Parlamentskorrespondenz Nr. 854 vom 04.12.2013

Städtetourismus ist ein Wachstums- und Jobmotor

Bundesrat: Hearing über Chancen und Herausforderungen im Tourismus

Wien (PK) – Der Städtetourismus gilt als Motor der Tourismuswirtschaft in Europa und hat in Österreich wesentlich zur Bewältigung der jüngsten Wirtschaftskrise beigetragen. Schon 2009 gewann der Städtetourismus rasch wieder an Dynamik und erzielte in Wien, Salzburg, Innsbruck, Linz, St. Pölten und Graz Rekordergebnisse bei Übernachtungen und Umsätzen. Davon profitieren nicht nur die Städte selbst, sondern auch Gemeinden im Umland, die infolge der Attraktivität der Städte Gästezuwächse von bis zu 25 % erreichen. Der Tourismus bietet fast 200.000 Menschen in Österreich Arbeitsplätze, vor allem auch vielen Frauen und jungen Menschen.

Aus all diesen Gründen lud Bundesratspräsidenten Reinhard Todt heute namhafte Experten zum Thema "Städtetourismus" in das Parlament ein. Unter der Moderation von Roland Lengauer (IOS-Management) analysierten SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder und Fachleute aus der Tourismusbranche die Hintergründe des Megatrends "Städtetourismus" und empfahlen der Politik Maßnahmen, damit Österreich in Zukunft nicht nur seine Berge und Seen, sondern auch die wachsende Anziehungskraft seiner urbanen Zentren bestmöglich für die Tourismuswirtschaft und die Volkswirtschaft insgesamt nutzen kann.

Tourismuswirtschaft bietet den Regionen große Chancen

In seinen Einleitungsworten hob Bundesratspräsident Reinhard Todt die Bedeutung der Freizeit- und Tourismuswirtschaft für Österreich hervor, die gerade in schwierigen Zeiten eine große Stütze für die heimische Konjunktur darstelle. Während man in ganz Europa über ein schwaches Wirtschaftswachstum klage, beherbergen und verköstigen die 28.000 österreichischen Hotel- und Gastronomiebetriebe mehr als 36 Millionen Gäste pro Jahr. Einer der zukunftsträchtigsten Bereiche sei dabei der Städtetourismus, der sich noch um einiges dynamischer entwickle als die Gesamtbranche, betonte Todt. So konnten etwa in dieser Sparte von Jänner bis September 2012 Nächtigungszuwächse zwischen 2,2 % (Bregenz) und 8,6 % (Salzburg) erzielt werden. Er freue sich, dass heute so viele hochkarätige Experten zum Thema Städtetourismus sprechen werden, weil dadurch die Politik motiviert werde, notwendige strukturelle Änderungen vorzunehmen. Todt zeigte sich überzeugt, dass alle Regionen davon profitieren können, weil der Freizeit- und Tourismussektor in einer Dienstleistungsgesellschaft neue Einnahmenquellen erschließe.

Schieder: Österreich ist Tourismus-Weltmeister

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder dankte dem Bundesrat für die Initiative zu dieser Enquete über ein für die Volkswirtschaft sehr wichtiges Thema. Dies zeige allein die hohe Wertschöpfung, wird doch der Freizeit- und Tourismuswirtschaft ein Anteil von 5,5 % am BIP zugerechnet, informierte Schieder. Außerdem sind mittlerweile 192.000 Menschen in diesem Bereich unselbständig beschäftigt, was einem Anstieg von fast 4 % gegenüber dem Jahr 2011 entspricht. Mit Tourismus-Einnahmen von 1.752 € pro Kopf kann man Österreich als Tourismus-Weltmeister bezeichnen. Ein besonders wichtiger Faktor ist dabei der Städtetourismus, der in den letzten 20 Jahren auf Zuwächse von bis zu 80 % (Wien) verweisen könne. Damit der Tourismus weiterhin ein Erfolgsfaktor bleibt, sollte man von einem umfassenden Qualitätsbegriff ausgehen, der auch die Umwelt, die BewohnerInnen der Tourismusregionen und vor allem die MitarbeiterInnen miteinschließt, wünschte sich der SPÖ-Klubobmann.

