Parlamentskorrespondenz Nr. 291 vom 13.04.2012

Neuregelung für Bilanzbuchalter scheidet die Geister

Bundesrat diskutiert wirtschafts- und finanzpolitische Themen

Wien (PK) – Der Bundesrat wandte sich nach den Bildungsthemen wirtschafts- und finanzpolitischen Fragestellungen zu.

Zunächst standen die Wirtschaftstreuhänder und Bilanzbuchhalter im Zentrum der Debatte, wobei sich auch im Bundesrat die Geister über die geplanten Maßnahmen schieden. Gegen die Neuerungen wurde schließlich mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Das Gesetz unterscheidet ab 2013 zwischen BuchhalterInnen, PersonalverrechnerInnen und BilanzbuchhalterInnen. Sie werden in die Wirtschaftskammer Österreich übergeführt. BilanzbuchhalterInnen dürfen künftig, wie auch PersonalverrechnerInnen, Arbeitnehmerveranlagungen durchführen. Die Praxiszeiten für die Zulassung zur Fachprüfung "Steuerberater" werden für BilanzbuchhalterInnen von 9 Jahren auf 5 Jahre verkürzt. In der Gewerbeordnung wird klargestellt, dass ZahntechnikermeisterInnen im Einzelfall und im Auftrag der ZahnärztInnen sowie in deren Ordination Abformungen und notwendige Bissnahmen im Mund des Patienten vornehmen sowie An- und Einpassungsarbeiten am Zahnersatz durchführen können.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) bezeichnete die Ausweitung des Tätigkeitsfeldes der Bilanzbuchhalter als wenig nachvollziehbar und kritisierte im Übrigen mit scharfen Worten das seiner Meinung nach bestehende Dickicht im österreichischen Steuerrecht. Er forderte einfache, transparente und klar strukturierte Steuergesetze, die weniger Beratung erforderlich machen, und sprach sich insbesondere für eine Vereinheitlichung der Umsatzsteuer aus.

Bundesrat Josef STEINKOGLER (V/O) erläuterte die wesentlichen Punkte der Novelle, bezeichnete die Regelung betreffend die Zahntechniker als Kompromiss, sah aber insgesamt in den neuen Bestimmungen zahlreiche Verbesserungen.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) kritisierte die Anhebung der Umsatzgrenzen im vorliegenden Ausmaß als nicht notwendig und beklagte zudem das Tempo bei der Gesetzeswerdung, das ihrer Meinung nach keine ausreichende Debatte ermöglicht hatte.

Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) begrüßte die Erweiterung der Befugnisse der ZahntechnikerInnen und sah darin wesentliche Vorteile für die PatientInnen. Insgesamt betrachtete er die vorliegenden Neuerungen unter dem Gesichtspunkt einer notwendigen Anpassung des rechtlichen Rahmens an die jeweils geänderten Berufsbedingungen.

Bundesrat Peter MITTERER (F/K) erkannte in dem Gesetz ebenfalls wesentliche Verbesserungen, wünschte aber bei einer weiteren Novelle eine Ausdehnung hinsichtlich der Regelungen über die Abgabe von Steuererklärungen.

Bundesrätin Sonja ZWAZL (V/N) hob positiv hervor, dass nun sämtliche Buchhalterberufe in der Wirtschaftskammer integriert sind, unterstützte ausdrücklich die Erweiterung der Berufsrechte der Bilanzbuchhalter und wies in diesem Zusammenhang auf den Umstand hin, dass gerade in dieser Berufsgruppe viele Frauen tätig sind.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER sprach ebenfalls von einem Schritt in Richtung weiterer Verbesserungen, von dem er sich auch Vorteile für die KundInnen erwartete, und sah in der Ausweitung der Befugnisse der ZahntechnikerInnen einen Kompromiss, der, wie er meinte, niemandem etwas wegnimmt.


Akkreditierungsgesetz, Vermessungsgesetz und Freihandelsabkommen mit Korea passieren Bundesrat

Einstimmig angenommen wurden eine Neufassung des Akkreditierungsgesetzes und eine Änderung des Maß- und Eichgesetzes sowie des Kesselgesetzes, die die "EU-Verordnung über die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten" ergänzen und eine Bundeskompetenz zur Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen schaffen.

