Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 27.03.2015

Neu im Sozialausschuss

Rentenleistung für Contergan-Geschädigte, Arbeitnehmerschutz

Wien (PK) – Die Regierung hat dem Parlament zwei Gesetzesvorschläge vorgelegt, die im Sozialausschuss vorberaten werden. Zum einen geht es um Änderungen im Kriegsopferversorgungsgesetz und anderen Opfergesetzen sowie die Einführung einer Rentenleistung für Contergan-Geschädigte, zum anderen um Anpassungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes an EU-Vorgaben, was den Umgang mit gefährlichen chemischen Arbeitsstoffen betrifft. Zum Thema Contergan haben auch die Grünen einen Antrag eingebracht.

Contergan-Geschädigte sollen ab 1. Juli Rentenleistung erhalten

Um Contergan-Opfer dauerhaft zu unterstützen, schlägt die Regierung als Teil eines umfangreichen Gesetzespakets (527 d.B.) die Schaffung eines neuen Bundesgesetzes mit dem Kurztitel "Conterganhilfeleistungsgesetz" (CHlG) vor. Demnach sollen Personen, die vom Gesundheitsministerium aufgrund einer Contergan-Schädigung eine einmalige finanzielle Zuwendung zugesprochen bekamen und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem deutschen Conterganstiftungsgesetz haben, ab 1. Juli eine monatliche Rentenleistung erhalten, die sich an anderen Opferrenten orientiert. Konkret ist eine Leistung von 425,8 € vorgesehen, der Betrag wird jährlich valorisiert. Betroffen sind gemäß den Erläuterungen nur wenige Personen: von den 45 österreichischen Contergan-Opfern, die vom Gesundheitsministerium als humanitäre Geste eine Einmalzahlung von jeweils 62.222 € erhalten haben, haben nur 25 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem deutschen Conterganstiftungsgesetz.

Finanziert werden soll die Leistung durch Einsparungen in der Verwaltung. So plant das Sozialministerium, die Administration der Kriegsopferrenten grundlegend zu reformieren und erheblich zu vereinfachen, indem etwa von regelmäßigen Neubemessungen einkommensabhängiger Leistungen Abstand genommen wird. Künftig sollen einkommensabhängige und einkommensunabhängige Rentenleistungen zu einem Betrag zusammengefasst und jedes Jahr im Ausmaß der Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes valorisiert werden. Daraus ergibt sich nach Einschätzung des Sozialministeriums in manchen Fällen ein etwas höheres Leistungsniveau bei gleichzeitig deutlich geringeren administrativen Kosten.

Das Gesetzespaket enthält darüber hinaus adaptierte Verfahrensregeln für Beschwerden beim Bundesverwaltungsgericht, die die Frage der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz sowie die Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz betreffen. Konkret ist vorgesehen, die Frist für Beschwerdevorentscheidungen durch das Sozialministeriumservice von zwei Monaten auf 12 Wochen zu verlängern und eine begrenzte Neuerungsbeschränkung zu verankern. Der Kriegsopfer- und Behindertenfonds soll aufgelöst und die Fondsmittel an den Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung übertragen werden.

ArbeitnehmerInnenschutzgesetz wird an EU-Vorgaben angepasst

Eine weitere Regierungsvorlage dient der Umsetzung von EU-Recht. Die chemikalienrechtlichen CLP-Verordnung und weitere EU-Vorgaben müssen im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und im Mutterschutzgesetz berücksichtigt werden (528 d.B.). Unter anderem geht es um eine Anpassung der Terminologie, was gefährliche chemische Arbeitsstoffe betrifft, und die einheitliche Kennzeichnung von Behältern und Lagerräumen für derartige Stoffe und Gemische. So treten etwa anstelle der bisherigen neun Gefahrenmerkmale für gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe zehn Gefahrenklassen, die die AnwenderInnen exakter als bisher über mögliche Gefährdungen wie Organschädigungen, informieren. In Kraft treten soll die Novelle mit 1. Juni 2015. Gemische, die noch nach dem alten Chemikaliengesetz eingestuft und gekennzeichnet sind, können innerbetrieblich maximal bis 1. Juni 2027 verwendet werden.

Anerkannte Contergan-Opfer: Grüne für Ausweitung des Personenkreises

Zum Thema Contergan haben auch die Grünen einen Antrag eingebracht. Abgeordnete Helene Jarmer spricht sich dafür aus, den Kreis der anerkannten Contergan-Geschädigten auf die Jahrgänge 1954 und 1955 auszudehnen (995/A(E)). Damit hätten auch diese Personen Zugang zur geplanten monatliche Rentenleistung, argumentiert sie. Jarmer zufolge gibt es Hinweise, dass der für die Schädigungen verantwortliche Wirkstoff Thalidomid bereits 1953/54 synthetisiert und danach als Ärztemuster in Verkehr gebracht wurde. Es sei lediglich von rund fünf betroffenen Personen auszugehen, hält der Antrag fest.

Contergan war ein millionenfach verkauftes Beruhigungsmittel, das für schwere Fehlbildungen von Gliedmaßen und Organen bei Neugeborenen verantwortlich gemacht wird. Es wurde bis 1961 vertrieben. (Schluss) gs