Parlamentskorrespondenz Nr. 401 vom 14.05.2013

Linzer Westring bleibt umstritten

Rechnungshofausschuss debattiert über A 26 und Forschungszentrum AIT

Wien (PK) – Ist der Bau der Linzer Autobahn A 26 sinnvoll oder stehen die Kosten, wie die Grünen meinen, in keinem Verhältnis zum Nutzen des Projekts? Über diese Fragen diskutierte heute der Rechnungshofausschuss des Nationalrats. Grundlage dafür bildete ein Bericht des Rechnungshofs, der vergangenen Herbst dem Nationalrat vorgelegt wurde. Darin kritisiert der Rechnungshof zwar die sukzessive Kostensteigerung für das Projekt, die von der ASFINAG durchgeführte Kosten-Nutzen-Rechnung ist für Rechnungshofpräsident Josef Moser allerdings durchaus plausibel.

Laut ASFINAG-Vorstand Alois Schedl rechnet sich das Projekt betriebswirtschaftlich zwar voraussichtlich nicht, weil die Mauteinnahmen aufgrund des erwarteten relativ geringen Lkw-Verkehrs auf der geplanten Strecke niedrig ausfallen werden, volkswirtschaftlich gesehen ergibt sich ihm zufolge jedoch ein positiver Kosten-Nutzen-Faktor von 2,48, etwa weil die Fahrzeiten für Pendler wesentlich verkürzt werden. Zudem wies Schedl darauf hin, dass durch die 2011 vereinbarte Redimensionierung des Projekts und die nunmehr vorgesehene Etappenlösung erhebliche Kosten eingespart werden. Die endgültige Fertigstellung des übrig gebliebenen Teilstücks Süd ist für 2029 geplant, eine Beschleunigung des Bauvorhabens ist laut Schedl nur dann möglich, wenn es die wirtschaftliche Situation der ASFINAG zulässt.

Weiteres Thema im Ausschuss waren die Lehren, die aus dem wirtschaftlichen Debakel der ehemaligen Austrian Research Centers (ARC) gezogen wurden. Hierbei gibt es grundsätzlich viel Lob vom Rechnungshof für das Verkehrsministerium und das Austrian Institute of Technologie (AIT).

Linzer Westring: ASFINAG erwartet deutliche Entlastung der Pendler

In seinem Bericht über den Linzer Westring (III-358 d.B.) weist der Rechnungshof darauf hin, dass sich die von der ASFINAG geschätzten Gesamtkosten für das Autobahnprojekt von ursprünglich 451,4 Mio. € (Einreichprojekt 2008) auf rund 645,8 Mio. € haben, was einem Plus von 43,1 % entspricht. Ursache dafür ist laut Rechnungshof auch die zwischen der ASFINAG, dem Bund, dem Land Oberösterreich und der Stadt Linz getroffene Vereinbarung, den vom ursprünglichen Projekt übrig gebliebenen Teilabschnitt Süd in drei Etappen zu realisieren. Kritisiert werden außerdem die unkoordinierte Vorgangsweise der ASFINAG bei der Abgabe der Umweltverträglichkeitserklärung und Verzögerungen beim ohnehin schon langwierigen UVP-Verfahren.

Generell gibt der Rechnungshof zu bedenken, dass die A 26 durch den Verzicht auf den Abschnitt Nord ihre Funktion als Bestandteil des hochrangigen Bundesstraßennetzes verloren hat, also eigentlich nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich der ASFINAG fallen dürfte. Allerdings räumte Rechnungshofpräsident Josef Moser in der heutigen Sitzung ein, dass auch andere städtische Zubringerstrecken, die nicht den klassischen Kriterien des Bundesstraßengesetzes entsprechen, von der ASFINAG betrieben werden. Der Stadt Linz empfiehlt der Rechnungshof, den öffentlichen Verkehr so rasch wie möglich massiv auszubauen, um die erwartete weitere Zunahme des motorisierten Individualverkehrs einzudämmen.

Im Rahmen der Diskussion sprachen sich die Abgeordneten Johann Singer (V) und Alois Gradauer (F) ausdrücklich für den Bau des Linzer Westrings aus. Gradauer bedauerte zwar, dass das Bauvorhaben nach dem Streichen der Nordspange nur noch "eine halbe Sache" sei, das Projekt ist seiner Ansicht nach angesichts des täglichen Staus rund um Linz jedoch dringend notwendig. Er hofft, dass der Zeitplan doch noch beschleunigt werden kann. Auf lange Sicht hält Gradauer eine weiträumige Umfahrung von Linz im Osten und Westen für erforderlich.