Lediglich mehrheitlich passierten die Änderungen im Vermessungsgesetz den Bundesrat, die durch die Grundbuchsnovelle des Jahres 2008 und die Erneuerung der Grundstücksdatenbank bedingt sind. Das Adressregister wird auf Wunsch der Städte und Gemeinden künftig auch den Zustellort enthalten.

Mit der erforderlichen verfassungsmäßigen Zweidrittelmehrheit genehmigten die Bundesrätinnen und Bundesräte sodann ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Korea, das dem wachsenden Marktpotential des ostasiatischen Landes Rechnung trägt, die Grundlagen der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen verbessern und die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen soll.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/ST) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Eichgesetz und zum Abkommen mit Korea an, übte aber Kritik am Vermessungsgesetz, wobei er insbesondere Bedenken gegen die Veröffentlichung von Grundbuchseintragungen im seiner Einschätzung nach wenig zugänglichen Amtsblatt für Vermessungswesen anmeldete.

Bundesrat Magnus BRUNNER (V/V) erwartete sich von der Novelle des Vermessungsgesetzes Verfahrensvereinfachungen und – beschleunigungen und meinte zudem, die von der FPÖ kritisierten Punkte seien im Wesentlichen bereits durch die nunmehr verankerte Kommunikation der Gemeinden ausgeräumt worden. Hinsichtlich der zahlreichen Dienststellen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen schlug Brunner vor, Synergien in diesem Bereich zu nutzen.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) äußerte sich grundsätzlich positiv zu allen drei Materien und stellte eine Zustimmung ihrer Fraktion in Aussicht.

Bundesrat Johann KRAML (S/O) begrüßte ebenfalls die vorliegenden Beschlüsse und hob insbesondere das Freihandelsabkommen mit Korea hervor. Anlässlich seines Ausscheidens aus der Länderkammer nahm er zur aktuellen Diskussion über den Bundesrat Stellung und meinte an die Adresse seiner Kolleginnen und Kollegen gerichtet, jetzt bestehe im Rahmen des Reformprozesses wohl die letzte Chance, den Bundesrat dort hinzubringen, wo man ihn wirklich haben will.

Vizepräsidentin Susanne NEUWIRTH würdigte das Engagement Kramls in dessen neunzehnjähriger Tätigkeit im Bundesrat und wünschte ihm alles Gute für den Ruhestand.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) lehnte das Abkommen mit Korea ab, kritisierte dabei vor allem eine Unterminierung der Emissionsgrenzen beim Autohandel und befürchtete hinsichtlich des Urheberschutzes  Rechtsunsicherheit und indirekte Einschnitte in die Informationsfreiheit.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER erläuterte zunächst die EU-Anpassungen bei der Zuständigkeit für Konformitätsbewertungen im Sinne von ÖNORM und ISO-Norm durch das neue Akkreditierungsgesetz, das die Grundlage für die Arbeit der zahlreichen Stellen darstellt, die diese Bewertungen in Österreich durchzuführen haben.

Beim Thema Grundstückdatenbank machte der Minister die Kritiker hinsichtlich der, wie er einräumte, zunächst tatsächlich nicht optimalen Informationsmöglichkeiten für die Grundstückseigentümer darauf aufmerksam, dass durch eine Vereinbarung mit dem Städte- und Gemeindebund eine Lösung dieses Problems gefunden werden konnte, die den Gemeinden keine zusätzlichen Kosten aufbürde.

Die große Bedeutung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Südkorea unterstrich der Minister, indem er darauf hinwies, dass es den österreichischen Export nach Korea um 31% erhöht und einen Gewinn von 1 Mrd. € bringt. Der Minister sprach von einem guten Verhandlungsergebnis und warb um die Zustimmung der Bundesräte.

Das in einer weiteren Wortmeldung des Bundesrats Gerd KRUSCHE (F/St) zum Ausdruck gebrachte Bedenken, die Information der Grundstückseigentümer durch die Gemeinden sei nicht gesetzlich geregelt, veranlasste Wirtschaftsminister MITTERLEHNER, auf die rechtliche Verbindlichkeit mit dem Städte- und Gemeindebund hinzuweisen. 

