Parlamentskorrespondenz Nr. 34 vom 18.01.2017

Neu im Justizausschuss

Regierung legt 2. Erwachsenenschutz-Gesetz vor

Erwachsenenschutz-Gesetz will Selbstbestimmung vertretungsbedürftiger Personen fördern

Wien (PK) – Die Förderung der Selbstbestimmung von Menschen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, ist Leitgedanke eines von der Regierung präsentierten 2. Erwachsenenschutz-Gesetzes (1461 d.B.), mit dem sich der Justizausschuss in einer seiner nächsten Sitzungen befassen wird. Im Wesentlichen geht es dabei um den Ausbau der Vertretungsmodelle und Alternativen zur bisherigen Sachwalterschaft, wobei sich der neue Zugang des Gesetzgebers zu dieser Thematik auch durch eine geänderte Terminologie manifestiert. So wird der Begriff "Sachwalter" durch den Ausdruck "Erwachsenenvertreter" ersetzt. Aufgegeben wird auch der Terminus "behinderte Person", wobei der Entwurf nun von der volljährigen, der vertretenen oder auch der betroffenen Person spricht.

Reform bietet vier Modelle der Vertretung

Geht es nach der Regierungsvorlage, dann wird es in Zukunft vier mögliche Arten der Vertretung einer vertretungsbedürftigen volljährigen Person geben. Vorgesehen ist zunächst der gerichtliche Erwachsenenvertreter, der den Sachwalter ersetzt. Seine Befugnisse sollen aber auf bestimmte Vertretungshandlungen beschränkt werden und nicht pauschal für "alle Angelegenheiten" gelten. Die gerichtliche Bestellung des Erwachsenenvertreters ist nach den Intentionen des Entwurfs nur die ultima ratio, geht es doch darum, die Alternativen auszubauen.

Mit der gesetzlichen Erwachsenenvertretung übernimmt die Regierungsvorlage die schon bisher mögliche Vertretung durch nächste Angehörige. Diese soll aber nicht unmittelbar kraft Gesetzes eintreten, sondern nur dann bestehen, wenn sie im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen wird. Da die gesetzliche Erwachsenenvertretung weitergehende Befugnisse als nach bisherigem Recht schafft, unterliegt sie nun einer gerichtlichen Kontrolle und muss spätestens nach drei Jahren erneuert werden.

Neu ist die gewählte Erwachsenenvertretung, die einer volljährigen Person die Möglichkeit gibt, im Bedarfsfall selbst einen Vertreter zu bestimmen, der sofort für sie tätig werden soll. Auch diese Vertretungsbefugnis setzt eine Eintragung ins ÖZVV voraus und unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Da sie aber auf der Willensbildung des Vertretenen beruht, ist sie auf unbestimmte Zeit eingerichtet.

Aus dem geltenden Recht schließlich wird die Vorsorgevollmacht mit uneingeschränktem Wirkungsbereich übernommen. Voraussetzung hierfür ist der Eintritt des "Vorsorgefalls" – des Verlusts der Entscheidungsfähigkeit – sowie die Eintragung im ÖZVV. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich dabei im Wesentlichen auf die Genehmigung von Entscheidungen bei medizinischen Behandlungen, soweit zwischen Vertreter und vertretener Person ein Dissens erkennbar wird, sowie auf den Fall einer dauerhaften Wohnortverlegung ins Ausland. Eingerichtet wird die Vorsorgevollmacht auf unbestimmte Zeit.

Erwachsenenschutzvereine werden zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge

Der Entwurf stärkt überdies die durch die öffentliche Hand geförderten Sachwalter- bzw. Erwachsenenschutzvereine, die nun zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge ausgebaut werden. Vorgesehen ist in diesem Sinn eine Ausweitung der Beratungsfunktion, aber auch die Einführung der Möglichkeit, vor den Erwachsenenschutzvereinen eine Vorsorgevollmacht zu errichten oder einen Erwachsenenvertreter einzutragen. Verpflichtend soll schließlich die so genannte "Abklärung" durch den örtlich zuständigen Verein im gerichtlichen Verfahren zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters werden. (Schluss) hof