Parlamentskorrespondenz Nr. 469 vom 05.05.2015

Unterrichtsausschuss billigt flexiblere Stundennutzung an NMS

Zusatzstunden an Neuen Mittelschulen sollen künftig auf Schwerpunktfächer verteilt werden

Wien (PK) - Ab kommendem Schuljahr sollen Neue Mittelschulen (NMS) ihre wöchentlich sechs Zusatzstunden flexibler einsetzen können. Diesen Vorschlag von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek trug heute der Unterrichtsausschuss des Nationalrats mit Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS mit. Waren die vom Bund zusätzlich gezahlten Wochenstunden bislang nur für vermehrte Förderung in den Pflichtfächern Deutsch, Mathematik und einer lebenden Fremdsprache gedacht, dürfen NMS-Standorte diese Extrastunden künftig auch in selbstgewählten Schwerpunktfächern nutzen, denn "vor Ort wird am besten erkannt, was SchülerInnen brauchen", wie Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek im Ausschuss sagte.

Auf Basis von Oppositionsanträgen diskutierten die MandatarInnen überdies die Arbeitssituation von Lehrkräften, Reformvorschläge zur Schulverwaltung und Integrationsmaßnahmen an Schulen. Die Anregungen von FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS wurden mangels ausreichender Unterstützung allerdings vertagt, dem Unterausschuss des Unterrichtsausschusses zugewiesen oder abgelehnt.

Neue Mittelschule: Qualitätsschub mit neuer Stundenregelung erwartet

Eine breite Mehrheit der Abgeordneten zeigte sich zuversichtlich, dass die Neuen Mittelschulen mit der Möglichkeit zur flexibleren Ressourcennutzung an Qualität gewinnen. Die ausgeweiteten Möglichkeiten, wo die sechs Zusatzstunden genutzt werden, entspreche den tatsächlichen Lehr- und Lernbedürfnissen an den NMS, ist SPÖ-Abgeordnete Elisabeth Grossmann überzeugt. Mit der Novelle könnten NMS-Standorte über ihre sechs Wochenstunden für Fördermaßnahmen auch in schulautonomen Schwerpunktbereichen verfügen, um eigene pädagogischen Akzente zu setzen. Maßgeblich für den Erfolg der flexiblen Stundennutzung sei allerdings die Festigung der Grundkompetenzen in den vorgegebenen Pflichtfächern, betonte Grossmann, die in diesem Zusammenhang die Schulaufsicht besonders gefordert sieht. Für jede Neue Mittelschule ist laut Regierungsvorschlag beim Einsatz der zusätzlichen Lehrerinnen- bzw. Lehrerstunden ein begleitendes Monitoring vom zuständigen Qualitätsmanagement der Landesschulräte vorgesehen. Am Umfang der vom Bund finanzierten Zusatzstunden ändert sich nichts, weswegen laut Vorlage auch die Personalausgaben gleich bleiben.

Zustimmend äußerten sich ÖVP, Grüne und NEOS ebenfalls, wiewohl sowohl Harald Walser (G) als auch Matthias Strolz (N) vermerkten, dieser "Schritt in die richtige Richtung" führe nicht weit genug: notwendig sei eine Ausweitung des pädagogischen Konzepts der Individualisierung, so Walser und Strolz regte an, die zusätzlichen Wochenstunden für NMS in ein "Qualitätsbudget" zur autonomen Verfügung umzuwandeln. Manfred Hofinger (V) hinterfragte kritisch die Wirksamkeit des Team Teaching an Neuen Mittelschulen und empfahl, die Effizienz dieser Fördermaßnahme zu evaluieren. Einzig FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz tat die Initiative als "propagandistisch" ab, ob die Kosten wirklich unverändert bleiben, sei fraglich. Seine Fraktion verweigerte dementsprechend ebenso wie das Team Stronach die Zustimmung zur geplanten Maßnahme.

Lehrberuf: Opposition sieht dienstrechtlichen Änderungsbedarf

Die Opposition ist mit dem 2013 von SPÖ und ÖVP beschlossenen neuen LehrerInnendienstrecht nicht zufrieden und verlangt grundlegende Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für den Lehrberuf; ihre Anträge wurden von den Regierungsfraktionen jedoch vertagt. Konkret fordern Team Stronach (99/A(E)) und NEOS (660/A(E) ) eine Umwandlung der nach Wochenstunden bemessenen Arbeitszeitenregelung für Lehrkräfte in ein Jahresarbeitszeit-Modell, wobei Klubobmann Matthias Strolz überhaupt einen Rahmenkollektivvertrag für alle dienstrechtlichen Belange urgiert.  

Das Team Stronach will darüber hinaus die berufsbedingten psychischen und physischen Belastungen von Österreichs Lehrkräften wissenschaftlich erhoben sehen (892/A(E) ) . Eine aktuelle Studie zur psycho-sozialen Lage des Lehrkörpers sei absolut notwendig, erklärt Team Stronach-Bildungssprecher Robert Lugar im Antrag mit Hinweis auf das erhöhte Burn-out-Risiko dieses Berufsstandes.

Die Elementarpädagogik als Grundstock, auf dem die LehrerInnen ihren Unterricht aufbauen, thematisierten die NEOS mit einer Forderung nach qualitativ höherwertiger Ausbildung von KindergartenpädagogInnen. Entsprechender Antrag (631/A(E) ) von Beate Meinl-Reisinger (N) sieht vor, Österreichs Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP) zu Berufsbildenden Höheren Schulen für Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsberufe mit Bachelorabschluss umzugestalten und weiterführende Masterlehrgänge der Elementarpädagogik zu ermöglichen.

