Parlamentskorrespondenz Nr. 403 vom 14.05.2013

Von Containerstaplern und ÖBB-Inseraten

Rechnungshofausschuss: Was bewirkt die Bahnwerbung?

Wien (PK) – Mängel beim Vergabeverfahren der ÖBB zum Kauf von 20 Container-Staplern mit einem Beschaffungsvolumen von 13,33 Mio. € im Jahr 2007 bildeten einen weiteren Schwerpunkt der heutigen Ausschusssitzung. Dem diesbezüglichen Bericht (III-208 d.B.) ist zu entnehmen, dass die ÖBB-Dienstleistungs-GesmbH gemeinsam mit der Rail Cargo Austria Aktiengesellschaft gravierende Verfahrens- und Dokumentationsmängeln zu verantworten habe. Die Rail Cargo habe im Wege der Tochtergesellschaft Industriewaggon GmbH hauptsächlich von dem Lieferanten, der im Vergabeverfahren unterlegen war, zwischen August 2007 und Oktober 2007 – somit weitgehend zeitgleich zum Vergabeverfahren – insgesamt sechs Container-Stapler im Gesamtwert von rund 2,24 Mio. € erworben. Diese parallelen Ankäufe seien unzweckmäßig gewesen und hätten dem Vergaberecht widersprochen, heißt es dazu im Bericht.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) leitete die Debatte mit dem Hinweis auf die Ergebnisse parlamentarischer Untersuchungen ein, die Gesetzesverletzungen und ungerechtfertigte Beschaffungen zu Tage gefördert haben. Interessant seien nunmehr in erster Linie die Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen bei den ÖBB sowie die Sanktionen für jene Organe, die für die Malversationen verantwortlich waren, meinte Grosz. Einrichtung und Arbeit einer Antikorruptionsstelle bei den ÖBB und die Einhaltung des neuen "Code of Conduct" bei den Bundesbahnen stand daher auch im Zentrum der Wortmeldungen der Abgeordneten Gabriela Moser (G), Erwin Hornek (V), Martina Schenk (T) und Maximilian Linder (F).

Christian Kern: Null Toleranz für Korruption beim Unternehmen Bahn  

Der Vorstandsvorsitzende der ÖBB-Holding Christian Kern, der den Ausschussmitgliedern als Auskunftsperson zur Verfügung stand, erinnerte zunächst daran, dass bei den ÖBB im Jahr 2007 ein völlig anderes Regelwerk galt als heute. Seither wurde ein wirksamer "Code of Conduct" eingeführt, der den Kontakt zwischen ÖBB-Mitarbeitern mit externen Stellen regelt und dessen Einhaltung streng kontrolliert wird. Dazu kommt die Antikorruptionsstelle und eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption im gesamten Konzern. Der Einkauf wurde im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofs zentralisiert, mehr Transparenz eingeführt und Möglichkeit der Umgehung der Vergaberichtlinien ausgeschlossen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser schilderte die kritisierten Beschaffungsvorgänge im Detail und gab dazu seine Einschätzung ab, dass nicht nur mangelnde Kommunikation, sondern die bewusste Missachtung von Konzernrichtlinien dazu geführt haben, dass der Auftrag an einen Bieter ging, von dem man wusste, dass er nicht der Bestbieter ist. Den ÖBB konzedierte der Rechnungshofpräsident, dass sie ihren "Code of Conduct" an internationale Vorbilder angepasst haben, sprach von positiven Maßnahmen, regte darüber hinaus aber Verbesserungen bei jenen Gesellschaften, die von der zentralen Beschaffung nicht erfasst seien. - Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. 

Die Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB unter der Lupe des Rechnungshofes

Die Bundesbahnen haben für ihre Öffentlichkeitsarbeit von 2007 bis 2011 jährlich 7,6 Mio. € für ÖBB-Mitarbeiter und 31 Mio. € für externe PR-Leistungen aufgewendet, erfuhren die Mitglieder des Rechnungshofausschusses aus dem Prüfbericht über die Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB (III-349 d.B.). Der Marketingaufwand der ÖBB sei nur mangelhaft evaluiert worden und es bestehe kein genauer Überblick über Art der Leistungen, Medium und Zugehörigkeit der jeweiligen Aktivitäten zu den einzelnen Kampagnen, kritisierten die RH-Prüfer. Differenzierte Aussagen über ÖBB-Ausgaben für Werbekampagnen und Medienkooperationen konnten daher nicht getroffen werden.

