Parlamentskorrespondenz Nr. 648 vom 04.07.2013

Ein umfassendes Sozialpaket am Ende der Legislaturperiode

Vom Pflegefonds über Pflegekarenz und Pflegeteilzeit bis hin zu den Bauarbeitern und einem neuen Lehrberuf

Wien (PK) – Für Sozialminister Rudolf Hundstorfer war der Parlamentstag nach der Fragestunde nicht zu Ende, zumal zahlreiche Themen aus seinem Arbeitsbereich danach auf der Tagesordnung des heutigen Nationalratsplenums standen.

Die Abgeordneten beschlossen nicht nur die Verlängerung des Pflegefonds für weitere zwei Jahre bis 2016, sondern auch Erleichterungen im Rahmen der Pflegekarenz und der Pflegeteilzeit für pflegende Angehörige. Das jüngste Hochwasser und den aufopfernden Hilfseinsatz vieler nahm die Politik zum Anlass, die Unterschiede zwischen ArbeiterInnen und Angestellten bei der Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall aufzuheben. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht, Versicherte müssen künftig über den Wegfall des Krankengeldes informiert werden. Neue Regelungen gibt es für arbeitslose BauarbeiterInnen, sie erhalten in Zukunft Überbrückungsgeld in Höhe des Kollektivvertragslohns, wenn sie kurz vor dem Pensionsantritt stehen. Darüber hinaus wird ein neuer Lehrberuf "Biomasseproduktion und Bioenergiegewinnung" geschaffen.

Vor Eingang in die Tagesordnung teilte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer mit, dass um 15.00 Uhr eine Dringliche Anfrage der Grünen an Finanzministerin Maria Fekter Zum Thema "Totalschaden in der Hypo Alpe Adria und Totalversagen der Bundesregierung" aufgerufen wird. Im Anschluss daran findet auf Verlangen der FPÖ eine Kurze Debatte über deren Antrag statt, dem Verkehrsausschuss zur Behandlung ihres Antrags betreffend Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes eine Frist bis zum 5. Juli 2013 zu setzen.

Das BZÖ hat darüber hinaus einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Bankennotverstaatlichung eingebracht. Dieser wird ohne Debatte am Ende der heutigen Tagesordnung abgestimmt.

Mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit ergänzte das Nationalratsplenum auf Antrag von ÖVP, SPÖ und Grünen die Tagesordnung um die Regierungsvorlage für ein Schulbehörden – Verwaltungsreformgesetz 2013, mit dem die Bezirksschulräte abgeschafft werden sollen.

Pflegefonds wird um zwei Jahre verlängert und erhält mehr Mittel

Eine Verlängerung des im Jahr 2011 eingerichteten Pflegefonds um weitere zwei Jahre bis Ende 2016 ist primärer Inhalt einer Novelle des Pflegefondsgesetzes , die mit breiter Mehrheit – ohne die Stimmen der FPÖ - beschlossen wurde. Gleichzeitig stellt der Bund mit 300 Mio. € im Jahr 2015 und 350 Mio. € im Jahr 2016 deutlich mehr Mittel als bisher bereit. Mit den Fondsgeldern sollen bestehende Pflegeleistungen abgesichert sowie mobile, stationäre und teilstationäre Dienste weiter ausgebaut werden. Ziel ist – im Sinne des "Case- und Caremanagements" – ein bedarfsgerechtes Angebot für jede pflegebedürftige Person in allen Bundesländern zu schaffen. Förderungen gibt es künftig auch für innovative Pilotprojekte, etwa neue Formen der Betreuung demenzkranker Personen. Zudem erhalten die Länder mehr Flexibilität bei der Mittelverwendung. Ein Entschließungsantrag der FPÖ , der mit der Änderung des Pflegefondsgesetzes mitverhandelt wurde und auf weitere Maßnahmen zur Entlastung pflegebedürftiger Angehöriger abzielte, fand keine Mehrheit.

Die Debatte leitete Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) mit der Feststellung ein, 80 % der Pflegebedürftigen würden in Österreich von Angehörigen betreut, deren Leben stark von den schwierigen und vielfältigen Aufgaben der Pflege geprägt sei. Würden alle Pflegebedürftigen in öffentlichen Einrichtungen gepflegt werden müssen, könnte dies die öffentliche Hand nicht finanzieren, merkte Doppler an und unterstrich die Forderung der FPÖ, pflegende Angehörigkeit zu entlasten. Dies müsse ein vorrangiges Ziel in der Pflegepolitik sein und dies verlange die FPÖ in ihrem vorliegenden Antrag, schloss Doppler.

Demgegenüber bekannte sich Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) zu einem zweckmäßigen Mix an Pflegeangeboten aus stationärer und teilstationärer Pflege sowie zur Unterstützung pflegender Angehöriger zu Hause. Königsberger-Ludwig berichtete über die Tätigkeit der Arbeitsgruppe, die die Verlängerung des Pflegefondsgesetzes und dessen Änderung vorbereitet hat und hob unter den Neuerungen insbesondere den Ausbau des Angebots, die Förderung von Pilotprojekten und alternativen Wohnformen sowie die qualitätssichernden Maßnahmen hervor. Als wichtig bezeichnete die Rednerin auch die Zweckbindung für die Mittel des Pflegefonds.   

