Parlamentskorrespondenz Nr. 489 vom 05.06.2013

RH-Ausschuss über Flusssanierungen, Hochwasser und LEADER-Programm

Mitgefühl mit Hochwasseropfern, Dank an Einsatzkräfte und Helfer

Wien (PK) – Der Rechnungshofausschuss befasste sich in seiner heutigen Sitzung zunächst mit Prüfberichten zu den Themen "Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie" und "Realisierung des EU-Programms zur Förderung der ländlichen Wirtschaft (LEADER)". Die Ausschussmitglieder sowie Rechnungshofpräsident Josef Moser und Umweltminister Nikolaus Berlakovich brachten in der Debatte über die Sanierung von Flüssen den Betroffenen der aktuellen Hochwasserkatastrophe in mehreren Bundesländern ihr Mitgefühl zum Ausdruck und dankten den Einsatzkräften der Feuerwehren, der Polizei und des Bundesheeres sowie den vielen freiwilligen Helfern. Breiten Raum nahm in der Ausschussdebatte auch der Hochwasserschutz ein.

Der Weg zu einer EU-konformen Sanierung der Flüsse ist noch weit

Hauptziel der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist ein guter chemischer und ökologischer Zustand der Fließgewässer bis 2015. Laut Nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan 2009 und aktuellem Stand der Umsetzung ist dieses Ziel nicht realisierbar, schreibt der Rechnungshof in seinem Prüfbericht. 64 % der österreichischen Fließgewässer entsprachen 2009 nicht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie. 77 % der nicht entsprechenden Fließgewässer sollen laut Planung erst von 2022 bis 2027 saniert werden.

Die Gesamtkosten aus der Erfüllung der Sanierungsverpflichtungen, die sich auf alle Gebietskörperschaften auswirken, werden bis 2027 auf 3 Mrd. € geschätzt, wobei durch Umweltförderungen Kofinanzierungsbedarf bei Ländern und Gemeinde(verbänden) entsteht. 

Der Rechnungshof rät in seinem Bericht zu einer strategisch koordinierten Vorgangsweise von Bund, Ländern und Gemeinden. Wasserbenutzungsanlagen mit unbefristetem Konsens sollten frühzeitig bearbeitet und die Kosten für alle Planungsperioden genau geschätzt werden. Verfahren zur ökologischen Mindestwasserführung sollen evaluiert, Richtlinien für funktionsfähige Fischaufstiegshilfen herausgegeben und technische Voraussetzungen für Fischabstiegshilfen geklärt werden. Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol sollten Regionalprogramme ausarbeiten und Prioritäten für erheblich veränderte Gewässerstrecken definieren.

Abgeordnete drängen auf ganzheitliche Lösungen beim Hochwasserschutz

Abgeordneter Günther Kräuter (S) unterstrich beim Thema Hochwasserschutz die Notwendigkeit, die Probleme ganzheitlich zu erfassen, Raumordnungsfragen zu klären sowie Kompetenz- und Abstimmungsprobleme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu lösen. Kräuter regte auch an, über eine Adaptierung der Wasserrahmenrichtlinie für den Hochwasserschutz nachzudenken.

Abgeordnete Christiane Brunner (G) drängte darauf, über die Katastrophenhilfe hinaus die Ursachen für Hochwasserkatastrophen zu erforschen und langfristige Lösungen auszuarbeiten, wobei Brunner die Flächenversiegelung, den Klimawandel und die Gewässerregulierung als Ursachen nannte. Hinsichtlich der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie plädierte Brunner auf Optimierung bestehender Wasserkraftwerke statt neue zu errichten, schlug einen "Masterplan Wasserkraftwerke" und strategische Planungen für die energetische Nutzung von Fließgewässern unter Berücksichtigung des Naturschutzes vor. Kritik übte die Rednerin an Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot bei der Genehmigung von Wasserkraftwerken aus ökonomischen Gründen.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) sah die Politik beim Thema Hochwasserschutz gefordert und mahnte eine ganzheitliche Betrachtung im Interesse jener mehr als 50% der Österreicher ein, die an den Flüssen Inn und Donau leben. Hornek registrierte eine immer raschere Abfolge von 500- und 1000jährigen Hochwässern und beklagte, dass immer noch viele Menschen ohne ausreichenden Hochwasserschutz leben.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) kritisierte, die Bundesregierung hätte Mittel des Katastrophenfonds zur Sanierung der Krankenkassen herangezogen, was sich nun räche. Sein Appell lautete, die kurzfristige Politik beim Hochwasserschutz zu beenden und langfristige Lösungen herbeizuführen. Beim Thema Sanierung der Fließgewässer klagte Grosz über eine uneinheitliche Vorgangsweise zwischen Bund und Bundesländern und machte auf Diskrepanzen bei den Kostenberechnungen für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie aufmerksam.

