Parlamentskorrespondenz Nr. 205 vom 10.03.2015

Tourismusausschuss: Imagebildung beginnt bei den MitarbeiterInnen

Tourismusberufe sollen höheren Stellenwert genießen

Wien (PK) – Wie lässt sich das Image der Berufe in der Tourismuswirtschaft heben? Für Petra Nocker-Schwarzenbacher, seit dem Vorjahr Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), ist Wertschätzung gegenüber den MitarbeiterInnen ein zentraler Faktor. Österreich verfüge über die weltweit am besten ausgebildeten Fachkräfte auf diesem Gebiet, betonte sie im Tourismusausschuss des Nationalrats. Dementsprechend müssten beispielsweise "Koch" und "Kellner" den SchulabgängerInnen als attraktive Berufe vermittelt werden, war sie mit den Ausschussmitgliedern einer Meinung – nicht zuletzt, da derartige Lehrberufe grenzübergreifend Arbeitsmöglichkeiten bieten.

Einen Blick über Österreichs Grenzen warf auch Staatssekretär Harald Mahrer in der Aussprache mit den Abgeordneten, als er die Zukunftsmärkte des heimischen Tourismus adressierte: aufstrebende Länder aus dem asiatischen und dem arabischen Raum gewännen hier immer mehr an Bedeutung. Entscheidend für touristischen Erfolg im In- und Ausland sei jedenfalls die Kaufkraft potentieller Gäste; darauf werde auch bei der anstehenden Steuerreform Bedacht genommen.

Abgerundet wurde die Ausschusssitzung von einem gemeinsamen Antrag aller Oppositionsparteien auf leistbaren Schisport für Familien und einer Team Stronach-Forderung, heimische Lebensmittel mit einem Qualitätsgütesiegel klar zu kennzeichnen. Beide Anträge vertagte die SPÖ-ÖVP-Mehrheit.

Berufe im Tourismus attraktiver machen

In einem 8-Punkte-Programm präsentierte Spartenobfrau Nocker-Schwarzenbacher, welche Ziele sie für einen nachhaltigen Erfolg der Tourismus- und Freizeitwirtschaft verfolgt. An erster Stelle steht dabei die positive Imagebildung des Tourismussektors als Branche, die ihren MitarbeiterInnen viele Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Kürzlich konnte sich die Tourismuswirtschaft beispielsweise bei der "Staatsmeisterschaft für Lehrberufe" der Jugend als attraktives und weltweit gefragtes Arbeitsfeld präsentieren, so Nocker-Schwarzenbacher. Wie in jedem Betrieb stellten eben auch im Tourismusgewerbe die MitarbeiterInnen den Schlüssel zum Erfolg dar. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und in der Belegschaft das Gefühl besteht, wertgeschätzt zu sein, motiviere dies die ArbeitnehmerInnen automatisch und nütze somit dem Unternehmen.

Die Politik sieht Nocker-Schwarzenbacher in der Pflicht, durch Entbürokratisierung das Wirtschaften zu erleichtern, gerade in Bezug auf Betriebsübergaben und Nachfolgefragen im Tourismus, die häufig ungeahnte Kosten bedingten. Keinesfalls dürften daher Tourismusbetriebe mit zusätzlichen Steuern belastet werden. Für weniger Bürokratie bedürfe es auch einer Auflagenreduktion, führte sie weiter aus und hielt fest, behördliche Überprüfungen seien zwar nicht grundsätzlich abzulehnen, aber insgesamt litten die Unternehmen an häufig überbordenden Regelungen. Zum Thema Image der Tourismusbranche vermerkte Gerald Hauser (F), die Branche müsse mehr Ganzjahresjobs zur Verfügung stellen, um ihrem Fachkräftemangel beizukommen. "Lohn ist eine Art von Wertschätzung", konstatierte Georg Willi (G), zur Attraktivitätssteigerung des Berufsfelds sei daher in Summe eine höhere Bezahlung notwendig; derzeit verdienten ArbeitnehmerInnen dort nämlich nur unterdurchschnittlich. Dem widersprach Gabriel Obernosterer (V) mit dem Hinweis auf die jährliche Durchrechnungsstatistik, die nicht auf die oftmals nur saisonal verfügbaren Arbeitsplätze Bedacht nehme. Betrachte man die Kollektivverträge, würden im Tourismus Beschäftigte mehr verdienen als beispielsweise ArbeitnehmerInnen im Handel. Unabhängig davon machte Obernosterer sich dafür stark, flexiblere Durchrechnungen von Arbeits- und Ruhezeit zu ermöglichen, sodass der Tourismus - besonders in ländlichen Regionen ein Wirtschaftsmotor - am Laufen bleibe.

