Parlamentskorrespondenz Nr. 1026 vom 06.11.2014

Thema Sicherheit: Wie gut sind Polizei und Justiz aufgestellt?

Bundesrat debattiert Sicherheitsbericht 2013

Wien (PK) – Ist Österreich sicher? Sind Polizei und Justiz gut genug gegen Einbrecher, Autodiebe, Gewaltverbrecher, Schlepper, Cyberkriminelle oder Terroristen gerüstet? – Was die VertreterInnen der Länder und Gemeinden dazu meinen, war heute im Bundesrat zu erfahren. Dort informierten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstätter anhand des Sicherheitsberichts 2013 über ihre Erfahrungen im Kampf gegen das Verbrechen. Die Innenministerin sprach sich für einen verstärkten Staatsschutz aus. Wie schon in der Fragestunde davor versprach der Justizminister Problemlösungen im Strafvollzug und ließ Bedarf an speziell geschulten Staatsanwälten erkennen. Die gute Arbeit der ExekutivbeamtInnen und der Strafjustiz stand allseits außer Streit. Kritik wegen zunehmender Kriminalität und wachsender Angst der Menschen vor Asylmissbrauch und Terror thematisierte – wie zuletzt mehrmals im Nationalrat – die FPÖ. Die Grünen plädierten für Sozialpolitik und Maßnahmen gegen Armut als Mittel gegen Kriminalität, SPÖ und ÖVP unterstützten die Innenministerin mit einem Entschließungsantrag bei der Fortsetzung ihrer Sicherheitspolitik, die zu einer Reduzierung der Kriminalitätsrate und zu einer steigenden Aufklärungsquote geführt habe. Nach lebhafter Debatte nahm die Länderkammer den aktuellen Sicherheitsbericht mehrheitlich zur Kenntnis.

FPÖ fordert temporäre Grenzkontrollen

Rückläufige Kriminalität bei hoher Aufklärungsquote, insbesondere bei Gewaltverbrechen sei erfreulich, räumte Werner Herbert (F/N) ein, der die PolizistInnen – unisono mit den SprecherInnen der anderen Parteien - für deren gute Arbeit lobte. In den Details zeige der Bericht aber Erschreckendes. In Wien stiegen die Delikte stark, Ladendiebstähle, Raubüberfälle in Öffis oder Bankeinbrüche. Die Innenministerin sollte alle Möglichkeiten im Kampf gegen das Verbrechen ausschöpfen und ihr Augenmerk darauf lagen, dass bei vielen Eigentumsdelikten - Kfz-Diebstahl, Wohnungseinbrüche und Ladendiebstähle - ausländische Straftäter hohe Anteile aufwiesen. Daher beantragte Werner Herbert temporäre Grenzkontrollen, wie man sie von Großveranstaltungen wie der EURO 2008 bereits kennt. Dabei zitierte der Budesrat positive Aussagen mehrerer Landeshauptleute zu diesem Vorschlag der FPÖ.

Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt  

"Die FPÖ sollte die Sicherheitspolitik nicht schlecht reden", sagte Bernhard Ebner (V/N) und warnte davor, die Bevölkerung zu verunsichern. Tatsächlich sei der Weg der Justiz richtig. Bei den Jugendlichen gehe die Zahl der Verurteilungen zurück, das Instrument der Diversion werde vermehrt genützt und es sei gelungen, mehr vermögensrechtliche Anordnungen zu verhängen. "Das Justizministerium wird die Herausforderungen der Zukunft bewältigen", zeigte sich Ebner überzeugt.

Da sozialer Friede, Sicherheit und Freiheit wichtige Werte der ÖsterreicherInnen sind, soll Österreich zum sichersten Land der Welt werden. Dazu gehört für Ebner eine intensive Verbrechensprävention, die Information der Menschen über Möglichkeiten, sich vor Verbrechen zu schützen und die Schwerpunktaktionen der Sonderkommissionen, die es ermöglichen, bei der Verhinderung von Straftaten punktgenau einzugreifen. Forderungen nach Legalisierung von Drogen erteilte der Redner eine entschlossene Absage.

Über vollausgelastete Gerichte berichtete Justizminister Wolfgang Brandstetter. Dies mache Reformen notwendig, für die der Minister um politische Unterstützung warb. Die Steigerung bei vermögensrechtlichen Abschöpfungen sei ein Erfolg speziell geschulter Staatsanwälte, informierte Brandstetter und wies auf Planstellenbedarf bei diesen Staatsanwälten hin.

Auch Christian Füller (S/St) registrierte den Rückgang bei der Zahl der Verbrechen und bei den Anzeigen mit Freude - Österreich verzeichne bei der Aufklärung der Verbrechen den zweithöchsten Wert in den letzten zehn Jahren. Wichtig sei die Erhöhung der Zahl der Planstellen bei der Polizei, eine gute Ausrüstung der Exekutive und Investitionen in Prävention und Information der Menschen. Dabei arbeiten viele Gemeinden mit der Exekutive erfolgreich zusammen, daher gingen die Eigentums- und Gewaltdelikte in seiner obersteirischen Heimat stark zurück, berichtete Füller. Österreich ist kein Hort der Kriminalität. Es werde der FPÖ nicht gelingen, Österreich mit dem Chicago der 1930iger Jahre zu vergleichen, sagte Füller und erteilte der politischen Verunsicherungsstrategie der FPÖ seinerseits eine klare Absage.

Warum werden junge Menschen Dschihadisten?   

