Parlamentskorrespondenz Nr. 688 vom 10.07.2014

Nationalrat: Gesetzesnovelle verpflichtet ORF zu Filmförderung

Passives Wahlalter für Personalvertretungswahlen im Bundesdienst wird gesenkt

Wien (PK) – Der ORF hat in den vergangenen Jahren die österreichische Filmwirtschaft über das Film/Fernseh-Abkommen mit zumindest 8 Mio. € jährlich gefördert. Damit es auch dabei bleibt und der öffentlich-rechtliche Sender seine Filmförderung nicht aufgrund von Sparzwängen streicht, hat der Nationalrat heute mit den Stimmen der Koalitionsparteien, der Grünen und der NEOS eine Novelle zum ORF-Gesetz beschlossen, die den Sender de facto zu einer Fortsetzung der Förderung zwingt. Sollte der ORF in einem Jahr weniger als 8 Mio. € zum Film/Fernseh-Abkommen beisteuern, hätte die Gebührentochter GIS die Verpflichtung, den Differenzbetrag von der Rundfunkgebühr einzubehalten und auf ein Sperrkonto zu überweisen. Die Grünen und die NEOS halten die Vorgangsweise zwar für bedenklich, im Sinne der Sache stimmten sie aber doch zu.

Abgelehnt wurde die Gesetzesnovelle von der FPÖ und dem Team Stronach. Wenn der ORF 8 Mio. € zur Verfügung habe, könne die einzige Antwort nur eine Gebührensenkung sein, hielt FPÖ-Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch fest. Die FPÖ wolle die Filmförderung nicht in ihrer Gesamtheit "abwürgen", sagte er, die Förderungen müssten im Sinne von Sparsamkeit und Transparenz aber neu aufgestellt werden. Er wolle nicht verschiedenste Töpfchen und Töpfe für den Film, ergänzte sein Fraktionskollege Walter Rosenkranz. Zur neuen gesetzlichen Verpflichtung des ORF, merkte Rosenkranz ironisch an, genauso gut könnte man die österreichischen Millionäre zur Filmförderung verpflichten.

Team-Stronach-Abgeordneter Georg Vetter machte darauf aufmerksam, dass mit dem Gesetz das Ziel eines unabhängigen ORF konterkariert werde. Es brauche nicht mehr, sondern weniger Staatseinfluss auf den Sender, unterstrich er. Vetter zufolge geht es beim vorliegenden Gesetz nur vordergründig um die Filmförderung, in Wirklichkeit lieferten sich die Republik und der ORF einen Machtkampf. Nachdem der Staat die Gebührenrefundierung eingestellt habe, habe der ORF mit einer Kürzung der Filmförderung reagiert, was nun wiederum die Politik zum Einschreiten veranlasse. Vetter fürchtet eine Präzedenzwirkung auf andere Bereiche: das nächste Mal werde der ORF vielleicht dazu gezwungen, mehr Volksmusik zu senden.

Auch Abgeordneter Nikolaus Alm (N) äußerte die Befürchtung, das vorliegende Gesetz könnte in Zukunft allerlei Begehrlichkeiten, etwa von Seiten des Sports, der Religion oder der Kultur, wecken. Der ORF sei ein öffentlich-rechtlicher Sender und keine Drehscheibe für Fördermittel, bekräftigte er. Als eigentliches Problem sieht Alm die stete Einmischung der Politik in den ORF für ihn ist es nachvollziehbar, dass sich der Sender dem Diktat der Politik nicht fügen, sondern eigenständig programmieren will. Ausdrücklich hob Alm hervor, dass die NEOS es begrüßen, dass der ORF die Kultur fördert.

Seitens der Grünen bedauerte Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G), dass dem ORF, anders als in den vergangenen Jahren, die ihm aufgrund von Gebührenbefreiungen entgehenden Rundfunkgebühren nicht mehr abgegolten werden. Er sprach von "Wild-West-Spielen", in denen der ORF die Kultur als Druckmittel eingesetzt habe, mit der Folge, dass die Regierung dem ORF nun die Schrotflinte ansetze. Als Kultursprecher sei er auf der Seite des Films, sagte Zinggl, auch wenn die Sicherung des Kulturauftrags in erster Linie Pflicht des Staates wäre.

