Parlamentskorrespondenz Nr. 30 vom 20.01.2016

Phil Hogan: Keine Aufweichung der Lebensmittelstandards durch TTIP

EU-Agrarkommissar betont Einbindung der nationalen Parlamente

Wien (PK) – Die Europäische Union wird nicht zulassen, dass es im Zuge des Transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP zu einer Verwässerung der hohen Lebensmittelstandards und zu Abstrichen beim Tierschutz kommt. Bei seinem Treffen mit österreichischen Abgeordneten aus dem Landwirtschaftsausschuss im Parlament steckte EU-Agrarkommissar Phil Hogan heute diesbezüglich die "roten Linien" für die Verhandlungen mit den USA ab und stellte zudem klar, dass ein Abschluss des Vertragswerks jedenfalls die Zustimmung der nationalen Parlamente benötigt. Die Union nehme die Bedenken der Bevölkerung ernst, niemandem "werde etwas übergestülpt", versicherte er. Hogan bekannte sich überdies zur Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe und kündigte eine Exportoffensive sowie Vereinfachungen bei der Abwicklung der Förderungsanträge an.

EU-Kommissar kündigt Verwaltungsvereinfachungen bei Förderungsanträgen an

Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) baue auf dem von EU-Kommissar Franz Fischler begonnenen Reformweg auf, erinnerte Hogan, der der österreichischen Landwirtschaftspolitik großes Lob spendete. Durch die für dieses Jahr vorgesehenen Vereinfachungen der GAP soll nun die Zahl der Verordnungen von 200 auf rund 40 bis 50 reduziert und der Zugang der Landwirte zu den Förderungen erleichtert werden. Große Bedeutung räumt Hogan dabei den geplanten Vorab-Abgleichen ein, die es ermöglichen werden, kleine Fehler in den Anträgen auf kurzem Weg zu korrigieren. Reduzieren will die Union auch die Anzahl der Kontrollen. "Die Bauern sollen keine Angst mehr vor den Kontrolloren haben", betonte Hogan.

Hogan sieht ökologische Landwirtschaft als Win-win-Situation

Weiters kündigte der Agrarkommissar eine Überprüfung des "Greenings" und der ökologischen Vorrangsgebiete an und sprach sich für eine verstärkte Förderung des Biolandbaus aus. Gerade Österreich habe gezeigt, dass eine umwelt- und klimaverträgliche Landwirtschaft eine Win-win-Situation für alle Beteiligten darstellt. Priorität werde darüber hinaus auch der Erschließung von neuen Märkten für die nachhaltigen, qualitativ hochwertigen landwirtschaftlichen Produkte eingeräumt, wobei den geschützten geografischen Angaben spezielle Bedeutung zukommt.   

Auch Rupprechter für "rote Linien" bei TTIP-Verhandlungen

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter würdigte ebenso wie Ausschuss-Obmann Jakob Auer (V) das große Engagement Hogans für die Landwirtschaft und die bäuerlichen Familienbetriebe und bezeichnete den EU-Kommissar als Garant für Stabilität in der Landwirtschaftspolitik. Ausdrücklich begrüßte der Ressortchef die Aussagen Hogans zu TTIP und appellierte auch seinerseits an die Union, sich bei den Verhandlungen an "rote Linien" zu halten und nicht Kompromisse zu schließen, die dann keine Zustimmung finden. Klar ist für Rupprechter überdies, dass gerade in den Bereichen Schweinefleisch und Milchwirtschaft noch weitere Anstrengungen seitens der EU erforderlich sein werden, um auf die schwierige Marktsituation zu reagieren.

