Parlamentskorrespondenz Nr. 106 vom 10.02.2016

EU will noch heuer Aktionsplan für Mehrwertsteuersystem vorlegen

Kritische Stimmen zur Übergangslösung kommen vom EU-Ausschuss des Bundesrats; außerdem Thema: Delegierte Rechtsakte

Wien (PK) – Im Jahr 2016 wird die Europäische Kommission einen Aktionsplan für ein einfaches, wirksames und betrugssicheres endgültiges Mehrwertsteuersystem veröffentlichen, das auf den Binnenmarkt zugeschnitten ist. Um eine umfassende Diskussion der Mehrwertsteuersätze im Zusammenhang mit dem Aktionsplan zu ermöglichen, soll der geltende Mindeststeuersatz von 15% bis Ende 2017 verlängert werden.

Der diesbezügliche Richtlinienvorschlag lag heute dem EU-Ausschuss des Bundesrats vor, über inhaltliche Details konnte der anwesende Experte aus dem Finanzministerium aber noch nichts sagen. Die EU-Kommission plane erst im März, das endgültige System der europaweiten Regelungen im Form einer Mitteilung vorzustellen. Den vorläufigen Mindeststeuersatz von 15% gibt es seit dem Jahr 1993, nachdem es damals nicht gelungen ist, rechtzeitig bis zum 1. Jänner 1993 die Kommissions-Vorschläge zur Einführung eines "endgültigen Systems der steuerlichen Harmonisierung" anzunehmen. Es sollte Wettbewerbsverzerrungen hintanhalten. Diese Bestimmung ist bislang fünf Mal verlängert worden, zuletzt bis Ende 2015. Dem Finanzministerium zufolge ist eine weitere Verlängerung der Übergangsregelung um zwei Jahre angedacht, was Stefan Schennach (S/W) dazu veranlasste, vor einer "Endlosverlängerung" zu warnen. Gerade hinsichtlich der Unterschiede bei der Zahl an Steuersätzen in den EU-Mitgliedsstaaten brauche es eine einheitliche Lösung.

Da alle Mitgliedstaaten derzeit einen über 15 % liegenden Normalsatz erheben, verleiht die gegenwärtige Regelung den Mitgliedstaaten auch den Spielraum, Reformen zur Senkung des Normalsatzes einzuführen, heißt es in der Begründung der Vorlage zur nochmaligen Verlängerung. Die Steuerpflicht fällt im Bestimmungsland an, in das Waren exportiert werden, um die Möglichkeiten einzuschränken, bei grenzüberschreitenden Umsätzen niedrigere Steuersätze zu nutzen.

Delegierter Rechtsakt in Tourismusstatistik betrifft Österreich nicht

Das heikle Thema "delegierte Rechtsakte", wodurch die EU-Kommission ohne Einbindung der Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen kann, stand heute im EU-Ausschuss des Bundesrats außerdem auf der Tagesordnung, als es um die Tourismusstatistik ging. Schennach (S/W) erläuterte, man habe den Punkt als Beispiel für den "Wildwuchs" an delegierten Rechtsakten in Verhandlung genommen.

Innerhalb der EU gibt es aufgrund einer Verordnung einen gemeinsamen Rahmen für die systematische Entwicklung, Erstellung und Verbreitung der europäischen Tourismusstatistik. In dieser Verordnung wird die EU-Kommission ermächtigt, delegierte Rechtsakte etwa zur Anpassung der Definitionen an geänderte internationale Formulierungen, zur Änderung der Fristen für die Übermittlung der Daten, und zur Anpassung der Anhänge zu erlassen, um wirtschaftlichen, sozialen und technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

Die Kommission darf jedoch keine Bestimmungen des Anhangs über den fakultativen Charakter der verlangten Daten und die Begrenzung des Erhebungsbereichs ändern. Seit dem Inkrafttreten der Verordnung im Jahr 2011 hat die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlassen. Mit ihr wurden bestimmte Definitionen hinsichtlich Bildungsabschlüssen geändert, um Änderungen an der Internationalen Standardklassifikation des Bildungswesens (ISCED) zu berücksichtigen, heißt es in dem diesbezüglichen Bericht, der dem EU-Ausschuss vorlag. Im konkreten Fall sei die Änderung von "Bildungsabschluss" in "Bildungsstand" für Österreich jedoch irrelevant, da diese Daten hierzulande aus Ressourcengründen nicht erhoben würden, wie ein Vertreter des Wirtschaftsministeriums betonte. Die EU-Kommission habe zudem im Vorfeld ausreichend über die Abänderung informiert. (Fortsetzung EU-Ausschuss) jan/rei


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