Parlamentskorrespondenz Nr. 948 vom 15.09.2015

Haushaltsgeräte: EU-Kommission will Energiesparen forcieren

Wirtschaftsfreundliche Emissionsminderung in der Industrie außerdem Thema im EU-Ausschuss des Bundesrats

Wien (PK) - Ob Staubsauger oder Waschmaschine, Fernsehgerät, Lampen oder Kühlschrank – die Energieeffizienz der Haushaltsgeräte hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Kaum noch sind Produkte im Umlauf, die Pickerl der Energiestufen "C" oder "D" als Stromfresser ausweisen. Dass energiesparende Geräte häufiger hergestellt werden, führt die Europäische Kommission nicht zuletzt auf die verpflichtende Kennzeichnung des Energieverbrauchs bei Haushaltsgeräten zurück. Zur leichteren Unterscheidung der Produktqualität auch in den "A"-Stufen brauche es nunmehr neue Kennzeichnungsvorschriften für Angaben zum Energieverbrauch, folgert die Kommission. Nötig sei eine Aktualisierung der bislang uneinheitlich vergebenen Energieeffizienzklassen, was auch eine Neuetikettierung der Produkte im Handel nach sich zieht. Damit würden Kundinnen und Kunden noch besser unterstützt, Energie und Geld zu sparen.

Grundsätzlich begrüßt der EU-Ausschuss des Bundesrats den Fokus auf Energieeffizienz im privaten Bereich. Alle Fraktionen plädierten bei der heutigen Sitzung jedoch dafür, den langfristigen Nutzen der VerbraucherInnen beim Erwerb von energiesparenden Geräten, die teurer sind als Billigprodukte mit hohem Energieverbrauch, mehr ins allgemeine Bewusstsein zu rücken. Positive Rückmeldung erhielt der Kommissionsvorschlag auch von der Wirtschaftskammer, wobei eingemahnt wurde, bei der Neukennzeichnung von Haushaltsgeräten sei ein erhöhter Verwaltungsaufwand zu verhindern. Außerdem diskutiert wurden im Ausschuss Anstrengungen der EU, Wirtschaftswachstum und Emissionsminderung in Einklang zu bringen, konkret mit einer Richtlinie zur Förderung von CO2-freier Technologie.

Neue Energieeffizienz-Kennzeichnung soll mehr Übersicht bringen

Auf Basis der geltenden EU-Richtlinie über die Energieverbrauchskennzeichnung will die EU-Kommission mit einer neuen Verordnung einen Rahmen festlegen, der neben einer Aktualisierung des Etiketts samt Neuskalierung auch bessere Möglichkeiten zur Durchsetzung der Bestimmungen beinhaltet. So soll eine Datenbank für Produkte, deren Energieverbrauch gekennzeichnet werden muss, eingerichtet werden. Diese Produktdatenbank würde die wichtigsten Angaben zur Einhaltung von Produktanforderungen für die Durchsetzungsbehörden in den Mitgliedstaaten zentral zugänglich machen und folglich die Kosten der Überprüfungen senken, erläuterte ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums den Entwurf. Die Behörden müssten sich diese Informationen dann nicht mehr wie bisher mit oftmals großem Aufwand und Zeiteinsatz von den herstellenden Unternehmen beschaffen. Über die Datenbank zur Produktregistrierung würden das Etikett und die wichtigsten Produktinformationen auch für VerbraucherInnen und HändlerInnen zugänglich sein.

Mit den vorgeschlagenen Kennzeichnungsbestimmungen soll erneut eine einheitliche Skala von A bis G eingeführt werden. Bei vielen Produktgruppen seien die meisten Modelle derzeit in den oberen Energieeffizienzklassen eingestuft, außerdem gebe es abhängig vom Produkt unterschiedliche Skalen, heißt es im Verordnungsentwurf. Dementsprechend schwierig sei es für die VerbraucherInnen, zwischen den Modellen qualitativ zu unterscheiden. Erst 2010 wurde aufgrund der technischen Entwicklung für einzelne Produktgruppen eine Skalenerweiterung von A+ bis A+++ vorgenommen, bestätigte der Experte aus dem Wirtschaftsministerium. Um eine siebenteilige Skala künftig beizubehalten, wolle die Kommission die Einstufung alle 10 Jahre verändern. Vernünftig wertete auch der Vertreter der Wirtschaftskammer die angedachte Neuskalierung. Im Zusammenhang mit der zu erneuernden Etikettierung hob er allerdings hervor, die HändlerInnen dürften dabei nicht übermäßig finanziell belastet werden. Übergangsfristen seien hier angeraten und auch die Einbindung der Wirtschaft in die Planung der angedachten Datenbank zur Marktüberwachung.