Opposition fordert bundeseinheitliche Kriterien für die Pflege

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zur Änderung des Pflegefondsgesetzes an. Es sei gut, dem Fonds zusätzliche Mittel zuzuführen, zugleich ortete Öllinger aber Probleme wegen der nach wie vor von Bundesland zu Bundesland uneinheitlichen Vorgangsweise bei der Betreuung pflegebedürftiger Menschen. Öllingers Vorschlag lautete, den Pflegefonds verstärkt als ein Instrument zur Vereinheitlichung der Pflege einzusetzen.

Nachdrücklich zu einem Zeichen für pflegebedürftige Menschen und zugleich für alle, die sich der schwierigen und herausfordernden Aufgabe widmen, bedürftige Menschen zu pflegen, sei es in den Heimen oder zu Hause, bekannte sich Abgeordneter August WÖGINER (V). Bei der Vergabe der Mittel, für die die SteuerzahlerInnen aufzukommen haben, gelten klare Kriterien, informierte der Abgeordnete. Er begrüßte auch die Einbeziehung der Hospizpflege und der Kinderpalliativmedizin. Wichtig sei auch die Möglichkeit, bauliche Maßnahmen vorzuziehen, um die konjunkturell notleidende Bauwirtschaft, insbesondere auch im ländlichen Raum, zu unterstützen. 

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) wies die Darstellung der Bundesregierung und der Koalitionsparteien zurück, die Verlängerung des Pflegefonds sei ein "großer Wurf", und schloss sich der Ansicht des Abgeordneten Öllinger an, dass es hoch an der Zeit sei, die Pflege in den Bundesländern nach einheitlichen Kriterien zu harmonisieren. Auch Abgeordneter Neubauer drängte auf ein "Gesamtkonzept Pflege" im Rahmen einer umfassenden Gesundheitsreform.

Ebenfalls Bedenken wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Pflege in den einzelnen Bundesländern und wegen der mangelnden Valorisierung des Pflegegeldes äußerte Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B). Dennoch kündigte er die Zustimmung auch von Seiten seiner Fraktion an.

Abgeordneter Martina SCHENK (T) stimmte ebenfalls zu, verlangte aber ihrerseits eine Valorisierung des Pflegegeldes und eine bessere Entlohnung der Pflegekräfte. Beim Thema Hauspflege machte die Rednerin darauf aufmerksam, dass man für das Geld, das der Staat für die Pflege bedürftiger Menschen in Heimen in zwei Jahren aufwende, eine pflegebedürftige Person 10 Jahre lang zu Haus pflegen könne.

Hundstorfer: Österreich wendet 2,4 Mrd. € für Pflege bedürftiger Menschen auf

In Reaktion auf die bisherigen Wortmeldungen erinnerte Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER daran, dass die Regierung bei der Änderung des Pflegefondsgesetzes Empfehlungen der "Arbeitsgruppe Pflege" folge, in der VertreterInnen der Betroffenen, Pflegeanbieter und auch die Bundesländer eingebunden waren. Die Bundesländer bekennen sich ausdrücklich zur Weiterentwicklung und Harmonisierung des Pflegeangebots, bekräftigte er. Die dabei angestrebten Zielsetzungen könne man aber nicht "von heute auf morgen" erreichen, sagte Hundstorfer. Der Minister berichtete über Fortschritte bei den Qualitätsstandards, bei der Qualitätssicherung und bei der Förderung von Pilotprojekten. Selbstverständlich werde der Pflegefonds auch im Jahr 2017 bestehen und weiter entwickelt werden, sagte der Minister und zeigte sich stolz darauf, dass Österreich 2,4 Mrd. € für die Pflege bedürftiger Menschen aufwende, mehr als jedes andere Land.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) begrüßte die Aufstockung des Pflegefonds. Sehr viel mehr Geld werde künftig zur Verfügung stehe, freute sie sich. Damit sei in Österreich auch künftig für die Pflege gesorgt, niemand müsse sich Sorgen machen. Als wichtig sah die Rednerin den Ausbau der mobilen Pflege, weil die meisten älteren Menschen zu Hause gepflegt werden wollen. Zum bedarfsgerechten Angebot in jedem Bundesland kämen die Alterswohlfahrt, neue alternative Angebote und die Gesundheitsprävention dazu, die dafür sorgen werden, dass die Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben führen können.    

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) hielt fest, das österreichische Pflegesystem sei international anerkannt und reagiere stets auf aktuelle Herausforderungen. Grundsätzlich sollte man den bürokratischen Aufwand, der zwischen Bund und Ländern entsteht, um an sich gute Gesetze zu administrieren, hinterfragen. Eine Gelegenheit wäre der nächste Finanzausgleich, sagte Donabauer. Das österreichische System des Pflegefonds und der verschiedenen Pflegestufen werde zwar immer wieder in Frage gestellt, sei aber seiner Ansicht nach besser als eine Pflegeversicherung, hielt Donaubauer den Kritikern entgegen.

Auch Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) meinte, dass es richtig sei, über den Pflegefonds 650 Mio. € für häusliche Pflege zur Verfügung zu stellen. Man komme damit den Wünschen der Menschen, die am liebsten zu Hause gepflegt werden wollen, entgegen. Man setze auch begleitende Maßnahmen für pflegende Angehörige, der Antrag der Freiheitliche zu diesem Thema sei aufgrund der damit verbundenen Kosten derzeit nicht umsetzbar. Vielleicht werde es später einmal möglich sein, einiges davon umzusetzen, meinte Klikovits.

