Parlamentskorrespondenz Nr. 609 vom 25.06.2014

Mitterlehner: Qualität der Lehrlingsausbildung wird gesichert

Fördervolumen für ERP-Kredite bleibt 2014 auf gleichem Stand

Wien (PK) – Die Zukunft der österreichischen Lehrlingsausbildung diskutierte der Wirtschaftsausschuss in seiner heutigen Sitzung. Anlass bot der Bericht über die Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung 2012 und 2013, der auf einer Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) und des Österreichischen Instituts für Berufsbildforschung (öibf) beruht. Nach Aussage der Ersteller der Studie könnte Österreich schon 2016 ein Facharbeitermangel drohen. Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Weiters widmete sich der Ausschuss dem ERP-Bericht der Bundesregierung, aus dem hervorgeht, dass mit dem Finanzierungsinstrument der ERP-Kredite 2013 ein Investitionsvolumen von 1,1 Mrd. € bewegt wurde. Die Bedeutung des Förderinstruments wurde von den Abgeordneten allgemein anerkannt und der Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen.

Facharbeitermangel als Herausforderung für duales Ausbildungssystem

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner stellte fest, dass der Bericht zur Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung (III-80 d.B.) unterstreicht, dass trotz internationaler Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise Österreich seine EU-weit sehr gute Position im Bereich der Jugendbeschäftigung habe halten können. Der Bericht zeigt aber auch Probleme auf, die vor allem durch den demographischen Wandel bedingt seien. Es sei zunehmend schwieriger für die Betriebe, bei schwächeren Geburtenjahrgängen ausreichend Lehrlinge zu rekrutieren. Daher gelte es, vorhandene Potenziale zu nützen. Wichtige Maßnahmen seien dabei das Angebot von Coaching, das vor allem Jugendliche mit Migrationshintergrund und KMU zugute komme, und die Förderung von Mädchen in technischen Berufen. Auch der Unterstützung für KMU, die Lehrstellen anbieten, werde von der Regierung Augenmerk geschenkt. Die Dropout-Rate in der Lehre sei verhältnismäßig gering und sollte weiter gesenkt werden. Auch der Berufseinstieg über den zweiten Bildungsweg werde zunehmend wichtiger. Insgesamt gelte es, am Qualitätsmanagement und der Qualitätssicherung der Lehre und der Ausbildung weiter zu arbeiten, unterstrich Mitterlehner.

In der Diskussion mit dem Minister war es FPÖ-Abgeordnetem Bernhard Themessl wichtig, die positive Darstellung des Ministers zu hinterfragen. Der Bericht bestätige viele jahrelange Warnungen seiner Fraktion. Dazu gehöre, dass der Facharbeitermangel sehr bald allgemein spürbar werde, nämlich auch in den KMU, nicht nur der Industrie, wo man jetzt schon klage. In diesem Zusammenhang bedauerte er erneut die Abschaffung des Blum-Bonus, der ein sehr erfolgreiches Instrument war. Das Wirtschaftsministerium müsse hier mit den Folgen der Versäumnisse des Arbeits- und Sozialministeriums leben, meinte Themessl.

Abgeordneter Cornelia Ecker (S) war es ein Anliegen, auf das Potenzial der Jugendlichen mit Migrationshintergrund hinzuweisen, das auch der Bericht hervorhebt. Das Angebot an Berufsorientierung in den Schulen sei derzeit noch zu wenig, meinte sie.

ÖVP-Abgeordnete Brigitte Jank stellte fest, das Problem müsse im Rahmen einer größeren Bildungsdebatte gesehen werden. AnwärterInnen auf Lehrstellen fehlten leider zu oft Basisqualifikationen, etwa bei Lesen, Schreiben und Rechnen. Zudem sei eine Berufsausbildung nicht billig, es gebe hohe Prüfungsgebühren. Der Besuch einer Schule sei für Jugendliche sicher der einfachere Weg, hier stelle sich auch eine Frage der Gerechtigkeit gegenüber jenen, die sich zu einer Lehre entschließen, meinte sie.

Ihre Fraktionskollegin Angelika Winzig sagte, es müsse mehr getan werden, um Jugendliche den Umstieg aus den überbetrieblichen Lehrwerkstätten in Ausbildungsbetriebe zu ermöglichen. Die betriebliche Ausbildung sei einfach effektiver, auch, was ihre Kosten betreffe. Das nahmen die Abgeordneten Birgit Schatz (G) und Christoph Matznetter(S) zum Anlass, diese Einrichtungen zu verteidigen. Matznetter gab zu bedenken, eine Liberalisierung der Gewerbeordnung bedeute auch, dass in vielen Bereichen Tätigkeiten nicht mehr als Lehrberufe angeboten würden.

Schatz stellte fest, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit werde durch die Ausbildungsgarantie nur verlagert, die wichtige Frage sei, inwieweit der Berufseinstieg gelinge. Hier ginge der Bericht zu wenig in die Tiefe. Auch die Darstellung genderspezifischer Unterschiede oder der sozialen Situation der Lehrlinge könnte aussagekräftiger sein, meinte sie.

