Parlamentskorrespondenz Nr. 197 vom 12.03.2013

Frauenquote in Aufsichtsräten erhitzt die Gemüter

Heftige Diskussion im EU-Unterausschuss über Richtlinienentwurf

Wien (PK) – Der Plan der EU, eine Frauenquote für Führungspositionen in börsennotierten Unternehmen einzuführen, sorgte heute im EU-Unterausschuss des Nationalrats für heftige Diskussionen. Dabei outete sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer persönlich als Befürworter der Quotenregelung, weil er diese als einen Anstoß zur positiven Veränderung betrachtet. Er räumte aber gleichzeitig ein, dass die Bundesregierung dazu keine einheitliche Position vertritt.

Die Einführung der Quote würde in Österreich insgesamt rund 80 Unternehmen betreffen, wobei die Quotenregelung in den 55 staatsnahen Betrieben bereits eingeführt ist, informierte der Minister. Hundstorfer unterstrich, dass es zu keinerlei Bevorzugung von Frauen komme, denn Frauen müssten die gleichen Qualifikationen aufweisen wie die männlichen Bewerber, wenn sie in Spitzenpositionen berufen werden.

Darf man in Personalentscheidungen privater Unternehmen hineinregieren?

Auch in der Debatte wurden die unterschiedlichen Auffassungen zwischen SPÖ und ÖVP deutlich, wobei die SPÖ Abgeordneten vehement für die Einführung einer Quote eintraten, die Abgeordneten der ÖVP zwar Maßnahmen zur Anhebung des Frauenanteils in Spitzenpositionen befürworteten, sich jedoch dagegen aussprachen, privaten Unternehmen Vorschriften zu machen.

Anreize, um die gläserne Decke für Frauen zu durchbrechen, seien durchaus begrüßenswert, sagte etwa Abgeordneter Werner Amon (V), der vorliegende Richtlinienentwurf geht ihm aber zu weit. Seine Klubkollegin Dorothea Schittenhelm (V) ließ ihrerseits mehr Sympathien für den EU-Vorschlag durchblicken und kritisierte vor allem in diesem Zusammenhang die Position der Wirtschaftskammer. Österreich habe in dieser Frage einen enormen Aufholbedarf, stellte Schittenhelm fest. Man könne aber in private Unternehmen nicht hineinregieren, formulierte sie und gab gleichzeitig zu bedenken, dass es der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft gut täte, wenn es mehr Frauen in Spitzenpositionen gäbe. Die Skandale der Vergangenheit seien meist von den Männern ausgegangen, erinnerte sie. Wenn man sich an dem Begriff Quotenregelung stoße, dann könne man ja auch von einer "gleichwertigen Verteilung von Spitzenpositionen unter Frauen und Männern sprechen", regte sie an.

Im Gegensatz dazu unterstützte Abgeordnete Gisela Wurm (S) den Vorstoß der Kommission uneingeschränkt und wies auf das positive Beispiel Norwegens hin. Frauen die Chance auf einen gutbezahlten Arbeitsplatz zu geben, sei der beste Weg zur Armutsbekämpfung, sagte sie und bedauerte die negative Haltung von Justizministerin Beatrix Karl zum gegenständlichen Vorschlag. Wenn es in Österreich so langsam wie bisher weiter gehe, brauche man noch 30 Jahre, um die Quote von 40% zu erreichen, rechnete sie vor.

Auch die Grünen befürworteten den Vorstoß der EU vollinhaltlich. Abgeordneter Bruno Rossmann (G) zeigte sich "schockiert" darüber, dass Deutschland nun versuche, eine Sperrminorität gegen den Entwurf zustande zu bringen. Ähnlich äußerte sich Abgeordnete Birgit Schatz (G).

Für Abgeordneten Johannes Hübner (F) bedeutet der Richtlinienentwurf ein Abweichen vom Kriterium der Sachentscheidung und Abgeordneter Gerhard Huber (B) bezeichnete den Vorschlag als einen "Unsinn". Beide sahen darin eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips.

Der Vorschlag der Vizepräsidentin der EU-Kommission

Nachdem die von der Vizepräsidentin der Kommission im März 2011 gestartete Initiative "Mehr Frauen in Unternehmensvorständen -  Selbstverpflichtung der Unternehmen" keine Fortschritte gebracht hatte, hat Viviane Reding einen Richtlinienentwurf vorgelegt, durch den der Frauenanteil – der Text spricht vom Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts -  in den Aufsichtsräten aller börsennotierten Unternehmen bis 2020 auf 40% angehoben werden soll. Derzeit sind Frauen in Aufsichtsräten innerhalb der EU nur zu 15% repräsentiert. Darüber hinaus sollen auch Mindeststandards für transparente Auswahlverfahren definiert werden. Auf Kleine und Mittlere Unternehmen (weniger als 250 MitarbeiterInnen, Jahresumsatz maximal 50 Mio. €, Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. €) soll die Regelung keine Anwendung finden.

Konkret zielt der Kommissionsvorschlag darauf ab, börsennotierte Unternehmen, in denen das unterrepräsentierte Geschlecht weniger als 40% der Aufsichtsratsmitglieder stellt, zu verpflichten, neue Mitglieder auf der Grundlage eines Vergleichs der Qualifikationen der KandidatInnen nach festgelegten, klaren neutral formulierten und eindeutigen Kriterien auszuwählen, so dass spätestens zum 1. Jänner 2020 der Anteil erreicht ist. Für börsennotierte öffentliche Unternehmen ist diese Frist mit dem Jahr 2018 festgelegt.

Bei gleicher Qualifikation wäre dem Kandidaten/der Kandidatin des unterrepräsentierten Geschlechts der Vorrang einzuräumen, wobei Ausnahmen gemäß der Rechtsprechung des EuGH möglich sein sollen. Die Qualifikationskriterien sind jedenfalls offenzulegen. Das Unternehmen muss nachweisen, dass es nicht gegen die Vorrangregel und Qualifikationsüberprüfung verstoßen hat. (Fortsetzung EU-Unterausschuss) jan