Parlamentskorrespondenz Nr. 473 vom 22.05.2014

Budget für Wissenschaft und Forschung: Standort Österreich sichern

Mitterlehner will Grundlagen für Wissensgesellschaft ausbauen

Wien (PK) – Dem Kapitel Wissenschaft und Forschung widmete sich der Nationalrat heute in den Beratungen über das Bundesfinanzrahmengesetz und die Budgets für 2014 und 2015. Im Budgetjahr 2014 ist dieser Bereich mit 4,07 Mrd. € dotiert, während für 2015 im Doppelbudget der Betrag von 4,12 Mrd. € vorgesehen ist. Damit sollen die Auszahlungen über jenen des Jahres 2013 liegen und es zu keinen Kürzungen bei Forschung und Lehre kommen. Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP nahmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die Mittel für die derzeit laufende Leistungsvereinbarungsperiode und für die Grundlagenforschung gesichert seien. Die Grünen äußerten trotzdem Kritik an den Plänen des Wissenschaftsminister, dem sie vorwarfen, zu wenig ambitionierte Ziele zu verfolgen. Für die FPÖ war nicht nachvollziehbar, wo sich die zugesagte "Unimilliarde" im Budget finde, während das Team Stronach eine Evaluierung der Forschungsförderung wünschte. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner zeigte sich überzeugt, dass es gelingen werde, die österreichische Position bei Forschung und Entwicklung auszubauen.

FPÖ: Unklare Entwicklungsziele für Universitäten und Fachhochschulen

FPÖ-Wissenschaftssprecher Andreas Karlsböck benützte seinen Redebeitrag, um Stellung zu einem, wie er sagte, sich abzeichnenden "Skandal erster Klasse" an der Universitätsklinik Wien zu nehmen. Es sei verabsäumt worden, genug Plätze für die Praktika der Studierenden bereitzustellen. Es sei nicht das erste Mal, dass es Probleme im AKH gebe, er führe dies auf die inkompetente Führung durch die Vizerektorin Gutiérrez-Lobos zurück. Der Minister solle alles tun, um diesen Missstand, der zur Vertreibung hochqualifizierter Fachleute führe, abzustellen. Fraktionskollege Gerhard Deimek brachte einen Entschließungsantrag ein, der fordert, dass die Mittel der Grundlagenforschung jährlich zumindest um 5 % anzuheben seien. Das sei notwendig, da die F&E-Quote ebenso stagniere wie die AkademikerInnenquote, argumentierte Deimek. Auch die Betreuungsrelationen an den Universitäten und die Studierendenmobilität werde nicht verbessert. Axel Kassegger (F) vermisste im Budget klare Ziele und Aussagen, wie sie zu erreichen seien. Auch der strategische Entwicklungsplan für Unis und Fachhochschulen, den der Rechnungshof seit Jahren fordere, fehle noch immer. Die Regierung lege unglaubwürdige Zahlen vor und rede jedes Jahr wieder von einer "zusätzlichen" Milliarde, die er nicht im Budget abgebildet sehe. Auch die zusätzlichen Mittel für die Grundlagenforschung würden tatsächlich erst für 2016 in Aussicht gestellt und gebe es noch nicht.

ÖVP zufrieden mit Budgetierung von Wissenschaft und Forschung

Abgeordneter Karlheinz Töchterle (V) stellte zuerst gegenüber Karlsböck fest, es gebe keinen Skandal im AKH, außer, dass der Krankenanstaltenverbund Wien für Praktikumsplätze, entgegen den Gepflogenheiten in Graz und Innsbruck, von den Studierenden hohe Summen verlange.

Zum vorgelegten Budget könne er Wissenschaftsminister und Regierung nur gratulieren, es sei angesichts der Rahmenbedingungen sehr positiv. So gebe es eine ausreichende Budgetierung für den FWF, der besonders die Grundlagenforschung und Doktoratskollegs fördere und eine wichtige Vergabestelle von Stipendien sei. Das sei besonders wichtig für JungforscherInnen. Auch die Akademie der Wissenschaften, welche exzellente Institute mit vielen NachwuchsforscherInnen und guten Verbindungen zur Wirtschaft habe, sei gut budgetiert. Auch das Insitute of Science and Technology Austria wolle als eine Erfolgsgeschichte zu erwähnen. Wenn es gelinge, im Herbst ausreichend Geld für die Leistungsvereinbarungsperiode 2016 bis 2018 zu sichern, könne man mit dem Wissenschaftsbudget sehr zufrieden sein.