Mitterlehner: Haushaltsdisziplin erhöhen ohne Wachstum abzuwürgen

Mit der Diskussion über Vorhaben der EU 2012 im Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie, Jugend wandte sich die Länderklammer wieder europäischen Themen zu. Der diesbezügliche Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) machte aus dem aktuellen Anlass der Unterzeichnung des Abgeltungsvertrags mit der Schweiz auf die Kritik des Vorarlberger Arbeiterkammerpräsidenten an der "Legalisierung von Steuerhinterziehung" aufmerksam. Angesichts hoher Besteuerung der Arbeit und geringer Besteuerung der Vermögen in Österreich sei es eher angebracht, Menschen zu bestrafen, die ihr Geld der Besteuerung entziehen und es in der Schweiz anlegen, als ihnen eine Amnestie zu gewähren, zitierte Bundesrätin Michalke den Präsidenten der Vorarlberger Arbeiterkammer.

Auf den Bericht über die wirtschaftspolitischen EU-Vorhaben im Jahr 2012 eingehend, bekannte sich die Rednerin zur Absicht, die Haushaltsdisziplin in der EU zu stärken und zugleich für Wirtschaftswachstum zu sorgen. Die Politik könne aber keine Arbeitsplätze schaffen, sondern allenfalls geeignete Rahmenbedingungen bereitstellen. Eine Schlüsselfrage sei dabei das Bildungs- und Ausbildungssystem für junge Menschen. In diesem Zusammenhang besprach die Bundesrätin das Programm "Erasmus für alle" positiv, brach eine Lanze für die Aufwertung des Stellenwerts der Facharbeiterausbildung und bedauerte finanzielle Lücken in den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie Schule und Universitäten, während die Regierung durchaus bereit sei, viel Geld für BeamtInnen und PensionistInnen auszugeben und sich an Hilfsprogrammen für Griechenland zu beteiligen. Deshalb und wegen des in der EU geplanten Ausbaus von Kernkraftwerken nehme die FPÖ diesen Bericht nicht zur Kenntnis.

Bundesrat Friedrich REISINGER (V/St) konzentrierte sich auf die energiepolitischen Vorhaben der Europäischen Union und sprach die Befürchtung aus, dass sich nach der Finanzkrise eine Energiekrise einstellen werde, weil der Energieverbrauch jährlich um 2% zunehme, die Öl-, Gas- und Kohlevorräte zu Ende gehen und bei der Nutzung der Atomenergie weltweit ein Umdenken eingesetzt habe. Österreich sei bereits vor dem Einstieg in die Kernenergie "ausgestiegen", habe sich damit viele Probleme erspart und wurde zu einem Vorreiter bei der Nutzung erneuerbarer Energieträger. Darüber hinaus unterstrich Bundesrat Reisinger die Notwendigkeit, die Energieeffizienz zu verbessern und unterstützte das diesbezügliche Zehnpunkteprogramm des Wirtschaftsministers. Es gehe darum, die Energieversorgung zu sichern, die Umwelt zu schonen sowie zugleich wirtschaftliche Impulse zu setzen und neue Jobs zu schaffen.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass die Minister Mitterlehner und Hundstorfer gemeinsam Aktivitäten setzen, um ein Ansteigen der Jugendarbeitslosigkeit zu vermeiden und das Best-Practice-Modell "duale Lehrlingsausbildung" in der Europäischen Union gemeinsam vertreten. Eine Jugendarbeitslosigkeit von 8,2% sei kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, aber eine gute Basis, um weitere Fortschritte beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit junger Menschen zu erreichen. Der Opposition, die völlig unberechtigterweise versuche, die aktive Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung "madig" zu machen, teilte Bundesrat Klug mit, dass 600 Mio. €, 50% der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, für den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden.

Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) befasste sich eingehend mit dem vorliegenden Bericht und der Absicht der dänischen EU-Präsidentschaft, Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise zu setzen und zugleich die Wirtschaft anzukurbeln. Dazu kommen ambitionierte Zielsetzungen bei der Förderung der Elektromobilität, zur Verbesserung der Energieeffizienz und bei der thermischen Sanierung der Gebäude. Bundesrat Dönmez unterstrich die Notwendigkeit, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu setzen, da auch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 80% bis 2050 nicht ausreichen werde, die Erderwärmung zu verhindern. Den Ausführungen seines Vorredners Klug über die große Bedeutung der dualen Ausbildung schloss sich Bundesrat Dönmez an und kündigte die Kenntnisnahme des vorliegenden Berichts durch seine Fraktion an.