Marco Schreuder (G/W) warf die Frage auf, warum der Häftlingsstand steige, wenn die Zahl der Delikte sinke. Die beste Sicherheitspolitik bleibe jedenfalls eine gute Sozialpolitik. Wer die Kriminalität eindämmen wolle, müsse Armut bekämpfen. Grenzbarrikaden werden Europa Jahrzehnte nach dem Fall der Berliner Mauer nicht sicherer machen, zeigte sich Schreuder gegenüber der FPÖ überzeugt. Lob zollte er der Innenministerin für deren Sachlichkeit in der Debatte über den Dschihadismus. Zu fragen sei, warum nicht religiöse junge Menschen sich von Dschihadisten angesprochen fühlen. Hier brauche es Hilfe, Prävention an den Schulen und eine Diskussion zum Thema Religionsunterricht und Ethikunterricht, schloss Schreuder.

Mikl-Leitner für verstärkten Staatsschutz

"Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt", teilte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner den BundesrätInnen mit. Das zeige der Sicherheitsbericht 2013 und jeder Langzeitvergleich. Trotz neuer Deliktsformen – Handydiebstähle und Cyberkriminalität – gehe die Kriminalität insgesamt zurück, während die Aufklärungsquote steige. Diese Erfolge verdanke Österreich der guten Arbeit der PolizistInnen, sagte die Ressortleiterin. "Ich setzt bei der Kriminalitätsbekämpfung auf Prävention", fügte Mikl-Leitner hinzu und informierte über die Aufklärungsmaßnahmen ihres Ressorts. Die Ministerin ging auch auf die Erfolge der SOKO Ost ein. Dieser Weg wird mit unangekündigten Grenzraumkontrollen fortgesetzt. "Unangekündigte Grenzraumkontrollen statt Grenzkontrollen", sagte Mikl-Leitner.

Die Cyberkriminalität sei bei steigender Aufklärungsquote rückläufig, sie bleibe ein Schwerpunkt der Politik, berichtete Mikl-Leitner und informierte über die Absicht, die Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Bundesheer zu intensivieren.

Dem Dschihadismus sagte die Innenministerin den Kampf an und kündigte eine umfassende Diskussion über einen verstärkten Staatsschutz an – sie hoffe, bis zum Sommer 2015 einen Konsens über ein neues Gesetz zu erreichen. 

Bundesrat Ebner brachte in einer zweiten Wortmeldung einen ÖVP-SPÖ-Entschließungsantrag zur Aufrechterhaltung des hohen Sicherheitsniveaus in Österreich vor, in dem er die Innenministerin aufforderte, den erfolgreichen Wegs der österreichischen Sicherheitspolitik fortzusetzen. - Die große Zahl nicht aufgeklärter Straftaten in Österreich, die hohe Ausländerkriminalität und mehr als 7000 Einbrüche pro Monat erlaubten es nicht, von einem guten Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu reden, sagte Werner Herbert (F) zur Begründung seiner Ablehnung des Antrags von SPÖ und ÖVP, der bei der Abstimmung eine Mehrheit erhielt.

Der Sicherheitsbericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der FPÖ-Entschließungsantrag auf Durchführung temporärer Grenzkontrollen blieb hingegen in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Zentrales Personenstandsregister - Vorsorge für EDV-Probleme  

Einstimmig verabschiedete der Bundesrat einen Gesetzesbeschluss zur Vorsorge für den Fall, dass es in der Anfangsphase des Betriebs des Zentralen Personenstandsregisters (ZPR) und des Zentralen Staatsbürgerschaftsregisters (ZSR) zu einem Totalabsturz der EDV-Software kommt. Dabei begrüßten die BundesrätInnen die vom Nationalrat aufgrund einer Petition gefasste Entschließung auf Eintragung von Fehlgeburten unter 500 Gramm Geburtsgewicht in das Personenstandsregister auf Wunsch der Eltern. Konkret soll die Innenministerin diese Frage nach deutschem Modell lösen, was Johanna Mikl-Leitner in der Debatte gerne zusagte. In Deutschland können Eltern ihrem zu früh geborenen und gleich verstorbenen Kind einen Namen zu geben.

Moderne Verwaltung mit One-Stop-Shop für die BürgerInnen

Mit dem zentralen Personenstandsregister entsteht ein One-Stop-Shop für die BürgerInnen, der im Sinne moderner Verwaltung Zeit und Kosten sparen wird. "Ein großartiges Projekt", lobte Edgar Mayer (V/V), der sich überzeugt zeigte, dass anfängliche Kinderkrankheiten bei der Einführung des neuen Registers bereits behoben seien. Hans-Peter Bock (S/T) schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an und gab seinerseits seiner Freude über den erleichterten Zugang der BürgerInnen zu wichtigen persönlichen Daten Ausdruck. Bock begrüßte auch den Konsens über die Eintragung von "Sternenkindern" in das Geburtsregister nach deutschem Vorbild.

   

Während Werner Herbert (F/N) die Hoffnung aussprach, dass es nicht notwendig sein werde, wegen eines EDV-Ausfalls auf alte Dokumente zurückzugreifen, mahnte Marco Schreuder (G/W) die Innenministerin, ihr Versprechen einzuhalten, eingetragene Partnerschaften in den Standesämtern schließen zu können.

"Sternenkinder" – Innenministerin sagt Lösung zu

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sprach von einem Meilenstein für die BürgerInnen, die durch das neue zentrale Meldesystem Behördenwege sparen und Zeit gewinnen. Die logistische Arbeit am neuen System sei enorm gewesen, vor allem auch wegen der geforderten Datensicherheit. Bundesländer und Gemeinden haben das Projekt durch hervorragende Zusammenarbeit gut vorbereitet, berichtete Mikl-Leitner und sagte zu, gemeinsam mit der Gesundheitsministerin für "Sternenkinder" eine gute Lösung im Interesse der Mütter und Väter zu finden.

Der Gesetzesbeschluss des Nationalrates wurde vom Bundesrat einhellig nicht beeinsprucht. (Fortsetzung Bundesrat) fru  


Format