Verteidigt wurde die gesetzliche Regelung von den Abgeordneten Peter Wittmann (S), Beatrix Karl (V), Josef Cap (S), Nikolaus Berlakovich (V) und Elisabeth Hakel (S). Sie wiesen auf die beachtlichen Erfolge des österreichischen Films hin, die ihrer Meinung nach ohne das Film/Fernseh-Abkommen nicht in dem Umfang möglich gewesen wären. Der ORF ermögliche über das erfolgreiche Abkommen 30 bis 40 Filmprojekte pro Jahr, skizzierte Berlakovich, in den vergangenen 33 Jahren seien insgesamt 600 Produktionen gefördert worden. Es müsse Österreich stolz machen, so viele geniale kreative Persönlichkeiten zu haben, sagte er.

Die Abgeordneten Karl und Wittman hoben außerdem die wirtschaftliche Bedeutung der Filmindustrie hervor. Diese sei einer der effizientesten Wirtschaftszweige in Österreich, das Verhältnis zwischen Erfolg und Mitteleinsatz enorm, machte Wittmann geltend. Karl wies darauf hin, dass die österreichische Kreativwirtschaft insgesamt 4% zum österreichischen BIP beitrage.

In Richtung FPÖ hielt Wittmann fest, wer Kunst- und Kulturförderung als Orchideenthema bezeichne, könne nicht zu Österreich stehen. Österreich werde in der ganzen Welt mit Kunst- und Kultur verbunden, das habe nicht zuletzt auch positive Auswirkungen auf den Tourismus.

SPÖ-Abgeordneter Cap wies generell darauf hin, dass der ORF aufgrund der Streichung der Gebührenrefundierung in einer schwierigen Lage sei. Trotz schwierigsten Arbeitsbedingungen in einzelnen Redaktionen sei der Sender aber nach wie vor konkurrenzfähig, unterstrich er. Für ihn ist klar, wenn man wolle, dass sich die österreichische Kulturidentität im großen deutschsprachigen Raum behaupte, müsse man den ORF unterstützen und nicht behindern.

Caps Fraktionskollegin Hakel hielt fest, das vorliegende Gesetz sei notwendig geworden, weil der ORF seinen Verpflichtungen nicht freiwillig nachgekommen sei. Sie drängte auch auf einen angemessenen Anteil österreichischer Musik in den ORF-Radioprogrammen und meinte, sollte das nicht auf Basis einer Selbstverpflichtung passieren, werde wieder ein Gesetz notwendig sein.

Für Staatssekretär Josef Ostermayer geht es um eine einfache Frage: "Will man in Zukunft österreichischen Film oder wolle man ihn nicht?" Stelle man die Filmfinanzierung durch den ORF in Frage, sei die gesamte Filmförderung gefährdet, mahnte er. Um öffentliche Mittel einsetzen zu können, brauche es aus EU-rechtlichen Gründen private Co-Financiers. Der Schritt sei auch rechtlich gedeckt, versicherte Ostermayer, fügte aber gleichzeitig hinzu, es gebe nicht die Absicht, per Gesetz das Budget des ORF insgesamt zu regeln.

Personalvertretung im Bundesdienst: Passives Wahlalter wird gesenkt

Eine vom Nationalrat einstimmig verabschiedete Novellierung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes hat eine Senkung des passiven Wahlalters für die Personalvertretung im Bundesdienst zum Inhalt. Schon bei den nächsten Personalvertretungswahlen am 26./27. November werden alle Bediensteten kandidieren können, die das 15. Lebensjahr vollendet haben. Außerdem werden mit der Novelle die Zuständigkeiten der Zentralausschüsse an die neue Ressortverteilung in der Regierung angepasst sowie ein gemeinschaftlicher Zentralausschuss für das gesamte Ressort des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) geschaffen.

Die Gesetzesnovelle wurde von den Abgeordneter Otto Pendl (S), Johannes Jarolim (S) und Wolfgang Gerstl (V) ausdrücklich begrüßt. Mit der Senkung des passiven Wahlalters von 19 auf 15 Jahre fungiere der Bund als Vorreiter, sagte Gerstl. Er zeigte sich überdies darüber erfreut, dass in die von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer eingesetzte Aufgaben- und Deregulierungskommission zur Überprüfung staatlicher Aufgaben auch ArbeitnehmervertreterInnen eingebunden sind.

