Parlamentskorrespondenz Nr. 859 vom 24.07.2015

Bundesrat billigt EU-Abkommen mit Ukraine, Georgien und Moldawien

Kurz soll sich aber für Einhaltung des Minsker Abkommens einsetzen

Wien (PK) – Der Bundesrat steht einem Ja von Seiten Österreichs zu den Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit der Ukraine, Moldawien und Georgien nicht im Weg. Was die Ukraine anbelangt, soll sich Außenminister Sebastian Kurz aber in bilateralen Gesprächen sowie im Rahmen der Europäischen Union, der OSZE, des Europarats und der Vereinten Nationen weiterhin mit Nachdruck für die Einhaltung des Minsker Abkommens zwischen den beiden Konfliktparteien einsetzen. In der entsprechenden und mehrheitlich angenommenen S-V-G- Entschließung wurde Kurz von der Länderkammer außerdem aufgefordert, sich für die Idee einer gemeinsamen Freihandelszone der EU mit Russland beziehungsweise der Eurasischen Wirtschaftsunion stark zu machen. Keinen Einspruch vom Bundesrat gab es zudem für Änderungen im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das gemäß einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2012 repariert wird. Der Beschluss dazu erfolgte einstimmig. Außerdem wird durch Zustimmung des Bundesrats in Zukunft Kooperation im Bildungs- und Kulturbereich zwischen Österreich und Bulgarien verstärkt und das österreichische Bundesheer wird schon bald im Dschungel Französisch-Guyanas trainieren.

Die Europäische Union will in Hinkunft stärker mit der Ukraine, Georgien und Moldawien kooperieren und schlägt dazu eine Ausweitung der bisherigen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen vor. Es sei nicht unstrittig, dass es sich hierbei um Länder mit massivem Reformbedarf handelt, wie Kurz sagte, ein Assoziierungsabkommen könne aber auch eine Chance zur Weiterentwicklung bedeuten. Zentraler Punkt in den Abkommen ist Kurz zufolge insbesondere die Reformagenda, etwa in den Bereichen Rechtstaatlichkeit oder Bildung. Im Sinne des Auftrags der Länderkammer wird sich Kurz, wie er sagte, für eine positive Entwicklung zu Russland einsetzen. Die Ukraine, Moldawien und Georgien sollen näher an die Europäische Union heranrücken, aber ebenfalls den für sie notwendigen Kontakt mit Russland halten, geht es nach dem Außenminister.

Christoph Längle (F/V) erachtete die Assoziierungsabkommen als kritisch, zumal die betroffenen Länder nicht "Herr über ihr eigenes Land" seien. Zudem stehe ein solches Abkommen auch für einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt für OsteuropäerInnen. Das sei angesichts der heimischen Arbeitslosenzahlen nicht zu begrüßen, wie Längle meinte.

Die Sorge, dass es aufgrund der Assoziierungsabkommen zu einer weiteren Öffnung des Arbeitsmarktes kommt, teilte Edgar Mayer (V/V) nicht. Es sei richtig, dass es Frozen conflicts gebe, gerade derartige Abkommen würden aber zur Stabilisierung beitragen.

Stefan Schennach (S/W) plädierte dafür, die Assoziierungsabkommen als "Abkommen, die die Gesamtheit umfassen", zu sehen. Es gehe um Rechtstaatlichkeit und darum, positive Entwicklungen dieser Länder im Rahmen einer Partnerschaft voranzutreiben.

Efgani Dönmez (G/O) warnte davor, angesichts der Finanz- oder Griechenlandkrise die Konflikte an den Außengrenzen der Europäischen Union, etwa in der Ukraine oder an der türkisch-syrischen Grenze, aus den Augen zu verlieren. Scharfe Kritik äußerte Dönmez zudem an Aussagen der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, wonach der politische Islam zu Europa gehören würde. Hier ersuchte er den Außenminister, klare Worte zu finden, so etwas könne laut Dönmez nämlich nicht wirklich aus "einem gesunden Geist entspringen".

Marco Schreuder (G) ging auf die jüngst abgeschlossenen Atomverhandlungen mit dem Iran ein. Ihn irritiere das nunmehr öffentlich suggerierte Bild des Iran als verlässlicher Partner und neuer Verbündeter im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Das sei problematisch, geht es nach Schreuder, ist der Iran nämlich kein Feuerlöscher, sondern ein Brandstifter.

Deutschkurse-Zertifizierung: Bundesrat trägt VfGH-Urteil Rechnung

Bei der Reparatur des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes geht es konkret um die Zertifizierung und Evaluierung von Deutschkursen, deren Absolvierung Voraussetzung für die Erlangung eines Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige ist. Nach der Rechtsprechung des VfGH übt der weisungsungebundene Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) mit der Zertifizierung der Kursträger beziehungsweise dem Entzug von Zertifizierungen eine hoheitliche Tätigkeit aus. Er wird daher, was diese Aufgaben betrifft, dem Weisungsrecht des Innenministeriums unterstellt.

Die Reparatur des Gesetzes wurde im Bundesratsplenum von Gerhard Schödinger (V/N), Hans-Peter Bock (S/T), Werner Herbert (F/N) und Efgani Dönmez (G/O) begrüßt. In Sachen Integration sei es wichtig, beim Erlernen der deutschen Sprache anzusetzen, sagte Schödinger. Im Migrationsbereich sei hier bereits viel passiert, etwa die Aufstockung der Mittel für die sprachliche Frühförderung im Kindergarten. Auch Dönmez bewertet das Erlenen der deutschen Sprachen als "Schlüsselelement" von Integration, diese würde aber wiederum einen gesicherten Aufenthaltstitel voraussetzen, wie er zu bedenken gab.

Die verstärkte Zusammenarbeit im Bildungsbereich mit Bulgarien wurde von allen Bundesratsfraktionen unterstützt. Dass das österreichische Bundesheer künftig Ausbildungen und Übungen im Dschungel von Französisch-Guyana abhält, hielten allerdings FPÖ und Grüne für überflüssig. Für Christoph Längle (F/V) stellte sich neben Efgani Dönmez (G/O) etwa die Frage, wofür österreichische SoldatInnen im Dschungelkampf ausgebildet werden müssten. Zumal die Kompetenzen des heimischen Bundesheeren in friedenserhaltenden Maßnahmen liegen würden, wie Dönmez meinte.

Edgar Mayer (V/V) sowie Ewald Lindinger (S/O) entgegneten den Oppositionsfraktionen, dass die österreichischen SoldatInnen durch die Tropenausbildung bestmöglich auf zukünftige Auslandseinsätze vorbereitet werden könnten. (Fortsetzung Bundesrat) keg


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