Pflegekarenz und Pflegeteilzeit, Elternkarenz, Hilfe für Hochwasseropfer

Um den Themenbereich Pflege ging es auch bei den folgenden Tagesordnungspunkten. Beschäftigte, die einen nahen Angehörigen pflegen müssen, können künftig bis zu drei Monate in Karenz gehen bzw. ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitgeber zustimmt. Als Ersatz für den Lohnausfall ist eine staatliche Unterstützung in der Höhe des Arbeitslosengeldes vorgesehen.

Weiters wurden in das Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2013 noch neue Bestimmungen zur Elternkarenz und zur Familienbeihilfe eingebaut. Zum einen wird dadurch sichergestellt, dass eine Adoptivmutter bzw. ein Adoptivvater auch dann Elternkarenz bzw. Elternteilzeit in Anspruch nehmen kann, wenn es sich um das Kind eines gleichgeschlechtlichen Partners handelt. Zum anderen greift bei der Familienbeihilfe künftig eine Einschleifregelung: Überschreiten die in Berufsausbildung stehenden volljährigen Kinder die geltende Einkommensgrenze von 10.000 € jährlich, wird die Familienbeihilfe nicht mehr zu Gänze gestrichen, sondern nur noch jener Betrag abgezogen, der über dieser Grenze liegt. Die Neuregelung soll bereits für das Kalenderjahr 2013 gelten, kommt jeweils aber nur für auf den 19. Geburtstag folgende Jahre zur Anwendung. Das Arbeitsrechts-Änderungsgesetz 2013 (ARÄG) wurde nach getrennter Abstimmung schließlich einstimmig angenommen.

Rasch reagiert haben die Abgeordneten auch auf die Hochwasserkatastrophe: Künftig wird es keinen Unterschied mehr zwischen Arbeitern und Angestellten geben, was die Entgeltfortzahlung im Katastrophenfall betrifft. Wer persönlich von einer Katastrophe wie Hochwasser, Lawinen, Sturm oder Muren betroffen ist und aus diesem Grund nicht am Arbeitsplatz erscheinen kann, erhält sein Gehalt weiter. Bisher waren für Arbeiter die jeweiligen Kollektivverträge maßgebend. Diese Änderung des AGBG wurde ebenfalls einstimmig beschlossen. Keine Mehrheit erhielten hingegen das von der FPÖ vorgeschlagene Maßnahmenpaket für freiwillige HelferInnen sowie die Forderung der Freiheitlichen, die Öffnung des Arbeitsmarkts für Rumänien und Bulgarien zu verschieben.

Als erster Redner wiedersprach Abgeordneter Bernhard VOCK (F) der Aussage des Ministers, die Freiwilligenorganisationen wünschten selbst nicht die Entschädigung der Freiwilligenarbeit, wie sie die FPÖ fordere. Ihre Vorschläge seien als Maßnahmen für jene, die über viele Jahre viel Zeit für wichtige Freiwilligendienste aufwenden, gedacht. In diesem Zusammenhang könnte man an die Anrechnung von Pensionszeiten denken, meinte er. Es sei notwendig, Anreize für das System der Freiwilligenorganisationen zu schaffen, war Vock überzeugt.

Vorsitzende des Sozialausschusses Renate Csörgits verabschiedet sich

Begrüßt wurden die Verbesserungen, welche die Novelle bringt, von Abgeordneter Renate CSÖRGITS (S). ArbeitnehmerInnen werde es mit Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit besser möglich sein, Beruf und Pflege von Angehörigen zu vereinbaren. Es sei erfreulich, dass man pflegenden Angehörigen auch finanzielle Unterstützung zukommen lasse, sagte sie. Auch die bisher noch bestehende Diskriminierung von ArbeiterInnen gegenüber Angestellten betreffend Dienstverhinderung und Dienstfreistellung werde beseitigt, ArbeiterInnen erhalten künftig bei Verhinderung im Katastrophenfall eine Entgeltfortzahlung, referierte sie.

Anlässlich ihres bevorstehenden Ausscheidens aus dem Nationalrat nützte Csörgits die Gelegenheit, sich bei allen KollegInnen und KlubmitarbeiterInnen für die gute Zusammenarbeit, auf die sie in den letzten Jahren, insbesondere im Sozialausschuss, zählen durfte, zu bedanken. Die scheidende Obfrau des Sozialausschusses ließ die vielen positiven Maßnahmen, die in der abgelaufenen Legislaturperiode für ArbeitnehmerInnen erreicht wurden, Revue passieren und hob unter anderem die bedarfsorientierte Mindestsicherung hervor. Alles das wäre ohne den Beitrag der Gewerkschaften und das bewährte System der Sozialpartnerschaft nicht möglich gewesen, zeigte sich Csörgits überzeugt. Sie wünsche sich, dass auch die nächste Bundesregierung der Sozial- und Gleichstellungspolitik den selben hohen Stellenwert einräumen werde. Soziale Gerechtigkeit müsse immer wieder neu abgesichert werden, betonte Csörgits, um Ungleichheit und soziale Spannungen in einer Gesellschaft zu vermeiden.

