Parlamentskorrespondenz Nr. 831 vom 24.09.2014

Nationalrat diskutiert vielfältige Bürgeranliegen

Justizausschuss wird sich mit Festplattenabgabe und Unterhaltsvorschuss befassen

Wien (PK) – Auf Basis eines Sammelberichts des Petitionsausschusses befasste sich der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung auch mit zahlreichen Bürgeranliegen. Unter anderem standen eine Initiative zur "Rettung" des Bundesheers, die Frage von Gemeindezusammenlegungen, die Themen Mobbing und Lärmschutz, die Forderung nach einem 7-Stunden-Arbeitstag sowie die Problematik der Flüchtlingsunterbringung zur Diskussion. Der Ausschussbericht wurde mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen, dazu eingebrachte Entschließungsanträge der NEOS und des Team Stronach blieben in der Minderheit.

Mit einzelnen Petitionen und Bürgerinitiativen werden sich die zuständigen Fachausschüsse des Nationalrats beschäftigen. So wurden etwa Initiativen für und wider die Festplattenabgabe sowie eine Petition zum Thema Unterhaltsvorschuss dem Justizausschuss zugewiesen. Das Anliegen, auch bei Fehlgeburten unter 500g eine Eintragung in das Personenstandsregister zu ermöglichen, wird Diskussionsthema im Innenausschuss sein. An den Unterrichtsausschuss weitergeleitet wurde die Forderung nach einem generellen Handy- und Smartwatch-Verbot an öffentlichen Schulen und einer verpflichtenden Medienerziehung.

FPÖ übt Kritik an Umgang mit Bürgerinitiativen und Petitionen

In der Debatte kritisierte FPÖ-Abgeordneter Christian Höbart generell den Umgang mit Bürgerinitiativen und Petitionen. Statt wichtige Anliegen an die zuständigen Ausschüsse weiterzuleiten, würden sie häufig einfach "vom Tisch gefegt", beklagte er. Als Beispiel nannte er die Petition zur Rettung des Bundesheers, welches sich ihm zufolge in einem "erbärmlichen Zustand" befindet. Wie Höbarts Fraktionskollege Mario Kunasek festhielt, wurde die Petition von über 2.000 Personen unterstützt.

Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) hielt Höbart entgegen, dass Petitionen und Bürgerinitiativen häufig den zuständigen Fachausschüssen zugewiesen werden. Die Entscheidung im Petitionsausschuss würde mit Mehrheit getroffen, immer wieder auch mit Zustimmung der Opposition. Persönlich machte sich Lipitsch dafür stark, auch Fehlgeburten unter 500g auf freiwilliger Basis ins Personenstandsregister eintragen zu können. Damit würde man den betroffenen Eltern, die ohnehin einer extremen Belastung ausgesetzt seien, einen würdigen Abschied von ihrem Kind ermöglichen. Er hob zudem eine von Gastronomie-Lehrlingen eingebrachte Petition hervor.

Für die Eintragungsmöglichkeit von Fehlgeburten unter 500g ins Personenstandsregister machte sich auch ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr stark. Darüber hinaus berichtete er den Abgeordneten, dass in Bezug auf die vorliegende Petition gegen ein Flüchtlingsheim in Gries am Brenner eine gemeinsame Lösung gefunden worden sei. Statt wie ursprünglich vorgesehen 50 bis 70 Flüchtlinge, würden im Flüchtlingsheim nur 30 Personen untergebracht. Dazu würden 20 bis 30 Flüchtlinge auf die Region verteilt. Generell wies Gahr auf die Vielfalt der eingebrachten Petitionen und Bürgerinitiativen hin.