Schulverwaltung: Vorschläge von Bildungsregionen bis Schulverbände

Zum Dauerthema Reform der Schulverwaltung behandelte der Ausschuss heute Anträge von FPÖ und NEOS auf zeitgemäße Anpassung der schulischen Administration. Im Detail schlagen die NEOS vor, Bildungsregionen zu schaffen, in denen statt der einzelnen Schulbehörden ein "Bildungsservice" neben Schulen auch elementarpädagogische Einrichtungen bei der Qualitätsentwicklung und –sicherung betreut (925/A(E)) . Mit eigenem Budget ausgestattet würde demnach das Bildungsservice Projekte definieren, in denen besonders die pädagogische Kooperation zwischen den Standorten der Region gefördert wird, sodass ein fließender Übergang vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe II entsteht. In einem modernen Bildungssystem bräuchten Schulen außerdem mehr Autonomie, um Talente und Bedürfnisse der SchülerInnen besser adressieren zu können, heißt es in einem weiteren Antrag (926/A(E)) von NEOS-Bildungssprecher Matthias Strolz, der von Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek fordert, bis Ende dieses Jahres eine "Nationale Umsetzungsstrategie zur Schulautonomie" vorzulegen.

Dem langfristigen Erhalt von Klein- und Kleinstschulen in ländlichen Regionen widmet FPÖ-Mandatar Wendelin Mölzer seinen Antrag (914/A(E) ). Damit diese Standorte nicht aufgrund sinkender SchülerInnenzahlen geschlossen werden, sollten künftig auch mehr als zwei Schulen in Schulverbänden von einer einzigen Direktion geleitet werden können, meint er.

Die Anträge wurden mit Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

Sprache: Knackpunkt am Integrationsort Schule

Mit gesellschaftspolitischen Aufgaben der Schule befasste sich der Ausschuss heute ebenfalls anhand von Anträgen der Opposition. Sprache taucht in den unterschiedlichen Forderungen von FPÖ, Grünen und NEOS als Kernelement von Integrationsbemühungen immer wieder auf.

So weisen die NEOS auf den Mehrwert von Mehrsprachigkeit in der Gesellschaft hin und empfehlen muttersprachliche Wahlpflichtfächer, gerade für Sprachen aus Nachbarstaaten bzw. traditionellen Zuwanderungsländern und aus der Europäischen Union (559/A(E) ). Durch Unterricht in ihrer Erstsprache würden die Kinder maßgeblich beim Erwerb weiterer Sprachen unterstützt, zeigen die AntragstellerInnen Matthias Strolz und Beate Meinl-Reisinger auf. Zur Förderung der sprachlichen und kommunikativen Kompetenz von SchülerInnen mit Migrationshintergrund drängt FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz wiederum darauf, dass Deutsch in Schulen mit dieser Unterrichtssprache auch in Gesprächen außerhalb der Schulstunden, also als "Pausensprache", verpflichtend wird (1041/A(E) ). Eine dahingehende Verordnung der Ministerin würde  – unter Berücksichtigung der Rechte sprachlicher Minderheiten Österreichs, wie im Antrag betont wird – laut Rosenkranz maßgeblich zur erfolgreichen Integration beitragen.

Die Grünen setzen sich dafür ein, die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) analog zu anderen autochthonen Minderheitensprachen als Unterrichtssprache an Schulen gesetzlich zu verankern, bilinguale Lehrpläne Deutsch-ÖGS zu erstellen und die Gebärdensprache in die PädagogInnenausbildung aufzunehmen (831/A(E) ). Trotz verfassungsrechtlicher Anerkennung der Gebärdensprache und der Ratifizierung zahlreicher internationaler Abkommen zu diesem Thema werde die visuelle Sprache gegenüber der gesprochenen immer noch diskriminiert, erklärt Grünen-Behindertensprecherin Helene Jarmer ihren Vorstoß.

Neben sprachlichem Verständnis sehen die Grünen auch das Wissen über verschiedene Religionen und allgemein verbindliche Grundwerte als entscheidenden Faktor in einer pluralistischen Gesellschaft, wie sie in ihrem Antrag auf verpflichtenden Ethik- und Religionenunterricht ab der ersten Schulstufe (886/A(E) ) verdeutlichen. Der konfessionelle Religionsunterricht soll nach Walsers Vorstellung statt als Pflichtfach als Freigegenstand angeboten werden. Gesellschaftspolitisch bedeutend wertet der Grüne Bildungssprecher außerdem Schülerzeitungen, da diese Jugendmedien mit ihren Themen die Interessen ihrer LeserInnen gezielt ansprechen. Zur finanziellen Absicherung ruft Walser die Bundesregierung auf, eine Förderschiene für periodisch erscheinende Schülerzeitungen einzurichten (905/A(E) ) .

Die FPÖ erhielt für ihren Antrag auf Deutschverpflichtung an Schulen eine klare Absage von den restlichen Fraktionen, die Forderung der Grünen nach Fördersicherheit für Schülerzeitungen will die SPÖ-ÖVP-Mehrheit im Unterausschuss weiterbehandelt wissen. Die beiden übrigen Grün-Anträge vertagten die Regierungsfraktionen. (Schluss Unterrichtsausschuss) rei


Themen