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER stellte die Zielsetzungen der EU, die Staaten zu entschulden und die Wachstumsprobleme - wenn möglich nachhaltig - zu lösen an die Spitze seiner Ausführungen und ging insbesondere auf die Bemühungen der dänischen Präsidentschaft ein, die Haushaltsdisziplin zu erhöhen ohne das Wachstum abzuwürgen. Die wirtschaftspolitische Strategie Europas laute auf Stärkung seiner Wettbewerbsfähigkeit sowie darauf, sich global mit Innovationen und einer entsprechenden Handelspolitik durchzusetzen. Dazu kommen Verbesserungen in der Asyl- und Migrationspolitik, das Bemühen um nachhaltiges Wachstum durch höhere Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energieträger im Sinne eines "grünen Europas". Bei all diesen Themen bringe sich Österreich sowohl in der EU-Kommission als auch in den EU-Räten engagiert ein und hoffe auf eine Lösung der Finanz- und Wachstumsprobleme.

Zöllner haben trotz Schengen weiterhin eine Vielzahl von Aufgaben

Weiters genehmigte der Bundesrat einstimmig eine Änderung der Gründungskonvention der Weltzollorganisation, die darauf hinausläuft, der Europäischen Union die Mitgliedschaft in der Weltzollunion zu ermöglichen.

Bundesrat Magnus BRUNNER (V/V) nützte die Debatte über die Änderung des Abkommens über die Weltzollorganisation, um auf aktuelle Probleme an den österreichischen EU-Außengrenzen mit Liechtenstein und der Schweiz aufmerksam zu machen. Angesicht eines stark zunehmenden Transitverkehrs leide dort sowohl die Vorarlberger Bevölkerung, als auch die Wirtschaft unter den LKW-Staus an den Grenzen, da auch nach dem Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen wirtschaftliche Zollkontrollen vorgenommen werden. Personalmangel und nicht genehmigte Überstunden in der Zollverwaltung führen dazu, dass Betriebe nach 16 Uhr ihre Waren nicht mehr über die Grenzen transportieren können. Brunner drängte auf Umsetzung von Zusagen der Finanzministerin, die Personalprobleme bei den Vorarlberger Zollämtern zu lösen. 

Staatssekretär Andreas SCHIEDER unterstützte dieses Anliegen von Bundesrat Brunner und sagte seinerseits Maßnahmen zur Erleichterung der Exporttätigkeit in Vorarlberg zu. Bei dieser Gelegenheit machte der Staatssekretär darauf aufmerksam, dass die Zöllner auch nach der Erweiterung des Schengen Raums viele Aufgaben zu erfüllen haben, vor allem beim Kampf gegen den Schmuggel, aber auch bei Maßnahmen gegen die Produktpiraterie und beim Artenschutz, wo es darum gehe, den Import geschützter Lebewesen zu verhindern.

Finanztransaktionssteuer und Abkommen mit der Schweiz

Europäisch ging es dann wieder beim Bericht der Finanzministerin über die EU-Jahresvorschau für 2012 zu. Auch dieser wurde mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) rief zu einer differenzierten Betrachtung der EU im Jahr 2012 auf. Wiewohl er der Union einige gute Aspekte zugestand – er nannte etwa den Binnenmarkt oder die ausgewogene Budgethandhabung Brüssels, mit der die Ausgaben nie die Einnahmen übersteigen würden – ortete der F-Mandatar doch viele Problemfelder beim europäischen Projekt. Die EU-Legislative agiere zu langsam und habe etwa die Eigenkapitalvorschriften für den Finanzmarkt zu spät erhöht, bemängelte Pisec, der auch europäische Ratingagenturen oder die Finanztransaktionssteuer vermisste. Die gemeinsame Währung habe sich zudem als ein "Desaster" für die SteuerzahlerInnen herausgestellt, kritisierte Pisec, da der EURO keine Hartwährung sei und die Inflation in die Höhe treibe. EU-Länder wie Schweden oder Polen, die mit ihrer eigenen nationalen Währung wirtschafteten, würden weit besser als die EURO-Zone im Außenhandel reüssieren, da sie bei Bedarf ihre Geldmittel abwerten könnten, vermerkte der Redner.

