Parlamentskorrespondenz Nr. 562 vom 28.06.2012

Umweltausschuss: Debatte über Grundsätze der Umweltförderungspolitik

Minister Berlakovich und Ausschussobfrau Brunner zu "Rio+20"

Wien (PK) – In einer grundsätzlichen und zugleich detaillierten Debatte zur Umweltförderungspolitik des Bundes erläuterte Umweltminister Nikolaus Berlakovich den Mitgliedern des Umweltausschusses die Grundsätze seiner Umweltpolitik und dabei insbesondere den neuen inhaltlichen Schwerpunkt "Energieeffizienz". Gegenüber Kritik der Opposition an der Teilnahme Österreichs am JI-CDM-Programm und am Ankauf von Klimaschutzzertifikaten hielt der Minister mit Nachdruck an einem globalen Ansatz zur Lösung der Klimaprobleme fest. Grundlage der Diskussion war der Ressortbericht über Umweltförderungen im Jahr 2011 (III-327 d.B.), den der Ausschuss mit S-V-F-G-Mehrheit zur Kenntnis nahm. In weiterer Folge verabschiedete der Ausschuss eine UVP-Gesetz-Novelle und vertagte eine Reihe von Oppositionsanträgen zu zahlreichen Umwelt-Themen von der Atompolitik über die Ökostromförderung bis hin zur Abfallwirtschaft. 

Umweltminister Nikolas Berlakovich erläuterte die Schwerpunkte der Umweltförderungspolitik des Bundes im Jahr 2011, indem er auf die neue Zielsetzung "Energieeffizienz" hinwies und dabei beispielsweise auf die Förderung von LED-Lampen, effiziente Motoren und nicht zuletzt auf das 100 Mio. €-Paket zur thermischen Sanierung hinwies. Zudem informierte der Ressortleiter die Abgeordneten über die Sanierung von Altlasten und über Verbesserungen bei der Abwicklung von Förderungsansuchen sowie über die Umstellung der Antragstellung auf EDV.

Weiters berichtete Berlakovich über die Umsetzung des JI/CDM-Programms seit 2003, das zum Aufbau eines Portfolios mit hochwertigen Klimaschutzprojekten geführt habe. Klimaschutz sei nur im globalen Maßstab zu gewährleisten, hielt der Minister fest und bekannte sich nachträglich dazu, die Nutzung erneuerbarer Energieträger in Entwicklungsländern zu unterstützen, weil dies Österreich ermögliche, seine Klimaschutzziele zu erreichen und österreichischen Firmen nütze, die Zugang zu Umweltschutzprojekten auf Auslandsmärkten bekommen.

Abgeordnete Gabriele Moser (G) lobte den Bericht als aussagekräftig und bekannt sich nachdrücklich zur Umweltschutzförderung im Inland, problematisierte aber zugleich den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten. Die ökologische und ökonomische Effizienz des thermischen Sanierungsprogramms, bei dem für jeden Förderungseuro 4 bis 6 € zurückfließen, legt es nahe, Klimaschutz und Umweltinvestitionen im Inland auszubauen.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) lobte ebenfalls die ökologische Wirkung und die Wertschöpfung bei den Umweltförderungen im Inland und würdigte die Fortschritte bei der Projektabwicklung sowie bei der konsequenten Kontrolle der einzelnen Projekte. Einmal mehr brach Schultes eine Lanze für die Förderung erneuerbarer Energieprojekte.

Abgeordneter Rudolf Plessl (S) zeigte sich besorgt wegen finanzieller Reduktionen bei der Förderung des Siedlungswasserbaus und warnte, dies könnte die Kommunen zwingen, Kanalgebühren für die BürgerInnen zu erhöhen.

Abgeordnete Christiane Brunner (G) schloss sich dem allgemeinen Lob für die erfolgreiche Umweltförderungspolitik im Inland an und drängte darauf, eine Strategie zum Ausbau der Umweltförderungen zu entwickeln. Für unverständlich hielt es die Abgeordnete, dass der Bundesminister sechs Mal mehr Geld für den Ankauf von Klimaschutzzertifikaten ausgebe als für die Fotovoltaik-Förderung. "Das ist nicht der richtige Weg zur Energieautarkie", kritisierte Brunner.

Abgeordnete Martina Schenk (B) schloss sich dieser Kritik an und zeigte sich ihrerseits besorgt über die Qualität des Grundwassers, wenn die Mittel zur Förderung der Abwasserentsorgung weiter gekürzt würden. Den Minister ersuchte die Abgeordnete, die Förderungswürdigkeit von Infrarotheizungen zu prüfen.