Kritisch zum Projekt äußerte sich hingegen Abgeordnete Gabriela Moser (G). Sie hält den Westring für das bei weitem unrentabelste Projekt der ASFINAG und in Wahrheit einen "Mühlstein" für die Autobahngesellschaft. Die von der ASFINAG angestellte volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung ist für Moser ein reiner "Hokus-Pokus", die nur angestellt wurde, um ein Projekt zu rechtfertigen, das sich in Wahrheit nicht rechne. Moser gab unter anderem zu bedenken, dass der redimensionierte Westring nunmehr in den Bindermichl münde, ein ohnehin jetzt schon überlastetes Nadelöhr. Für sie müsste der Ausbau des öffentlichen Verkehrs Vorrang haben.

ASFINAG-Vorstand Alois Schedl betonte dem gegenüber, dass das Projekt A 26 besonders genau untersucht worden sei. Alternative Planungen, etwa eine andere Linienführung oder der Ausbau von Bundes- und Landesstraßen hätten sich als nicht sinnvoll erwiesen, unterstrich er. Durch die Entscheidung, auf den Nordteil des Westrings zu verzichten und den Südteil in drei Etappen zu bauen, ist das Projekt seiner Meinung nach nunmehr auch wirtschaftlich gut vertretbar. Schedl rechnet unter anderem mit einer wesentlich kürzeren Fahrzeit für PendlerInnen durch die Bündelung des Individualverkehrs auf der Autobahn.

Die Kosten für das ursprüngliche Einreichprojekt und die nunmehr vorgesehene Etappenlösung sind laut Schedl nicht vergleichbar. Zur Frage, ob das Projekt auch schneller als geplant realisiert werden könnte, merkte er an, das hänge von der wirtschaftlichen Situation der ASFINAG ab. Klar ist für ihn, dass die A 26 gemeinsam mit der A 7 eine hochrangige Straße ist und wie andere Autobahnabschnitte in Österreich eine wichtige Zubringerfunktion hat.

Verkehrsministerin Doris Bures wies darauf hin, dass die Finanzierung der ASFINAG außerbudgetär erfolge und Investitionen daher wirtschaftlich vertretbar sein müssen. Der Wirtschaftseinbruch habe zu geringeren Mauteinnahmen aus dem Güterverkehr geführt, deshalb hätten einige Projekte gegenüber dem ursprünglichen Ausbauprogramm der ASFINAG redimensioniert werden müssen, skizzierte sie. Durch die Herausnahme des Teilstücks Nord aus dem Bundesstraßengesetz sei es gelungen, die Kosten für das Projekt um 400 Mio. € zu senken.

Die ungewöhnlich lange Dauer des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens begründete Bures mit zahlreichen Einsprüchen von AnrainerInnen. Bei allem Drängen könne der Zeitfaktor nicht wichtiger sein, als eine gewissenhafte Prüfung des Projekts, sagte sie. Generell machte Bures geltend, der Bund investiere doppelt so viel in die Schiene wie in die Straße.

Rechnungshofpräsident Josef Moser hielt fest, der Rechnungshof habe die Kosten-Nutzen-Analyse der ASFINAG für plausibel und nachvollziehbar gehalten. Investitionskosten und laufende Kosten auf der einen Seite stünden unter anderem Reisezeit- und Treibstoffeinsparungen auf der anderen Seite gegenüber.

Nach Abschluss der Beratungen über den Linzer Westring wurde der Bericht des Rechnungshofs einstimmig vertagt.

Seibersdorf: Ministerium und AIT setzten RH-Empfehlungen großteils um

Im Rechnungshofausschuss zur Diskussion standen heute auch zwei Prüfberichte des Rechnungshofs rund um das Austrian Institute of Technologie (AIT), das früher unter dem Begriff Austrian Research Centers (ARC) firmierte und zu dem unter anderem auch das Forschungszentrum Seibersdorf gehört. Der Rechnungshof hatte im Herbst 2007 auf Ersuchen des damaligen Verkehrsministers Werner Faymann die Gebarung der ARC unter die Lupe genommen und in einem vernichtenden Prüfbericht unter anderem festgestellt, dass sich das Forschungscluster durch eine fehlende Gesamtstrategie, strukturelle Schwächen, Fehlentscheidungen und eine mangelnde betriebswirtschaftliche Ausrichtung in eine existenzgefährdende Lage manövriert hat (siehe PK-Nr. 1042/2009). Die in der Zwischenzeit gesetzten Maßnahmen dürften jedoch wirken, die Follow-up-Prüfung des Rechnungshofs (III-336 d.B.) fällt jedenfalls ausgesprochen positiv aus.

Der Rechnungshof empfiehlt allerdings, der Reduktion von Personal- und anderen Kosten weiterhin ein besonderes Augenmerk zu schenken und das operative und strategische Controlling noch enger zusammenzuführen. Sowohl Verkehrsministerin Doris Bures als auch AIT-Geschäftsführer Anton Plimon betonten im Ausschuss, dass sich das AIT mittlerweile auf Erfolgskurs befinde.