Als Beitrag zur Erreichung der Energieeffizienzziele der Europäischen Union lobte Bundesrat Stefan Schennach (S/W) zwar den Verordnungsentwurf, wie Marco Schreuder (G/W) und Monika Mühlwerth (F/W) hinterfragte er aber, ob den KonsumentInnen der Zweck des Energiesparens ausreichend verdeutlicht werde. Seitens des Wirtschaftsressorts hieß es dazu, Angaben über langfristige Kosteneinsparungen in "Euro" seien wenig zielführend, da der Kostenaufwand ja auch von Faktoren wie Stromanbieter oder Nutzungshäufigkeit abhänge.

Zusätzlich zur leichteren Vergleichbarkeit des Energieverbrauchs von Geräten will die EU-Kommission daher auch andere Produktinformationen, etwa zu Geräuschemissionen, Leistung und Wasserverbrauch, kundgemacht sehen. Insgesamt bringe die Neuregelung Vorteile sowohl für KonsumentInnen als auch für HerstellerInnen und EinzelhändlerInnen, wird im Verordnungsvorschlag ausgeführt. Durch die bessere Beurteilung, wie effizient ein Produkt tatsächlich ist, ergebe sich für jeden Haushalt im Produktlebenszyklus eine noch höhere Nettoersparnis, geht aus den Erläuterungen der Kommission hervor, auch wenn die Anschaffung energieeffizienter Produkte teurer ist. Demgegenüber profitierten Herstellung und Handel von höheren Gewinnspannen. Außerdem werde das Etikett als kaufentscheidendes Marketinginstrument gestärkt und rechtliche Unklarheiten sowie der Verwaltungsaufwand verringerten sich infolge der Registrierung von Produkten in der Datenbank, in der die Etiketten elektronisch abrufbar sind. Den Mitgliedsstaaten schließlich bringe die vorgeschlagene Produktdatenbank Zeitersparnis bei der Marktüberwachung. Insgesamt verbessere eine einheitliche Energieeffizienzkennzeichnung den freien Warenverkehr, da sie nationale Energieetiketten ersetze.

In Verbindung mit dem Kennzeichnungsvorschlag wird im Entwurf die "Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik" angeführt, die als Maßnahme zur Verbesserung der Energieeffizienz unter anderem die Überarbeitung der geltenden Richtlinie über die Energieverbrauchskennzeichnung vorsieht. In der Strategie zur Energieunion werden konkrete Schritte zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, zur Verringerung der Abhängigkeit der EU-Mitgliedstaaten von Energieimporten aus Drittstaaten, für die weitere Integration der nationalen Energiemärkte, eine bessere Einbeziehung der VerbraucherInnen, mehr Energieeffizienz, weniger Kohlenstoff im Energiemix und die Förderung von Forschung und Innovation im Energiebereich entwickelt.

Wirtschaft und Klimaziele – Gegensatz oder Chance?

Als eine wichtige Standortfrage wurde seitens der Ausschussmitglieder der Richtlinienentwurf zur "Verbesserung der Kosteneffizienz von Emissionsminderungsmaßnahmen und zur Förderung von Investitionen in CO2-effiziente Technologien" gewertet. Die EU will langfristig die CO2-Emissionen bis 2050 um mindestens 80% vermindern. Im Mittelpunkt stehen dabei die konsequente Dekarbonisierung der Wirtschaft sowie neue Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Einer der Kernpunkte des Politikrahmens bis 2030 ist das verbindliche Ziel, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um mindestens 40% unter die Werte von 1990 zu senken. Um dieses Ziel auf kosteneffiziente Weise zu erreichen, müssen die unter das Emissionshandelssystem der EU (EU-EHS) fallenden Sektoren ihre Emissionen gegenüber 2005 um 43% senken, während die nicht unter das System fallenden Sektoren eine Reduzierung gegenüber 2005 um 30% erreichen müssen – das betrifft etwa den Verkehr, Gebäude oder den Abfallwirtschaftssektor. Um das sicherzustellen, ist die jährliche Reduktion der Emissionen von derzeit 1,74% auf 2,2% ab 2021 zu erhöhen.

