Parlamentskorrespondenz Nr. 809 vom 18.11.2013

Fekter: Keine Rede von Budgetloch

Heftige Kritik der Grünen, SPÖ weiter für Steuerreform

Wien (PK) – "Von einem Budgetloch kann keine Rede sein", sagte Finanzministerin Maria Fekter in ihrer Stellungnahme zu den aus ihrer Sicht irreführenden Budget-Darstellungen in den letzten Tagen. Berichte zum Budgetvollzug 2013, die dem Parlament vorliegen, zeigen, dass das Budget 2013 besser umgesetzt wird als geplant, obwohl es auf Grundlage einer BIP-Prognose von 1 % Wachstum für 2013 erstellt wurde, einer Prognose, die mittlerweile auf 0,4 % reduziert wurde. In einer Aktuellen Aussprache zum Budget im Budgetausschuss bezeichnete es Fekter als unseriös, von einer "Budgetlücke" zu sprechen, wenn sich im Zuge der Koalitionsverhandlungen - aufgrund einer aktuellen, schlechteren Wifo-Prognose vom Oktober Differenzen zum Budgetpfad 2014 bis 2017 herausstellen, der aufgrund einer besseren Prognose vom März erstellt wurde. Fekter sah keinen Anlass, das Budget "künstlich schlecht zu reden".

Elmar Podgorschek für Verwaltungsreform

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) räumte ein, dass der Budgetvollzug 2013 im Plan liege. Die Rede vom Budgetloch sei aber nicht von den Oppositionsparteien, sondern von Vertretern der Regierungsparteien gekommen, was Medien thematisiert haben. Faktum sei jedenfalls, dass das strukturelle Defizit ohne Gegenmaßnahmen größer werde und sich das für 2016 geplante Nulldefizit "nicht ausgeht". An dieser Stelle erinnerte Podgorschek an Forderungen seiner Partei für eine Verwaltungsreform und Strukturmaßnahmen, auf Entflechtung von Bund, Ländern und Gemeinden, die Beseitigung von Doppelförderungen und die Einführung eines einheitlichen Rechnungswesens in Österreich.

Andreas Schieder weiter für Steuerreform  

Abgeordneter Andreas Schieder (S) erinnerte zunächst daran, dass der Budgetvollzug seit 2011 jeweils besser laufe als geplant und selbst 2013 halten werde, obwohl die BIP-Prognose auf 0,4 % Wachstum reduziert wurde. Dies sei ein Beweis für die vorsichtige Budgetpolitik der Bundesregierung. Die vorgezogene Prognose für 2014 habe im Oktober eine um 0,3 Prozentpunkte schlechtere Wachstumsprognose ergeben. "Prognosen treffen aber nie so ein, wie vorausgesagt", hielt Schieder fest und plädierte dafür, seitens der Politik zu reagieren, wie dies in den letzten Jahren erfolgreich geschehen sei. "Der Kurs stimmt, es wird auch in den nächsten fünf Jahren darum gehen, auf die Herausforderungen mit vernünftiger Politik zu reagieren", sagte Schieder und sah keinen Grund zur Verunsicherung.  

Scharfe Kritik der Grünen an Budgetlüge

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) warf der Finanzministerin vor, die Verpflichtung des neuen Haushaltsrechts verletzt zu haben, in die Zukunft zu blicken. Sie habe nur 133 Mio. € an Kosten für die Banken in das Budget eingestellt und damit die finanzielle Situation nicht getreu dargestellt. Derselbe Vorwurf gelte für die Steuerschätzungen im Bundesfinanzrahmen 2014 bis 2017, die auf alten Prognosen basierten, obwohl im März 2013 bereits neue Prognosen vorlagen. Fekter habe Parlament und Öffentlichkeit getäuscht – dies bedürfe der Aufklärung, sagte Rossmann. Nicht die Medien seien an der chaotischen Diskussion der letzten Wochen schuld, sondern Regierungsverhandler, die von einer Budgetlücke bis zu 40 Mrd. € gesprochen haben. Unter anderem stellte Rossmann die behauptete Finanzierungslücke von 8,7 Mrd. € bei den Pensionen in Zweifel und wandte sich gegen selbsternannte Experten, die von falschen Daten eine Pensionsreform ableiten wollten.

ÖVP gegen Populismus in der Budgetpolitik  

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) wies die "populistischen Vorwürfe" Rossmanns an die Finanzministerin zurück und erinnerte daran, dass die Finanzministerin im Strategiebericht zum Bundesfinanzrahmengesetz 2014 bis 2017 ihre Berechnung der Einnahmenschätzungen dargelegt hat.

