Parlamentskorrespondenz Nr. 1420 vom 15.12.2016

Nationalrat: Rückkehr ins Berufsleben nach langer Krankheit wird erleichtert

Weitere Beschlüsse: Unbefristete Verlängerung der Kurzarbeitsbeihilfe, Ausdehnung der Funktionsperiode von Betriebsräten

Wien (PK) – Die Rückkehr schwer erkrankter ArbeitnehmerInnen ins Berufsleben soll erleichtert werden. Ein entsprechendes Gesetzespaket verabschiedetet der Nationalrat heute mit Stimmeneinhelligkeit. Konsens erzielten die Abgeordneten auch über eine Gesetzesänderung, mit der die Beihilfe zur Kurzarbeit auf unbefristete Zeit verlängert wird. Grünes Licht gab das Plenum überdies für Neuerungen im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, durch die die Leistung von Zuschüssen zur Schlechtwetterentschädigung aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik sichergestellt wird. Die Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse erhält zudem eine finanzielle Unterstützung des Bundes zur Bekämpfung von Sozialbetrug. Weitere Beschlüsse betrafen neue Arbeitszeitregelungen in der Binnenschifffahrt und im Straßenverkehr sowie eine Ausdehnung der Funktionsperiode von Betriebsräten von derzeit vier auf fünf Jahre.   

Keine Mehrheit fanden hingegen Anträge der FPÖ auf temporäre und sektorale Beschränkungen des Arbeitsmarkts für EU-BürgerInnen bzw. auf Evaluierung der Auswirkungen einer allfälligen Heranziehung von AsylwerberInnen für gemeinnützige Tätigkeiten auf sozioökonomische Betriebe.

Konsens über Wiedereingliederungsteilzeit

Wer sich nach einer längeren Erkrankung noch nicht ausreichend fit für einen vollen Berufseinstieg fühlt, kann in Zukunft mit dem Arbeitgeber für maximal sechs Monate Teilzeitarbeit vereinbaren und erhält während dieser Zeit aliquot Krankengeld. Dies sieht im Kern ein so genanntes Wiedereingliederungsteilzeitgesetz vor, das in der Debatte von allen Fraktionen begrüßt wurde.

Die Wiedereingliederungsteilzeit sei nur eine der zahlreichen heute beschlossenen Verbesserungen für die ArbeitnehmerInnen, stellte SPÖ-Abgeordneter Josef Muchitsch fest, was sein Fraktionskollege Markus Vogl mit der Bemerkung bestätigte, die vorliegende Maßnahme stelle eine wesentliche Innovation im österreichischen Sozialsystem dar. Von einer wichtigen Weiterentwicklung, die es Menschen nach langer Krankheit ermöglicht, sich schrittweise wieder einzuarbeiten, sprachen auch August Wöginger (V) und Waltraud Dietrich (T). Für Sozialminister Alois Stöger wiederum ist die Wiedereingliederungsteilzeit Ausdruck der Stärkung des Prinzips "Reha vor Pension". Grünen-Sozialsprecherin Birgit Schatz, die die Vorlage grundsätzlich begrüßte, kritisierte allerdings das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf die Teilzeit nach Krankheit.  

Beihilfe für Kurzarbeit wird unbefristet verlängert

Eingeführt wurde die Beihilfe zur Kurzarbeit ursprünglich, um Unternehmen in Krisenzeiten unter die Arme zu greifen und einen Personalabbau zu verhindern. Die in Dritter Lesung einstimmig beschlossene Gesetzesnovelle verlängert nun dieses Instrument unbefristet und erhöht zudem auch die maximale Bezugsdauer von 18 auf 24 Monate.

Die Kurzarbeit habe sich in der Krise 2009 als erfolgreiches Instrumentarium bewährt, um auf Auftragseinbrüche zu reagieren, betonte Rainer Wimmer (S) im Einklang mit Waltraud Dietrich (T). Ein positives Echo kam auch von Gerald Loacker (N) und dem fraktionslosen Abgeordneten Rupert Doppler.

Bedenken meldete Birgit Schatz (G) gegen Bestimmungen der Vorlage an, die dem AMS Meldeabfragen zwecks Aufspürens von Scheinwohnsitzen erlauben. Dies würde vor allem Frauen treffen, die bei einem Lebensgefährten wohnen und keinen eigenen Anspruch auf Notstandshilfe haben. In Zweiter Lesung lehnten die Grünen daher diesen Passus ab.