Tenor: Situation pflegender Angehöriger wird entscheidend verbessert

Wieder zur Novelle des Arbeitsrechts zurückkehrend, meinte Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B), diese enthalte einige deutliche Verbesserungen für pflegende Angehörige, das BZÖ werde ihr daher zustimmen. Die Reduzierung der Zahl der Entscheidungsträger bei Pflegegeldanträgen sah Dolinschek ebenfalls positiv. Der Antrag der FPÖ zur Verlängerung der Überfristen für die Öffnung des Sozialmarkts sei angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktsituation verständlich. Die Anpassung der Bestimmungen betreffend Dienstfreistellungen im Katastrophenfall werde das BZÖ ebenfalls zustimmen. Auch die Begünstigungen für Freiwillige, wie die FPÖ sie wünsche, halte er für unterstützenswert.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) begrüßte die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung über eine Auszeit in Form der Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit zu treffen. Damit verbessere man die Situation pflegender Angehöriger entscheidend. Man rechne mit etwa 2.500 Fällen im Jahr, wobei der Staat auch die Betriebe unterstütze. Die nun erfolgende Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten im Katastrophenfalls sei eine Konsequenz, die man aus der letzten Hochwasserkatastrophe ziehe. Was eine Anrechnung von Freiwilligenarbeit für Pensionszeiten betreffe, wünschten diese auch die Blaulichtorganisationen selbst nicht, da das für sie zu viel bürokratischen Aufwand bedeuten würde.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) kündigte die Zustimmung zu Pflegekarenz und Pflegeteilzeit an. Etwas störend finde sie, dass es dafür aber noch keinen Rechtsanspruch gibt, meinte sie. Zum Entschließungsantrag betreffend eine Verlängerung der Übergangsfristen der Arbeitsmarktöffnung für Rumänien und Bulgarien verwies die Abgeordnete auf die angespannte Situation am Arbeitsmarkt. Besonders der Arbeitsmarkt im Burgenland und Wien sei starkem Druck aus dem Osten ausgesetzt. Sich nur auf die EU zu berufen, halte sie für zu wenig. Die Politik sei aufgerufen, hier Lösungen zu finden, damit nicht noch mehr Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt in Ostösterreich drängen, noch dazu, da mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen sei, warnte die FPÖ-Politikerin. Sie verstehe nicht, wieso Sozialminister Hundstorfer sich sträube, Maßnahmen zu ergreifen, und warum man lieber die schlechten Arbeitslosenzahlen mit Schulungen zu beschönigen versuche.

Wie seine VorrednerInnen begrüßte Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) Pflegeteilzeit und Pflegekarenz grundsätzlich, meinte aber, diese könnten noch attraktiver gestaltet werden. Nachteilig sei, dass es keinen Wechsel zwischen den Modellen und keinen Rechtsanspruch gebe und dass BezieherInnen von Mindestsicherung ausgeschlossen bleiben. Öllinger meinte, die Möglichkeit einer Pflegeteilzeitkarenz wäre insbesondere für ältere ArbeitnehmerInnen, die ihre Eltern pflegen müssen, ein gutes Modell. Er brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, der die Einberechnung der Familienbeihilfe in die Mindestsicherung bei Menschen mit Behinderung, die in einigen Bundesländern erfolge, als vertragswidrig kritisiert. Ihm zufolge sollte es eine gesetzliche Klarstellung durch die Bundesregierung geben, dass dies von den Ländern abzustellen sei, forderte er. Zum Antrag der FPÖ betreffend die Schaffung von Begünstigungen für Freiwilligenarbeit meinte er, der Standpunkt der Grünen sei, dass Menschen aus ihrer Freiwilligentätigkeit in Blaulichtorganisationen keine Nachteile entstehen dürfen. Das heiße für ihn aber auch, dass sie daraus auch keine Vorteile, etwa in Form eines erhöhten Pensionsanspruchs, ziehen sollen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) hielt fest, die Pflegeteilzeit und Pflegekarenz werde besonders für Frauen, denen in vielen Fällen die Betreuungs- und Pflegearbeiten zufallen, Verbesserungen bringen. Es bleibe jedoch ein Wermutstropfen, dass es noch keinen Rechtsanspruch darauf gebe. Wie gut das System funktioniere, werde man in einem Jahr beurteilen können. Der Lückenschluss bei der Entgeltfortzahlung für ArbeiterInnen im Katastrophenfall sei nur ein kleiner Schritt zur Verbesserung der Situation der Freiwilligenarbeit. Die wesentlichen Fragen seien aber nicht gelöst, kritisierte sie. Der Freiwilligenrat, der sich an sich gut bewährt habe, solle die offenen Fragen aufgreifen, forderte Haubner. Freiwillige hätten in vielen Fällen Nachteile in Kauf zu nehmen, meinte sie in Richtung von Abgeordnetem Öllinger. Das BZÖ fordere daher in einer Petition eine bundeseinheitliche Regelung für Dienstfreistellungen sowie verschiedene Anreize für Freiwilligenarbeit. Eine bevorzugte Aufnahme im öffentlichen Dienst oder der Ausbau des Freiwilligenpasses zu einer Ehrenamtskarte seien Vorschläge des BZÖ in diese Richtung. Österreich brauche Freiwilligenarbeit dringend, schloss Haubner.

Hundstorfer: Kein Massenzustrom aus Rumänien und Bulgarien erwartet

Aus aktuellem Anlass meldete sich Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER zu Wort. Um 11 Uhr sei von der Drogeriemarktkette Dayli ein Konkursantrag eingebracht worden, wobei es eine Stunde davor noch einen Eigentümerwechsel gegeben habe. Die endgültige Entscheidung über den Konkurs sei noch nicht gefallen, sein Ressort habe aber bereits Vorsorge getroffen, um den 3.300 voraussichtlich betroffenen ArbeitnehmerInnen zu helfen. Der Insolvenzentgeltfonds werde Gehälter und alle ausstehenden Ansprüche voll übernehmen, ab morgen werde eine Gratis-AMS-Hotmail zur Verfügung stehen.

