Parlamentskorrespondenz Nr. 277 vom 17.03.2016

Nationalrat befasst sich mit verschiedenen Bürgeranliegen

Rechte von Verkehrsopfern sollen gestärkt werden

Wien (PK) – Gegenstand der heutigen Nationalratssitzung waren auch verschiedene Bürgeranliegen. Basis für die Diskussion bildete ein Sammelbericht des Petitionsausschusses, wobei die Palette der angeschnittenen Themen vom Erhalt heimischer Traditionen und Bräuche über den Schutz der Zieselpopulation am Marchfeld-Kanal bis hin zum Hochwasserschutz für die Stadt Wörgl reichte. Der Bericht des Ausschusses wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, einzelne Anliegen konnten Abgeordnetem Hermann Gahr zufolge positiv erledigt werden. Am meisten elektronische Unterstützungserklärungen erhielt eine Bürgerinitiative, die sich dafür stark macht, chronisch kranke Kindern in Schulen vor Ausgrenzung zu schützen. Mit dem Thema wird sich nun der Unterrichtsausschuss des Nationalrats beschäftigen.

In der Debatte nahmen sowohl Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) als auch Abgeordnete Edith Mühlberghuber (F) zu dieser Initiative Stellung. Man müsse dafür sorgen, dass chronisch kranke Kinder bei Schulveranstaltungen und in anderen Bereichen nicht diskriminiert würden, mahnte Königsberger-Ludwig. Dafür braucht es ihrer Meinung nach auch eine bessere Information und mehr Unterstützung für die LehrerInnen. Darauf machte auch Abgeordnete Mühlberghuber aufmerksam. Laut Mühlberghuber hat sich die Volksanwaltschaft diesem Thema bei einer Tagung intensiv gewidmet und auch einige Lösungsansätze aufgezeigt.

Hochwasserschutz für die Stadt Wörgl

Gleich mehrfach von den Abgeordneten angesprochen wurde auch eine Petition, die auf einen besseren Hochwasserschutz für die Stadt Wörgl abzielt. So kritisierte FPÖ-Abgeordnete Carmen Schimanek, dass die Petition vom Parlament "schubladisiert wird", obwohl die InitiatorInnen 4.000 Unterschriften gesammelt hätten. Das sei kein gutes Signal des Parlaments nach außen, meinte sie. Schimanek erinnerte daran, das Wörgl 2005 von einem verheerenden Hochwasser überschwemmt wurde und seither wenig passiert sei. Ursprünglich habe man den Bau eines Damms bis 2018 versprochen, daraus werde jetzt offenbar aber nichts.

Um das Anliegen der Ortsbevölkerung zu unterstreichen, brachte Schimanek einen Entschließungsantrag ein, in dem Umweltminister Andrä Rupprechter aufgefordert wird, die zugesagten Bundesmittel für das Hochwasserprojekt freizugeben. Überdies urgierte sie regelmäßige Informationen an den Umweltausschuss des Nationalrat über den Fortschritt des Projekts. Der Antrag blieb bei der Abstimmung allerdings in der Minderheit.

Abgeordneter Hermann Gahr (V) hielt Schimanek entgegen, dass die Sache nicht so einfach sei wie dargestellt. Es brauche eine Gesamtlösung unter Einbeziehung der umliegenden Gemeinden, betonte er. Schließlich seien auch diese betroffen. Gahr zeigte sich aber zuversichtlich, dass das Dammprojekt realisiert wird. Hermann Lipitsch von der SPÖ gab zu bedenken, dass der Ball beim Land Tirol liege, von Seiten des Bundes habe Umweltminister Andrä Rupprechter die Bereitstellung von Bundesmittel zugesagt.

