Parlamentskorrespondenz Nr. 1283 vom 22.11.2016

SPÖ und ÖVP mit Rekordbudget für innere Sicherheit zufrieden

Opposition bleibt bei Debatte im Nationalrat skeptisch

Wien (PK) – Mehr Personal, zusätzliches Geld für die Ausrüstung der Polizei sowie steigende Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen und die Abwicklung von Asylverfahren. Das sind einige der Eckpunkte des Budgets des Innenministeriums für das kommende Jahr, über das der Nationalrat zum Abschluss der heutigen Budgetberatungen diskutierte. Während sich SPÖ und ÖVP mit dem Rekordbudget zufrieden zeigten, äußerte sich die Opposition verhalten. So bezweifelt die FPÖ, dass sich die zusätzlichen Mittel positiv auf die Kriminalitätsrate auswirken werden. Zudem wurde mehrfach auf den hohen Anteil von Flüchtlingskosten im Ressortbudget verwiesen. Der mit Abstand größte Ausgabenposten im Ministerium bleibt allerdings weiter der Bereich Sicherheit: 2,26 Mrd. € können dafür im nächsten Jahr aufgewendet werden.

Insgesamt stehen dem Innenministerium im kommenden Jahr Mittel in der Höhe von 3,47 Mrd. € zur Verfügung. Das sind um rund 440,5 Mio. € mehr als für 2016 veranschlagt wurden. Ob die Ausgaben im Jahresvergleich tatsächlich steigen werden, ist allerdings nicht sicher, schließlich darf Innenminister Wolfgang Sobotka das Sicherheitsbudget schon heuer um bis zu 629,5 Mio. € überziehen. An Einnahmen hat das Ressort für 2017 147,6 Mio. € veranschlagt.

Im Rahmen der Debatte gratulierte ÖVP-Abgeordneter Werner Amon dem Innenminister zum größten Budget für Innere Sicherheit in der Zweiten Republik herzlich. Das Budget steige um mehr als 14%, betonte er. Darauf wiesen auch die Abgeordneten Michael Hammer (V), Otto Pendl (S), Wolfgang Gerstl (V), Nikolaus Prinz (V), Anton Heinzl (S) und Friedrich Ofenauer (V) hin. Es werde nicht nur in mehr Personal, sondern auch in eine bessere Ausrüstung investiert, so der allgemeine Tenor. Das Budget sei eine klare Ansage für mehr Sicherheit in Österreich. Wichtig ist für Abgeordneten Hammer aber auch eine Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühl der Bevölkerung, dazu brauche es Präsenz der Polizei und Präventionsmaßnahmen.

Dass Österreich zu den sichersten Staaten der Welt gehört, sei auch wichtig für den Wirtschaftsstandort und für den Tourismus, machte Gabriel Obernosterer (V) geltend. In diesem Sinn müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um den hohen Standard zu halten. Über den Spitzenplatz Österreichs zeigte sich auch sein Fraktionskollege Nikolaus Prinz erfreut. Er warnte aber davor, die Augen vor den Problemen bei der Integration von Flüchtlingen zu verschließen.

Rudolf Plessl (S) erinnerte daran, dass in Zeiten der schwarz-blauen Koalition viele ExekutivbeamtInnen wegrationalisiert worden seien. Auch deshalb sei es jetzt notwendig, den Personalstand massiv zu erhöhen. Sein Fraktionskollege Jürgen Schabhüttl forderte konkrete Maßnahmen, um die hohe Zahl von im Dienst verletzten PolizistInnen – 1.000 im Jahr – zu senken.

Man dürfe nicht den Trugschluss ziehen, dass mehr Geld für das Innenministerium automatisch einen Rückgang der Kriminalitätsrate zur Folge habe, warnte Anton Heinzl (S). Seiner Ansicht nach braucht es auch ein Sozialsystem, das ein bescheidenes Leben ermögliche. Heinzl kritisierte in diesem Zusammenhang das "Sozialdumping" der Länder bei der Mindestsicherung.

Um das subjektive Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung sorgt sich Nurten Yilmaz (S). Dazu trage auch die Hetze von PolitikerInnen bei. Man müsse sehr auf die Sprache achten, appellierte sie an die Abgeordneten.

FPÖ bezweifelt, dass zusätzliche Budgetmittel bei der Exekutive ankommen

Seitens der FPÖ begrüße David Lasar die Budgeterhöhung für das Innenministerium. Er gab aber zu bedenken, dass es in Wien eine bedenkliche Kriminalitätsentwicklung gebe, vor allem was die Drogenkriminalität betrifft. Auch Christian Lausch und Günther Kumpitsch äußerten sich skeptisch. Das Budget sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, ihm fehle aber der Glaube, dass die zusätzlichen Mittel bei den PolizistInnen ankommen, meinte Lausch.