Zur Frage der Dauer der Bearbeitung von Pflegegeldansuchen, die Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein angesprochen hatte, sagte der Minister, eine Durchschnittsdauer von 58 Tagen sei angesichts der hohen Zahl der zu bearbeitenden Anträge pro Jahr kein schlechter Wert. Bei Pflegeteilzeit und Pflegekarenz hoffe man, viel schneller entscheiden zu können, da dort andere Kriterien bewertet werden. Was die Öffnung des Arbeitsmarkts betreffe, sei diese unumgänglich, da Österreich sich an Vereinbarungen mit der EU zu halten habe. Man habe viele begleitende Maßnahmen gesetzt, um die Öffnung des Arbeitsmarkts schrittweise zu vollziehen. Der allmähliche Zuzug der Arbeitskräfte habe bereits stattgefunden, ein problematischer Massenzustrom aus Rumänien und Bulgarien auf den österreichischen Arbeitsmarkt, wie ihn die FPÖ immer wieder behaupte, drohe nicht, bekräftigte er. Die FPÖ strebe mit ihren Forderungen im Grunde den Austritt aus der EU an. Wenn man ein vereintes Europa wolle, müsse man sich auch an die Spielregeln halten, hielt Hundstorfer fest.

Die Bestimmungen zu Pflegekarenz und Pflegeteilzeit in der Arbeitsrechtsnovelle wurden von Abgeordneter Martina SCHENK (T) mit Vorbehalten befürwortet, denn es sei erst zu evaluieren, inwieweit diese Möglichkeit in der Privatwirtschaft aufgegriffen wird, sagte sie. Letztlich nehme sie an, dass das neue Modell vor allem im öffentlichen Dienst genutzt werde. Bezugnehmend auf die in der Novelle festgeschriebene Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten bei der Entgeltfortzahlung in Katastrophenfällen befand die Stronach-Politikerin, diese Gleichwertigkeit wäre auch beim Pensionsrecht höchst notwendig.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) betrachtete die Neuerungen bei den Pflegebestimmungen als Beweis dafür, dass Österreich nicht wie andere EU-Staaten in Krisenzeiten Einschnitte im Sozialsystem vornimmt. Wehrmutstropfen dabei sei allerdings, dass im Gesetz dazu lediglich eine Kann-Bestimmung vorliege, räumte der SPÖ-Mandatar ein, er zeigte sich jedoch überzeugt, damit begebe man sich nun auf einen Weg, der etwa in entsprechenden Betriebsvereinbarungen münden könne. Anlässlich des Insolvenzantrags der Firma Dayli teilte der

Gewerkschaftler mit, der neue Eigentümer der Einzelhandelskette habe verlauten lassen, mit der Gewerkschaft "so viele Arbeitsplätze wie möglich" retten zu wollen.

Auch Ridi Steibl, Karl Donabauer und Franz Riepl verlassen das Hohe Haus

Nach einem lobenden Einstieg zur Pflegekarenz und –teilzeit nutzte Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V), die nicht mehr für den Nationalrat kandidieren wird, ihre Wortmeldung für eine Abschiedsrede, in der sie ihre 20 "Lernjahre" im Parlament beschrieb und wo sie als ÖVP-Familiensprecherin zahlreichen RessortleiterInnen dieses Bereichs kennengelernt hat. Für die Zukunft wünsche sie dem Hohen Haus, sagte Steibl, dass es mehr Informationen aus den Ministerbüros erhalten werde und dass eine größere Zahl an Abgeordneten aus der Privatwirtschaft hier Einzug halte.

Auch Abgeordneter Franz RIEPL (S) verabschiedete sich eingangs vom Nationalrat, dem er nach der kommenden Wahl nicht mehr angehören wird. Am debattierten Entwurf zum neuen Arbeitsrechtsgesetz gefiel dem SPÖ-Mandatar vor allem die Maßnahme zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung durch ein verpflichtendes elektronisches Anmeldesystem für ArbeitnehmerInnen vor Arbeitsantritt. Dass mit der Novelle eine höhere Zuverdienstgrenze für FamilienbeihilfebezieherInnen in Ausbildung eingeführt wird, fand ebenfalls seinen Zuspruch.

80 Prozent der Pflege werde in Österreich daheim erbracht, wie es der Großteil der Pflegebedürftigen auch wünsche, stellte Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) fest. Mit den Verbesserungen der Novelle im Pflegebereich werde die Situation pflegender Angehöriger maßgeblich verbessert, da sich die Pflegeteilzeit oder -karenz leichter mit einer Berufstätigkeit vereinbaren lasse. Die ÖVP-Seniorensprecherin zeigte sich auch mit der Ausweitung des Pflegekarenzanspruchs auf mobile Hospizdienste zufrieden.

Gute Sozialpolitik arbeite für die bestmögliche Versorgung von Menschen, lasse dabei aber nicht die Eigenverantwortung jeder Person außer Acht. Damit fasste Abgeordneter Karl DONABAUER (V) seine Sicht langfristig finanzierbarer Sozialpolitik zusammen, wie sie die derzeitige Regierung mit hohem Engagement betreibe. "Lobenswert" nannte er den Umstand, dass mit der aktuellen Arbeitsrechtsnovelle auch im Falle von Demenzkrankheit die Pflegekarenz oder -teilzeit zulässig ist. Die ABGB-Änderung zur Gleichberechtigung von ArbeiterInnen und Angestellten bei der Entgeltfortzahlung sei ohnehin schon lange überfällig gewesen, betonte der ÖVP-Abgeordnete.