Abgeordnete Martina Schenk (T) sah angesichts der Tatsache, dass viele Menschen in diesen Tagen bereits das zweite Mal seit 2002 ihre Existenz verloren haben als klaren Handlungsauftrag an die Politik und verlangte eine Evaluierung der Hochwasserschutzmaßnahmen seit der letzten Katastrophe.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) räumte ein, dass beim Hochwasserschutz viel geschehen sei, nannte aber Gemeinden, die immer noch keinen Schutzdamm haben und nun unter Wasser stehen. Gradauer verlangte Auskunft über Gelder für Hochwasserschutz, die – wie Medien schreiben – vom Ministerium zurückgehalten worden seien. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie werde Einbußen bei der Stromerzeugung nach sich ziehen, weil der Fischabstieg möglich gemacht werden müsse. Gradauer fragte grundsätzlich, warum Bundesminister in Brüssel Programmen zustimmten, bei denen sich herausstelle, dass sie nicht umsetzbar seien.

Berlakovich: EU-Ziele bei der Sanierung der Flüsse sind erreichbar

Umweltminister Nikolaus Berlakovich hielt demgegenüber fest, dass die EU-Zielsetzung, den ökologischen Zustand der Fließgewässer zu verbessern, bis 2027 durchaus erreichbar sei und erläuterte den diesbezüglichen Dreiphasensanierungsplan, in dessen Erstellung die E-Wirtschaft und alle NGOs eingebunden waren. Bis 2015 wird mit hohem finanziellen Aufwand die Sanierung der großen Gewässer umgesetzt, erläuterte der Minister.

Bei der Bewältigung der aktuellen Hochwasserkatastrophe arbeiten die Einsatzkräfte mit freiwilligen Helfern gut zusammen, berichtete Berlakovich und teilte den Abgeordneten mit, das auch der Krisenstab gut funktioniere. Hundertprozentiger Hochwasserschutz sei nicht möglich, sagte Berlakovich mit Bezug auf Wissenschaftler und betonte, die zu beobachtende Häufung extremer Wetterverhältnisse sei eine Auswirkung des Klimawandels. Berlakovich informierte über das Maßnahmenpaket, das die Bundesregierung kürzlich mit den Bundesländern für den Hochwasserschutz beschlossen hat. Alleine seit seinem  Amtsantritt habe der Bund 700 Mio. € für Rückhaltebecken und Dämme ausgegeben, wobei jedes Projekt wissenschaftlich begleitet werde. Ein positives Beispiel stelle Steyr dar, wo das aktuelle Hochwasser ohne die seit 2002 ergriffenen Maßnahmen um drei Meter höher wäre. Es sei nicht weniger, sondern mehr Geld als vorgesehen für den Hochwasserschutz ausgegeben worden, sagte der Minister und wies anderslautende mediale Vorwürfe entschieden zurück.

Die größte Herausforderung bei Hochwasserschutz liege bei der Raumordnung und der Einhaltung der "roten Zonen", in denen bestehende Gebäude zwar nicht abgerissen werden sollen, aber keine neuen Wohngebäude entstehen sollen.

Wasserkraftprojekte will Berlakovich auch künftig einzeln prüfen, sagte der Minister und informierte über die Ausarbeitung eines Kriterienkatalogs für die Genehmigung von Wasserkraftwerken, wobei er die Abgeordneten versicherte, dass Ausnahmebestimmungen nur sehr selten angewandt würden.

