Parlamentskorrespondenz Nr. 1417 vom 15.12.2016

Nationalrat beschließt Änderungen im Waffengesetz

Eingetragene Partnerschaften werden künftig am Standesamt besiegelt

Wien (PK) – Der Erwerb einer Waffe durch Flüchtlinge und Zuwanderer wird eingeschränkt. Künftig dürfen in Österreich lebende AusländerInnen erst dann eine Waffe kaufen bzw. besitzen, wenn sie über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der EU verfügen. Eine entsprechende Novelle zum Waffengesetz wurde heute auf Empfehlung des Innenausschusses vom Nationalrat beschlossen. Auch für AsylwerberInnen wird demnach ab März 2017 ein explizites Waffenverbot gelten. PolizistInnen können hingegen künftig ohne weitere Prüfung auch privat Waffen mit einem Kaliber bis zu 9 mm führen, sie erhalten einen entsprechenden Rechtsanspruch auf einen Waffenpass.

Eingebettet ist die Novelle zum Waffengesetz in ein umfangreiches Gesetzespaket , das auch Neuerungen in zahlreichen anderen Bereichen bringt. So werden eingetragene Partnerschaften künftig wie Ehen am Standesamt geschlossen, die PartnerInnen dürfen einen gemeinsamen "Familiennamen" tragen. Eltern erhalten die Möglichkeit, Fehlgeburten unter 500 Gramm Körpergewicht, so genannte "Sternenkinder", in das Personenstandsregister eintragen zu lassen. Um verdeckte Ermittlungen im "Darknet" zu erleichtern, ist ein höherer Strafrahmen für illegale Waffenverkäufe vorgesehen.

Weitere Änderungen betreffen Erleichterungen für Tourismusbetriebe bei der Registrierung von Reisegruppen und andere Änderungen im Meldegesetz zur Verbesserung der Datenqualität des Zentralen Melderegisters, die Einführung einer Bewilligungspflicht für den Besitz von Schießmitteln auch in geringen Mengen, die Verwendung von Schalldämpfern durch BerufsjägerInnen und FörsterInnen sowie bürokratische Vereinfachungen für traditionelle Schützenvereine. Außerdem soll durch eine Änderung des Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetzes die Attraktivität gemeinnütziger Stiftungen erhöht werden (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1344/2016 ).

Zustimmung erhielt die Sammelnovelle letztendlich von den Koalitionsparteien und den NEOS. Für einzelne Teilbereiche hatten zuvor in Zweiter Lesung auch die anderen Oppositionsparteien votiert. Mit großer Mehrheit genehmigten die Abgeordneten eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die dauerhafte Stationierung eines Polizeihubschraubers in Tirol. Er soll sowohl für Katastropheneinsätze als auch für polizeiliche Aufgaben zum Einsatz kommen.

FPÖ und Team Stronach kritisieren Waffenpass-Regelung

Im Mittelpunkt der Debatte stand die Novelle zum Waffengesetz. Weder FPÖ-Abgeordneter Günther Kumpitsch noch Christoph Hagen und Martina Schenk von Team Stronach halten es für nachvollziehbar, dass der Rechtsanspruch für PolizistInnen auf einen Waffenpass nur eingeschränkt gilt, und forderten eine Streichung der 9mm-Beschränkung. Dem schloss sich auch der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler an. Man müsste PolizistInnen, die bereit seien, auch außerhalb des Dienstes eine Waffe zu tragen und diese im Bedarfsfall einzusetzen, eigentlich dankbar sein, meinte Kumpitsch. Schenk wies darauf hin, dass etliche Behörden PolizistInnen in der Vergangenheit Waffenpässe verwehrt hätten. Sie forderte zudem generell eine bürgerfreundlichere Überarbeitung des Waffengesetzes.

Kritisiert wurde von der FPÖ und vom Team Stronach darüber hinaus, dass der neue Rechtsanspruch von PolizistInnen auf einen Waffenpass nicht auch für JustizwachebeamtInnen und ausgewählte Heeresangehörige, etwa Angehörige der Militärpolizei und des Heeresnachrichtenamts, gilt. Ein von FPÖ-Abgeordnetem Christian Lausch dazu eingebrachter Entschließungsantrag fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Gerechtfertigt ist für Kumpitsch hingegen das neue Waffenverbot für Zuwanderer in den ersten Aufenthaltsjahren.