Beatrix Karl (V) verwies auf die Bedeutung der Internationalität in der Wissenschaft. Daher seien Programme wie ERASMUS+ von großer Bedeutung. Für die Einwerbung von Mitteln aus dem Forschungs-Rahmenprogramm Horizon 2020 habe der Minister die ambitionierte Vorgabe, 1,5 Mrd. € nach Österreich zu holen, um 50 % mehr als aus dem abgelaufenen Rahmenprogramm. Auch Manfred Hofinger (V) meinte, es sei ein ambitioniertes Budget. Besonders erfreulich sei der Ausbau der Fachhochschulen, die 56 Mio. € zusätzlich erhalten sollen, und der Medfakultät Linz. Hofinger meinte auch, eine Agrarfachhochschule sollte so bald wie möglich umgesetzt werden.

Grüne beklagen Mangel an Ambition des Wissenschaftsministers

Sigrid Maurer (G) stellte fest, man diskutiere Zahlen eines Budgets, dass bereits Makulatur sei, und die zudem ein fatales Scheitern des Wissenschaftsministers in den Budgetverhandlungen zeigten. Die Zahlen des FWF seien kein Anlass zu Jubel, denn immer mehr Projekte würden nicht aufgrund der Qualität, sondern mit Verweis auf fehlende Budgetmittel abgelehnt. Von den von Mitterlehner für die Universitäten geforderten 1,1 Mrd. € sei nichts übrig geblieben. Unklar sei ihr, wie Mitterlehner angesichts des Versprechen des Finanzministers gegenüber der EU, eine weitere Milliarde einzusparen, den Hochschulen im Herbst 650 Mio. € aus Mehreinnahmen zur Verfügung stellen wolle. Offenbar seien auch weitere Kürzungen bei den Ermessensausgaben geplant. Der Minister zeige insgesamt wenig Ambitionen, es würden alle Ziele, von der AkademikerInnenquote bis zur Frauenförderung, nur fortgeschrieben oder eingefroren. Insgesamt sei das Budget eine Bankrotterklärung des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung.

Ruperta Lichtenecker (G) meinte, eine bloße Absolvierung eines "Pflichtprogramms" in Wissenschaft und Forschung sei nicht genug, wenn Österreich seine Wettbewerbfähigkeit und Innovationskraft steigern wolle. Die Budgetierung für Forschung und Entwicklung entwickle sich derzeit unterhalb der Inflationsrate und erleide damit einen realen Verlust. Österreich nehme dementsprechend in Innovationsrankings schon lange keinen Spitzenplatz mehr ein und falle immer weiter zurück. Eine verstärkte Förderung der Grundlagenforschung sei daher notwendig, die Schweiz zeige, wie es anders gehe. Das seit langem angekündigte Forschungsfinanzierungsgesetz sei immer noch nicht in Sicht, merkte Lichtenecker an, konzedierte aber als positiven Punkt des Budgets ausdrücklich die Finanzierungszusagen für die Medfakultät Linz.

Team Stronach: Forschungsförderung evaluieren

Rouven Ertlschweiger (T) meinte, es sei zwar ein durchaus gutes Budget, doch müsse der Minister eine bessere Schwerpunktsetzung vorzunehmen. Auch er meinte, die Grundlagenforschung sei auszuweiten, wolle Österreichs Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb bestehen. Dazu brauche es eine breite Palette von Maßnahmen, so Ertlschweiger, um Unternehmen Anreize zu geben, in Österreich Forschung und Entwicklung zu betreiben. Österreich sollte sich dabei auf einige wichtige Bereiche wie Medizintechnik, Lebenswissenschaften und Umwelttechnik konzentrieren. Mit einer klaren, transparenten Förderstruktur sollten bessere Leistungen für die eingesetzten Mittel möglich sein, sagte er und brachte einen Entschließungsantrag zur umfassenden Evaluierung der österreichischen Forschungsförderung ein. Abgeordneter Marcus Franz (T) nahm ebenfalls Bezug auf das "AKH-Desaster", wie er es nannte. Das Flaggschiff der medizinische Forschung Österreichs werde ausgehungert, meinte er. Es herrsche Chaos aufgrund einer verfehlten Personal- und Budgetpolitik mit weitreichenden Folgen für die gesamte österreichische Ärzteschaft. Franz brachte außerdem einen Antrag ein, in dem er die rasche Umsetzung der Studienplatzfinanzierung forderte.