Bund unterstützt Personalaufstockung der Urlaubskasse für "SOKO Bau"

Der Bund wird auch weiterhin Zuschüsse zur Schlechtwetterentschädigung von Bauarbeitern aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik leisten. Die gegen die Stimmen der NEOS beschlossenen Änderungen im Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz enthalten auch eine Weitergeltung der Sonderregelungen der Bauwirtschaft bei der Auflösungsabgabe, wobei diese allerdings an das Bonus-Malus-System zur Förderung älterer Beschäftigter herangeführt werden. Ein weiterer Punkt des umfangreichen Pakets sieht einen Bundesbeitrag an die Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse zur Unterstützung der Bekämpfung des Sozialbetrugs vor.

Durch den Bundesbeitrag werde es möglich, die im Rahmen der Urlaubs- und Abfertigungskasse eingerichtete "SOKO Bau" mit dem notwendigen Personal auszustatten, erklärte Josef Muchitsch (S). Der SPÖ-Sozialsprecher wertete diesen Schritt ebenso wie Sozialminister Alois Stöger als wichtiges Signal im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping. Ähnlich positiv sah dies auch Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F), die in diesem Zusammenhang aber auch kritisch zur Ausländerbeschäftigung Stellung bezog.

Aus dem Chor der Zustimmung scherten die NEOS aus, deren Sozialsprecher Gerald Loacker die in der Vorlage enthaltenen Sonderregelungen für die Baubranche als "lupenreine Klientelpolitik" ablehnte.     

Neue Arbeitszeitregelungen in der Binnenschifffahrt und im Straßenverkehr

Einstimmig beschlossene Änderungen im Arbeitszeitgesetz setzen EU-Vorgaben um, von denen vor allem die Binnenschifffahrt betroffen ist, wo nun im Wesentlichen eine tägliche Mindestruhezeit von zehn Stunden verankert wird. Im Bereich des Straßenverkehrs wiederum sollen schwere Verstöße gegen EU-Sozialvorschriften strenger geahndet werden.

Ausdehnung der Funktionsperiode von Betriebsräten auf fünf Jahre

Schließlich verabschiedeten die Abgeordneten mit breiter Mehrheit Änderungen im Arbeitsverfassungsgesetz, durch die die Funktionsperiode für Betriebsräte von derzeit vier auf fünf Jahre ausgedehnt wird. Während die Abgeordneten Josef Muchitsch (S), Rainer Wimmer (S) und August Wöginger (V) diese Neuerung, die auf einen eigenständigen Antrag des Sozialausschusses zurückgeht, ausdrücklich begrüßten, überwog bei Birgit Schatz (G) die Kritik. Die Sozialsprecherin der Grünen vermisste Akzente zur Stärkung der Interessen jugendlicher ArbeitnehmerInnen und forderte – ohne Erfolg – in einem Abänderungsantrag die Senkung des Wahlalters für den Betriebsrat von derzeit 18 auf 16 Jahre.  

Freiheitliche Bedenken gegen Beschäftigung von AusländerInnen und AsylwerberInnen

Keine Mehrheit fanden zwei Anträge der FPÖ, die sich kritisch mit der Beschäftigung von AusländerInnen auseinandersetzen. Dagmar Belakowitsch-Jenewein knüpft dabei zum einen an eine entsprechende Resolution der SPÖ Burgenland an und erhebt die Forderung nach einer temporären und sektoralen Beschränkung des heimischen Arbeitsmarkts für EU-BürgerInnen. Zum anderen richten die Freiheitlichen einen Appell an Sozialminister Stöger, die Auswirkungen einer allfälligen Heranziehung von AsylwerberInnen für gemeinnützige Tätigkeiten auf soziökonomische Betriebe im so genannten zweiten Arbeitsmarkt zu evaluieren. Belakowitsch-Jenewein warnte in diesem Zusammenhang vor einem Verdrängungswettbewerb, zumal viele dieser Tätigkeiten, etwa die Betreuung öffentlicher Parkanlagen, derzeit von Beschäftigten im Rahmen dieses zweiten Arbeitsmarktes vorgenommen würden.

"Vorrang für österreichische Arbeitskräfte" lautete die Devise der FPÖ-Mandatarin, der sich auch der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid anschloss. Die Gefahr der Einwanderung in das Sozialsystem beschwor auch der fraktionslose Mandatar Marcus Franz, wobei er zu bedenken gab, in Zeiten offener Grenzen werde es zunehmend schwierig, den Sozialstaat zu sichern. (Fortsetzung Nationalrat) hof