Vermarktung Österreichs in Schwung halten

Einen aktuellen Rückblick auf die vergangene Hälfte der Wintersaison lieferte dem Ausschuss Staatssekretär Harald Mahrer. Mit einer 0,6-prozentigen Steigerung im Vergleich zum letzten Jahr auf 29 Mio. Nächtigungen wertete er die bisherige Bilanz als fraglos erfreulich. Zum einen sei dies auf die glückliche Wetterlage zurückzuführen, zum anderen habe die Aufwertung des Franken mehr Schweizer Gäste nach Österreich gebracht. Zudem seien in den vergangenen Wintermonaten vermehrt BesucherInnen aus Polen und Tschechien ins Land gekommen. Der zentral- und osteuropäische Raum stelle faktisch ein weiteres Standbein für den österreichischen Tourismus dar, folgerte Mahrer, hätten sich doch die Nächtigungszahlen von Gästen aus diesen Ländern vervierfacht.  Als Wermutstropfen nannte der Staatssekretär jedoch den leichten Rückgang bei UrlauberInnen aus Deutschland, die vermehrt im eigenen Land ihre Ferien verbrächten, und das Jänner-Minus bei russischen Gästen als Auswirkung der Sanktionen gegen Russland. Immerhin zeige der Rubel derzeit eine leichte Erholung, befand der Staatssekretär dennoch zuversichtlich und versicherte, trotz der geopolitischen Maßnahmen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise werde man in Russland weiterhin für Urlaub in Österreich werben.

Zukunftsmärkte sieht Mahrer vor allem im asiatischen Raum, wo immer größere Bevölkerungsteile über die notwendigen Mittel für Reisetätigkeiten verfügen würden. Im Ausblick auf das laufende Jahr nannte er den Eurovision Song Contest im Mai als wichtiges Großereignis, für das ein Sonderbudget im Umfang von 900.000 € zur Verfügung gestellt werde.  Man wolle damit dieses "Sahnehäubchen auf der touristischen Melange" nutzen, um ganz Österreich tourismustechnisch zu vermarkten.

Grundsätzlich bestand Einigkeit im Ausschuss, die touristische Bewerbung Österreichs sei unerlässlich für das Weiterbestehen der Branche; einzig Leopold Steinbichler vom Team Stronach   hinterfragte kritisch den Nutzen internationaler Werbemessen. Für Josef Schellhorn (N) und Gerald Hauser (F) ist eine Erhöhung des Budgets der Österreich Werbung dringend notwendig, speziell zur Schaffung einer eigenständigen Buchungspattform mit zeitgemäßem Internetauftritt. Auf die Anregung des NEOS-Mandatars, mehr Forschungsaktivitäten zur Umsetzung einer derartigen Plattform zu realisieren, erwiderte Mahrer, es sei nicht an der Politik, den Universitäten ihre Forschungsbereiche vorzuschreiben. Er habe zwar bereits Gespräche mit verschiedenen Rektoren in diesem Zusammenhang geführt, letztendlich müsse aber die Tourismuswirtschaft selbst das Heft in die Hand nehmen und etwa über Kooperationen mit Forschungseinrichtungen die gewünschten Projekte in Gang bringen. Zwecks finanzieller Unterstützung von Forschungsinitiativen bestünden ausreichend Fördertöpfe, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

Von sozialdemokratischer Seite wurden in der Ausschussdebatte die Themen Barrierefreiheit sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Tourismusgewerbe aufgeworfen. Konrad Antoni (S) bezog aus Arbeitnehmersicht klar Position für mehr Barrierefreiheit in Tourismusberufen, um auch Menschen mit Behinderung die Tätigkeit in diesem Wirtschaftssegment zu ermöglichen. Zur Eindämmung der Personalnöte im Tourismus, appellierte sein Parteikollege Michael Ehmann,  gelte es, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen und er fand darin prinzipielle Übereinstimmung mit Nocker-Schwarzenbacher. Allerdings, hielt die WKO-Spartensprecherin fest, sei immer die Größe eines Betriebs entscheidend dafür, inwieweit den Wünschen der Beschäftigen entgegenkommen werden kann. In puncto Barrierefreiheit unterstrich Nocker-Schwarzenbacher, ein Tourismusbetrieb profitiere durchaus von Angestellten mit Behinderung, zeigten diese Personen doch häufig überdurchschnittliches Engagement. Für eine völlige Integration bilde wiederum die Akzeptanz unter den MitarbeiterInnen die Grundlage, wiewohl zusätzliche Unterstützung durch die öffentliche Hand hilfreich wäre.