Moser: Kompetenzzersplitterung beim Wasserrecht überwinden 

Rechnungshofpräsident Josef Moser erinnerte daran, dass sich der Rechnungshof seit der Hochwasserkatastrophe 2002 mit Schutzmaßnahmen befasse und dabei festgestellt habe, dass die Kompetenzzersplitterung zwischen den Gebietskörperschaften bei der Planung, Finanzierung und Genehmigung von Hochwasserschutzbauten den Fortschritt beim Hochwasserschutz bremse. Dazu komme, dass verschiedene Kategorien von Gewässern Hochwasserschutzmaßnahmen zusätzlich erschwerten. Moser forderte mehr Klarheit und mehr Rechtssicherheit auch für die Betroffenen von Hochwässern, da es nicht angehe, dass Hochwasserschäden unterschiedlich anerkannt und vergütet werden, je nachdem, in welchem Bundesland ein Betroffener lebt.

Bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wies Moser darauf hin, dass man von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Sanierung der 65% nicht entsprechenden Fließgewässer in Österreich zu 77% in die Periode 2022–2027 zu verschieben. Der Schätzwert von 3 Mrd. € für die Sanierungskosten stelle seiner Ansicht nach einen unteren Wert dar, sagte Moser und sagte, allein in Niederösterreich bestehe ein Investitionsbedarf von 930 Mio. €.

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie werde tatsächlich zu Energieverlusten bei den Kraftwerken führen, die aber durch Optimierung der Anlagen mehr als wettgemacht werden könne, sagte Moser.

In einer weiteren Verhandlungsrunde unterstrich Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) die Bedeutung des Klimaschutzes auch als langfristige Vorkehrung gegen Hochwasserkatastrophen und verlangte, die Empfehlungen der Raumordnungskonferenz zum Thema Hochwasserschutz umzusetzen und eine bundeseinheitliche Koordinationsstelle für den Hochwasserschutz im Ressort einzurichten.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) verlangte den Kompetenzwirrwarr beim Hochwasserschutz zu überwinden und machte darauf aufmerksam, dass die Wasserkraftwerke rechtzeitig ihre Schleusen bei Hochwässern öffnen, die Stauräume aber immer kleiner werden, weil sich in ihnen immer mehr Geschiebe ansammle.

Den Vorwurf der Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F), man habe nach einer "Kosten-Nutzen-Analyse" auf einen Hochwasserschutz für Wörgl verzichtet, wies Umweltminister Berlakovich entschieden zurück und verteidigte die Prioritätenliste bei Hochwasserschutzprojekten.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) riet dazu, nicht zu übersehen, dass die Dämme, die in den letzten Jahren an der Donau errichtet wurden, bislang halten und drängte darauf die geplanten und projektierten Hochwasserschutzbauten rasch fertig zu bauen.

Abgeordneter Heinz-Peter Hackl (F) warnte davor, dass Energieverluste bei Wasserkraftwerken zu einem verstärkten Einsatz von Gas- und Atomkraftwerken führen könnten.

Abgeordneter Werner Kogler (G) konzentrierte sich auf den Einfluss des Menschen auf Klima und Naturräume als Ursachen für Hochwasserkatastrophen wobei er vorrechnete, dass allein in Österreich pro Tag 10 Hektar Boden asphaltiert werden. Einmal mehr wandte sich Kogler gegen das steirische Kraftwerksprojekt "Schwarze Sulm", bei dem "willfährige Beamte" auf der Grundlage von Professorengutachten Begründungen für eine Ausnahmegenehmigung geliefert haben, die von der EU abgelehnt wurde. Kogler sprach an dieser Stelle von einer "dramatischen Rechtsverfehlung".

Umweltminister Berlakovich informierte über die Angleichung der Fördersätze bei Hochwasserschutzbauten, über Maßnahmen gegen das – teilweise notwendige – Geschiebe in den Flüssen und über Prioritätenlisten für die Errichtung von Hochwasserschutzbauten, die wissenschaftlich ermitteltem Handlungsbedarf entsprechen. Die Gemeinden erhalten beim Thema Hochwasserschutz technische Beratung aus seinem Ressort, teilte der Minister mit und berichtete über einen Maßnahmenkatlog zum Klimaschutz, den kürzlich der Ministerrat beschlossen hat. Er sei immer gegen das Wasserkraftwerksprojekt an der Schwarzen Sulm gewesen, hielt Berlakovich fest.