Auch FPÖ-Abgeordneter Christian Lausch wertete die Novelle grundsätzlich positiv. Er bedauerte aber, dass im Ausschuss ein Abänderungsantrag der FPÖ abgelehnt wurde, der eine Abschaffung des Fachausschusses des Militärischen Immobilien Management Zentrums zum Inhalt hatte. Dieser Fachausschuss ist seiner Ansicht nach aufgrund des Wegfalls des Status als Dienstbehörde des Management Zentrums nicht mehr notwendig.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) begründete die Zustimmung ihrer Fraktion zum Gesetz mit der Senkung des Wahlalters und dem Umstand, dass personalvertretungsrechtliche Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht künftig gebührenbefreit sind. Leicht tue sich ihre Fraktion mit der Zustimmung aber nicht, sagte sie. Die Grünen seien nach wie vor der Meinung, dass die Abschaffung eines eigenständigen Wissenschaftsministeriums ein großer Fehler gewesen sei und hielten ein eigenes Umweltministerium für dringend notwendig. Es falle ihnen daher schwer, für ein Gesetz zu votieren, mit dem die neue Kompetenzverteilung auf Personalvertretungsebene nachvollzogen wird. Durch die Zusammenlegung der Zentralausschüsse von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium besteht ihr zufolge außerdem die Gefahr, dass die unabhängigen Wahllisten des Umweltministeriums künftig untergehen.

Vorbild Frankreich: FPÖ fordert Burka-Verbot auch in Österreich

Zur Kenntnis genommen wurde vom Nationalrat eine Bürgerinitiative, die auf ein bundesweites Antidiskriminierungsgesetz pocht. Die UnterstützerInnen treten darin gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamophobie sowie Homophobie ein und schlagen in diesem Zuge etwa antirassistische Bildungsinhalte in allen Lehrplänen oder die Schaffung einer Bundesstiftung für aktive Menschen- und Grundrechtsarbeit zur Bekämpfung von Diskriminierungstatbeständen ein. Abgelehnt wurde im Plenum neben dem Vorstoß der FPÖ, nach dem Vorbild Frankreichs auch in Österreich ein Burka-Verbot einzuführen, auch ein Antrag der NEOS, der die Bundesregierung auffordert, sich auf internationaler und UN-Ebene gegen die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender in Uganda einzusetzen.

Carmen Gartelgruber von der FPÖ brachte in der Diskussion über die Bürgerinitiative einen Antrag ein, der eine Regierungsvorlage über ein Verbot der Verschleierung des Gesichts im öffentlichen Raum nach französischem Vorbild einfordert. Es sei ihr wichtig, Brücken für ein gutes Miteinander zu bauen, dazu gehöre aber auch, dass all jene, die nach Österreich kommen, die Kultur hier tolerieren und akzeptieren, erwähnte Gartelgruber, wobei die Burka ein Zeichen für muslimische Parallelgesellschaften in Österreich sei, wie sie meinte. Wer die Burka trage, lehne die hier existierende Staatsform sowie ein gedeihliches Miteinander ab, argumentierte Gartelgruber weiter, wobei die Burka für sie ein bewegliches Frauengefängnis und die Unterdrückung von Frauen darstelle. Deswegen sei es an der Zeit, auch in Österreich ein Symbol wie in Frankreich zu setzen. Unterstützung für das von der FPÖ geforderte Burka-Verbot kam von Christoph Hagen (T).

SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS sprachen sich gegen die Forderung eines Burka-Verbots aus. Maria Fekter (V) machte darauf aufmerksam, dass die Burka in Österreich ausgesprochen selten vorkomme. Nur etwa in Zell am See treffe man vermehrt darauf, weil dieser Ort von TouristInnen aus arabischen Ländern lebe. Diese Gäste schaffen Arbeitsplätze, zeigte Fekter auf, sie selbst wolle diese mit einem Burka-Verbot nicht vertreiben. "Wir haben in dieser Republik wirklich genug Probleme. Wir müssen nicht Probleme anderer Länder nach Österreich transportieren", war die Meinung von Nurten Yilmaz (S), die sich dafür aussprach, im Dialog mit Burka-Trägerinnen zu bleiben, um diese zu stärken. Es mache für den gemeinsamen Dialog keinen Sinn, diese Frauen aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, zeigte Yilmaz auf. Alev Korun (G) teilte die Meinung von Außenminister Sebastian Kurz, wonach Österreich keine künstliche Debatte brauche, die kein einziges Problem von einer einzelnen Frau lösen würde. "Wir brauchen echte Maßnahmen für echte und gelebte Chancengleichheit", appellierte Korun. Auch Nikolaus Scherak (N) betrachtete das Tragen einer Burka als grundsätzlich in Ordnung, solange Frauen nicht dazu gezwungen würden.

