Parlamentskorrespondenz Nr. 535 vom 14.06.2013

Petitionen und Bürgerinitiativen - Seismograph für die Gesetzgebung

Nationalrat diskutiert breite Palette an BürgerInnenanliegen

Wien (PK) - Eine große Palette an Themen bot im heutigen Nationalratsplenum der Bericht des Petitionsausschusses. Dabei äußerten die Abgeordneten weitgehende Zufriedenheit mit der Ausschussarbeit, orteten aber dennoch weitere Verbesserungsmöglichkeiten.

Als erste in der Debatte ergriff Abgeordnete Susanne WINTER (F) das Wort. Sie wertete den Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen in gleichem Maße wie die Volksanwaltschaft als hervorragende Servicestelle für die Bevölkerung. 218 Petitionen seien im Ausschuss eingelangt, davon habe man 187 erledigt, 58 seien an Fachausschüsse zugewiesen worden. Von den insgesamt 67 Bürgerinitiativen wiederum haben die Abgeordneten 22 an Ausschüsse weitergeleitet, bilanzierte Winter. Die FPÖ-Mandatarin bedauerte allerdings, dass Petitionen ungleich Bürgerinitiativen mit der Gesetzgebungsperiode erlöschen. Als anachronistisch bezeichnete sie überdies auch die Vorschrift, wonach Petitionen von einem Abgeordneten unterschrieben werden müssen. Insgesamt stellte sie fest, der Ausschuss sei ein Seismograph für die Gesetzgebung und zeige, wie sehr Österreich unter den Vorschriften bebe. Sie empfahl deshalb der Regierung, mehr Augenmerk sowohl auf die Volksanwaltschaft als auch auf den Petitionsausschuss zu richten.

Zur Arbeit des Ausschusses bemerkte Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) grundsätzlich, das Parlament werde sich auch in Zukunft stärker mit Bürgerbeteiligung und Transparenz von Entscheidungsprozessen auseinanderzusetzen haben. Aus der Vielzahl an Petitionen griff Lohfeyer in ihrer Wortmeldung das Anliegen betreffend Kostentragung bei der Bergung von Kriegsrelikten sowie die Initiative betreffend soziale und ökonomische Mindeststandards bei der Produktion von Agro-Treibstoffen in Schwellen- und Entwicklungsländern heraus.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) präsentierte eine Petition betreffend ein Verbot von rituellen Schlachtungen und forderte eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch von geschächteten Tieren sowie entsprechende Kontrollen bezüglich der Einhaltung der bereits bestehenden Einschränkungen.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) befasste sich mit der Petition "Keine Agro-Treibstoffbeimengung ohne entsprechende Mindeststandards" und erklärte, in Österreich sei man bereits im Sinne des Anliegens unterwegs, zumal vorwiegend inländisches Getreide zu Treibstoff verarbeitet werde. Was den Ausschuss betrifft, merkte die Rednerin an, Petitionen seien wichtige Instrumente der direkten Demokratie. Der Petitionsausschuss sei ein offenes Tor für Bürgeranliegen, und so solle es auch bleiben. 

Mit Nachdruck unterstützte Abgeordneter Mario KUNASEK (F) eine Petition gegen die Schließung des Bezirksgerichts Frohnleiten, die von 2000 Menschen unterschrieben wurde, und appellierte an die Abgeordneten aus der Steiermark, das Wort für ihre WählerInnen zu ergreifen. Der FPÖ-Mandatar verstärkte die Forderung der Petition überdies noch durch die Einbringung eines Entschließungsantrags, der ebenfalls gegen die Schließung des Bezirksgerichtes gerichtet ist.

Die Arbeitsweise des Ausschusses könne sich sehen lassen, stellte  Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) fest. Im Vordergrund stehe nicht die sachliche Befassung, sondern die ordentliche parlamentarische Behandlung der Anliegen, war für ihn klar. Pirklhuber dankte den BürgerInnen, die, wie er sagte, mit ihrem Engagement Bewegung ins Parlament bringen und dadurch die Aufmerksamkeit für Petitionen verstärken. Handlungsbedarf sah er noch bei der Verankerung der Online-Einbringung von Petitionen sowie hinsichtlich der Behandlung von Resolutionen aus den Gemeinderäten im Petitionsausschuss.

Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) drängte auf Lösungen im Sinne einer Petition betreffend die Kostentragung bei der Bergung von Kriegsmaterial und verlangte unter Hinweis auf eine weitere Petition ein Verbot des Schächtens von Tieren.

Haubner: Instrumente des Ausschusses schärfen und verbessern

Als positive Botschaft an das Parlament sowie als Auftrag, nicht nachzulassen, sondern vielmehr weiter aktiv zu bleiben, um noch vorhandene Hürden zu beseitigen, sah Ausschussvorsitzende Ursula HAUBNER (B) die zahlreichen Petitionen und Bürgerinitiativen. Die Obfrau des Petitionsausschusses sprach sich in diesem Zusammenhang insbesondere für eine Verbesserung und Schärfung der Instrumente des Ausschusses aus, unterstützte die Forderung nach elektronischer Einbringung von Petitionen, trat aber auch für eine verstärkte Kooperation mit den jeweiligen Petitionsausschüssen der Länder und des Bundesrats ein. Als Erfolg wertete Haubner die Erledigung der Petition betreffend Doppelbesteuerung von BezieherInnen deutscher Pensionen, die sie auch auf eine Initiative ihrer Fraktion zurückführte. Ausdrücklich unterstützte die Rednerin ferner eine Bürgerinitiative betreffend Einführung eines Unterrichtfachs politische Bildung sowie das Anliegen bezüglich einer besseren Schnellzugverbindung von und nach Schärding.

