Parlamentskorrespondenz Nr. 772 vom 29.06.2016

Stöger spricht sich für Neuregelung des Privatkonkurses aus

Konsumentenschutzausschuss befasst sich mit Oppositionsanträgen u.a. zum Inkassowesen und generellen Rauchverbot

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung des parlamentarischen Konsumentenschutzausschusses waren heute ausschließlich Anträge der Opposition zu finden. Während die FPÖ etwa gegen das generelle Rauchverbot in der Gastronomie ab 2018 oder zu hohe Überziehungszinsen bei Banken eintritt, sind die Grünen für eine Neufassung der Inkassogebühren-Verordnung sowie eine Verjährung von Inkassokosten. Die Anträge wurden zwar vertagt, im nächsten Konsumentenschutzausschuss im Herbst soll das Thema Inkassowesen jedoch mit ExpertInnen - u.a. mit Universitätsprofessor Georg Kodek und VertreterInnen von Ministerien und der Arbeiterkammer – beraten werden. Sozialminister Alois Stöger sprach sich in diesem Zusammenhang für eine Neuregelung des Privatkonkurses aus.

Die Anliegen der Opposition, sieben davon von der FPÖ, wurden jeweils vertagt bzw. in andere Ausschüsse zugewiesen.

Grüne für Änderungen im Inkassowesen

Die Grünen fordern eine Neufassung der Inkassogebühren-Verordnung (135/A(E)) und treten gegen die Eintreibung von verjährten Inkassokosten auf(317/A(E)). In Sachen Inkassogebühren weist Berivan Aslan (G) auf Probleme aus der Praxis hin, die von der rechtsgrundlosen Betreibung, einer intransparenten Kostenaufgliederung bis hin zu unangemessen hohen Inkassogebühren, die oft ein Vielfaches der ursprünglichen Kapitalkosten betragen, reichen. Experten auf diesem Gebiet, wie z.B. Universitätsprofessor Georg Kodek, schlagen eine Neukonzeption der Verordnung vor, die anstelle einzelner Gebührenposten u.a. eine Gesamtpauschalierung vorsieht. Die Inkassogebühr soll demnach abgestuft nach notwendigen Betreibungsschritten höchstens 10% der ausstehenden Forderung betragen dürfen.

Zusätzlichen Handlungsbedarf ortet die Abgeordnete zudem dort, wo Gläubiger dazu neigen, die Schuldner zur Bezahlung von bereits verjährten Zinsen zu drängen. Dies sei grundsätzlich legitim, da nach herrschender Ansicht nicht das Recht an den Zinsen selbst verjähre, sondern bloß die Möglichkeit der gerichtlichen Geltendmachung. Die Forderung selbst bleibt als sogenannte "Naturalobligation" bestehen. In der Praxis komme es nun oft vor, dass sich die KonsumentInnen von professionellen Schuldeneintreibern unter Verweis auf die ansonsten anfallenden hohen Betreibungskosten zum Abschluss von Ratenvereinbarungen drängen lassen. Den wenigsten SchuldnerInnen ist allerdings bewusst, dass durch diese Vereinbarung zumeist auch die verjährten Zinsen anerkannt werden, welche somit wieder aufleben und neuerlich gerichtlich geltend gemacht werden können. Die G-Mandatarin tritt daher dafür ein, dass Unternehmen im Geschäftsbereich der Einziehung fremder Forderungen (insbesondere Inkassoinstitute und Rechtsanwaltskanzleien) private SchuldnerInnen nicht zur Bezahlung von bereits verjährten Schulden auffordern dürfen. Ein Zuwiderhandeln sollte ihrer Ansicht nach mit einer Verwaltungsstrafe bedroht werden. Die Inkassobranche würde jährlich zig Millionen verdienen, KonsumentInnen würden oft abgezockt, das System sei nicht transparent und fair, so die Argumente von Aslan im Ausschuss. Unterstützt wurde ihr Anliegen von der FPÖ.

Sozialminister Alois Stöger teilte die Ansicht Aslans, hier gesetzliche Schritte zu setzen. Aus seiner Sicht werden "kleine Schuldner" im Gegensatz zu "großen Schuldnern" zu schnell mit zu hohen Kosten belastet. In diesem Zusammenhang sprach sich Stöger für moderne, europäische Regeln beim Privatkonkurs nach dem Beispiel Deutschlands aus.

