Bedeutung der Auslandskulturpolitik.

Abgeordnete Karin HAKL (V) erwiderte auf Scheibner, in der österreichischen Außenpolitik gehe es nicht nur um die schnelle Schlagzeile des Tages, sondern vielmehr um die Entwicklung langfristiger freundschaftlicher Beziehungen zu anderen Staaten.

Abgeordnete Gisela WURM (S) begrüßte insbesondere das Abkommen mit Mazedonien als Instrument zu einer weiteren Vertiefung der Zusammenarbeit und trat der Behauptung des Abgeordneten Hübner entschieden entgegen, hier würde es sich bloß um einen inhaltslosen Vertrag handeln.

Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) nahm das Abkommen mit Mazedonien zum Anlass, die EU aufzufordern, das diesen Staat betreffende Namensproblem endlich zu lösen. Der Redner schloss aus aktuellem Anlass mit einem Zweizeiler folgenden Wortlauts: "Obwohl er schon ein reifer Mann, zeigt Dominique Strauss, was er noch Kahn".

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) unterstützte das Abkommen mit Korea vor allem aus dem Blickwinkel der Bedeutung der wirtschaftlichen Beziehungen, begrüßte aber auch die Verankerung der ArbeitnehmerInnenrechte.

Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) kam nach einigen Zwischenrufen in einer zweiten Wortmeldung noch einmal auf seinen Zweizeiler zurück und stellte klar, er habe nicht beabsichtigt, damit irgendjemanden zu verletzen, und entschuldige sich bei all jenen, die sich betroffen fühlten. Der Redner meinte überdies, er ziehe seinen Zweizeiler hiermit zurück.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) eröffnete daraufhin eine Runde mit Wortmeldungen zur Geschäftsordnung, zeigte sich empört über Großrucks Zweizeiler, den sie als Entgleisung und Verharmlosung einer versuchten Vergewaltigung qualifizierte.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) reagierte ebenfalls schockiert auf den Zweizeiler und sprach von einer Geschmacklosigkeit. Er übte überdies heftige Kritik an der Vorsitzführung Martin Grafs und warf dem dritten Nationalratspräsidenten vor, die Rednerliste nicht respektiert und Großruck eigenmächtig das Wort zu einer zweiten Wortmeldung erteilt zu haben.

Klubobmann Karlheinz KOPF (V) bezeichnete den Zweizeiler Großrucks als zutiefst unangebracht und verletzend, rief die Abgeordneten aber dazu auf, die Entschuldigung des Kollegen zu akzeptieren und zu respektieren.

Abgeordnete Gisela WURM (S) akzeptierte die Distanzierung Großrucks, meinte aber, das Verhalten Strauss-Kahns eigne sich nicht für Witze und Verharmlosungen.

Präsident Martin GRAF betonte, er habe durch seine Vorgangsweise bloß versucht, einen Fehler eines Abgeordneten rasch einer Lösung zuzuführen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) ließ die Begründung Grafs nicht gelten und konterte vielmehr mit dem Vorwurf, der dritte Präsident hätte eine Grundsympathie für das von Großruck Gesagte.

Abgeordnete Petra BAYR (S) kam wieder auf die Tagesordnungspunkte zu sprechen und unterstützte insbesondere den Handelsvertrag mit Südafrika aus der Sicht der Entwicklungszusammenarbeit. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang das Überfischen der Meere durch europäische Schiffe auf Kosten der einheimischen Fischer.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) begrüßte die Abkommen als Ausdruck der internationalen Zusammenarbeit und hob in Bezug auf Südafrika auch den Sicherheitsaspekt hervor.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) nahm das Abkommen mit Mazedonien zum Anlass, mit Nachdruck für die Einbeziehung des Westbalkans in den europäischen Integrationsprozess einzutreten.

Abgeordneter Peter PILZ (G) meinte, ein Rücktritt des Abgeordneten Großruck nach dessen Zweizeiler wäre eine Selbstverständlichkeit, und erinnerte an den seinerzeitigen Rücktritt des VP-Abgeordneten Paul Burgstaller aufgrund einer gegen eine Grün-Abgeordnete gerichteten sexistischen Aussage. Mit scharfen Worten kritisierte er überdies den dritten Präsidenten Graf wegen dessen Weigerung, Großruck einen Ordnungsruf zu erteilen.

Bei der Abstimmung wurden die drei Abkommen einstimmig genehmigt.

(Fortsetzung Nationalrat)