Die Public Relations der ÖBB-Holding und ihrer Unternehmen für Infrastruktur und Personenverkehr seien von der Öffentlichkeit wesentlich mitfinanziert worden, stellte der Rechnungshof fest. Das PR-Konzept für 2011 mit Fokus auf dem öffentlichen Image der ÖBB, einem höheren Medien–Etat und einem hohen externen Aufwand sei nach Ansicht des Rechnungshofes inhaltlich nicht ausreichend begründet und sein Nutzen nicht quantifiziert worden. Mehr Geld für Werbung sei im Widerspruch zur notwendigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gestanden. Überdies hätten die ÖBB RH-Vorschläge für Effizienzverbesserungen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit nicht ausreichend berücksichtigt.

Der überwiegende Teil des Media–Aufwands sei in Printmedien (2010: 82 % von 7,3 Mill. €) und davon ein erheblicher Teil in nur drei Zeitungen geflossen. In den Jahren 2007 und 2008 hätten die ÖBB Advertorial–Schaltungen finanziert, die die Arbeit des Verkehrsministers und der Verkehrsministerin in den Mittelpunkt rückten, wodurch teilweise der Eindruck einer Imagekampagne des Ressorts und des jeweiligen Bundesministers entstanden sei. Offen geblieben sei die Frage, warum die ÖBB die Kosten dennoch zur Gänze übernahmen. Auch sei die PR-Kooperation zwischen Ministerium und ÖBB nicht dokumentiert und der Aufwand für Advertorial–Schaltungen und Sponsoring–Aktivitäten von den ÖBB nicht systematisch evaluiert worden. Aussagen über die Angemessenheit der Werbeaktivitäten und die Effektivität der Produkte für die einzelnen Zielgruppen seien daher nicht möglich gewesen, legte der Rechnungshof den Abgeordneten kritisch dar.

Im Einzelnen empfahl der Rechnungshof, die Öffentlichkeitsarbeit von Verkehrsministerium und ÖBB–Unternehmensgruppe klar voneinander abzugrenzen. Für Kommunikationsmaßnahmen im gemeinsamen Interesse wären die Kosten transparent und adäquat zu teilen und die operative Zusammenarbeit schriftlich und nachvollziehbar zu dokumentieren. Die ÖBB sollten die Mittelflüsse in der Öffentlichkeitsarbeit besser überblicken, das Controlling stärken, auf ein optimales Kosten–Nutzen–Verhältnis des Mitteleinsatzes achten und den Fokus verstärkt auf Sparpotenziale legen. Der angestrebte Nutzen sei zu quantifizieren, zu monetarisieren und die intendierte Wirkung im Hinblick auf Ziele des Unternehmens (höhere Umsätze, Gewinnung zusätzlicher Fahrgäste) zu präzisieren. Für die Sponsoring–Aktivitäten empfahl der Rechnungshof eine Strategie, die Zielgruppen und inhaltliche Schwerpunkte definiert und in Sponsorverträgen die Leistungen des Partners präzise festlegt. Der Sponsoringaufwand sollte systematisch evaluiert werden.

Wem nützen ÖBB-Inserate?

Angesichts dieser Feststellungen erinnerte Abgeordneter Gerald Grosz (B) Abgeordnete Christine Lapp (S) an deren Empfehlung gegenüber dem Rechnungshof, zu sparen und knüpfte daran die Feststellung, dass die ÖBB ein PR-Budget haben, das größer sei als das gesamte Budget des Rechnungshofes. Grosz kritisierte einmal mehr Inseratenausgaben in der Ära Faymann, die von den ÖBB bezahlt wurden und drängte die ÖBB darauf, Kosten für Kampagnen, die sich für die ÖBB als nutzlos dargestellt hätten, zurückzufordern. Diesen Ausführungen schloss sich Abgeordnete Martina Schenk (T) ausdrücklich an. Abgeordneter Hermann Gahr (V) wiederum verlangte, die ÖBB und das Infrastrukturressort klar voneinander abzugrenzen und mehr Transparenz in der Öffentlichkeitsarbeit der ÖBB zu erreichen.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) sprach von "eigenartigen Kooperationen" zwischen den ÖBB und dem Verkehrsressort, die auf Seiten des Ministeriums aktenmäßig nur dürftig dokumentiert seien. Nach wie vor stelle sich die Frage, von wem die Initiative zu diesen Kooperationen ausgegangen seien und wie hoch deren tatsächlicher Werbenutzen für die ÖBB einzuschätzen sei.

