Parlamentskorrespondenz Nr. 485 vom 07.05.2015

Gentechnikfreiheit: Für Bundesrat ist EU-weite Regelung entscheidend

Länderkammer wertet Ernährungssicherheit als Basis für gesundes Leben

Wien (PK) – Gesundheitspolitik stand heute an der Spitze der Tagesordnung in der Sitzung des Bundesrats. Neben einer Formaländerung im Ärztegesetz, die das Plenum einhellig billigte, diskutierten die LändervertreterInnen die Jahresvorschau 2015 des Gesundheitsministeriums in Bezug auf Vorhaben der Europäischen Union. Auf Grundlage des diesbezüglichen Bericht s, der mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde, erörterten die BundesrätInnen vor allem Fragen der Lebensmittelsicherheit. Entschieden wurde die heimische Ablehnung zu Gentechnik in Nahrungsmitteln verteidigt und in Vertretung der Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser unterstrich Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Österreich werde liberalisierte Zulassungsbestimmungen für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der EU nicht akzeptieren.

Bundesrats-Veto gegen Gentechnik am Teller

Gesunde Ernährung als Kernelement der Gesundheitsversorgung hoben die BundesrätInnen in der Debatte über gesundheitspolitische Vorhaben der Europäischen Union als zentralen Faktor zur Sicherung eines höheren Gesundheitsniveaus in der Bevölkerung hervor. VerfechterInnen der ökologischen Landwirtschaft waren in diesem Zusammenhang Heidelinde Reiter (G/S), Gerhard Dörfler (F/K), Johanna Köberl (S/St) und Friedrich Reisinger (V/St), die wirtschaftlich sichere Rahmenbedingungen für Bio-Bäuerinnen und –Bauern einforderten. Österreichs hohe Produktions- und Lebensmittelstandards dürften nicht im Interesse der internationalen Lebensmittelindustrie eingeschränkt werden, so Dörfler. Reiter konkretisierte diese Warnung mit dem Hinweis auf das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA. Ihr zufolge gibt es Überlegungen, im Rahmen von TTIP eine übergeordnete Regulationsbehörde für Nahrungsmittelsicherheit einzurichten, wodurch Einfuhrverbote von GVO noch weiter aufgeweicht würden.

Die Europäische Union brauche zum Erhalt der Gentechnikfreiheit eine einheitliche Regelung, nationale Opt-out-Möglichkeiten seien schon aufgrund des landwirtschaftlichen Bedarfs an Futtermittelimporten keine Option, betonte die Grünen Bundesrätin ebenso wie ÖVP-Mandatar Reisinger. Beide äußerten zudem ihre Besorgnis über die geplante EU-Bestimmung zur Biolandwirtschaft, wonach die ökologische Produktion zu 100% gesichert sein müsse, was aber für eine kleinstrukturierte Landwirtschaft wie der österreichischen aufgrund der Einträge von benachbarten Gebieten kaum umzusetzen sei. SPÖ-Mandatarin Köberl steuerte zum Thema den Appell bei, die neuen Vorgaben zur Bio-Landwirtschaft erst mit 2021 und nicht wie geplant schon in zwei Jahren in Kraft treten zu lassen.

Landflucht von Ärztinnen und Ärzten als Gefahr für Gesundheitssystem

Richtige Ernährung sei fraglos ein wichtiges Element der Gesundheitsvorsorge, fasste Bernhard Ebner (V/N) zusammen. Der niederösterreichische Bundesrat richtete allerdings den Fokus auf die Situation der Krankenversorgung, vor allem in den Bundesländern, wo das Schwinden der LandärztInnen eine große Herausforderung darstelle. Zumindest in Niederösterreich versuche die Landesregierung, mit medizinischer Telefonberatung durch Notdienste Abhilfe zu schaffen, letztlich sei aber ein Ausbau der Studienplätze erforderlich.

Das Thema Landflucht von ÄrztInnen brannte auch seiner Salzburger Namensvetterin von der SPÖ, Adelheid Ebner (S/N) und Angela Stöckl (V/N) unter den Nägeln. Die ärztliche Tätigkeit am Land müsse attraktiver werden, so ihr Tenor, beispielsweise durch flexiblere Kooperationen zwischen AllgemeinmedizinerInnen und Apotheken sowie Gruppenpraxen, wie die Sozialdemokratin bei der Diskussion über die Änderung im Ärztegesetz sagte.

Bei der Ärztegesetz-Novelle geht es vor allem um Klarstellungen und legistische Anpassungen, die sich u.a. durch Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs im Zusammenhang mit der Eintragung in bzw. der Austragung aus der Ärzteliste ergeben. Überdies beinhalte sie Bestimmungen zur Qualitätssicherung der ärztlichen Ausbildung, und zwar die Lehrpraxis für angehende HausärztInnen, die von Bund und Sozialversicherungsträgern finanziert werde, umriss Ebner. Stöckl fügte an, bei der Facharztausbildung werde die Antragsfrist für Ausbildungsstätten durch die Gesetzesänderung bis Juli verlängert.

Die Novelle selbst wurde zwar von allen Fraktionen befürwortet, gab aber Anlass für eine heftige Diskussion über die Umsetzung des neuen Ärztearbeitszeitgesetzes von 48 Wochenstunden für SpitalsmedizinerInnen. Die schleppenden Verhandlungen zur Neuregelung der Dienstzeiten speziell in Wien prangerte FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W) an und rief die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, das ihre zu tun, um die Gesundheitsversorgung in der Bundeshauptstadt langfristig sicherzustellen. Besonders irritiert zeigte sich die Freiheitliche über mögliche Einsparungen bei Ärzteplanstellen in Spitälern, die von der Wiener Landesregierung angedacht würden. Durch das neue Krankenanstaltengesetz ist in Mühlwerths Augen tatsächlich eine höhere Zahl an Dienstposten in Krankenhäusern nötig, und zwar mit ordentlicher Bezahlung, ansonsten werde einer Zwei-Klassen-Medizin mit PrivatärztInnen für wohlhabendere PatientInnen Tür und Tor geöffnet.

Mühlwerths Antrag ging aber ins Leere. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dagegen aus, zumal Sozialminister Rudolf Hundstorfer über die erfolgreiche Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelungen für SpitalsärztInnen in fast allen Bundesländern berichtete. Bei der Verhandlung über das neue Ärztearbeitszeitgesetzt habe man damals alle zuständigen Stellen eingebunden, so Hundstorfer und nannte neben den Ländern auch die Universitätskliniken samt BetriebsrätInnen, die Ärztekammer und die Gewerkschaft. Schwierigkeiten seien erst durch die Lancierung eines neuen Gehaltsschemas für die Ärzteschaft in der Steiermark entstanden, doch hätten die Verantwortlichen diese Unstimmigkeiten so gut wie österreichweit mittlerweile ausgeräumt. Etwaige Reorganisationsmaßnahmen in Wien oblägen der dortigen Landesregierung, wies Hundstorfer den FPÖ-Antrag zu diesem Punkt zurück, wobei er von einer vernünftigen Ausgestaltung der medizinischen Dienste in diesem Land mit dem ihm zufolge dichtesten Versorgungsnetz ausging. (Fortsetzung Bundesrat) rei


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