Mehr Rechte für Opfer von Verkehrsunfällen

Auf breite Resonanz stieß eine Bürgerinitiative zur Stärkung der Rechte von Unfallgeschädigten. So wies Abgeordneter Albert Steinhauser (G) darauf hin, dass Opfer von Verkehrsunfällen beim Einklagen von Schadenersatz gegenüber Versicherungen oft im Nachteil seien. Es handle sich meist um einen Kampf David gegen Goliath. Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts sind laut Steinhauser meist medizinische Gutachten, die aber oft nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechen. Es forderte daher in Anlehnung an die Bürgerinitiative eine funktionierende unabhängige Qualitätskontrolle. Die Reaktion des Justizministeriums ist für Steinhauser völlig unverständlich, seiner Meinung nach kann man die Qualitätskontrolle nicht dem Gericht und den Parteien überlassen.

Auch die Abgeordneten Petra Bayr (S), Nikolaus Scherak (N) und Harald Stefan (F) orten Handlungsbedarf in diesem Bereich. Die Unfallopfer stünden stets auf der schwachen Seite, so der allgemeine Tenor. Stefan sieht in diesem Sinn ein weites Betätigungsfeld, um Missstände zu beseitigen und kündigte wie Grün-Abgeordneter Albert Steinhauser entsprechende parlamentarische Initiativen an. Für Scherak ist es unter anderem unverständlich, dass sich medizinische Gutachter auf den gesunden Menschenverstand berufen oder abseits medizinischer Fragen eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts vornehmen. Die Bürgerinitiative hat übrigens eine Reihe prominenter UnterstützerInnen, darunter auch die frühere OGH-Präsidentin und nunmehrige Bundespräsidentschaftskandidatin Irmgard Griss.

Hubschrauberstützpunkt Vomp, Deponie Marchfeldkogel

FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker kritisierte in Anlehnung an eine Bürgerinitiative, dass das Bundesheer keinen einzigen Hubschrauber mehr im Westen Österreichs stationiert, sondern alle in den Osten verlagert hat und der Hubschrauberstützpunkt Vomp geschlossen wurde. Ein schneller Einsatz bei Katastrophen oder bei anderen Anlassfällen sei damit nicht mehr möglich.

Abgeordneter Friedrich Ofenauer (V) wandte sich in Zusammenhang mit der geplanten Deponie Marchfeldkogel gegen eine Einmischung der Politik in Behördenverfahren. Die zuständigen Behörden sollen unbeeinflusst ihre Entscheidung treffen, betonte er. Auch die Zieselpopulation am Marchfeldkanal ist ihm zufolge Landessache und keine Angelegenheit des Nationalrats.

Anders sah die Sache Grünen-Umweltsprecherin Christiane Brunner (G). Sie hätte die Petition zur Deponie Marchfeldkogel gerne dem Umweltausschuss zugewiesen. Es gehe nicht darum, in ein laufendes Verfahren einzugreifen, es wäre aber sinnvoll, notwendige Änderungen des UVP-Gesetzes anhand praktischer Beispiele zu diskutieren, betonte sie. Erfreut äußerte sich Brunner darüber, dass das Landesverwaltungsgericht im Burgenland die Rodungsbescheide für Uhudler-Rebflächen aufgehoben hat. SPÖ-Abgeordneter Erwin Preiner äußerte sich in diesem Zusammenhang zuversichtlich, dass auch langfristig eine gute Lösung für den Uhudler gefunden werden kann.

Historische Bauten und heimische Traditionen

Für die Erhaltung historischer Bauten in Wien machte sich Abgeordneter Erwin Rasinger (V) stark. Schließlich sei die historische Bausubstanz der Hauptstadt ein Touristenmagnet. Es gelte bei Neubauten darauf zu achten, nicht das Stadtbild zu zerstören. In diesem Zusammengang sieht Rasinger die geplante Errichtung eines Hochhauses am Gebäude des Eislaufvereins skeptisch.