Rechnungshofpräsident Josef Moser bekräftigte seine Feststellung, dass die Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie nicht ausreichten, um die Ziele der Richtlinie zu erreichen. Handlungsbedarf sah Moser bei der Vereinheitlichung der Umsetzung des Wasserrechts. Empfehlungen habe der Rechnungshof für Anpassungen an die Folgen des Klimawandels, zum Thema Raumplanung und zur Rückwidmung von Bauland in Gefahrenzonen unterbreitet. - Der Bericht wurde mehrheitlich Kenntnis genommen.

RH ortet Mängel bei der Förderung der ländlichen Wirtschaft

Das EU-Förderprogramm LEADER (Liaison entre actions de développement de l'économie rurale) zielt auf die Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft. Von 2007 bis 2013 standen dafür 423 Mio. € an Fördermittel zur Verfügung, das Vierfache gegenüber der Vorperiode. Die nationale Kofinanzierung von Bund und Ländern für das "Programm für die Entwicklung des Ländlichen Raums 2007–2013" — LEADER ist einer der vier Schwerpunkte — betrug 3.993 Mio. €, um 741 Mio. € (22,8 %) mehr als von der EU gefordert. 47 Mio. € der 741 Mio. € entfielen auf LEADER. Eine Rechtsgrundlage für diesen freiwilligen nationalen Mehrbeitrag bestand nicht, stellten die RH-Prüfer fest. Die finanziellen Beiträge der Gemeinden für LEADER von mindestens 100 Mio. € seien nicht in der nationalen Kofinanzierung enthalten und im Programm 2007 bis 2013 nicht ausgewiesen, rechnete der Rechnungshof den Abgeordneten außerdem vor.

Eine inhaltliche Bewertung des Beitrags von LEADER zu den Programmzielen war laut Rechnungshof nur eingeschränkt möglich. Strategiefindung erst nach der Programmierung, unverbindliche Zielformulierungen ohne Relation zum geplanten Mitteleinsatz, mangelhafte Indikatoren, Auswahl von lokalen Aktionsgruppen und Projekten ohne Selektion nach Qualität oder Prioritäten, Monitoring ohne Soll–Ist–Vergleiche sowie eingeschränkt aussagekräftige oder fehlende Evaluierungsdaten, lauteten die Vorwürfe der RH-Prüfer.

Empfehlungen aus früheren Programmevaluierungen wurden nicht ausreichend berücksichtigt, kritisierte der Rechnungshof weiter und ortete Interessenkonflikte und Unvereinbarkeiten bei der Umsetzung von LEADER sowie Widersprüche zu europäischen und nationalen Vorgaben: Bottom–up–Entscheidungen von LEADER–Regionen seien nur eingeschränkt wirksam gewesen, Frauen und Jugendlichen waren nicht ausreichend eingebunden, die Problemlösungen für den ländlichen Raum zu wenig sektorübergreifend und innovativ.

Abgeordnete bestätigen RH-Kritik an LEADER-Realisierung    

Abgeordneter Heinz-Peter Hackl (F) leitete die Debatte mit persönlichen Wahrnehmungen aus der Arbeit in LEADER-Arbeitsgruppen ein und bestätigte die Kritik des Rechnungshofs an der mangelhaften Umsetzung eines an sich positiv konzipierten Programms bei dem Anfangsschwierigkeiten nicht überwunden sondern bequeme Wege zur Förderung von Kunst und Kultur gesucht wurden. Hackl sah dringenden Handlungsbedarf.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) kritisierte den Landwirtschaftsfokus bei der Umsetzung des LEADER-Programms, erkundigte sich nach dem finanziellen Beitrag der Gemeinden und nach der Rechtsgrundlage für freiwillige Mehrleistungen.

Hermann Gahr bricht eine Lanze für LEADER-Umsetzung

Ganz anders beurteilte Abgeordneter Hermann Gahr (V) die Umsetzung des LEADER-Programms, die positive Impulse für die Entwicklung des ländlichen Raums gebracht habe und keineswegs nur auf die Land- und Forstwirtschaft konzentriert war, sondern multifunktionalen Nutzen in 86 Regionen durch die Förderung von 1500 Projekten gebracht habe. Statt sich mit der Geschichte des Programms zu befassen, sollte man nun den Blick in die Zukunft der neuen Programmperiode.