Kumpitsch sieht mehrere Anzeichen, dass die angekündigte Sicherheitsoffensive im Sande verlaufen wird. So wies er etwa darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Budgetmittel durch steigende Kosten für die Grundversorgung und die personelle Aufstockung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gebunden ist. Zudem wird seiner Einschätzung nach immer wieder Geld verschwendet, etwa bei der Errichtung des Schubhaftzentrums Vordernberg. In Form von Entschließungsanträgen forderte die FPÖ unter anderem eine eigene Belastungszulage für ExekutivbeamtInnen, die in stark belasteten Polizeidienststellen Dienst versehen, und die Anschaffung von Unterziehschutzwesten für alle PolizeibeamtInnen. Außerdem ist sie dagegen, Budgetmittel für die Grundversorgung und Betreuung von Flüchtlingen durch Privatpersonen, Vereine und NGOs zur Verfügung zu stellen.

Die Gefahr durch islamistischen Terrorismus brachte Walter Rosenkranz (F) zur Sprache. Seiner Ansicht nach tut die Politik zu wenig, um gegen islamistische Fundamentalisten vorzugehen. Konkret forderte er ein Verbot der Koran-Verteilungsaktion. Insgesamt ist Rosenkranz überzeugt, dass der Islam nicht zu Österreich gehört.

Grüne fordern stärkere Fokussierung auf soziale Sicherheit

Irritiert über die "Islambesessenheit" von Rosenkranz zeigte sich Peter Pilz. Es gebe eine Bedrohung durch islamistische Terroristen, betonte er, man könne das Thema Innere Sicherheit aber nicht ausschließlich unter diesem Blickwinkel diskutieren. Pilz selbst urgierte mehr Budget und Personal für den Verfassungsschutz. Dieser habe zu wenig Ressourcen, um sich um radikalislamistische und rechtsextreme Kreise zu kümmern. Auch AKP-nahe Organisationen muss man seiner Meinung nach verstärkt im Auge behalten. Man dürfe nicht zulassen, dass österreichische Türken für die Interessen des türkischen Staatschefs Erdogan instrumentalisiert und türkische Zustände nach Wien exportiert würden.

Die Fokussierung der Debatte über innere Sicherheit auf klassische Polizeiarbeit kritisierte Alev Korun. Ihrer Meinung nach kommen die Themen soziale Sicherheit, Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit viel zu kurz. Dabei hänge die Kriminalitätsentwicklung sehr stark damit zusammen, inwieweit Menschen halbwegs gerechte Lebenschancen hätten. Korun kritisierte in diesem Zusammenhang die geplanten Kürzungen bei der Mindestsicherung, die zu massiver Armut führen würden. Für Korun ist auch unverständlich, dass das von der Regierung mit der Flüchtlingsbetreuung betraute private Unternehmen ORS satte Gewinne macht, während für bedürftige Flüchtlinge zu wenig Geld zur Verfügung steht.

NEOS vermissen eigenes Budget für Cybersicherheit

Nikolaus Alm sprach sich dafür aus, das Augenmerk stärker auf Cybersicherheit zu richten. Jeder könne Opfer von Cyberkriminalität werden, hielt er fest. Die Palette der Straftaten reiche von betrügerischem Datenmissbrauch bis hin zu Hasspostings. Angesichts der Bedeutung des Themas bedauerte Alm, dass sich aus dem Bundesvoranschlag nicht herauslesen lasse, wieviel Geld tatsächlich zur Bekämpfung von Cyberkriminalität zur Verfügung steht.

Team Stronach fordert Fußfessel für Djihad-RückkehrerInnen

Auf den ersten Blick sehe das Budget gut aus, meinte Christoph Hagen vom Team Stronach. Es sei auch zu begrüßen, dass nun verstärkt in die Ausrüstung der Exekutive investiert werde. Hagen zufolge darf man aber nicht übersehen, dass 20% des Ressortbudgets für das Asylwesen reserviert sind. Der Großteil der Budgeterhöhung fließe in diesen Bereich, glaubt er. In einem Entschließungsantrag fordert Hagen Fußfessel für jene Djihad-RückkehrerInnen, die nicht in U-Haft bzw. in Haft sitzen, um deren Aktionsradius einzuschränken.

Zu Wort meldeten sich auch die beiden fraktionslosen Abgeordneten Ruppert Doppler und Gerhard Schmid. Nach Meinung von Schmid trägt der unkontrollierte Zuzug von Fremden zu mehr Unsicherheit bei. Er hält einen massiven Druck auf die Heimatstaaten von Flüchtlingen nötig, um Wirtschaftsflüchtlinge rascher wieder abschieben zu können. Doppler machte sich für eine besser Ausrüstung der Polizei stark.

Sobotka: Exekutive leistet gute Arbeit

Innenminister Wolfgang Sobotka warb für die von seinem Ressort initiierte Aktion "Gemeinsam sicher". Es sei wichtig, die Bevölkerung in die polizeiliche Arbeit einzubinden, betonte er. Man müsse von einer Gesellschaft des Wegsehens zu einer Gesellschaft des Hinsehens kommen.

Ausdrückliches Lob äußerte Sobotka für das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Man könne Terroranschläge auch in Österreich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern, es werde aber hervorragende Arbeit geleistet. Auch dem Grenzschutz misst der Innenminister große Bedeutung bei. Es sei wichtig, die Westbalkan-Route geschlossen zu halten. Allgemein begrüßte Sobotka die deutliche Personalaufstockung bei der Exekutive.

Morgen Früh werden die Budgetberatungen des Nationalrats mit dem Bereich Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie Pensionen fortgesetzt. (Schluss Nationalrat) gs