Verteidigt wurden die neuen Waffenpass-Regeln von Rouven Ertlschweiger (V) und Rudolf Plessl (S). Die 9mm-Regelung sei ein Kompromiss, betonte Ertlschweiger. Dass der eingeschränkte Rechtsanspruch auf einen Waffenpass nicht auch für JustizwachebeamtInnen gilt, begründete Plessl damit, dass nur PolizistInnen die Möglichkeit haben, sich in den Dienst zu stellen. Ein noch nicht gelöstes Problem ist für ihn hingegen, dass bei der Verhängung eines vorläufigen Waffenverbots nicht auch die Jagdkarte abgenommen werden kann. Damit hätten Betroffene für eine bestimmte Zeitspanne die Möglichkeit, eine neue Waffe zu erlangen.

Innenminister Wolfgang Sobotka machte geltend, dass die Polizei mit 9mm-Schusswaffen bestens trainiert sei. PolizistInnen, die privat eine größere Waffe führen wollten, sei es unbenommen, einen eigenständigen Waffenpass zu beantragen. Dafür reiche ein Befähigungsnachweis aus.

Generell skeptisch, was den neuen Rechtsanspruch von PolizistInnen auf einen Waffenpass betrifft, äußerte sich Harald Walser (G). Es stehe außer Frage, dass ExekutivbeamtInnen auch in ihrer Freizeit mit Waffen sorgsam umgehen, meinte er, die Tendenz des Gesetzes gehe aber in die falsche Richtung.  Man brauche nicht mehr, sondern weniger private Waffen in Österreich. Mehr Waffen bedeuten weniger Sicherheit, wie das Beispiel USA zeige.

Unterschiedliche Meinungen unter den Abgeordneten gab es auch zur Änderung des Sprengmittelgesetzes. Während SPÖ-Abgeordneter Jürgen Schabhüttl die neuen Bestimmungen für Schießmittel explizit begrüßte, kritisierte Christoph Hagen vom Team Stronach, dass es Traditionsvereinen dadurch künftig nicht mehr möglich sein wird, ohne behördliche Bewilligung Schießmittel für Ehrensalute zu kaufen. Auch die FPÖ lehnte die Änderungen ab.

Team Stronach: Gesetz enthält "Kraut und Rüben"

Generell bemängelte Hagen, dass im Gesetz Kraut und Rüben durcheinandergemischt seien. Damit mache man es der Opposition schwer, dem Paket als Ganzes zuzustimmen, auch wenn seine Fraktion viele der vorliegenden Änderungen begrüße. Beispielhaft nannte er die künftig mögliche Eintragung von Sternenkindern ins Personenstandsregister.

Die Neuregelung für Sternenkinder hoben auch die Abgeordneten Angela Lueger (S), Harald Walser (G), Hermann Lipitsch (S), Wolfgang Gerstl (V) und Michaela Steinacker (V) hervor. Durch die Eintragung ins Personenstandsregister ermögliche man den Eltern, sich mit Namen von ihren Kindern zu verabschieden und sie zu begraben, hielt Gerstl fest. Man könne den Schmerz der Eltern über eine Fehlgeburt nicht lindern, so Lueger, man könne ihnen aber bei der Trauerarbeit helfen. Lueger erinnerte daran, dass am Anfang der parlamentarischen Diskussion eine Petition stand, wobei sich Gerald Loacker von den NEOS überzeugt zeigte, dass es keinen Beschluss im Nationalrat geben würde, wären private InitiatorInnen nicht so hartnäckig gewesen. Seiner Meinung nach ist man auch noch nicht ganz am Ziel angelangt.

Insgesamt als wesentlichen Punkt des Gesetzespakets sieht die ÖVP den Bürokratieabbau. Als Beispiele nannten Gerstl und Steinacker die vorgesehenen Erleichterungen für gemeinnützige Stiftungen und für Tourismusbetriebe. Zudem verwiesen sie auf weitere Änderungen im Meldegesetz, etwa was Anmeldungen per Bürgerkarte betrifft. Ihr Fraktionskollege Hermann Gahr lobte insbesondere die praxistaugliche Regelung für Schützenvereine bei der Registrierung von Traditionswaffen. Insgesamt sei es eine gelungene Regierungsvorlage, betonte Steinacker. Auch SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl begrüßte das Paket als Gesamtes.