Abgeordnete Martina Schenk (T) bedauerte den Eindruck, den LEADER in der Öffentlichkeit als ein Programm erwecke, in dem ÖVP-Bauernvertreter und ÖVP-Bürgermeister einander in Freunderlwirtschaft Förderungen zuschanzten, wobei die Rednerin auf die Vergabe von Fördermitteln ohne Rechtsgrundlage hinwies. Schenk bemängelte auch die fehlende Berücksichtigung von Genderaspekten bei der Umsetzung des LEADER-Programms.

Abgeordneter Ewald Sacher (S) meinte, viele österreichische Regionen haben vom LEADER-Programm profitiert, sah sich durch den Rechnungshofbericht aber in seiner Auffassung bestätigt, dass die Effizienz durch eine bessere Auswahl der Regionen und Projekte und durch die bessere Berücksichtigung regionaler Besonderheiten verbessert werden könnte. Sacher drängte auf mehr innovative Projekte, auf die Vermeidung von Interessenkollisionen sowie auf die Förderung von Infrastruktur- und Verkehrsinvestitionen.

Den Vorwurf des Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G), der Minister habe das Parlament nicht über die neue LEADER-Programmperiode informiert, wies Minister Berlakovich entschieden zurück und erinnerte an zahlreiche Aussprachen im Landwirtschaftsausschuss zu diesem Thema.

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) sah landwirtschaftliche Projekte bei der LEADER-Umsetzung zu sehr im Vordergrund, verlangte ihrerseits mehr Förderungen für die Infrastruktur und forderte die Berücksichtigung der von der EU vorgesehenen Genderaspekte.

Berlakovich: LEADER-Projekte sind innovativ und genderkonform  

Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich bekannte sich zu dem Bottom-Up-Prinzip bei der Umsetzung des LEADER-Programms und hielt fest, dass die LEADER-Arbeitsgruppen keineswegs nur politisch besetzt seien. Das Programm habe sich als innovativ erwiesen, sagte der Ressortleiter, räumte aber ein, dass es in der Anfangsphase nicht leicht gewesen sei, die richtigen Projekte zu finden. Es sei aber nicht richtig, dass vorzugsweise landwirtschaftliche Projekte gefördert würden, vielmehr werde auf Frauenbeschäftigung, Jugendbeschäftigung und Sozialprojekte geachtet. Den Vorwurf, die Umsetzung des LEADER-Programms sei eine Spielwiese von ÖVP-Bürgermeistern wies der Bundesminister zurück. Die Kofinanzierung des LEADER-Programms nach dem Schlüssel 50:50 beruhe auf dem Arbeitsprogramm der Bundesregierung, informierte der Minister, betonte die Beachtung des Genderaspekts und hielt fest, dass 41 der 48 Rechnungshofempfehlungen bereits umgesetzt wurden.

Moser: Parlament soll über zusätzliche Kofinanzierungen entscheiden

Rechnungshofpräsident Josef Moser erinnerte daran, dass eine Kofinanzierungsquote von 44,7% ausgereicht hätte, um alle LEADER-Fördermittel aus Brüssel abzuholen. Die Entscheidung für eine Kofinanzierungsquote von 49,8% sei weder durch Nationalrat, Bundesregierung, Landesregierung oder Landtage beschlossen worden und habe zu einem freiwilligen Förderungsmehraufwand für Bund und Länder im Umfang von 741 Mio. € geführt. Moser schloss sich der Auffassung an, dass solche freiwilligen Mittel auf der Grundlage parlamentarischer Beschlüsse vergeben werden sollten.

Weiters kritisierte Moser "unechte" LEADER-Projekte, die mangels Berücksichtigung von Genderaspekten und Bottom-Up-Entscheidungen nicht den europäischen Kriterien entsprechen.