Kathrin Nachbaur (T) für ein modernes Rechnungswesen im ganzen Staat

Abgeordnete Kathrin Nachbaur (T) beklagte, dass Österreich bei der Reduktion des strukturellen Defizits weit hinter Deutschland nachhinke, erkundigte sich nach den Grundlagen der Annahme, dass für die Banken künftig ein Betrag von 5,8 Mrd. € budgetiert werden müsse, und unterstützte die Forderung der FPÖ, die doppelte Buchführung bei allen Gebietskörperschaften einzuführen. Die Rednerin kritisierte teure Verzögerungen bei der Einrichtung einer "Bad Bank" für die Hypo und erinnerte an dieser Stelle an die hohen Kosten, die es erschwerten, mehr Gerechtigkeit für Familien herbeizuführen.

Rainer Hable (N) für parteiübergreifende Reformpolitik

Abgeordneter Rainer Hable (N) plädierte für eine in die Zukunft gerichtete Politik und forderte Reformen in den Bereichen Pensionssystem und Verwaltung, wobei er sich offen zeigte für Zusammenarbeit mit allen Fraktionen. Seine Fragen nach der Vorlage eines Budgetentwurfs für 2014 sowie nach dem Anteil der Hypo an den 5,8 Mrd. € für die Bankenhilfe beantwortete die Finanzministerin mit dem Hinweis darauf, dass es Sache der neuen Regierung sein werde, ein Budget für 2014 vorzuschlagen. Den Anteil der Hypo an der Bankenhilfe beziffere sie bewusst nicht, um Anstrengungen des Instituts, den Finanzbedarf zu senken, nicht zu verringern. Wenn man Geld für die Banken in das Budget einstellt, habe sich gezeigt, dass genau dieser Betrag "gebraucht werde", daher sei sie nicht bereit, mitzuteilen, welchen Anteil die Hypo am 5,8 Mrd. € Betrag für die Banken habe. Dieser Betrag basiere auf Berechnungen der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht und der Behörden in Brüssel, erfuhren die Abgeordneten Hable und Kogler.

Angesichts der "suboptimalen Kommunikation" der letzten Wochen sei sie froh über die heutige Debatte im Budgetausschuss, sagte Fekter. Ihre eigene Zurückhaltung in der Öffentlichkeit erklärte mit ihrer Loyalität und ihrer Disziplin im Hinblick auf die Bemühungen, eine neue Bundesregierung zu bilden. In ihren Antworten auf die Fragen der Abgeordneten erklärte Fekter, das letzte Konsolidierungspaket von 27 Mrd. € sei nach nur zwei Jahren bereits zu 16 Mrd. € abgearbeitet. Die Maßnahmen zur Ausgabendämpfung funktionieren gut, sagte Fekter. Die Förderreform sei noch nicht erledigt und die Maßnahmen bei den Pensionen wirken erst ab 2014. Es sei "absolut falsch" zu sagen, es seien keine Reformen umgesetzt worden.  

Den Vorwurf, das neue Rechnungswesen nicht bei allen Gebietskörperschaften eingeführt zu haben, gab Fekter an die Opposition zurück, dafür fehle nach wie vor eine Verfassungsmehrheit. Weiters erklärte die Finanzministerin den Abgeordneten den Berechnungsmodus für das strukturelle Defizit, das durch Herausrechnen von Einmalmaßnahmen, etwa für Banken oder für die Beseitigung von Katastrophenschäden und der Konjunktureffekte ermittelt wird. Bis 2018 würde sich die Outputlücke auf 9,2 Mrd. € summieren. Die 8,7 Mrd. € große "Bugwelle" bei den Pensionen erklärte Budgetsektionschef Gerald Steger als Differenz zwischen der alten Kostenberechnung und aktuellen Daten der Kommission zur langfristigen Pensionssicherung.

"Wir gehen bei der Budgetierung immer von WIFO-Prognosen zum BIP und zur Beschäftigung sowie von EU-Prognosen für die Zinsen aus", teilte die Ministerin mit. Haftungen werden erst budgetwirksam, wenn sie schlagend werden, erfuhren die Abgeordneten. Die Haftungen für die Hypo, die ursprünglich 22 Mrd. € betragen haben, machen derzeit 13 Mio. € aus und werden bis 2017 abgearbeitet. Die Entscheidung über Maßnahmen zugunsten der Familien, deren Kosten mit 1,5 Mio. € beziffert werden, müsse die kommende Regierung treffen.

Die aktuelle Konjunkturprognose des WIFO vom Oktober sei hinsichtlich Lohnsumme und Sozialversicherungsbeiträge deutlich schlechter, als die Märzprognose, teilte Budgetsektionschef mit.