ÖVP bekennt sich zu den bäuerlichen Familienbetrieben

Die GAP-Reform garantiere nun, dass Österreich seinen Weg einer ökologisch nachhaltigen Landwirtschaftspolitik fortsetzen kann, zeigte sich auch ÖVP-Abgeordneter Nikolaus Berlakovich erfreut. Er untermauerte in diesem Zusammenhang sein Bekenntnis zu einer bäuerlichen, kleinstrukturierten und gentechnikfreien Landwirtschaft. An Hogan richtete Berlakovich den Wunsch nach Maßnahmen, um die Produktion von Eiweißfrüchten in Europa und Österreich zu forcieren. Seine Fraktionskollegen Hermann Gahr und Franz Eßl plädierten für ein objektives und nachvollziehbares System bei der Almflächenfeststellung, während Manfred Hofinger (V) seiner Sorge um die Preissituation auf dem Milchmarkt Ausdruck verlieh.

SPÖ will den ländlichen Raum stärken

Die Stärkung des ländlichen Raums sowie eine bessere Absicherung der Biobetriebe unter Betonung der Regionalität der Produktion sind die Anliegen von Erwin Preiner (S). Bei TTIP kritisierte der Landwirtschaftssprecher der SPÖ vor allem mangelnde Transparenz und forderte die Einbindung der nationalen Parlamente in den Verhandlungs- und Entscheidungsprozess. Marianne Gusenbauer-Jäger (S) sah die Politik aufgefordert, Impulse für den ländlichen Raum zu setzen und Arbeitsplätze für jene zu schaffen, die ihre Bauernhöfe aufgeben. Wolfgang Knes (S) trat für die Unterstützung der sozialen Dienste im ländlichen Raum ein. Für Maximilian Unterrainer (S) wiederum besteht Handlungsbedarf bei den Agrarförderungen. Sein Vorschlag einer Streichung der Unterstützung aus der ersten Säule der GAP fand allerdings keine Zustimmung bei Phil Hogan.

FPÖ für Stopp der Russland-Sanktionen

Namens der Freiheitlichen drängte Harald Jannach auf eine rasche Beendigung der Russland-Sanktionen, um weiteren Schaden für die Landwirtschaft abzuhalten. Bei TTIP geht es dem FPÖ-Agrarsprecher ebenfalls um die Beibehaltung der hohen heimischen Lebensmittelstandards, wobei er allerdings Verbesserungsbedarf in Sachen Ursprungsbezeichnungen ortete. Die aktuelle Regelung biete für die KonsumentInnen keine Klarheit über die tatsächliche Herkunft der Produkte, wandte er ein. Kritisch sah Jannach zudem auch das System der Agrarförderungen. Hier wäre eine Verschiebung weg von den großen Betrieben und hin zu den kleinen Familienbetrieben angebracht, meinte er.

Grüne bekräftigen Vorbehalte gegen TTIP

Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber untermauerte die Vorbehalte seiner Fraktion gegenüber TTIP, wobei er vor allem Einbußen bei Preisen und Qualität sowie eine Existenzgefährdung für die landwirtschaftlichen Betriebe befürchtete. Gentechnikfreiheit, Aufrechterhaltung der hohen Standards in der Lebensmittelproduktion und beim Tierschutz dürften nicht zur Disposition gestellt werden, mahnte er und forderte von Hogan diesbezüglich "No-gos" ein. Sorgen bereitet Pirklhuber auch die Erwartung, dass der von TTIP beabsichtigte Zollabbau zu einer Zunahme der Importe von landwirtschaftlichen Produkten aus den USA führen werde.

NEOS und Team Stronach für Unterstützung der regionalen Produktion

Die Unterstützung der regionalen landwirtschaftlichen Produktion haben sowohl NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn als auch Leopold Steinbichler vom Team Stronach auf ihre Fahnen geheftet. Schellhorn machte sich in diesem Zusammenhang vor allem für eine Verknüpfung von Landwirtschaft und Tourismus stark, während der Team Stronach-Agrarsprecher schwere Bedenken gegen die derzeitige Regelung der geografischen Angaben anmeldete, die seiner Meinung nach keinerlei Klarheit über die tatsächliche Provenienz der Produkte gibt. Heftige Kritik übte Steinbichler auch am immer stärker zunehmenden Import von Palmöl, wobei er argumentierte, diese Entwicklung sei weder umwelt- noch klimapolitisch zu vertreten. (Schluss) hof

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