Rechnungshof für konzentrierte UVP-Verfahren von Bund und Ländern

Der heute zuletzt diskutierte Rechnungshofbericht zur Umweltverträglichkeitsprüfung (III-370 d.B.) von Straßen- und Schienenbauprojekten veranlasste die Abgeordneten zu Fragen an Bundesminister Nikolaus Berlakovich, welche Schritte zur Behebung der aufgezeigten Mängel bei Verfahrensdauer und –kosten bereits gesetzt worden sind. ÖVP-Mandatar Franz Hörl hielt dabei zunächst seine grundsätzliche Zustimmung zur diesbezüglichen Rechnungshofkritik fest, schon da rasche Genehmigungsverfahren wichtig für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes seien, er erinnerte allerdings daran, dass lediglich Natura 2000-Gebiete verpflichtenden UVP-Prüfungen unterliegen.

Aus dem gegenständlichen Rechnungshofbericht zur Prüfung von insgesamt 27 UVP-Projekten geht hervor, dass teilkonzentrierte Genehmigungsverfahren im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen für Bundesstraßen und Eisenbahn–Hochleistungsstrecken durch unterschiedliche Zuständigkeiten und offene Rechtsfragen längere Verfahrensdauern als konzentrierte Verfahren haben, teurer und wegen der größeren Zahl eingebundener Behörden auch weniger transparent ausfallen. Insgesamt ergebe sich eine negative Auswirkung auf Bürgerfreundlichkeit und Verfahrensökonomie, steht im RH-Bericht zu lesen. Während der Projektwerber im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren unterschiedliche Genehmigungsanträge auf drei Ebenen bei unterschiedlichen Behörden stellen müsse, bringe er im konzentrierten Genehmigungsverfahren dagegen nur ein einziges Anbringen bei einer einzigen Behörde ein.

Das alles führe bei teilkonzentrierten Verfahren zu Verzögerungen oder gar zur Neuaufrollung des UVP–Genehmigungsverfahrens bei Projektänderungen oder einer Änderung der rechtlichen Grundlagen zwischen Erlassung des UVP–Genehmigungsbescheides und Erlassung der weiteren Genehmigungsbescheide, so die Schlussfolgerungen des Rechnungshofes. Er stimme völlig darin überein, dass konzentrierte Verfahren weit effizienter seien, unterstrich Umweltminister Berlakovich dazu. Unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung Österreichs strenge sein Ressort daher eine Konzentration und damit eine Beschleunigung der Verfahren an, aus diesem Grund sei auch ein UVP-Monitoring eingeführt worden.

Der Anregung des Abgeordneten Alois Gradauer (F), möglicherweise würde eine festgeschriebene zeitliche Begrenzung der UVP-Verfahren Abhilfe schaffen, konnte Berlakovich jedoch wenig abgewinnen, wäre hier doch die Gefahr einer Qualitätsminderung bei den Prüfungen gegeben. Dass nichtamtliche Sachverständige höhere Kosten als amtliche Prüfer verursachten, wie das Abgeordnete Martina Schenk (T) bekrittelte, sei einfach auf den freien Markt zurückzuführen, erläuterte der Minister.

Als positiven Effekt der RH-Prüfung wertete Rechnungshofpräsident Josef Moser die Zusammenführung zweier Verwaltungsebenen in UVP-Verfahren bei der jeweiligen Landesregierung mit der UVP-Novelle 2012. Dadurch seien die teilkonzentrierten Verfahren zwar verbessert worden, doch gebe es noch Schwachstellen, so der Rechnungshofpräsident. Er nannte als Beispiele die Sperrfrist von UVP-Genehmigungsverfahren, mit der andere Entscheidungen bei der Projektumsetzung verzögert würden, und die weiterhin ungeklärte Kompetenzlage bei Nachkontrollen. Auf die angesprochenen Nachkontrollen im Straßen- und Eisenbahnbau bezugnehmend bezweifelte Abgeordnete Gabriela Moser (G), dass diese auch tatsächlich durchgeführt würden. Bundesminister Berlakovich replizierte, zur Behandlung dieses Umstands habe sein Ressort gemeinsam mit dem Verkehrsministerium bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet.

Den Rechnungshofbericht zur Prüfung von UVP-Verfahren nahm der Ausschuss einstimmig zur Kenntnis. Ebenfalls einhellig passierte der Bericht zur Abgabenbetrugsbekämpfung (III-271 d.B.) den Rechnungshofausschuss und ist damit am Weg in das Nationalratsplenum. (Schluss) fru/rei