Gegen den Vorschlag der Grünen hinsichtlich verjährter Zinsen wandten sich Nikolaus Scherak (N) und Friedrich Ofenauer. Durch eine Verjährung würden die Schulden nicht erlöschen, eine Verwaltungsstrafe zu verhängen wäre deswegen systemwidrig, meinte Scherak.

TTIP und CETA: FPÖ will Sonderförderung für Konsumentenschutzverein

Dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen wurde der Vorschlag der FPÖ, den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Sonderförderung auszustatten, damit dieser in der Lage ist, die Auswirkungen der geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA genau zu analysieren und zu bewerten(1609/A(E)). Eine solche Analyse und Bewertung ist nach Ansicht von FPÖ-Abgeordnetem Peter Wurm nötig, um von den österreichischen KonsumentInnen Schaden abzuwenden. Ohne entsprechende finanzielle Dotierung sei es dem VKI personell und organisatorisch aber nicht möglich, entsprechend aktiv zu werden.

Stöger sieht die richtige Ansprechstelle für die Bevölkerung hinsichtlich TTIPP und CETA während der Verhandlungen jedoch in den staatlichen Strukturen wie Ministerien oder dem Parlament. Was die generelle Finanzierung des VKI betrifft, verwies er an die Vereinbarungen im Regierungsprogramm. Stöger sieht es nicht wirklich positiv, dass sich die Sozialpartner aus der Finanzierung zurückziehen, wie er im Ausschuss meinte.

NEOS: AGB-Kataloge von Versicherungen sollen online abrufbar sein

Für mehr Transparenz und KundInnenfreundlichkeit in Bezug auf Verträge mit Versicherungen setzt sich NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak ein (1702/A(E)). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Versicherungsgesellschaften seien einem ständigen Wandel unterworfen. Kommt einem Kunden aber der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültige AGB-Katalog abhanden, ist er derzeit auf den guten Willen und die Kooperation des Unternehmens angewiesen, um die ursprüngliche Version zu erhalten, gibt Scherak zu bedenken. Er schlägt daher vor, dass Versicherungsgesellschaften in Hinkunft verpflichtet werden, den KundInnen ein online abrufbares Archiv all ihrer jemals gültigen AGB-Bestimmungen zur Verfügung zu stellen.

Die Idee wurde von Berivan Aslan von den Grünen sowie Peter Wurm von den Freiheitlichen unterstützt. AGB-Kataloge wären nach Meinung Aslans ein sinnvolles Service für KonsumentInnen, Wurm sprach von einem pragmatischen Vorschlag, der keine Kosten verursacht. Die SPÖ stand prinzipiell auch dafür ein, Daniela Holzinger-Vogtenhuber sprach etwa von einem politisch sinnvollen Schritt im digitalen Zeitalter, der auch unternehmerfreundlich sei. Der Antrag wurde schließlich in den Justizausschuss zugewiesen. Angela Fichtiger (V) meinte, dass zu viele Informationen Verwirrung stiften würden.

Für Sozialminister Alois Stöger ist der Antrag unterstützenswert. Gerade im Konsumentenschutzbereich sollte aus seiner Sicht der Nutzen aus dem digitalen Fortschritt gezogen werden.

Einen ähnlichen, aber technisch anderen Zugang hatte Leopold Steinbichler vom Team Stronach. Geht es nach ihm, könnten bei einem Vertragsabschluss AGBs in Papierformat durch entsprechende Online-Versionen gänzlich ersetzt werden.

FPÖ gegen generelles Rauchverbot

Die bereits beschlossenen Tabakgesetz-Novellen für ein generelles Rauchverbot in Gaststätten ab 2018 ruft die FPÖ als Verfechterin der Wahlfreiheit auf den Plan. Für die FPÖ bedeuten sie massive Einschränkungen sowohl für die heimischen RaucherInnen, als auch die GastronomInnen, die TrafikantInnen und die E-ZigarettenhändlerInnen. Sie wollen eine individuelle Wahlfreiheit, Gastronomen sollten zudem weiterhin selbst entscheiden, ob sie ihren Betrieb als Nichtraucher- oder Raucherlokal bzw. getrennt in Nichtraucher- und Raucherbereich (854/A(E)) führen wollen. Die restriktiven Bestimmungen würden nicht nur zahlreiche Arbeitsplätze gefährden, sondern auch im Hinblick auf den Gesundheits- und Jugendschutz nur wenig bringen, urteilen die Freiheitlichen(1665/A(E)). Vor allem, dass die funktionierende Alternative der E-Zigarette in den neuen Bestimmungen mit der klassischen Zigarette oder Zigarre gleichgestellt wurde, sei sachlich falsch, erklärte Peter Wurm (F). "Wir werden alles versuchen, dieses absolute Rauchverbot ab 2018 zu verhindern", sagte er.

