Parlamentskorrespondenz Nr. 950 vom 15.09.2015

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert über Flüchtlingsbewegung

Parteien bei der Einschätzung der Herausforderungen gespalten

Wien (PK) – Die aktuelle Flüchtlingssituation und die enormen Herausforderungen für die EU beschäftigten heute auch die Mitglieder des EU-Ausschusses des Bundesrats. Dabei wurde das Thema sehr kontrovers diskutiert.

Die EU-Kommission hat am 8. September 2015 ein Maßnahmenpaket vorlegt, das insbesondere auf eine verpflichtende Quote zur Verteilung von Flüchtlingen hinausläuft und eine EU Liste sicherer Herkunftsstaaten enthält, in der die sechs Westbalkanstaaten sowie die Türkei aufscheinen. Gestern hat zur Bewältigung der Flüchtlingsströme der Rat der InnenministerInnen getagt, eine weitere Ratsdiskussion ist für den 8. und 9. Oktober vorgesehen. In Folge soll sich auch der Europäische Rat am 15. und 16. Oktober mit dem Thema befassen.

Beim gestrigen Rat konnten sich die InnenministerInnen zwar nicht auf eine verbindliche Aufteilung von 160.000 Flüchtlingen einigen, verständigen konnte man sich aber zumindest auf die Verteilung von 40.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien auf die europäischen Mitgliedsländer. Für Staaten in den Krisenregionen und die Türkei, die Flüchtlinge aus Syrien in großer Zahl aufgenommen haben, sollen zusätzliche finanzielle Hilfen bereitgestellt werden. Vor allem habe man die Westbalkanroute in den Fokus genommen, informierte die Vertreterin des Innenministeriums die Ausschussmitglieder, die Westbalkanstaaten sollen auch finanziell zur Bewältigung der Flüchtlingsströme mehr unterstützt werden. Geeinigt hat man sich zudem auf einen Zeitplan zur Errichtung von Hotspots in Grenzländern, in denen EU-BeamtInnen den örtlichen Behörden bei der Registrierung von Flüchtlingen helfen sollen. Zudem sieht der Beschluss des Rats auch eine Liste mit sicheren Herkunftsländern vor.

In der Diskussion kritisierte Monika Mühlwerth (F/W) vor allem, dass angesichts der dramatischen Situation die EU und ihr Präsident am Terminplan festhalten. Dem hielt Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) entgegen, dass es für diese Brisanz essentielle Lösungen brauche, und dafür sei auch eine gewisse Vorarbeit nötig. Seitens des Bundeskanzleramts wies man darauf hin, dass sich sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel für einen baldigen Gipfel der Staats- und RegierungschefInnen ausgesprochen haben. Die Bundesräte Bernhard Ebner (V/N) und Eduard Köck (V/N) wiesen zudem den Vorwurf der FPÖ, die Innenministerin sei untätig, vehement zurück.

Stefan Schennach (S/W) sprach von einer humanitären Herausforderung, die schnell im Sinne der Menschlichkeit zu lösen sei. Manches sei überraschend gekommen, sagte er, manches nicht. Wir seien aber in Europa von Flüchtlingszahlen, wie sie der Libanon oder die Türkei zu bewältigen habe, weit entfernt. Europa brauche nun einen Mechanismus, um mit mehreren Krisen gleichzeitig umgehen zu können. Außerdem müsse man über das Prinzip von Schengen reden, forderte er mit kritischen Anmerkungen zur Vorgangsweise Ungarns. Dublin sei jedenfalls gescheitert, man müsse nun Neues entwickeln, so Schennach.

"Wir haben eine humanitäre Krise und keine Flüchtlingskrise", stellte Marco Schreuder (G/W) fest. Das Thema Flüchtlingsbewegung unter den Begriff "Migration" zu stellen, hält er für vollkommen falsch und kritisierte in diesem Zusammenhang auch Ratspräsident Donald Tusk. Es gehe nämlich um Flucht und Asylpolitik. Schreuder hält auch nichts davon, die Grenzen dicht zu machen, denn das sei das beste Förderprogramm für Schlepper. Er zeigte außerdem kein Verständnis für jene politischen Kräfte, die sich gegen eine Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit stellen und sich dann aufregen, dass sich Menschen auf den Weg machen.

Die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit kommen nicht dort an, wo sie benötigt werden, entgegnete daraufhin Monika Mühlwerth (F/W). Sie hielt die aktuelle Diskussion teilweise für "naiv", denn es sei selbstverständlich, dass Menschen, die bedroht sind, Asyl bekommen. Bei den Flüchtlingsströmen seien aber viele illegale Zuwanderer dabei. Ungarn habe als einziges Land versucht, Schengen aufrechtzuerhalten, sagte sie. Es gehe auch nicht an, dass nur Österreich, Deutschland und Schweden den Großteil der Flüchtlinge aufnehmen. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) jan


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