SPÖ sieht positive Entwicklung für Hochschulen

Harry Buchmayr (S) sagte, die Bildungsausgaben hätten sich in Österreich sehr dynamisch und stärker als die gesamtstaatlichen Ausgaben oder als das BIP entwickelt. Die Universitäten seien klare Gewinner. Die SchülerInnenzahl sei zwar gesunken, die Studierendenzahlen jedoch gestiegen. Zufrieden zeigte sich Buchmayr auch über die Zusagen des Ressorts für den Ausbau der Fachhochschulen. Angesichts der budgetären Rahmenbedingungen sei das Wissenschaftsbudget ein sehr solides Budget, sagte Andrea Kuntzl (S), von einer "Bankrotterklärung" könne man daher nicht sprechen. Die befürchtete Senkung der Finanzierung des FWF sei nicht eingetreten. Die Studienförderung, die ein wichtiger Faktor für die soziale Durchmischung der Studierenden sei, wurde ebenso wie die Zuverdienstgrenze für WerkstudentInnen angehoben. Das Regierungsprogramm sage auch weitere 200 ProfessorInnenstellen zu, was die Betreuungssituation verbessern werde, zeigte sich Kuntzl zufrieden.

Katharina Kucharowits (S) freute sich ebenso wie Fraktionskollege Philip Kucher, dass die Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung wieder eingeführt werden soll. Erfreulich seien auch die Maßnahmen bei der Studienbeihilfe. Eine Senkung der Studiendauer brauche Maßnahmen der Universitäten, sagte Kucharowits, die auch auf eine Verbesserung des Anteils von Studierenden aus Nichtakademiker-Familien und von Frauen in den MINT-Fächern drängte. Die gegenseitige Anerkennung von Prüfungsleistungen durch Hochschulen funktioniere immer noch nicht ausreichend, bemängelte sie. Wichtig sei auch ein Ausbauprogramm für Wohnheime, um die Wohnsituation der Studierenden zu verbessern. Kucher bezeichnete es als erfreulich, dass die leidige Studiengebührendebatte endlich vom Tisch ist. Das Budget erfülle noch nicht alle Forderungen, etwa was die Offensivmittel für die Universitäten betreffe, es sei aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Mitterlehner: Grundlagenforschung erhält Planungssicherheit

Die Wissensgesellschaft basiere auf den Faktoren Bildung, Wissenschaft und Forschung, und diese brauchten eine ausreichende Dotierung, stellte der Wissenschaftsminister einleitend fest. In Österreich werden heuer 9 Mrd. € in Forschung und Entwicklung investiert, man liege mit einer F&E-Quote von 2,9 Prozent an fünfter Stelle der EU und habe in den letzten Jahren stark aufgeholt. Ein wichtiger Indikator für Qualität seien auch ERC (European Research Council) Grants, bei denen Österreich eine Spitzenposition einnehme.

Bei der Bewertung der Budgetzahlen sei es wichtig, den mehrjährigen Finanzrahmen zu betrachten. Daraus erkenne man, dass eine kontinuierliche, über die beiden vorliegenden Budgets hinausreichende Planung gegeben sei, erwiderte der Minister seinen KritikerInnen. Wenn 2015 mit Auslaufen der Leistungsvereinbarung auch gewisse Vertragsleistungen auslaufen, so bedeute das keine Kürzung im Wissenschaftsbudget insgesamt, stellte er gegenüber Kritik von Abgeordneter Maurer klar. Rechne man noch die Mittel der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode dazu, so komme man auf über eine Milliarde an zusätzlichen Mitteln für Wissenschaft und Forschung. Es sei dabei natürlich zwischen den beiden vorliegenden Budgets und der mehrjährigen Planung des Finanzrahmens zu unterscheiden, erläuterte Mitterlehner.

Wichtiges Finanzierungsinstrument seien die Rücklagen, die man völlig gesetzeskonform verwende und die über den FWF auch den Universitäten zugute kämen. Der Vorwurf eines "Einfrierens" des Budgets sei damit absolut nicht berechtigt, sagte der Minister und verwies unter anderem auf zusätzliche Mittel für die Medfakultät Linz, die Fachhochschulen und auf die Anhebung der Basisförderung für den FWF und die Österreichische Akademie der Wissenschaften, deren Finanzierung sogar um 17 % steige. Auch die Boltzmann-Institute würden höher dotiert. Die Finanzierung der Grundlagenforschung sei neu geregelt worden. Damit gebe es eine Garantie für Kontinuität und Planbarkeit, die vor allem den jungen ForscherInnen, die 80 % der Forschung durchführten, zugute kämen. Der Entwicklungsplan für Universitäten und Fachhochschulen werde bis Ende des Jahres vorliegen, das habe er auch im Ausschuss klar gesagt, stellte Mitterlehner gegenüber FPÖ-Abgeordnetem Axel Kassegger fest. (Fortsetzung Nationalrat) sox