Eine andere Sicht der Dinge, was die Petition zum Flüchtlingsheim in Gries am Brenner betrifft, hat FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Für ihn ist die Geschichte der Petition symptomatisch dafür, in welchem Zustand sich Österreich befindet und wie mit Bürgeranliegen umgegangen wird. Wurm erinnerte daran, dass der Sturm der Entrüstung in Gries am Brenner wegen des Flüchtlingsheims so groß gewesen sei, dass sich der dortige ÖVP-Bürgermeister sogar an ihn gewandt habe. Anstatt eine offizielle Volksbefragung durchzuführen, habe der Bürgermeister dann aber – wie Wurm vermutet auf Druck von oben – lediglich eine schriftliche Umfrage mit einem fragwürdigen Ergebnis durchgeführt.

Nach Meinung von Grün-Abgeordnetem Georg Willi hat der Grieser Bürgermeister allerdings korrekt gehandelt, eine Volksbefragung wäre ihm zufolge rechtlich gar nicht möglich gewesen, da Flüchtlingsangelegenheiten nicht Gemeinde-, sondern Länderkompetenz seien.

Abgeordneter Johannes Rauch (V) hielt zum Thema Flüchtlinge generell fest, kleine Länder wie Österreich seien mit der Flüchtlingsproblematik überfordert. Auf lange Sicht braucht es seiner Ansicht nach eine europäische Quotenregelung. SPÖ-Abgeordnete Nurten Ylmaz betonte, es sei Aufgabe Österreichs, AsylwerberInnen eine menschenwürdige Unterkunft zu geben. Gegenseitige Schuldzuweisungen würden keinem einzigen Flüchtling und keinem einzigen Bürgermeister helfen.

Team Stronach macht sich für Anti-Mobbing-Gesetz stark

Abgeordnete Martina Schenk (T) bedauerte, dass eine Petition, die auf Schaffung eines Anti-Mobbing-Gesetzes abzielt, mit dem vorliegenden Sammelbericht zur Kenntnis genommen und nicht dem Sozialausschuss zugewiesen wird. Ihrer Meinung nach ist ein solches Gesetz dringend erforderlich: Mobbing werde ein immer größeres Problem, der Schaden sei beträchtlich. Um die Bedeutung des Themas zu unterstreichen, brachte Schenk einen Entschließungsantrag ein, in dem das Team Stronach neben einem eigenen Anti-Mobbing-Gesetz auch die Beauftragung einer Studie forderte. Erhoben werden sollte unter anderem, wie viele Mobbing-Betroffene es in Österreich gibt und welcher Schaden dadurch für die österreichische Volkswirtschaft entsteht.

Auf die Möglichkeit, im Nationalrat eingebrachte Petitionen und Bürgerinitiativen über die Website des Parlaments online zu unterstützen, machte Grün-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) aufmerksam. Er kündigte zudem an, dass seine Fraktion – anders als die FPÖ und das Team Stronach – dem vorliegenden Sammelbericht zustimmen wird, obwohl es für ihn nicht einsichtig ist, warum von insgesamt 17 Petitionen und Bürgerinitiativen nur sieben an die zuständigen Fachausschüsse weitergeleitet wurden. Kritik übte Pirklhuber daran, dass das Außenministerium mit einer Stellungnahme zum EU-US-Freihandelsabkommen TTIP säumig ist – laut ÖVP-Abgeordneter Maria Theresia Fekter ist diese mittlerweile allerdings eingelangt.

Eingehend befasste sich Fekter mit der notwendigen Neugestaltung des Urheberrechts, wobei die Kultursprecherin der ÖVP darauf hinwies, dass die beiden vorliegenden Bürgerinitiativen konträre Positionen zur Frage einer Festplattenabgabe einnehmen. Fekter nannte vier Punkte, die ein modernes Urheberrecht leisten müsse: Rechtssicherheit sowohl für die KonsumentInnen als auch für die KünstlerInnen, ein faires Vertragsrecht, damit kleine KünstlerInnen nicht unter die Räder der Marktmacht geraten, eine Reform der Verwertungsgesellschaften sowie eine klare Vergütungsregelung.