Der Vergleich der EURO-Länder mit Polen "hinke", bekrittelte Bundesrat Edgar MAYER (V/V) seinen Vorredner, und meinte, Österreich wäre ohne der Gemeinschaftswährung in Krisenzeiten ein leichtes Opfer für Spekulanten geworden. Die im EU-Finanzbericht enthaltenen Vorschläge zu Stabilität und Wachstum in Europa befürwortete Mayer, der in dem Papier Lösungsansätze für Problemfelder wie die Situation Griechenlands erkannte. Gerade eben sei auch das 2. Europäische Semester eingeleitet worden, sagte Mayer, mit dem die wirtschaftspolitische Steuerung der EU geregelt werden sollte. Natürlich gebe es dabei noch offene Punkte, so seien etwa die Reform des Finanzsektors oder der Kampf gegen Steueroasen weiter voranzutreiben, unterstrich der V-Bundesrat. Angesichts der Sparzwänge allerorts sei auch der nächste EU-Finanzrahmen schwierig zu verhandeln; insgesamt befinde sich die EU jedoch mit ihrer stärkeren strategischen Förderung eines gemeinsamen Wachstums auf dem richtigen Weg, analysierte Mayer.

Sämtliche "Monetaristen" Europas, die private Ausgaben erhöhen, öffentliche Zahlungen dagegen mindern wollten, seien volkswirtschaftlich gescheitert, richtete Bundesrat Gerald KLUG (S/St) der FPÖ-Fraktion aus. Bei dieser Oppositionspartei vermutete er nämlich ähnliche politische Bestrebungen, die sich von jenen der Sozialdemokratie "um Lichtjahre" unterscheiden würden. Seine Partei fördere einen starken Staat, da nur dieser Garant für vernünftiges Wirtschaften sein könne, wie sich schon jetzt durch regulative Maßnahmen wie Basel III zeige. Klug gestand zwar ein, dass es auf europäischer Ebene verschiedene Zugänge zur Finanztransaktionssteuer gebe, doch müsse zumindest ein gleichwertiges Instrument gefunden werden, falls die EU-Staaten tatsächlich keine Einigung zu dieser Steuermaßnahme erzielen sollten. Nur durch eine wachstumsschonende Budgetkonsolidierung sei das Wirtschaftswachstum zu forcieren und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, umriss der S-Bundesrat seinen Standpunkt.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) definierte die Aufgabe der Politik damit, ein Gegengewicht zum "Markt" zu bilden. Dieses Gegengewicht sah sie am besten auf EU-Ebene verankert, da Österreich dafür zu klein sei. Die EU benötige klarerweise konkrete Stabilitätsmechanismen, um rasch Lösungen für den Umgang mit finanziell oder demokratiepolitisch instabilen Mitgliedsstaaten zu finden, stellte die G-Bundesrätin fest. Allerdings habe ihre Partei die Zustimmung zu solchen Mechanismen an die Einführung der Finanztransaktionssteuer, die von den Grünen schon lange gefordert wird, gekoppelt, gab die G-Bundesrätin zu bedenken. Kerschbaum stieß sich auch daran, dass bis jetzt noch keine europäische Ratingagentur geschaffen worden ist. In ihren Augen könnte durchaus auch von Behördenseite die Funktion einer Ratingagentur übernommen werden, meinte die Rednerin.

Staatsekretär Andreas SCHIEDER unterrichtete die BundesrätInnen davon, dass die österreichische Finanzministerin und ihre Schweizer Amtskollegin "vor wenigen Minuten" das heiß diskutierte und oftmals angezweifelte Steuerabkommen zwischen den beiden Ländern unterzeichnet hatten. Mit diesem Abgeltungsabkommen, durch das unversteuertes österreichischen Geld an Schweizer Banken bei der heimischen Finanz zu bis zu 38% versteuert werden muss, sei die im Konsolidierungspaket eingeplante Steuermilliarde gesichert, zeigte sich Schieder überzeugt. In Zukunft wären zudem für Erträge aus in der Schweiz geparktem Geld ebenso wie für Kapitaleinkommen in Österreich 25% KEST zu verrichten, ließ der Finanzstaatssekretär wissen. Damit solle der Anreiz, das Geld ins Nachbarland zu verlagern, sinken. Er halte dieses Abgeltungsabkommen mit der Schweiz für eine bessere Lösung, als auf die vollständige Verfolgung von Steuersündern zu drängen, betonte Schieder, da die Aufdeckung dieser Personen auf Grund des Schweizer Bankgeheimnisses kaum möglich sei. (Fortsetzung Bundesrat)


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