AIT schreibt nunmehr schwarze Zahlen

Konkret haben das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und das ARC bzw. das AIT laut Follow-up-Prüfung 19 von 23 Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt. Den anderen vier Empfehlungen wurde teilweise Rechnung getragen. Zu den ergriffenen Maßnahmen gehören unter anderem die Neufassung des Gesellschaftervertrags, die Entwicklung einer Gesamtunternehmensstrategie sowie die Entwicklung von Strategien für fünf Departments, die Reduzierung der Geschäftsfelder, deutliche Einsparungen bei den Personalkosten, ein neu etabliertes Departmentcontrolling, die Einführung einer Internen Revision, die Einrichtung eines Forschungsmarketing und der Abschluss periodischer Leistungsvereinbarungen zwischen dem Verkehrsministerium und dem AIT.

Die Reformmaßnahmen führten zu einer deutlichen Verbesserung des Konzernergebnisses: Der Bilanzgewinn für 2009 wurde mit 600.000 € ausgewiesen, 2010 waren es bereits 3,9 Mio. €. Für 2011 erwartete die Gesellschaft laut Bericht ein positives Ergebnis von 6,1 Mio. €.

Wie notwendig die gesetzten Reformschritte waren, wird auch durch einen weiteren, heute mit der Follow-up-Prüfung mitdiskutierten Prüfbericht des Rechnungshofs (III-220 d.B.) deutlich: Er zeigt grobe Mängel beim Verkauf einer Tochtergesellschaft der ARC auf, die zuvor jahrelang Verluste schrieb. Nach Ansicht der Prüfer war schon das Geschäftsmodell der Funktionswerkstoffe Forschungs- und Entwicklungs-GmbH (FWG) betriebswirtschaftlich nicht plausibel, durch unzureichende Kontrollsysteme sind fragwürdige Insichgeschäfte befördert worden. Zudem weist der Bericht darauf hin, dass die Geschäftsführung der ARC der bereits zahlungsunfähigen FWG ohne Zustimmung des Aufsichtsrats – und ohne Vergebührung – mehrere Gesellschafterdarlehen gewährte und für Wertberichtigungen im Vermögen der FWG Mittel vom Verkehrsministerium erhielt, obwohl die Gesellschaft zum Zeitpunkt das Ansuchens bereits verkauft war.

Wie AIT-Geschäftsführer Anton Plimon den Abgeordneten heute mitteilte, hat das AIT dem Verkehrsministerium mittlerweile knapp eine Mio. € zurückgezahlt, die die ARC ungerechtfertigt bezogen hat. Was etwaige Schadenersatzforderungen gegenüber den ehemals Verantwortlichen betrifft, hat sich das AIT, vertreten durch die Finanzprokuratur, als Privatbeteiligter dem laufenden Strafverfahren angeschlossen. Eine Verjährungsgefahr in Bezug auf die Forderungen bestehe, so Plimon, nicht. Geschäftsführerverträge würden nunmehr ausschließlich gemäß der Schablonenverordnung des Bundes abgeschlossen.

Verkehrsministerin Doris Bures unterstrich, dass AIT sei mittlerweile ein Vorzeigeinstitut geworden. Es sei nicht nur die größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung Österreichs mit einer hohen Bedeutung für den Wirtschafts- und Industriestandort Österreich, sondern schreibe auch schwarze Zahlen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser äußerte sich darüber erfreut, dass die Empfehlungen des Rechnungshofs "zu 100% Wirkung entfaltet haben". Er erinnerte daran, dass in die FWG rund zwei Mio. € an Steuergeldern geflossen seien, beim Verkauf der Gesellschaft aber nur 50.000 € lukriert wurden. Die Verluste seien sozialisiert und die Gewinne privatisiert worden, fasste Moser die seinerzeitigen Missstände zusammen. Auch der damalige Aufsichtsrat sei seiner Funktion nicht nachgekommen.

Von Seiten der Abgeordneten machten Martina Schenk (T), Ewald Sacher (S), Gabriela Moser (G), Hermann Gahr (V), Gerald Grosz (B) und Alois Gradauer (F) nochmals auf die damaligen Missstände bei den ARC aufmerksam. So sprach Sacher von Misswirtschaft und Freunderlwirtschaft, die das Forschungszentrum an den Rand des Abgrunds geführt hätten. Abgeordneter Moser zufolge hätten die ARC eigentlich AMC - Austrian Missmanagement Center - heißen müssen. Für Abgeordneten Gradauer ist es "abenteuerlich", was passiert ist, er zeigte auch kein Verständnis dafür, dass weder der Aufsichtsrat eingeschritten sei, noch die Wirtschaftsprüfer aufgezeigt hätten.

Die beiden Berichte des Rechnungshofs wurden einstimmig zur Kenntnis genommen. Weitere Themen im heutigen Rechnungshofausschuss waren die Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB und der Ankauf von 20 Container-Staplern durch die Bundesbahnen sowie die Gebarung des Österreichischen Patentamts. (Fortsetzung Rechnungshofausschuss) gs