In einer launigen Abschlussrede am Ende der Debatte zum Arbeitsrechts-Änderungsgesetz dankte Bundesminister Rudolf HUNDSDORFER allen Mitgliedern im Sozialausschuss für ihre Zusammenarbeit in der vergangenen Legislaturperiode. Viele Fortschritte seien gemeinsam erreicht worden, auch wenn es ihm auf Grund der "peniblen Arbeit" der Abgeordneten nicht immer leicht gemacht worden sei. Besonderen Dank sprach der Minister den ausscheidenden Ausschussmitgliedern aus, wobei er ÖVP-Mandatar Karl Donabauer als besten Nachhilfelehrer im Sozialrecht würdigte.

Die Arbeitsrechtsnovelle erhielt nach getrennter Abstimmung einzelner Teile daraus, die jeweils mehrheitlich angenommen wurden, in Dritter Lesung einhellige Zustimmung. Auch der Initiativantrag zur ABGB-Änderung passierte das Plenum einstimmig.

Abgelehnt von der Plenumsmehrheit wurde hingegen der in der Debatte eingebrachte Antrag der Grünen wegen vertragswidriger Einberechnung der Familienbeihilfe bei der Mindestsicherung für Menschen mit Behinderung. Die FPÖ-Anträge auf verlängerte Übergangsfristen für ArbeitnehmerInnen aus Bulgarien und Rumänien sowie auf konkrete Maßnahmen für Österreichs Freiwillige fanden ebenfalls keine Mehrheit.

Versicherte müssen künftig über Wegfall des Krankengelds informiert werden



Eine Reihe von Detailänderungen im Sozialversicherungsrecht bringt das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 , das heute mehrheitlich angenommen wurde. Unter anderem werden die Krankenversicherungen künftig verpflichtet, Krankengeld-BezieherInnen rechtzeitig über den bevorstehenden Wegfall von Krankengeld wegen Erreichens der Bezugshöchstdauer zu informieren und auf alternative Versicherungsmöglichkeiten hinzuweisen, um Leistungslücken zu vermeiden. Zudem wird für Härtefälle Vorsorge getroffen.

Einzelne Bestimmungen im ASVG und in anderen Sozialversicherungsgesetzen, etwa jene über die die Zuerkennung von Waisenrenten und über die Berechnung der Hinterbliebenenpension, müssen an die geplante Öffnung der Stiefkind-Adoption für gleichgeschlechtliche Paare angepasst werden. EinzelunternehmerInnen und Angehörige der Ärztekammer mit niedrigen Einkünften werden während pensionsversicherungsrechtlich anerkannter Zeiten der Kindererziehung von der Pflichtversicherung befreit.

Den tragischen Fall eines jungen Mannes, der durch seine Friedreich-Ataxie heute im Rollstuhl sitzt und arbeitsunfähig ist, nahm Abgeordneter Alois GRADAUER (F) zum Anlass für einen Entschließungsantrag zur Verbesserung der sozialversicherungsrechtlichen Lage von Menschen mit Behinderung. Damit sei sicherzustellen, so die Forderung, dass auch, wie im beschriebenen Fall, bei Vorliegen von Beitragsmonaten der Selbstversicherung ein Leistungsanspruch in der Pensionsversicherung besteht. Unter anderem habe sich auch die von ihm zu der konkreten Tragödie des behinderten Mannes kontaktierte Volksanwaltschaft für eine entsprechende Gesetzesänderung ausgesprochen, untermauerte Gradauer seine Initiative.

Abgeordneter Walter SCHOPF (S) griff aus der Sozialversicherungsnovelle als positives Beispiel der Neuerungen den Punkt heraus, wonach stationär Behandelte zukünftig auch nach Ausschöpfen des Krankengeldes Anspruch auf Pensionszuschuss haben. Weiters zeigte er sich über die Auftraggeberhaftung als schlagkräftige Maßnahme gegen Schwarzarbeit erfreut. Mit einem SPÖ-ÖVP-Abänderungsantrag, den er einbrachte, solle das Inkrafttreten der Novelle mit 1. Juli 2013 bzw. 1. August 2013 sichergestellt werden.

Dem BZÖ-Sprecher für Soziales Sigisbert DOLINSCHEK mutete es bezeichnend an, dass so viele unterschiedliche Thematiken – von der Sozialversicherung bis zum Pensionsrecht – in eine Regierungsvorlage zusammengepackt wurden, da nicht in allen Bereichen Übereinstimmung mit allen Parteien gefunden worden sei. So spreche sich seine Fraktion klar gegen die Stiefkindadoption bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften aus, hielt der BZÖ-Mandatar fest.

Wie wichtig die Befreiung von Unternehmerinnen von den Versicherungsbeiträgen in Zeiten der Kinderbetreuung sei, unterstrich Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V), denn dadurch werde Familie und Beruf viel besser vereinbar. Hauptaugenmerk richtete sie allerdings auf die Verlesung des von ihr eingebrachten Abänderungsantrags mit redaktionellen Anpassungen in der Sozialversicherungsrechtsnovelle.