Abgeordneter Hannes Weninger (S) plädierte ebenfalls dafür, das "Erfolgsprogramm" Umweltförderungen, das einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Krise in Österreich leistete, auszubauen. Bei der Beurteilung des JI/CDM-Programms schloss sich Weniger dem Umweltminister an und unterstrich die Notwendigkeit, Klimaschutz global zu betreiben. Zu bedauern sei, dass es der Obfrau des Umweltausschusses noch nicht gelungen sei, ein Informationsgespräch der Fraktionsführer mit dem Bundesminister über das Thema "Klimaschutzzertifikate" zu organisieren. In diesem Punkt schloss sich Abgeordneter Werner Neubauer (F) Weniger an, unterstrich aber zugleich sein Eintreten dafür, Förderungsmittel für den Klimaschutz in heimische Industriebetriebe zu investieren. Angesichts des Ausstiegs von Kanada aus dem Kyoto-Prozess hielt es Neubauer für angebracht, auch von Seiten Österreichs darüber nachzudenken, ob man an Klimaschutzzielen festhalten wolle, die man seit Jahrzehnten nicht erreiche und deshalb Strafzahlungen befürchten müsse.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) machte darauf aufmerksam, dass nicht Ausschussobfrau Brunner am Nichtzustandekommen von Sitzungen des Umweltausschusses verantwortlich sei. Die Rednerin wandte sich strikt gegen jede "Raus-aus-Kyoto-Stimmung" und unterstrich, dass Kyoto mehr sei als Zertifikate-Handel. Zudem drängte die Rednerin auf finanzielle Unterstützung der Gemeinden bei Umweltprojekten.

Umweltminister Nikolas Berlakovich bedauerte, dass sich die Grünen gegen die Unterstützung alternativer Energieprojekte in Entwicklungsländern wenden und machte darauf aufmerksam, dass Österreich mit der Unterstützung von Windkraftprojekten in China Alternativen zur Verbrennung importierter Kohle der USA schaffe. Der überwiegende Anteil der CO2-Einsparungen für den Klimaschutz finde in Österreich statt, teilte der Minister mit und erinnerte daran, dass die Umsetzung es JI/CDM-Programms ein wichtiger Teil der österreichischen Klimaschutzpolitik sei, bei der er überdies im Auftrag des Parlaments handle. Dieses Programm unterstütze "Grünes Wachstum" weltweit und nütze heimischen Industriebetrieben. Den Ankauf von Zertifikaten im Jahr 2012 erklärte der Minister mit den derzeit günstigen Preisen. Kanada ist knapp vor Ende der Kyoto-Periode aus diesem Programm ausgeschieden, bestätigte der Minister und fügte hinzu, dass Österreich nicht aussteigen werde, weil dies ein fatales Signal für den Umweltschutz wäre.

In seinen weiteren Ausführungen unterstrich Berlakovich die Bedeutung des thermischen Gebäudesanierungsprogramms, wies Kritik der E-Control an der Förderung erneuerbarer Energieträger zurück und stellte eine Studie über den Bedarf an Kläranlagen in Aussicht.

Im Rahmen einer kurzen Aussprache berichtete Umweltminister Nikolaus Berlakovich den Mitgliedern des Umweltausschusses, was ihn dazu bewogen habe, seine ursprünglich geplante Teilnahme am Weltgipfel zum Thema Nachhaltigkeit "Rio+20" kurzfristig zu stornieren und sich in Brasilien von Staatssekretär Wolfgang Waldner vertreten zu lassen. Schwierige Interessenlagen bei den Teilnehmern der Konferenz haben in der Vorbereitungsphase dazu geführt, dass bereits vor Beginn des Gipfels ein Abschlussdokument vorgelegt wurde, über das keine weiteren Verhandlungen geführt wurden. Berlakovich sprach von einer vergebenen Chance und bedauerte insbesondere, dass es nicht gelungen sei, sie UN-Entwicklungsziele über 2015 hinaus zu verlängern. Man habe sich in Rio aber darauf geeinigt, den Prozess nicht abreißen zu lassen und diese Ziele in den nächsten Jahren zu definieren, berichtete der Minister.

Ausschussvorsitzende Christiane Brunner berichtete als Mitglied der österreichischen Delegation, die von Staatssekretär Wolfgang Waldner geleitet wurde und teilte mit, dass auf der Ebene der in Rio anwesenden Parlamentarier gute Gespräche geführt wurden und auch alles versucht wurde, ein gutes Dokument zu erreichen. Das sei bedauerlicherweise nicht gelungen. Grundsätzlich brauchten die nationalen Parlamente ein solches Dokument nicht, meinte Brunner und appellierte an dieser Stelle an die Mitglieder des Umweltausschusses, die Umweltpolitik in Österreich voranzutreiben. Als Umweltsprecherin ihrer Fraktion zeigte sich Brunner enttäuscht darüber, dass Umweltminister Berlakovich darauf verzichtet habe, sich in Rio für Green-Jobs einzusetzen, wie er dies angekündigt hatte.

Umweltminister Nikolas Berlakovich erinnerte demgegenüber daran, dass er seine Green-Jobs-Initiative bei der OECD präsentiert habe. Es sei richtig gewesen, nicht nach Brasilien zu fahren, nachdem bekannt wurde, dass dort keine Verhandlungen mehr geführt werden. Er habe stattdessen österreichische Interessen beim Temelin-Hearing in Budweis vertreten, teilte der Minister den Abgeordneten mit (Fortsetzung Umweltausschuss).