NEOS sprechen sich neuerlich für Homo-Ehe aus

Von mehreren Abgeordneten angesprochen wurden auch die Neuerungen für gleichgeschlechtliche Paare, wobei die Meinungen dazu auseinandergingen. So lehnte die FPÖ die Verlagerung der Zuständigkeit für die Begründung eingetragener Partnerschaften von den Bezirksverwaltungsbehörden zu den Standesämtern ab. Dies sei ein weiterer Tabubruch und ein Schlag gegen die klassische Familie, hielt Abgeordneter Kumpitsch fest und warf der ÖVP vor, ihre Meinung in dieser Frage geändert zu haben. Ähnlich kritisch äußerte sich sein Fraktionskollege Wolfgang Zanger. Es komme nicht darauf an, wo ein Rechtsakt geschlossen werde, hielt dem ÖVP-Abgeordneter Gerstl entgegen.

Nikolaus Scherak (N) freute sich hingegen darüber, dass die ÖVP ihre Meinung zur Schließung eingetragener Partnerschaften auf Standesämtern geändert hat und zitierte in diesem Zusammenhang eine frühere Stellungnahme des ehemaligen Vizekanzlers Michael Spindelegger. Besser wäre es seiner Auffassung nach gewesen, gleich die Ehe für alle zu öffnen. Er sei aber guten Mutes, dass sich auch hier die Meinung der ÖVP in den nächsten Jahren ändere. Ähnlich sieht das auch SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger.

Dezidiert gegen die Homo-Ehe sprach sich dem gegenüber FPÖ-Abgeordneter Zanger aus. Er lehne diese aus tiefster Überzeugung ab. Walter Rosenkranz bezweifelte, dass 73% der ÖsterreicherInnen die Homo-Ehe befürworten, wie dies Abgeordneter Scherak ausgeführt hatte.

Seitens der Grünen erklärte Harald Walser, dass es für gleichgeschlechtliche Paare künftig "ein Stück mehr Gleichberechtigung" gebe, sowohl was die Führung eines gemeinsamen Familiennamens als auch was die Verpartnerung auf Standesämtern betrifft.

Im Sinne des Opferschutzes begrüßten es Gerstl, Steinacker und Lueger ausdrücklich, dass künftig für bis zu fünf Jahre eine Auskunftssperre für Meldeadressen, etwa in Notwohnungen, eingetragen werden kann. Bisher war das nur für zwei Jahre möglich.

Dauerhafte Stationierung eines weiteren Polizeihubschraubers in Tirol

Die Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Tirol über Hubschrauberdienste für den Zivil- und Katastrophenschutz in Tirol wird damit begründet, dass das westliche Bundesland immer wieder mit schwerwiegenden Naturkatastrophen in hochalpinen Regionen konfrontiert ist, die eine unmittelbare Einsatzbereitschaft eines Hubschraubers vor Ort unerlässlich machen. Der Vertrag wurde grundsätzlich für einen Zeitraum von 15 Jahren geschlossen, die Kosten werden sich der Bund und das Land aliquot teilen.

Ausdrücklich begrüßt wurde die Vereinbarung von Otto Pendl (S), Hermann Gahr (V) und Christoph Hagen (T). Einige offene Fragen sieht hingegen Rupert Doppler (o.F.). Wie Innenminister Wolfgang Sobotka erklärte, ist bereits derzeit ein Polizeihubschrauber fix in Tirol stationiert, ein zweiter kann im Bedarfsfall hinzugezogen werden. Mit der neue Vereinbarung stünden dann bis zu drei Hubschrauber zur Verfügung. Die voraussichtlichen Kosten für den Kauf des Fluggeräts bezifferte er mit zwischen 2,5 und 4 Mio. €.

Keine Mehrheit für Fristsetzungsantrag der Grünen

Zum Schluss der Sitzung stimmte der Nationalrat noch über einen Fristsetzungsantrag der Grünen ab. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich dagegen aus, dem Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1934/A(E) von Abgeordneter Tanja Windbüchler-Souschill (G) eine Frist bis zum 30. Jänner 2017 zu setzen. Der Antrag zielt auf EU-weit verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen beim Import bzw. dem Weiterverkauf von Rohstoffen aus Konfliktgebieten ab, um die Finanzierung gewaltsamer Konflikte zu unterbinden. (Schluss Nationalrat) gs