Unter dem Eindruck des soeben eingebrachten umfangreichen Abänderungsantrags der Koalitionsparteien äußerte Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) ihre vehemente Ablehnung gegen die Praxis, Gesetzesänderungen per Initiativantrag bzw. Abänderungsanträgen dazu ohne Begutachtung auf den Weg zu bringen. Damit werde eine inhaltliche Diskussion über die Themen verweigert, zürnte sie.

Bei ihrem Einwand gegen das Vorgehen der Regierungsparteien mit derartigen Gesetzesänderungen gab Grünen-Sozialsprecher Karl ÖLLINGER (G) seiner Vorrednerin Recht. Auch wenn mit Abänderungsanträgen überwiegend unbedenkliche, "technische", Novellierungen vorgenommen würden, gebe es durchaus darin einzelne Aspekte, denen mehr Aufmerksamkeit zu schenken sei - etwa betreffend den Wegfall der Sozialversicherungspflicht bei vermeintlich nebenberuflich Lehrenden in der Erwachsenenbildung, wozu er auch einen eigenen Abänderungsantrag vorlegte.

Ihre Fraktion werde dem Gesetz zustimmen, da damit gewisse Verbesserungen erreicht werden, meinte Abgeordnete Martina SCHENK (T). Positiv beurteilte sie auch den eingebrachten FPÖ-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der sozialversicherungsrechtlichen Lage von Menschen mit Behinderung.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER bat um Verständnis dafür, dass Abänderungsanträge oft erst ziemlich kurzfristig eingebracht werden. Der von Abgeordnetem Gradauer angesprochene Fall werde in aller Ruhe noch einmal besprochen werden, versprach er.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) konzentrierte sich in seiner Wortmeldung auf die Härtefallregelung bei der Invaliditätspension, wo es zu einer sehr wichtigen Weiterentwicklung gekommen ist.

Bei der Abstimmung wurde das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 in der Fassung eines S-V-Abänderungs- und eines S-V-Zusatzantrags mehrheitlich angenommen. Der Abänderungsantrag der Grünen fand keine Mehrheit. Abgelehnt wurde sodann auch der FPÖ-Entschließungsantrag betreffend Verbesserung der sozialversicherungsrechtlichen Lage von Menschen mit Behinderung.

Mindestsicherung: Grüne gegen Anrechnung von Familienbeihilfe



Keine Mehrheit fand die Initiative der Grünen , wonach der Fortbezug der Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauerhaft außerstande sein werden, sich selbst Unterhalt zu verschaffen, nicht als Einkommen gerechnet werden soll. Als Hintergrund für die Initiative nennt Abgeordneter Öllinger den Umstand, dass einige Bundesländer, darunter Niederösterreich, in bestimmten Fällen die bedarfsorientierte Mindestsicherung um die Höhe der Familienbeihilfe reduzieren, obwohl dies seiner Meinung nach gemäß der zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossenen Vereinbarung zur Mindestsicherung nicht zulässig wäre.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) unterstützte ausdrücklich den Antrag Öllingers. Darin werde nämlich auf das Problem hingewiesen, dass manche Menschen, die aufgrund einer schweren Behinderung auch im Erwachsenenalter noch die Familienbeihilfe beziehen, in manchen Bundesländern nicht besonders sozial behandelt werden.

Abgeordnete Christine LAPP (S) erinnerte daran, dass Minister Hundstorfer bereits in der Fragestunde angekündigt hat, in dieser Thematik weitere Verhandlungen mit den Ländern führen zu wollen, um zu einer einheitlichen Regelung zu kommen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) wiederholte noch einmal den Inhalt seines Antrags, in dem es primär darum geht, dass einzelne Bundesländer den mit dem Bund geschlossenen Vertrag über die Mindestsicherung nicht einhalten. Im Konkreten betrifft es die Bewertung der Familienbeihilfe, die eindeutig nicht als Einkommen eingestuft werden sollte. Einzelne Bundesländer sehen dies aber leider anders und räumen den Landesgesetzen den Vorrang ein, beklagte er. Mit behinderten Menschen dürfe man nicht so umspringen, kritisierte Öllinger, und er frage sich grundsätzlich, welche Qualität solche 15a-Vereinbarungen haben?

Lapp und Öllinger hätten ein wichtiges Thema aufgegriffen, sie sagen nur leider nicht dazu, dass es in diesem Bereich Vollzugsprobleme in Wien gibt, erklärte Abgeordneter Thomas EINWALLNER (V). Er denke, dass die Länder schon wissen, was sie zu tun haben.

Auch Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) trat für die von Öllinger vorgeschlagene Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes ein, da aufgrund der derzeitigen Anwendung der Regelungen zahlreiche behinderte Menschen in ihrer Existenz bedroht sind.

Ebenso unterstützte Abgeordnete Martina SCHENK (T) das Anliegen der Grünen. Es könne nicht sein, dass die Länder die 15a-Vereinbarungen so auslegen, wie es ihnen am besten passt. Umso bedauerlicher sei daher die Haltung der Vertreter der Regierungsparteien, die dem Antrag nicht nähertreten wollen.