Gegenüber den vorangegangenen positiven Rückmeldungen zeigte sich Abgeordneter Josef JURY (F) unzufrieden mit der Arbeitsweise des Ausschusses und wandte kritisch ein, Bürgerbegehren würden immer wieder aufgrund von Tricksereien und Schummeleien versanden.

Abgeordneter Erich TADLER (T) erinnerte an die Petition betreffend Kostentragung bei der Beseitigung von Kriegsrelikten und verwies dabei vor allem auf die diesbezügliche Brisanz in der Stadt Salzburg. Seit 70 Jahren wisse man um das Problem, nichts sei aber unternommen worden, zur Kasse würden nach wie vor die GrundbesitzerInnen gebeten, kritisierte er.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) wies den Vorwurf, beim Kampf um die Erhaltung wichtiger Bezirksgerichte handle es sich nur um Populismus, entschieden zurück, und wandte sich gegen die Schubladisierung von Bürgeranliegen durch den Petitionsausschuss - konkret auch beim Thema "Schächten", wo der Abgeordnete die Einhaltung von Tierschutzbestimmungen einmahnte und sich gegen "unkontrolliertes Schächten in Hinterhöfen" wandte.

Abgeordnete wollen Ausschussarbeit weiterentwickeln

Demgegenüber zitierte Abgeordneter Dietmar KECK (S) internationale ExpertInnen, die eindeutig nachgewiesen hätten, dass das Schächten eine besonders schonende Form des Tötens von Schlachttieren sei. Der Petitionsausschuss hat in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Behandlung von BürgerInnenanliegen erreicht, sagte Keck und gab seiner Hoffnung auf eine gute Weiterentwicklung dieses Gremiums in der kommenden Gesetzgebungsperiode Ausdruck.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) zitierte aus einer Stellungnahme des Unterrichtsministeriums zu dem BürgerInnen-Anliegen, das Thema "Heimatvertriebene" in Lehrplänen und Lehrbüchern vorzusehen. Dabei machte sie darauf aufmerksam, dass die Rahmenlehrpläne für Hauptschulen, Neue Mittelschulen und AHS die Behandlung dieses wichtigen zeitgeschichtlichen Themas ermöglichen.

Dem Lob für die Arbeit des Ausschusses bei der Behandlung von BürgerInnenanliegen schloss sich Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) an, drängte aber zugleich darauf, die Ministerien bei der Abgabe von Stellungnahmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Beim Thema Friedensbewegung seien die angeforderten Stellungnahmen der zuständigen Ressorts hinsichtlich Friedensforschung und -erziehung, weltweit gerechte Wirtschaftsordnung, Entwicklungszusammenarbeit und Sicherung des sozialen Friedens unbefriedigend ausgefallen, kritisierte die Abgeordnete.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) wiederum meinte, die 7.500 Menschen, die zur Sanierung des Flurverfassungsgrundsatzgesetzes einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, hätten sich mehr verdient als eine dürre Stellungnahme, nämlich eine sachliche Debatte mit ExpertInnen. Dasselbe gelte für das Thema "Almfutterflächen" wo Bergbauern und -bäuerinnen mit großen Problemen kämpfen, weil die Berechnung dieser Flächen auf unklaren Grundlagen erfolge, was zur Rückforderung von Förderungen von den LandwirtInnen führe. 

Keine unrealistischen Hoffnungen bei den Menschen wecken

BürgerInneninteressen seien ernst zu nehmen, bekräftigte Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) und warnte aus Seriositätsgründen aber davor, bei den Menschen unrealistische Hoffnungen zu wecken. Die Rednerin begrüßte die Einsetzung eines Unterausschusses zum Thema Verbot bienenschädlicher Neonicotionide und sprach sich zudem dafür aus, die Probleme von Gemeinden, die bei Kooperationsprojekten umsatzsteuerpflichtig werden, möglichst rasch zu lösen.

Eine gute Nachricht überbrachte Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) den UnterzeichnerInnen einer Petition gegen die rückwirkende Doppelbesteuerung deutscher Renten: Im Finanzressort wurde eine zentrale Beratungsstelle eingerichtet und die deutschen Finanzbehörden kommen den BezieherInnen kleiner Renten entgegen. Es zeige sich, dass es möglich sei, rasche Lösungen zu erreichen, wenn alle zusammenwirken, sagte Aubauer. Eine solche rasche Lösung wünschte sich die Rednerin auch beim Thema Pensionssicherungsbeitrag der BezieherInnen kleiner Beamtenpensionen, insbesondere von Witwen und Waisen.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) zeigte sich ebenfalls erfreut darüber, dass beim Kampf gegen die rückwirkende Besteuerung deutscher Renten Erfolge erzielt werden konnten, was zeige, dass Petitionen im Nationalrat ernst genommen werden. Hechtl lobte an dieser Stelle ausdrücklich die rasche Reaktion des Finanzministeriums.

Abgeordneter Erwin PREINER (S) setzte sich für die Bürgerinitiative ein, die den Ausbau der politischen Bildung ab der 7. Schulstufe verlangt, da sich gezeigt habe, dass das Unterrichtsprinzip Politische Bildung im Schulalltag oft zu kurz komme. Weiters brach Preiner eine Lanze gegen EU-Pläne zur Privatisierung der Wasserversorgung und setzte sich einmal mehr für den Ausbau der A4 und für deren Erweiterung um eine dritte Fahrspur ein.

Der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen wurde schließlich mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag der FPÖ zur Erhaltung des Bezirksgerichts Frohnleiten blieb in der Minderheit der Antragssteller und wurde abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) jan/hof/fru