Abgeordneter Hannes Weninger (S) nahm eine Petition betreffend den Erhalt heimischer Traditionen und Bräuche zum Anlass, um für Toleranz für religiöse Bräuche aller Art zu werben. "Was wir aber nicht brauchen, sind staatlich verordnete Brauchtumsgesetze oder Brauchtumsverordnungen", bekräftigte er. FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan und der fraktionslose Mandatar Rupert Doppler wollten diese Argumentation allerdings nicht gelten lassen. Sie sehen angesichts von abgesagten Nikolofesten in Kindergärten und anderer ähnlicher Vorfälle sehr wohl Handlungsbedarf, um heimische Traditionen und Bräuche zu schützen.

EURATOM und Unterstufengymnasium Hermagor

Mit der Forderung nach Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zur Frage der weiteren Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Atomgemeinschaft EURATOM setzte sich Abgeordnete Martina Diesner-Wais (V) auseinander. Sie wies darauf hin, dass nach übereinstimmender Meinung mehrerer Expertengutachten keine Ausstiegsmöglichkeit aus EURATOM besteht. Ein solcher Ausstieg wäre ihrer Meinung auch nicht sinnvoll, da Österreich als Mitglied von EURATOM über die Mittelverwendung mitentscheiden könne.

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (V) machte sich für die Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasium in Hermagor stark. Der Bezirk sei der einzige Bezirk in Kärnten, der keine derartige Schule habe. Für ihn ist es ein kleiner Lichtblick, dass die zu diesem Thema vorliegende Bürgerinitiative nun im Unterrichtsausschuss behandelt wird.

Opposition sieht Bürgeranliegen zu wenig ernst genommen

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) kritisierte generell den Umgang des Parlaments mit Bürgeranliegen. Die Grünen hätten schon vor einiger Zeit umfangreiche Vorschläge zu einer Änderung der Geschäftsordnung des Nationalrats gemacht, bis heute seien diese leider nicht behandelt worden, klagte er. Seiner Ansicht wäre es beispielsweise notwendig, Petitionen und Bürgerinitiativen öfter den zuständigen Ausschüssen zuzuweisen.

Für eine bessere Information der InitiatorInnen von Bürgerinitiativen über das Ergebnis der Beratungen setzte sich der Vorsitzende des Petitionsausschusses Michael Pock (N) ein. Es reiche nicht aus, ihnen mitzuteilen, dass man ihr Anliegen zur Kenntnis genommen habe. Positiv wertete er, dass sich die Fraktionen darauf geeinigt haben, im Juni sechs Hearings im Petitionsausschuss durchzuführen.

Seitens der Koalitionsparteien versicherten sowohl Erwin Preiner (S) als auch Norbert Sieber (V), dass alle Petitionen und Bürgerinitiativen, die an den Nationalrat gerichtet werden, ernst genommen würden. Sieber gab aber zu bedenken, dass manche Petitionen, die von Abgeordneten vorgelegt werden, anders als die Bürgerinitiativen nicht von einer  breiten Unterstützung in der Bevölkerung getragen werden. Dietmar Keck (S) richtete einen Appell an die Klubobleute, Berichte des Petitionsausschusses zu einer besseren Zeit im Plenum zu behandeln.

Mit der Kenntnisnahme des Sammelberichts des Petitionsausschusses sind die Beratungen über die Petitionen Nr. 28, 45, 47, 48, 50, 53, 54, 56, 58 und 59 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 77, 79, 81, 82, 84, 87 und 89 abgeschlossen. Die Petition Nr. 40 betreffend Stimmrecht für PensionistInnen in den Organen der Selbstverwaltung im Bereich der Krankenversicherung wurde dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Der Unterrichtsausschuss wird sich mit den Bürgerinitiativen Nr. 55, 60 und 90 befassen. Konkret geht es dabei neben der Forderung nach einer Abgeltung notwendiger schulischer Unterstützungsmaßnahmen für chronisch kranke Kinder und der Einrichtung eines Unterstufenrealgymnasiums am BORG Hermagor um die verstärkte finanzielle Förderung von Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht. (Fortsetzung Nationalrat) gs