Zur Bürgerinitiative meinte Franz Kirchgatterer von der SPÖ, man müsse diesen Anliegen Aufmerksamkeit schenken. Gerade hohe Arbeitslosigkeit fördere hohe Radikalisierung. Ziel der Bundesregierung sei deswegen etwa auch eine hohe Beschäftigung sowie eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen. Rechtsextreme Aktivitäten seien eine Herausforderung für alle DemokratInnen, sagte er und plädierte für mehr Aufklärung. Auch Fraktionskollegin Nurten Yilmaz wertete die Bürgerinitiative positiv, obwohl es in den Forderungen einige juristische Fehleinschätzungen gebe. Gegen Rassismus und Diskriminierung auf Grund ethnischer Herkunft gebe es bereits jetzt sowohl im Arbeitsbereich als auch im privaten Bereich Schutz, merkte sie an, die SPÖ wolle sich jedoch auch den Bereichen Religion, sexuelle Orientierung sowie Weltanschauung umfassender annehmen. Handlungsbedarf sah hier auch ihr Fraktionskollege Norbert Darabos (S), der geltend machte, dass die SPÖ zu hundert Prozent hinter den Forderungen der Bürgerinitiative stehe. Diskriminierungen hätten in einer offenen demokratischen Gesellschaft nichts verloren, so Darabos.

Für Christoph Hagen (T) gehen die Forderungen der Bürgerinitiative zu weit. Manche Punkte seien berechtigt, manche aber auch sehr weit hergeholt, nicht umsetzbar oder bereits erledigt, erklärte er und machte darauf aufmerksam, dass etwa die Sensibilisierung von PolizistInnen und LehrerInnen in diesen Fragen bereits stattfinde.

Die ÖVP machte geltend, dass es in Österreich bereits einen umfassenden Diskriminierungsschutz gibt. Maria Theresia Fekter (V) verwies dabei etwa auf den Artikel 14 der Menschenrechtskonvention oder den Aktionsplan für Integration. Trotzdem würde es immer wieder zu neuen Vorfällen kommen, sagte sie, ein neues Gesetz sei hier aber nicht die richtige Lösung. Friedrich Ofenauer (V) machte darauf aufmerksam, dass ein umfassender Antidiskriminierungsschutz von jeher eines der Prinzipien der österreichischen Politik gewesen sei. Bevor wieder ein neues Gesetz gemacht werde, sollten die bestehenden zuerst umgesetzt werden. Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Extremismus und Diskriminierung seien jedenfalls zu verurteilen, sagte Ofenauer und trat für mehr Aufklärung und Bewusstseinsbildung ein.

Alev Korun (G) begrüßte es ausdrücklich, dass sich viele Bürgerinnen zusammengetan hätten, um für die Gleichbehandlung aller Menschen und gegen die Diskriminierung und Marginalisierung einzutreten. Die Mandatarin verwehrte sich dagegen, die Anliegen nur zur Kenntnis zu nehmen, ohne auch gemeinsam aktiv gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorzugehen. Korun widersprach der ÖVP, wonach es bereits jetzt einen umfassenden gesetzlichen Schutz gebe, denn dieser weise Lücken auf. Im Nationalen Aktionsplan etwa würde man Rassismus kein einziges Mal vorfinden, stellte sie klar. Dabei seien sich alle Expertinnen einig, dass Inklusion und Integration ohne Augenhöhe, Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Maßnahmen gegen Diskriminierung nicht funktioniere.  

Eine zusätzliche Sensibilisierung könne nicht schaden, meinte Nikolaus Scherak (N) und verwies auf Menschenrechtsverletzungen in Österreich in den letzten Jahren. Die Frage sei richtig, ob man den Antidiskriminierungsschutz nicht noch stärker umsetzen sollte, sagte er und brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag gegen die Menschenrechtsverletzungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender in Uganda ein. Dort würde sich die Situation aufgrund der strengen Anti-Homosexuellen-Gesetze von Woche zu Woche verschlimmern, rief Scherak ins Bewusstsein. (Nationalrat Fortsetzung) gs/keg