Wolfgang Pirklhuber (G) plädierte dafür, individuelle Freiheit gegen gesundheitliche Schutzinteressen abzuwiegen. Vor allem MitarbeiterInnen in der Gastronomie hätten oft nicht jene Wahlfreiheit, die von der FPÖ eingefordert werde. Josef Rädler (V) hielt mit seiner Skepsis gegenüber dem generellen Rauchverbot nicht hinter dem Berg. "Damit hat man den Wirten eine große Bürde auferlegt", sagte er. Die beiden FPÖ-Anträge wurden schließlich vertagt.

Team Stronach weist auf Gefahren durch Thermopapier hin

Viele Kassenbons, Rechnungsbelege und diverse Tickets werden auf so genanntem Thermotransferpapier gedruckt, das oft sehr hohe Konzentrationen der Chemikalie Bisphenol A aufweist, warnt Leopold Steinbichler vom Team Stronach in einem Antrag (1763/A(E)). Neben dieser gesundheitlichen Gefahr, von der vor allem KassierInnen betroffen sind, hat das Papier noch einen weiteren Nachteil - der Aufdruck verblasst nach einiger Zeit. Dadurch sind nicht nur die Lesbarkeit, sondern auch die Weiterverwendung der Rechnungen (z.B. bei Reklamationen oder im Rahmen der Steuererklärung) beeinträchtigt. Vom Konsumentenschutzminister erwartet sich der Antragsteller entsprechende Maßnahmen, um die gesetzlich erforderliche Mindestlesbarkeit der Belege zu gewährleisten.

Johann Rädler von der ÖVP meinte, dass KonsumentInnen das Problem durch das Kopieren diverser Belege umgehen können. Ein Vorschlag, den Birgit Schatz (G) und Angela Lueger (S) nicht gut heißen konnten: Es gehe nicht nur um Dokumentationswecke, viele KonsumentInnen würden Belege über eine längere Zeit für Reklamationen oder das Finanzamt aufheben wollen. Außerdem würde die Umstellung auf alternative Varianten keine große Mehrbelastung für Unternehmen darstellen, so die Meinung von Schatz.

FPÖ fordert Senkung der Überziehungszinsen bei Banken

Der FPÖ-Abgeordnete Peter Wurm beklagt außerdem in einem Entschließungsantrag seiner Partei, dass die Bankkunden derzeit viel zu hohe Überziehungszinsen bezahlen müssen (533/A(E)). Eine Regierungsvorlage, die eine entsprechende Regulierung im Sinne einer marktkonformen Absenkung der Überziehungszinsen für KonsumentInnen bei Banken zum Inhalt hat, sollte nach Auffassung der FPÖ daher so rasch wie möglich ausgearbeitet werden. Das Thema würde viele Menschen betreffen, die ohnehin bereits an der Armutsgrenze leben, sagte Wurm im Ausschuss, es brauche dringend eine Deckelung der Zinsen. Berivan Aslan (G) stimmte mit Wurm überein, es handle sich dabei um ein altes Abschreckungsinstrument von Banken, das nicht mehr zeitgemäß ist. Der Antrag wurde schließlich u.a. mit Verweis auf das vor kurzem beschlossene Verbraucherzahlenkontengesetz, das Gertrude Aubauer (V) zufolge umfassende Informationspflichten für Banken enthält, vertagt. "Es gibt bereits eine rote Ampel", sagte sie.

FPÖ-Anträge zu Inflationsstopp, Grundsteuer und Smart Meter: Vertagt

Vertagt wurden schließlich auch die weiteren Anliegen der FPÖ, in denen sie sich für einen Inflationsstopp (1682/A(E)) in den Jahren 2016 und 2017, gegen die Erhöhung der Grundsteuer zu Lasten der MieterInnen und WohnungseigentümerInnen (1468/A(E)) sowie gegen die flächendeckende Einführung von sogenannten Smart Metern, also neuen intelligenten Stromzählern (1134/A(E)), aussprechen. Die Forderung, dass die Bundesregierung eine Inflationsdämpfung bzw. einen Inflationsstopp einleiten soll, wurde im Konsumentenschutzausschuss besonders von den Grünen und den NEOS als unseriös bewertet. "Machen sie Anträge, die ernst zu nehmen sind", sagte Pirklhuber in Richtung FPÖ. (Schluss) keg


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