Vorstoß der Opposition für leistbaren Schiurlaub

Die steigenden Preise im Schisport bereiten der Opposition Sorge. Speziell für Familien sei ein Schiurlaub oftmals unerschwinglich, sagte Abgeordneter Roman Haider (F) und wies darauf hin, dass sich Liftkarten zuletzt stark verteuert hätten. Angesichts der hohen Kosten im Schitourismus hätten viele Kinder nicht mehr die Möglichkeit, das Schifahren zu erlernen, was die Zahl künftiger Gäste der Wintersportregionen vermindere. In einem gemeinsamen Antrag (973/A(E)) appellieren die Tourismussprecher Roman Haider (F), Georg Willi (G), Leopold Steinbichler (T) und Josef Schellhorn (N) daher an den Wirtschaftsminister, Maßnahmen zu setzen, um den Schisport für Familien mit Kindern und für Jugendliche wieder leistbar zu machen. Der Oppositionsantrag wurde auf Vorschlag von ÖVP-Tourismussprecher Gabriel Obernosterer mit der Mehrheit von SPÖ und ÖVP vertagt.

Begründet wurde die Vertagung mit dem Hinweis darauf, dass in Regionen bereits gute Angebote für Schulschikurse bestehen und SchülerInnen aus sozial schwachen Familien mit Gratisangeboten gefördert werden. Daher nehme die Zahl der Schulschikurse nach Auskünften aus der Branche wieder zu, sagte Obernosterer (V). Was fehle, seien in den Lehrplänen verpflichtend verankerte Wintersportwochen. Er sei gegen einen Auftrag an das Wirtschaftsministerium, bundesweit Preise für Schipässe zu verordnen. Hinsichtlich der Schulschikurse machte SPÖ-Abgeordneter Walter Bacher darauf aufmerksam, dass für Jugendliche massive Vergünstigungen bei den Schiliften angeboten werden und die Zahl der Wintersportwochen in den letzten fünf Jahren nur um 0,8% zurückgegangen sei. Bei privaten Urlauben und Schiausflügen stehen für Kinder und Jugendliche viele Vergünstigungen zur Verfügung, Kinder bis sechs Jahre fahren auf Schiliften generell gratis, erinnerte Bacher.

Josef Schellhorn (N) sah das Probleme weniger bei den durchaus berechtigten Preisen der Seilbahngesellschaften, sondern bei den zu geringen Nettoeinnahmen der Menschen, denen zu wenig im Geldbörsel bleibe, um sich Winterurlaube leisten zu können. Georg Willi (G) sah ebenso wie FPÖ-Abgeordneter Gerald Hauser keinen Grund, diesen Antrag zu vertagen und wünschte sich eine koordinierende Funktion des Wirtschaftsministers bei der Umsetzung einheitlicher Gratisangebote für Jugendliche in ganz Österreich.                         

Team Stronach fordert Qualitätsgütesiegel für Lebensmittel

Leopold Steinbichler vom Team Stronach drängte erneut auf ein einheitliches Qualitätsgütesiegel für heimische Nahrungsmittel (763/A(E)). Nur mit einer klaren Kennzeichnung der Lebensmittel könnten die heimischen Gastronomiebetriebe sicherstellen, dass sie ihren Gästen tatsächlich die österreichischen Qualitätsprodukte bieten, die der heimische Tourismus bewirbt, argumentierte der Antragteller. Derzeit verschleiere die Menge an Vermerken oft, woher die Waren tatsächlich stammen.

Erwin Preiner (S) begründete seinen Antrag auf Vertagung der Initiative mit dem Hinweis drauf, dass Herkunftsbezeichnungen in der EU ab 1. April 2015 ein Thema sein werden. Außerdem wolle er Gastronomen nicht unterstellen, ihren Gästen etwas anderes zu bieten, als sie bewerben. Preiner registrierte einen Trend im heimischen Tourismus, die Ansprüche einer "Genussregion" zu erfüllen und hochwertige Produkte – zunehmend auch aus der Biolandwirtschaft – anzubieten. Sprecher aller Fraktionen waren sich mit Staatssekretär Harald Mahrer darin einig, dass das Anliegen Steinbichlers grundsätzlich wichtig sei und im morgigen  Landwirtschaftsausschuss behandelt werden sollte. (Schluss) rei/fru/sch


Themen