Neue Regelungen für Bauarbeiter und Bauunternehmen

Auf BauarbeiterInnen und Bauunternehmen kommen einige Neuerungen zu. Der Nationalrat segnete heute mehrheitlich eine von den Koalitionsparteien beantragte Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes ab. Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs steht die Einführung von Überbrückungsgeld in Höhe des Kollektivvertragslohns für arbeitslose BauarbeiterInnen, die kurz vor dem Pensionsantritt stehen. Gleichzeitig soll der Verbrauch von Urlaubsansprüchen forciert werden. Wird ein Bauarbeiter bis zum Pensionsantritt beschäftigt, gibt es sowohl für ihn als auch für die Firma einen Bonus. Die Baubranche wird darüber hinaus auf Dauer von der im Falle der Kündigung eines Arbeitnehmers fälligen Auflösungsabgabe befreit. Mitverhandelt mit der Gesetzesnovelle wurde ein Antrag der Grünen , der auf einen besseren Schutz von ArbeitnehmerInnen vor Hitze abzielt, der allerdings keine Mehrheit fand.

Trotz einiger positiver Aspekte könne ihre Fraktion dem Antrag der Regierungsparteien nicht zustimmen, kündigte Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) an. Im Besonderen kritisierte sie die neuen Regelungen für die Gültigkeit des Urlaubs. Der Umstand, dass der Urlaub nun bereits nach drei Jahren verfällt, statt wie bisher nach zehn Jahren, stelle eine massive Verschlechterung für die ArbeitnehmerInnen dar, hielt sie fest.

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) bedauerte, dass nicht alle Fraktionen dem monatelang verhandelten Gesamtpaket zustimmen werden, zumal sehr viele Punkte darin enthalten seien, die einen großen Fortschritt darstellen. So konnte etwa erstmals erreicht werden, dass auch im Todesfall die Abfertigung zu 100 % ausbezahlt wird. Weitere Verbesserungen betreffen u.a. das Überbrückungsgeld beim Pensionsantritt sowie die teilzeitbeschäftigten Personen, hob Muchitsch hervor. Richtig sei, dass die Verfallsfristen dem allgemeinen Urlaubsgesetz angepasst werden.  

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) ging noch einmal auf die Eckpunkte des Antrags ein, der einige gute Lösungen für die speziellen Bedürfnisse der Baubranche vorsehe. Er hätte sich jedoch noch gewünscht, dass - auch im Sinne der Unfallprävention - strengere Hitzeregelungen eingeführt werden, was er in seinem Antrag auf Novellierung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes zum Ausdruck bringe.

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) verteidigte die Änderungen in Bezug auf den Verfall des Urlaubsanspruchs, da es wichtig sei, dass die ArbeitnehmerInnen, gerade in der Baubranche, regelmäßige Ruhepausen einlegen. Sehr positiv sei auch die Regelung, wonach Bauarbeiter, die kurz vor der Pension stehen und keine Beschäftigung mehr finden, in Zukunft ein Überbrückungsgeld erhalten. Ihr Dank galt schließlich noch den VertreterInnen der Bauwirtschaft, da sie einen Großteil der dafür anfallenden Kosten übernehmen.

Im Zusammenhang mit dem Überbrückungsgeld sprach Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) von einer sinnvollen Sache, die gut ausverhandelt worden sei. Er würde sich solche Regelungen auch für andere Branchen wünschen.

Ihre Fraktion werde dem Antrag zustimmen, leitete Abgeordnete Martina SCHENK (T) ihre Wortmeldung ein. Sodann ging sie noch auf die wichtigsten Änderungen wie das Überbrückungsgeld, die neuen Urlaubs- und Abfertigungsregelungen ein.

Der Dank von Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER gehörte allen Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass ein "sehr gutes Paket für die Baubranche" heute beschlossen werden kann. Diese Einigung in der Bauwirtschaft, wo es eine gut funktionierende Dachorganisation gibt, könnte auch beispielgebend für die Tourismusbranche sein, gab der Minister zu bedenken.

Neuer Lehrberuf "Biomasseproduktion und Bioenergiegewinnung"



Mit Zustimmung aller Parteien wurden schließlich die Änderungen des Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes und des Landarbeitsgesetzes gebilligt. Künftig können sich interessierte Jugendliche auch zum Facharbeiter bzw. zur Facharbeiterin in der Biomasseproduktion und der land- und forstwirtschaftlichen Bioenergiegewinnung ausbilden lassen. Ein Ausbildungsversuch ist bereits im Laufen. Begründet wird die Initiative damit, dass Biomasse als erneuerbarer Energieträger im Vormarsch ist und es für den Betrieb und die Wartung von Biomasseanlagen eines Spezialwissens bedarf.

Nachdem Abgeordneter Dietmar KECK (S) und Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) diese Eckpunkte erklärt hatten, meinte Höfinger, aus einer größeren Perspektive her betrachtet, trage die Schaffung des neuen Berufsbilds im Bereich der Biomasse auch dazu bei, dass der CO2-neutrale Weg weiter beschritten und die inländische Wertschöpfung optimal genutzt werden soll. Lobende Worte für die Schaffung des neuen Lehrberufs im Bereich der Landwirtschaft fand auch Abgeordneter Rupert DOPPLER (F). Wichtig war für den Redner, dass Betriebe, die Biomasse erzeugen, von der Gewerbeordnung ausgenommen werden. Ebenso zustimmend äußerte sich Abgeordnete Martina SCHENK (T) und betrachtete den neuen Lehrberuf als zukunftsträchtig.

Keinen großen Wurf konnte hingegen Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) erkennen, der vor allem einen kritischen Umgang mit den Rohstoffen im Rahmen der Ausbildung vermisste. Er wies dabei insbesondere auf die Problematik der Verwendung von Getreide als Biomasse hin. (Fortsetzung Nationalrat) red/jan