Parlamentskorrespondenz Nr. 1173 vom 04.12.2014

U-Ausschuss-Reform: Gesetzespaket ist auf dem Weg ins Plenum

Breite Mehrheit im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats

Wien (PK) – Das Gesetzespaket zur geplanten Untersuchungsausschuss-Reform ist auf dem Weg in das Plenum des Nationalrats. Der Geschäftsordnungsausschuss hat heute mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS grünes Licht für eine Änderung der Bundesverfassung, eine Novellierung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats, ein neues Informationsordnungsgesetz und weitere erforderliche Gesetzesänderungen gegeben. Zuvor waren noch einige Adaptierungen vorgenommen worden, um Bedenken, die im Begutachtungsverfahren geäußert wurden, Rechnung zu tragen.

Opposition mit Ausnahme des Team Stronach begrüßt Stärkung der Minderheitsrechte

Mit Ausnahme des Team Stronach zeigten sich alle Parteien mit der Einigung zufrieden. Dieses Gesamtpaket stärkt die parlamentarische Minderheit, betonte etwa Gernot Darmann seitens der Freiheitlichen, es stelle eine wesentliche Verbesserung gegenüber der geltenden Rechtslage dar, weil Minderheitsrechte im gesamten Verfahrensablauf sichergestellt seien. Die Mehrheit könne nicht mehr über die Minderheit drüberfahren, sagte er. Ebenso argumentierte Dieter Brosz von den Grünen gegenüber der Kritik von Robert Lugar (T), der nochmals die Bedenken seiner Fraktion zusammenfasste.

Die anderen Oppositionsparteien hätten sich das Minderheitsrecht teuer abkaufen lassen, meinte er. So sei etwa das Minderheitsrecht in Bezug auf die Ladung von Auskunftspersonen und Aktenanforderung zahnlos, weil die Mehrheit dagegen beim Verfassungsgerichtshof Einspruch erheben kann. Für den Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf hingegen stellt diese Lösung einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Rechtsstaatlichkeit dar. Es liege im Interesse aller, dass im U-Ausschuss dem Untersuchungsgegenstand entsprechend sachgerechte und keine sachfremden Anträge gestellt werden, hielt er fest.

Auch die Kritik Lugars an dem Auswahlverfahren für die VerfahrensrichterInnen und VerfahrensanwältInnen, wonach die Präsidentin nach Konsultationen in der Präsidiale entscheidet, welche Personen dem Geschäftsordnungsausschuss vorgeschlagen werden, konnten die Ausschussmitglieder der anderen Fraktionen nicht nachvollziehen. Sie werde sich jeweils an die Standesvertretung wenden und dann mit den Mitgliedern der Präsidiale die Liste diskutieren, stellte Nationalratspräsidentin Bures fest. Außerdem seien die Voraussetzungen und Kompetenzen sowie die spezifischen Aufgabenstellungen für diese Funktionen im Gesetz definiert. Die PräsidentInnen des Nationalrats hätten ihre Entscheidungsbefugnisse immer mit großer Verantwortung ausgeübt, versuchte Zweiter Nationalratspräsident Kopf die Bedenken des Team Stronach auszuräumen. Wie der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer machte auch er darauf aufmerksam, dass diese spezielle Neuregelung auch unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit stehen werde.

Eckpunkte der Reform der Untersuchungsausschüsse

Zentraler Punkt der Reform ist die Möglichkeit, Untersuchungsausschüsse künftig auch ohne Parlamentsmehrheit einsetzen zu können. Notwendig ist lediglich die Zustimmung eines Viertels der Abgeordneten. Das gilt grundsätzlich auch für die Anforderung von Akten und die Ladung von Auskunftspersonen. In bestimmten Streitfällen ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vorgesehen. Auch das Parlament erhält in Form der drei VolksanwältInnen eine Schiedsstelle. Sie sind aufgerufen, aufgrund eines Verlangens eines Viertels der Ausschussmitglieder, über die Rechtmäßigkeit der Feststellung der bzw. des Vorsitzenden hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Frage zu entscheiden.

Den Vorsitz in Untersuchungsausschüssen soll in der Regel Nationalratspräsidentin Doris Bures mit Unterstützung eines Verfahrensrichters bzw. einer Verfahrensrichterin führen, sie kann sich aber auch durch die beiden anderen Präsidenten vertreten lassen. Daneben ist die Bestellung eines Verfahrensanwalts bzw. einer Verfahrensanwältin geplant. Er bzw. sie soll darüber wachen, dass die Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen nicht verletzt werden. Die Beweisaufnahme wird grundsätzlich auf 12 Monate beschränkt, im Bedarfsfall kann der U-Ausschuss allerdings auf bis zu 20 Monate einschließlich der Berichtsvorbereitung verlängert werden.

Bei Verleumdung und Verletzung der Geheimhaltungspflicht wird die berufliche Immunität eingeschränkt. Das heißt, dass in derartigen Fragen der Immunitätsausschuss des Nationalrats entscheidet.

Aufgrund der Erfahrungen der letzten U-Ausschüsse wird zudem eine Bestimmung aufgenommen, wonach die Befragungen von Auskunftspersonen in der Regel nicht länger als drei Stunden dauern sollen und nach längstens vier Stunden vom Vorsitzenden für beendet zu erklären sind. Sollten Auskunftspersonen eine Ladung nicht befolgen oder eine Aussage ungerechtfertigter Weise verweigern, so können durch das Bundesverwaltungsgericht Beugestrafen verhängt werden. Bei einmaliger Nichtbefolgung der Ladung droht eine Beugestrafe von 500 bis 5.000 €, im Wiederholungsfall von 2.000 bis 10.000 €. Bei ungerechtfertigter Verweigerung der Aussage kommt eine Geldstrafe.

Mit den heute vorgelegten und bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsanträgen, wird auch die Parlamentssignatur eingeführt. Damit können in Zukunft parlamentarische Materialien elektronisch verteilt werden.

Parallel zur Änderung der Bundesverfassung (718/A) und des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats (719/A) ist auch der Beschluss eines neuen Informationsordnungsgesetzes (720/A) vorgesehen: Es enthält umfassende Regelungen, wie mit vertraulichen bzw. geheimen Informationen umzugehen ist, die dem Parlament übermittelt werden.

Miterledigt wurden die Anträge der FPÖ (306/A) und der Grünen (12/A), in denen die beiden Oppositionsparteien die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als ein Minderheitsrecht fordern, was sich mit dem heutigen Beschluss der U-Ausschussreform erübrigt. (Schluss) jan/gs