Abgeordnete Christine Lapp (S) machte Abgeordneten Grosz darauf aufmerksam, dass die ÖBB 40.000 Mitarbeiter beschäftigen, der Rechnungshof aber 300 Mitarbeiter. Lapps Interesse galt den Erfolgen der ÖBB bei der Steigerung ihrer Fahrgastzahlen sowie der Umsetzung von Rechnungshofempfehlungen durch das Unternehmen.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) unterstrich die besondere Verantwortung der ÖBB als eines mit hohen öffentlichen Zuschüssen arbeitenden Unternehmens, bei PR-Ausgaben auf Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu achten und erkundigte sich nach neuen Erkenntnissen im Hinblick auf die Korruptionsvorwürfe, die im Zusammenhang mit der Inseratenaffäre erhoben wurden.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) räumte ein, dass ein Unternehmen, das im wirtschaftlichen Wettbewerb stehe, PR betreiben müsse. Dabei verlangte er aber eine einheitliche, wirksame Werbestrategie bei den ÖBB, die unabhängig von parteipolitischen Einflüsterungen umgesetzt werde.

Bahn-Chef Kern: ÖBB haben einen geringen Kommunikationsaufwand und … 

ÖBB-Vorstandsvorsitzender Christian Kern hielt die Budgets des Rechnungshofs und der ÖBB-Öffentlichkeitsarbeit für nicht vergleichbar und machte zudem darauf aufmerksam, dass "Öffentlichkeitsarbeit" naturgemäß einen wesentlich größeren Umfang habe als bei anderen Unternehmen. Die ÖBB müssen ihre Fahrgäste über Fahrplanänderungen und neue Angebote intensiv informieren. Sie betreiben eine Website mit einem komplexen Buchungssystem, managen Beschwerden, informieren über Bauprojekte, betreiben ein großes Call-Center, kommunizieren mit ihren Anrainern und organisieren permanent Informationsveranstaltungen und Führungen, unter anderem für Schulklassen. Tatsächlich ist der Kommunikationsaufwand der ÖBB relativ gering, was daran abgelesen werden könne, dass die ÖBB in einem Ranking der größten Werber Österreichs nur an 44. Position liegen.

… eine erfolgreiche Werbestrategie

Die ÖBB planten und evaluieren ihre Werbemaßnahmen sorgfältig, sagte Kern und meinte, ein Fahrgastzuwachs von 7 % auf einem international bereits hohem Markt-Niveau zeige, dass die ÖBB-Werbung wirksam sei. ÖBB-Werbekampagnen werden von renommierten Agenturen als besonders effizient ausgezeichnet, berichtete Kern und unterstrich die Notwendigkeit von Imagekampagnen und den Wert von Medienkooperationen für ein Verkehrsunternehmen, auch betonte Kern die Notwendigkeit eines offensiven Umgangs mit Beschwerden. Die Rechnungshofempfehlungen seien umgesetzt worden, berichtete der ÖBB-Chef. Weisungen des Ressorts über Inseratenschaltungen in bestimmten Medien seien ihm nicht bekannt, schloss der Vorstandsvorsitzende der ÖBB.

Doris Bures: ÖBB-Werbung war immer im Interesse des Unternehmens 

Verkehrsministerin Doris Bures berichtete zunächst über die grundlegende Strukturreform bei den ÖBB, die das Unternehmen auf neue stabile Beine gestellt habe und schloss sich der Ansicht von Generaldirektor Kern an, dass ein Unternehmen wie die Bundesbahnen eine Öffentlichkeitsarbeit brauchen, die über traditionelle Mittel der Kommunikation hinausgehe und ein umfangreiches Maßnahmenbündel umfasse. Diese Öffentlichkeitsarbeit habe jederzeit im Interesse des Unternehmens gestanden, zeigte sich die Ministerin überzeugt und informierte die Abgeordneten über die klare Abgrenzung zwischen den Kompetenzen des operativ tätigen Unternehmens ÖBB und des sich mit strategischen verkehrspolitischen Fragen befassenden Verkehrsressorts.

Josef Moser kündigt Follow-up-Bericht über ÖBB-Werbung an

Die Aussage des ÖBB-Vorstandsvorsitzenden, die vom Rechnungshof kritisierten PR-Ausgaben des Jahres 2011 seien nicht richtig, weil es sich um eine Schätzung handle und die tatsächlichen Ausgaben deutlich geringer waren, korrigierte der Rechnungshofpräsident, indem er berichtete, der Rechnungshof stütze sich in seinem Bericht ausschließlich auf Zahlen, die von den ÖBB stammten und mit den ÖBB abgestimmt wurden. Dass die ÖBB ihre Ausgabenschätzungen für das Jahr 2011 unterschritten haben, bewertete Moser ausdrücklich positiv. Rechnungshofpräsident Moser erinnerte an Probleme, PR-Ausgaben von anderen Ausgaben abzugrenzen, kritisierte eine Buchungspraxis, die es nicht erlaubte, Ausgaben nachzuvollziehen, lobte aber zugleich Veränderungen bei den ÖBB und die Absicht, die Öffentlichkeitsarbeit besser zu evaluieren und kündigte dazu eine Follow-up Prüfung an. – Der Rechnungshofbericht wurde einstimmig vertagt. (Schluss) fru