Städtereisen – die Königsdisziplin im Welttourismus

Der Geschäftsführer von Wien Tourismus, Norbert Kettner, sah den Städtetourismus als "Königsdisziplin im Welttourismus", die von hohen Zuwachsraten, hohen Pro-Kopf-Ausgaben, einem hohen Internationalisierungsgrad und großer Nachhaltigkeit ausgezeichnet werde. Nachhaltigkeit deshalb, weil Gäste und Städtebewohner dieselbe Infrastruktur nutzen. Städtetourismus sei auch ein Motor des Wirtschaftswachstums und eine Grundlage für Investitionen in die Kultur. Dieser Tourismus brauche funktionierende Städte, die mit Bahn und Flugzeug gut erreichbar sind. Er boome an Forschungsstandorten, die Kongresse anziehen und in "intelligenten" Städten - "Smart Citys" -, die in Infrastruktur und Kultur investieren. Daher seien die europäischen Städte für Gäste aus Asien und Arabien attraktiv. "Reisen macht die Menschen gescheiter", schloss Kettner, der sich auch für Airlines und Flughäfen einsetzte, für leicht erhältliche Visa plädierte und mehr Geld für die Österreich Werbung verlangte.

Jobmotor Tourismus  

Präsidentin Michaela Reitterer (Österreichische Hoteliervereinigung) machte auf den "Jobmotor" Tourismus und auf 3-prozentige Nächtigungszuwächse in Wien, zugleich aber auf den wachsenden Hotel-Wettbewerb in der Bundeshauptstadt aufmerksam. Die dritte Landepiste in Schwechat hielt Reitterer für lebensnotwendig, außerdem forderte sie die Abschaffung der Ticketsteuer und eine Beschleunigung der Visa-Abwicklung. Da Gäste vom Wachstumsmarkt Asien in erster Linie nach Europa kommen, um in den Städten einzukaufen, sollte man nicht nur in Bad Kleinkirchheim, sondern auch in der Wiener City auch am Sonntag einkaufen können, sagte Reitterer pointiert.

Gäste kommen selten mit dem Auto - Mobilitätsangebote vor Ort wichtig

Die Geschäftsführerin der Österreich Werbung, Petra Stolba, wies darauf hin, wie sehr der österreichische Tourismuserfolg vom Städtetourismus geprägt sei und nannte die Internationalisierung, die "Industrialisierung" der Branche und das Internet als die großen Herausforderungen im Tourismus insgesamt. Da die Hoffnungsmärkte des österreichischen Tourismus in Asien liegen, verstehe sich die Bedeutung guter Fluganbindungen von selbst, insbesondere auch jene der Regionalflughäfen. Wichtig sei auch die Mobilität in der Stadt, weil immer weniger Gäste mit dem eigenen Auto anreisen und daher auf Verkehrsinfrastruktur und moderne Angebote wie CarSharing angewiesen sind. Beim Thema Internet regte Stolba den Breitbandausbau an, um das WLAN-Angebot für Gäste vor Ort zu verbessern.

Infrastrukturinvestitionen statt Schuldendebatte

Geschäftsführer Rudolf Tucek (CUBE-Hotels) gab zu bedenken, dass das frei verfügbare Einkommen der Menschen die wesentliche Grundlage der Tourismuswirtschaft bilde und mahnte mehr ökonomischen Hausverstand in der Politik ein. Man sollte weniger über Schulden reden, sondern mehr über Investitionen in die Infrastruktur sprechen, riet Tucek.

Wissenschaft, Wirtschaft - Basis des Business- und Kongresstourismus

Direktor Dieter Hardt-Stremayer (Graz Tourismus) beleuchtete das Thema "Städtetourismus" aus der Sicht der steirischen Landeshauptstadt, die ihre touristischen Nächtigungen während der letzten 18 Jahre von 480.000 auf eine Million steigern konnte. 50% der Gäste sind Geschäftsreisende, 12% Kongressbesucher und der Rest Kulturtouristen. Damit werde klar, dass nur Städte im Tourismus erfolgreich sein können, die attraktive Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorte sind und zugleich touristische Infrastruktur anbieten. Graz brauche Verkehrsanbindungen auf der Schiene und in der Luft, sagte Hardt-Strehmayer, der die Forderung nach einer dritten Piste am Flughafen Wien unterstützte und daran erinnerte, dass die dynamischen Märkte für Städtetouristen in Russland und Asien liegen. "Von dort kommen die Gäste mit dem Flugzeug", sagte der Tourismusexperte.

Im weiteren Verlauf des Hearings beleuchtete der Vorsitzende der Bundesfachgruppe Tourismus, Rudolf Komaromy, das Thema aus gewerkschaftlicher Sicht. Außerdem referierten Bürgermeister Günther Novak (Mallnitz), Bundesrat und Obmann der Fachgruppe Hotellerie der Wirtschaftskammer Steiermark, Franz Perhab (V,St), und Peter Zellmann vom Institut für Freizeit- und Tourismusforschung. (Schluss) fru/sue

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