Ausschussobmann Pock: Mehr Kompetenzen für den Petitionsausschuss

Der Vorsitzende des Petitionsausschusses, NEOS-Abgeordneter Michael Pock, sprach sich für eine Ausweitung der Kompetenzen des Petitionsausschusses aus und wies in diesem Zusammenhang auf die Kompetenzen und Ressourcen von Petitionsausschüssen in anderen europäischen Ländern hin. Zudem drängte er auf zeitnähere Entscheidungen und regte eine öffentliche Diskussion über eingebrachte Bürgeranliegen, etwa über eine Diskussionsplattform im Internet, an.

Auf eine noch im Ausschuss liegende Bürgerinitiative, in der eine Rückkehr zur alten Bundeshymne gefordert wird, ging SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr ein. Sie sei froh, dass in der österreichischen Hymne, spät, aber doch auch, nun auch die Frauen sichtbar seien, sagte sie.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker nahm eine Petition zum Thema Gemeindezusammenlegung zum Anlass, namens seiner Fraktion vier Entschließungsanträge einzubringen. Die NEOS sprechen sich unter anderem dafür aus, die Rahmenbedingungen für Gemeindekooperationen zu verbessern und konkrete rechtliche Grundlagen für so genannte "Gebietsgemeinden" – zusammengefasste Ortsgemeinden – zu schaffen. Außerdem fordern sie transparente Finanzausgleichsverhandlungen unter Einbeziehung der BürgerInnen sowie eine Neuregelung der österreichischen Finanzverfassung. Es gebe schon gute Beispiele für Gemeindekooperationen, etwa in Vorarlberg, sagte Loacker, "es geht aber mehr".

Zustimmend zu diesen Anträgen äußerte sich FPÖ-Abgeordneter Mario Kunasek. Reformen ja, aber keine Zwangsfusionen von Gemeinden, fasste er die Haltung seiner Fraktion zusammen.

Abgeordneter Dietmar Keck (S) unterstützte das Anliegen einer an den Sozialausschuss weitergeleiteten Bürgerinitiative zum Thema Informationspflicht bei Unterbezahlungen. Es komme immer wieder vor, dass Gebietskrankenkassen und Finanzämter von Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge bzw. Steuern nachfordern, weil festgestellt wurde, dass diese den ArbeitnehmerInnen zu wenig Lohn gezahlt haben, skizzierte er. Eine Information der Betroffenen sei derzeit aber nicht möglich. Die Bürgerinitiative hat laut Keck bereits 18.000 Unterschriften erhalten.

In Zusammenhang mit der Petition "Unterhaltssicherung – Stopp Kinderarmut!" machte Abgeordnete Martina Diesner-Wais (V) darauf aufmerksam, dass Justizminister Wolfgang Brandstetter bereits Verbesserungen beim Unterhaltsvorschuss angekündigt habe. AlleinerzieherInnen müssten unterstützt werden, unterstrich sie.

Abgeordneter Johann Hechtl (S) merkte zur Forderung nach einer gesetzlichen Verkürzung der Arbeitszeit auf 7 Stunden pro Tag bzw. 35 Stunden pro Woche an, langfristig werde man angesichts der "Roboterisierung" der Arbeitswelt um diese Diskussion nicht herumkommen. Die aktuelle geopolitische Lage und die daraus resultierenden schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließen eine gesetzliche Regelung derzeit aber nicht zu. Hechtl setzt in diesem Sinn auf Verhandlungen der Sozialpartner.

Zum Thema Bundesheer äußerte sich schließlich Abgeordneter Friedrich Ofenauer (V). Er verstehe die Sorge um das Heer und habe Zweifel, dass der politische Wille da sei, Reformen anzugehen, meinte er. Die Bevölkerung habe sich bei der Volksbefragung für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen und damit einen klaren Auftrag erteilt, nun sei Verteidigungsminister Gerald Klug gefordert. Es brauche innovative Ideen, so Ofenauer. (Fortsetzung Nationalrat) gs