Der nun zur Diskussion stehende Vorschlag dient dazu, die Rechtsgrundlagen für die Anwendung dieser Grundregeln im Zeitraum 2021 bis 2030 zu schaffen. Dabei soll es vor allem auch um "robuste und faire Regeln für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten an Industrieunternehmen" gehen, "um das potenzielle Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen (Carbon Leakage) auf angemessene Weise zu vermeiden", heißt es in den Erläuterungen der EU-Kommission. Ziel der vorgeschlagenen Regeln ist es laut Kommission, weiterhin Anreize für langfristige Investitionen in CO2-effiziente Technologien zu bieten und die internationale Wettbewerbsposition energieintensiver EU-Industrien beim schrittweisen Übergang zu einem CO2-armen Wirtschaftssystem zu sichern, solange in anderen führenden Industrienationen keine vergleichbaren Anstrengungen unternommen werden.

Die Anlagen des Stromerzeugungssektors sollen daher - wie bereits in der jetzigen Periode - über Versteigerungen an Zertifikate gelangen können, die Industrie wiederum kann weiterhin mit der Zuteilung von kostenfreien Zertifikaten rechnen. Vor allem für Sektoren, die der Gefahr einer Produktionsverlagerung infolge hoher Zertifikatskosten ausgesetzt sind, soll es weiterhin erhöhte Zuteilungsquoten geben.

Ferner sieht der Kommissionsentwurf verschiedene Finanzierungsmechanismen vor, über die geholfen werden kann, die Innovations- und Investitionsherausforderungen beim Übergang zu einem CO2-armen Wirtschaftssystem zu bewältigen. Es wurden auch zwei Fonds zur Förderung innovativer Energieprojekte geschaffen - ein Innovationsfonds sowie ein Modernisierungsfonds. Letzterer soll ausschließlich ärmeren Mitgliedstaaten zugutekommen.

Die Verhandlungen innerhalb der EU über die Vorlage stehen noch am Anfang, die Meinungen darüber gehen auseinander. Seitens der Wirtschaft steht man dem Ganzen skeptisch gegenüber, von den Gratiszertifikaten werde viel "weggeknabbert", gab der Vertreter der Wirtschaftskammer zu bedenken. Auch der Experte des Wirtschaftsressorts zeigte sich nicht ganz zufrieden mit dem Entwurf und forderte im Emissionshandel eine hundertprozentige Gratiszuteilung ohne Abschläge für abwanderungsgefährdete Unternehmen. Effizient wachsende Unternehmen würden bestraft, beklagte er. Diese Bedenken wurde auch von Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) geteilt. Europa benötigt Beschäftigungspolitik, sagte er, man brauche ein weltweites Klimaziel, Europa allein könne das nicht schaffen, ohne wirtschaftlichen Schaden zu nehmen.

Marco Schreuder (G/W) bezeichnete den gegenständlichen Vorstoß der EU zwar als verspäteten, aber wichtigen Schritt. Stefan Schennach (S/W) unterstrich die Notwendigkeit einer Balance zwischen Wirtschaft und Klimaschutz und wies darauf hin, dass die Vorlage sowohl seitens der Wirtschaft als auch seitens der KlimaschützerInnen kritisiert werde. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Ergebnisse der Klimakonferenz in Paris auf die Verhandlungen Einfluss nehmen werden. Was für Paris derzeit auf dem Tisch liegt, gehe in die richtige Richtung, meinte auch der Vertreter des Umweltministeriums. Beide halten das Emissionshandelssystem trotz seiner derzeitigen Schwächen für eine gute Idee. Es sei davon auszugehen, dass der EU-Emissionshandel eine wesentliche Rolle auf dem Weg zu einem langfristigen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe spielen wird, so der Tenor des Umweltressorts. Neben möglichen Risiken berge dieser Veränderungsprozess aufgrund der hohen Innovationskraft der heimischen Industrie auch wesentliche Chancen im langfristigen Wettbewerb. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) rei/jan


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