Abgeordneter Matthias Strolz sah eine Blockade der Sozialpartner bei der immer wieder angekündigten Qualitätssicherung der Lehre. Es sei auch die Frage, wie man tatsächlich etwas für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund verbessern könnte. Seit Jahren konstatiere man hier ein Problem, wisse aber nicht, was zu tun sei, damit Jugendliche die deutsche Sprache und ihre Muttersprache gut beherrschen. Die Möglichkeit der Türkisch-Matura wäre hier ein wichtiger Schritt, er verstehe den Widerstand dagegen nicht. Team Stronach-Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer forderte eine raschere Umsetzung der Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Lehre, die im Bericht aufgezählt werden. Das Faktum, dass die Zahl der Lehrstellen in absoluten Zahlen gesunken sei, könne man mit Hinweisen auf gute Zahlen Österreichs in der Jugendbeschäftigung im internationalen Vergleich nicht wegdiskutieren.

Bundesminister Mitterlehner unterstrich, dass er sicher keine Abwertung der überbetrieblichen Lehrwerkstätten betreibe. Diese hätten gerade in Zeiten der Krise eine wichtige Funktion erfüllt. Man müsse ihr Gewicht aber richtig einschätzen, gerade einmal 7 % der Lehrlinge würden dort ausgebildet, der Rest befinde sich im üblichen dualen Ausbildungssystem der Betriebe. Der Blum-Bonus sei vor einem anderen Hintergrund entstanden, als er heute bestehe. Damals galt es, zusätzlich Lehrstellen zu schaffen, nun gehe es immer mehr darum, Jugendliche für Lehrstellen zu finden.

Was den Verlust von Lehrberufen durch eine Liberalisierung betreffe, so zeige der Handel ein Gegenbeispiel, erwiderte er Abgeordnetem Matznetter. Ein Schwerpunkt seines Ressorts sei die Qualitätssicherung der Lehre, er sehe hier auch keine Blockade. Für KMU gebe es über Branchenverbünde die Möglichkeit, ihre Ausbildungsmöglichkeiten zu optimieren, hielt er fest. Er könne nur an die Betriebe appellieren, ihre eigenen Interessen wahrzunehmen, sagte der Minister. Was Jugendliche mit Migrationshintergrund betreffe, so zeige ihm seine Erfahrung, dass man diese Frage nicht einseitig sehen dürfe, viele Jugendliche seien auch mit Lehre sehr erfolgreich. Er stehe auch der Forderung nach eine Türkisch-Matura aufgeschlossen gegenüber, sagte Mitterlehner. Viele Fragen der Lehrlingsausbildung seien tatsächlich eine Querschnittmaterie, in die auch Bildungsfragen und soziale Aspekte einfließen, konstatierte der Minister, und müssten daher ressortübergreifend behandelt werden.

Das Team Stronach hatte verlangt, den Bericht nicht im Ausschuss endzuerledigen, und sprach sich außerdem mit der FPÖ gegen die Kenntnisnahme des Berichts aus. Der Bericht wurde daher nur mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

ERP-Kredite unterstützten 2013 Investitionsvolumen von 1,1 Mrd. €

Bundesminister Reinhold Mitterlehner zeigte sich erfreut darüber, dass mit den zinsgünstigen ERP-Krediten 2013 Investitionen von rund 1,1 Mrd. € unterstützt wurden, wie aus dem ERP-Bericht der Bundesregierung (III-85 d.B.) hervorgeht. Damit konnte im abgelaufenen Jahr das Vergabevolumen vollständig ausgeschöpft werden. Das ERP-Jahresprogramm war 2013 mit 600 Mio. € aus Mitteln des ERP-Fonds und der OeNB dotiert. Die ERP-Zinssätze wurden angesichts des niedrigen Marktzinsniveaus aus förderungspolitischen Überlegungen auf dem niedrigen Niveau von 2012 belassen, nämlich nur 0,5 % im tilgungsfreien Zeitraum von zwei Jahren und 1,0 % in der Tilgungszeit. Im Einzelnen habe man im Wirtschaftsjahr 2013 ein Kreditvolumen von rund 593 Mio. € für 1.221 Projekte vergeben.

Wichtig sei auch der Ausblick auf das laufende Jahr, stellte der Wirtschaftsminister fest. Mit 600,5 Mio. € bleibe das Volumen des Programmes erfreulicherweise gleich und man werde verschiedene Schwerpunkte setzen können, etwa im Tourismus.

Die Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses zeigten sich zufrieden mit dem Bericht. Abgeordneter Thomas Schellenbacher (F) sah allerdings die Notwendigkeit, den KMU einen besseren Zugang zu diesen Förderungen zu ermöglichen. Die Abgeordnete der Grünen Ruperta Lichtenecker meinte, es sei wichtig, die Förderungen gezielt in Projekte mit hohem Innovationsgrad zu lenken. Der Ansicht von NEOS-Abgeordnetem Matthias Strolz, dass die Förderungen aus dem ERP-Fonds auch in der Transparenzdatenbank aufscheinen sollten, wollte sich Bundesminister Mitterlehner nicht anschließen. Es gehe hier nicht um Zuschüsse, sondern um Kredite, gab er zu bedenken. Die Ablehnungsquote sei im Übrigen sehr gering, hob Mitterlehner hervor.

Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Wirtschaftssausschuss) sox