Parlamentskorrespondenz Nr. 708 vom 11.09.2013

Neuer Anlauf für Europäische Staatsanwaltschaft gegen Finanzbetrug

EU-Ausschuss des Bundesrats unterstützt Kommissionsplan zum besseren Schutz des Gemeinschaftsbudgets

Wien (PK) – Die EU will Betrug und Korruption mit Geldern aus dem Gemeinschaftsbudget verstärkt den Kampf ansagen. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise konkretisierte die EU-Kommission jetzt den schon mehr als zehn Jahre lang angedachten Plan zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft (EStA). Diese neue EU-Behörde soll bei Straftaten gegen den Unionshaushalt mit größerem Nachdruck als nationale Stellen tätig werden, heißt es im entsprechenden Verordnungsentwurf der Kommission, den der EU-Ausschuss des Bundesrats heute diskutierte.

Bundesrat: EU-Gelder im Sinne Österreichs schützen

Unisono meinten die BundesrätInnen dazu, Österreich habe als Nettozahlerland größtes Interesse an einem effizienten Vorgehen gegen Finanzbetrug mit EU-Mitteln. Österreich solle daher in der Ratsarbeitsgruppe zur Thematik auf eine möglichst rasche Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft drängen, appellierte Ausschussobmann Edgar Mayer (V/V). Allein 2011 seien laut Kommission rund 700 Mio. € aus dem EU-Budget durch kriminelle Machenschaften verschwunden, gab Grün-Bundesrat Marco Schreuder (G/W) zu bedenken. Die Zuständigkeit der EStA soll gemäß Kommissionsplan auf Delikte gegen die finanziellen Interessen der EU beschränkt sein, etwa auf die Veruntreuung von EU-Fördermitteln. Bei einstimmigem Beschluss durch den Europäischen Rat könnte die EStA zudem auch gegen schwere grenzüberschreitende Kriminalität mobil machen. Die bestehende EU-Behörde zur justiziellen Zusammenarbeit Eurojust, sowie Europol und das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sind wegen ihrer eingeschränkten Zuständigkeit nicht in der Lage, den Schutz des EU-Budgets ausreichend zu gewährleisten, argumentiert die Kommission in ihrem Entwurf.

Für das Justizministerium sprach sich im Ausschuss auch Sektionschef Christian Pilnacek klar für die Etablierung einer Europäischen Staatsanwaltschaft aus. Immerhin biete der Vertrag von Lissabon nunmehr diese Option. Allerdings habe die Kommission momentan einen Zeitraum bis 2023 für die Umsetzung der grenzübergreifenden unabhängigen Strafverfolgungsbehörde ins Auge gefasst, da mehrjährige Verhandlungen im Rat zu erwarten seien, merkte er an. Zwar nehme die Ratsarbeitsgruppe zur EStA ihre Arbeit im Herbst 2013 auf, doch zeichne sich bereits ab, dass sich die Debatten wohl diffizil gestalten, wie Pilnacek sagte. Besonders größere Mitgliedsstaaten könnten die Befürchtung hegen, in der neuen Behörde mit einer kleinen Zentrale bei Eurojust in Den Haag nicht hinlänglich repräsentiert zu sein. Da für die Verordnung zur EStA ein besonderes Gesetzgebungsverfahren vorgesehen ist, muss der Rat der EU einhellig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments den Entwurf annehmen. Kommt kein einstimmiger Beschluss aller 28 Mitgliedsländer zustande, wäre eine EStA auch von mindestens neun EU-Staaten mittels einer Verstärkten Zusammenarbeit umsetzbar.

Effizientes Arbeiten der EU-Staatsanwaltschaft absichern

Als Kritikpunkte Österreichs umriss Pilnacek neben dem Fehlen einheitlicher europäischer Verfahrensbestimmungen, dass die Kommission im gegenwärtigen Vorschlag eine zu geringe Personalausstattung der EStA mit jeweils nur einem/r europäischen Staatsanwalt/wältin in jedem Mitgliedsstaat vorschreibt. Dadurch hätten auch zukünftig nationale Behörden den Großteil der Ermittlungsarbeit zu übernehmen, obwohl eigentlich die EU das Opfer der untersuchten Finanzdelikte sei. Ebenso müsse hinterfragt werden, weswegen keinem EU-Gericht die Kontrolle der EStA obliegt, so der Sektionschef. Geht es nach dem Vorhaben der EU-Kommission, sollten delegierte Europäische StaatsanwältInnen in den Mitgliedsstaaten die Ermittlungsmaßnahmen nach innerstaatlichem Recht leiten, und die Ermittlungsverfahren würden von nationalen Gerichten kontrolliert.

Problematisch wertete Bundesrat Stefan Schennach (S/W) im Zusammenhang mit den geringen Ressourcen der EStA die Sicherung einer EU-weit gleichwertigen Effizienz der Strafverfolgung von Delikten gegen das Gemeinschaftsbudget, unabhängig von der Qualität des Justizsystems im jeweiligen Mitgliedsland. Eine organisatorische Verschmelzung der EStA mit OLAF wäre hier beispielsweise sinnvoll. Jedenfalls müsse es eine Untergrenze bei den Straftaten geben, sodass der Fokus auf schweren Kriminalfällen liege, betonte der SPÖ-Mandatar. Pilnacek erwiderte daraufhin, die Kommission sehe bei geringfügigen Fällen vereinfachte Verfahren durch Vergleich bzw. eine pauschale Geldstrafe vor. Teilweise sollten außerdem Planstellen von OLAF an die neue Strafbehörde übertragen werden. Insgesamt erhofft die EU beschleunigte Ermittlungen und eine höhere Strafverfolgungsquote durch die EStA, geht aus dem Kommissionspapier hervor. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) rei


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