Abgeordnetem Rainer Hable (N) teilte die Finanzministerin mit, dass sie auf Empfehlung von Sektionschef Steger ein gesetzliches Budgetprovisorium für die Zeit bis zum Beschluss eines Bundesfinanzgesetzes für 2014 vorgeschlagen habe, sich damit aber nicht durchgesetzt habe. Daher werde der Bundeshaushalt ab Jänner 2014 zunächst mit einem automatischen Budgetprovisorium geführt werden.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies insbesondere Landeshauptleuten die Schuld an der "unfassbaren Kakophonie" in der öffentlichen Diskussion über Budgetprobleme der letzten Tage zu. Es stelle sich die Fragen, welche Position die Bundesregierung für die Finanzausgleichsverhandlungen mit den Landeshauptleuten einnehme. Das Ausmaß in dem Mitglieder der Bundesregierung dem Ansehen der Regierung während der letzten Wochen geschadet haben, hätten alle Oppositionsparteien gemeinsam nicht zustande bringen können, sagte Kogler pointiert. Die Weigerung der Opposition, ein Anti-Spekulationspaket, zu dem auch die Einführung der Doppik bei allen Gebietskörperschaften zähle, mitzutragen, erklärte der Abgeordnete  mit Lücken im Spekulationsverbot für die Länder. Einmal mehr erhob Kogler den Vorwurf der "Budgetlüge" wegen der Nichtberücksichtigung der zu erwartenden Kosten für verstaatlichte Banken im Bundesfinanzrahmengesetz.

Den Vollzug des Budgets 2013 habe die Opposition nie in Zweifel gezogen, sagte Kogler, hielt es aber für legitim, von einem "Budgetloch" in der Zukunft zu sprechen, weil das neue Haushaltsrecht den vierjährigen Finanzrahmen mit Gesetzeskraft ausgestattet hat. Kogler registrierte eine "absichtliche Unterdeckung" für vier Jahre. Im Finanzrahmen seien die Steuerschätzungen trotz geänderter Wachstumsprognose nicht nach unten revidiert worden. Daher zeigte Kogler Verständnis für die Forderung des Teams Stronach nach Annullierung der Wahl, weil ÖVP und SPÖ keine Regierungsmehrheit mehr hätten, hätten sie im Wahlkampf nicht Steuersenkungen versprechen oder behaupten können, es brauche kein Sparpaket.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) kritisierte Fekter wegen ihres mangelnden Reagierens auf Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld und sah außerdem Änderungsbedarf bei der Heranziehung von Experten, da er beobachtet habe, dass das WIFO auf negative Konjunkturveränderungen im Vergleich zu anderen Experten regelmäßig verspätet reagiere.

Abgeordneter Franz Eßl (V) wies die Wortwahl des Abgeordneten Kogler zurück, verlangte, bei den Fakten zu bleiben und anzuerkennen, dass der Bundesrechnungsabschluss 2012 und der Budgetvollzug 2013 positive Abweichungen gegenüber den Voranschlägen zeige.

Dem schloss sich auch Abgeordneter Andreas Schieder (S) an, der seinerseits eine Lanze für ein einheitliches Haushaltsrecht von Bund, Ländern und Gemeinden brach und sich darüber hinaus für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich aussprach. Die SPÖ sei vor der Wahl für eine Steuerstrukturreform eingetreten und werde weiterhin dafür kämpfen, die Steuerlast vom Faktor Arbeit zum Faktor Kapital zu verschieben, das Steuersystem zu vereinfachen und eine konjunkturstützende Steuerentlastung zu erreichen. Warum die Auszahlungsobergrenzen im Finanzrahmen 2014 bis 2017 gleichgeblieben seien, habe die Bundesregierung im Strategiebericht erklärt, erinnerte Schieder.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) blieb bei seiner Kritik, die Finanzministerin habe die finanzielle Situation des Staates beim Beschluss über den Bundesfinanzrahmen 2014-2017 nicht richtig dargestellt. Die Ausführungen von Sektionschef Steger über die Steuerschätzungen für die kommenden Jahre seien ungenügend, kritisierte Rossmann weiter.

Abschließend hielt die Ministerin fest, dass das Budget 2013 trotz der deutlich verschlechterten Prognose des WIFO gehalten habe, wie dies auch in den Jahren davor gelungen sei. Sie sehe keinen Anlass, das Budget "künstlich schlecht zu reden". (Schluss) fru

HINWEIS: Ökonomische Analysen zur Budgetpolitik bietet der Budgetdienst des Parlaments im Menüpunkt "Parlament aktiv/Budget-Analysen" auf www.parlament.gv.at.

Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte 2013) finden Sie auf der Homepage des Finanzministeriums (http://www.bmf.gv.at/).