Parlamentskorrespondenz Nr. 1416 vom 14.12.2016

Enteignung von Adolf Hitlers Geburtshaus im Nationalrat beschlossen

Debatte über Nachnutzung und die Frage, wie dem Ort am besten der rechtsextreme Mythos zu nehmen ist

Wien (PK) - Hinter dem Tagesordnungspunkt der heutigen Nationalratssitzung "Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn" verbirgt sich ein Stück österreichische Zeitgeschichte. Der Nationalrat hat entsprechend einer Regierungsvorlage beschlossen, dass das Geburtshaus Adolf Hitlers in Braunau am Inn enteignet wird. Im Plenum und bereits zuvor im Innenausschuss des Nationalrats wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass eine vertragliche Lösung mit der Besitzerin der Liegenschaft – trotz jahrelanger Bemühung – nicht möglich gewesen sei.

In der Debatte waren die Abgeordneten denn auch Großteils schon einen Schritt weiter als das Gesetz selbst: Nicht die heute beschlossene Enteignung des Hauses war zentrales Thema der Wortmeldungen, sondern die noch nicht geklärte Nachnutzung der Immobilie. So verwehrte sich etwa der Abgeordnete Marcus Franz (o.F.) gegen einen nun möglichen Abriss und sprach sich für eine soziale Nutzung aus, bei deren Umsetzung man auch "die Kunst involvieren soll" - zum Beispiel in Form des Verhüllungskünstlers Christo.

Busse mit Rechtsextremen

Der ÖVP-Abgeordnete Nikolaus Prinz sagte, Enteignungen seien generell keine schöne Sache, im vorliegenden Fall aber notwendig gewesen, "damit das leere Haus nicht zur Pilgerstätte für Rechtsextreme verkommt". Nun seien die Stadt Braunau und das Land Oberösterreich am Zug. Harry Buchmayr (S) wies zu Beginn seiner Worte darauf hin, dass er selbst aus Braunau sei und dass das Thema bei der örtlichen Bevölkerung schon lange Unmut erzeuge. "Am Geburtstag Hitlers wurde Braunau immer wieder hermetisch abgeriegelt, weil Busse voll mit Rechtsextremen eingefahren sind", sagte Buchmayr, der auch anmerkte, dass er die Enteignung unterstütze, man nun aber behutsam mit dem Haus umgehen müsse.

Enteignung, um Missbrauch durch Private zuvorzukommen

Auch Walter Rosenkranz von der FPÖ sprach sich für die Enteignung aus, damit " dort auf Dauer keine Kultstätte entstehen kann". Wäre das Haus, nach jahrelanger erfolgloser Verhandlung, nicht enteignet worden, hätte es ein privater Käufer genau dafür nutzen können, so Rosenkranz. Das Hause dürfe nun aber nicht abgerissen werden, sondern man solle es neutralisieren.

Harald Walser (G) sagte, ihm sei nicht ganz wohl bei der Sache, Enteignungen dürften nur mit großem Bedacht durchgeführt werde. Er warnte auch davor, dass eine bloße "Umbenennung kaum etwas bringt". Man dürfe nun auch keine historische Gedenkstätte daraus machen, sonst würde der Mythos erhalten bleiben.

Nikolaus Alm von den NEOS unterstellte allen Anwesenden, dass ihnen eine Lösung ohne Enteignung lieber gewesen wäre. Die NEOS seien ursprünglich für eine Vertagung der Angelegenheit gewesen, weil heute noch nicht klar sei, was aus dem Haus werden solle. Und "ob dem Ort nun der Mythos entzogen werden kann", sei für Alm eine reine Glaubensfrage.

Entschädigungssumme noch unklar

Dem Gesetzentwurf zufolge soll die Liegenschaft unmittelbar nach Leistung einer Entschädigungssumme an den Bund übertragen werden, wobei sich die Republik Österreich dazu verpflichtet, diese entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes – Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts – zu nutzen und nicht weiter zu veräußern. Eine konkrete Entschädigungssumme wird nicht genannt, diese soll sich nach dem Eisenbahn-Entschädigungsgesetz richten. (Fortsetzung Nationalrat) wz