Parlamentskorrespondenz Nr. 458 vom 21.04.2017

Parlament: TOP im Nationalrat am 27. April 2017

Fragestunde mit Bundesminister Leichtfried, Volksbegehren gegen TTIP und CETA, digitale Vignette

Wien (PK) – Der Plenartag am Donnerstag steht ganz im Zeichen von zwei Generalthemen: Das Volksbegehren gegen TTIP und CETA und die Einführung der digitalen Vignette. Nach einer Fragestunde mit Verkehrsminister Jörg Leichtfried folgt der parlamentarische Startschuss für das TTIP/CETA-Volksbegehren, das 562.379 Personen bzw. 8,87% der Stimmberechtigten unterzeichnet haben und damit auf Rang 11 der bisher 39 Volksbegehren in der Zweiten Republik liegt. Die Parlamentsparteien sind übereingekommen, die Initiative in einer Ersten Lesung zu diskutieren, bevor sie im Ausschuss beraten wird.

Außerdem stehen einige Verkehrsmaterien am Programm. Das "Vignetten-Pickerl" hat ausgedient, ab 2018 wird die digitale Vignette kommen. Der Verkehrsminister erhält von den Abgeordneten aber auch Rückenwind im Kampf gegen die deutsche PKW-Maut.

Fragestunde

Der Sitzungstag beginnt mit einer Fragestunde, in der Verkehrsminister Jörg Leichtfried den Abgeordneten Rede und Antwort steht.

Erste Diskussion über das Volksbegehren gegen TTIP und CETA

Noch bevor das Volksbegehren gegen TTIP und CETA, die Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada, einem Ausschuss zugewiesen wird, diskutieren die Abgeordneten über dessen Forderungen im Rahmen einer Ersten Lesung. Exakt 562.379 Personen haben die Initiative unterzeichnet, mit 8,87% der Stimmberechtigten – also ausreichend, um im Nationalrat behandelt zu werden - liegt es auf Rang 11 der bisher 39 Volksbegehren in der Zweiten Republik. Beide Freihandelsabkommen waren schon mehrmals Anlass für heftige und kontroverse Debatten sowohl im EU-Unterausschuss und Nationalratsplenum, zuletzt im Rahmen einer Dringlichen Anfrage am 1. Februar dieses Jahres. Es ist daher auch am kommenden Donnerstag mit einem hitzigen Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Standpunkte zwischen den Parteien zu rechnen.

Die InitiatorInnen verlangen vom Nationalrat, ein Bundesverfassungsgesetz zu beschließen, das österreichischen Organen untersagt, die Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) oder das plurilaterale Dienstleistungsabkommen (TiSA) zu unterzeichnen, zu genehmigen oder abzuschließen. In der Begründung des Volksbegehrens wird unter anderem darauf hingewiesen, dass das zwischen der EU und den USA verhandelte Transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) nicht nur traditionelle Marktzugangsvorschriften umfasst, sondern auch die Bereiche Investitionsschutz, Dienstleistungen, öffentliche Auftragsvergaben, nichttarifäre Handelshemmnisse und handelsbezogene Regelungen. Durch die vorgesehene Liberalisierung könnte die Macht internationaler Konzerne gegenüber der Politik zum Nachteil der BürgerInnen weiter gestärkt werden, befürchten die UnterzeichnerInnen. Zudem kritisieren sie, dass die Europäische Kommission die Verhandlungen sowohl über TTIP als auch über CETA hinter verschlossen Türen führt bzw. geführt hat.

Als besonders heikel werten die UnterzeichnerInnen das so genannte "Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren" (ISDS), das ausländischen Investoren ermöglicht, Staaten bei internationalen Schiedsgerichten zu klagen. Damit würden die Möglichkeiten von Demokratien beschnitten, ArbeitnehmerInnenrechte, Gesundheit, Umwelt oder Menschenrechte ausreichend zu schützen, warnen sie. Auch der Regulierungsrat, die Stillstandsklausel und die Sperrklausel sind ihnen ein Dorn im Auge. Sei einmal ein staatliches Unternehmen wie etwa die Stadtwerke von einem privaten Investor gekauft worden, könne es nie wieder rekommunalisiert werden, befürchten sie. Da es sich um ein "lebendes Abkommen" handle, könnten die Verhandlungspartner von TTIP überdies Details im Nachhinein ohne demokratische Kontrolle ausverhandeln.

Digitale Autobahn-Vignette

Autobahnen sind längst digital aufgerüstet – nun hat auch bald das "Vignetten-Pickerl" ausgedient. Es soll ab 2018 durch die digitale Autobahn-Vignette abgelöst werden. Die entsprechende Änderung zum Bundesstraßen-Mautgesetz kann auch im Nationalratsplenum mit einhelliger Zustimmung rechnen, nachdem sich alle Mitglieder im Verkehrsausschuss dafür ausgesprochen haben.

Die digitale Vignette wird über das Kennzeichen abrufbar sein, Verkehrsminister Jörg Leichtfried hat daher auch im Ausschuss gemeint, "die Vignette hängt am Kennzeichen". Dies wird durch eine Vignettenevidenz in Form eines öffentlichen Registers möglich gemacht, in das jede Person Einsicht nehmen und damit überprüfen kann, ob für ein bestimmtes Fahrzeug eine Vignette erworben wurde. Die Vignette gilt für einspurige Fahrzeuge und Kfz bis 3,5 Tonnen. Sie soll vor allem auch für BesitzerInnen von Wechselkennzeichen Vorteile bringen, da diese nunmehr eine Vignette für mehrere Fahrzeuge verwenden können. InhaberInnen von Probe- und Überstellungskennzeichen wiederum wird künftig auch eine Jahresvignette angeboten. Ob es eine digitale Kurzzeit-Vignette geben wird, wird derzeit noch geprüft.

Petition gegen die deutsche PKW-Maut

Rückenwind in seinem Engagement gegen die deutsche PKW-Maut erhält Bundesminister Jörg Leichtfried durch das Nationalratsplenum. Der Verkehrsausschuss hat einhellig die von SPÖ-Mandatar Anton Heinzl vorgelegte Petition unterstützt, welche sich gegen Diskriminierungen österreichischer AutofahrerInnen im Zuge der Einführung der Maut richtet. Dieser Empfehlung werden sich voraussichtlich auch alle Abgeordneten uneingeschränkt anschließen.

Gesetzliche Klarstellungen für die Güterbeförderung

Mit einhelliger Zustimmung wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Änderung des Güterbeförderungsgesetzes das Plenum passieren. Sie bringt gesetzliche Klarstellungen. So soll die Verpflichtung zur Mitführung von Begleitpapieren im Güterbeförderungsgewerbe an die technische Entwicklung angepasst werden, zumal elektronische Frachtdokumente unterdessen zum Standard geworden sind. Elektronische Belege müssen bei Kontrollen zwar vorgezeigt, aber nicht ausgedruckt werden. Für den Bereich der Kabotage wird eine eindeutige Mitführverpflichtung von Belegen während einer Kabotagefahrt festgelegt, da die entsprechende EU-Verordnung offen lässt, ob nicht auch eine nachträgliche Vorlage in bestimmten Fällen zulässig ist.

Antrag zu Erleichterungen für Wechselkennzeichen

Die Initiative der Freiheitlichen zu Erleichterungen bei Wechselkennzeichen wird voraussichtlich im Plenum keine Mehrheit erhalten. Die FPÖ drängt auf eine Ausnahme hinsichtlich der Bestimmung in der Straßenverkehrsordnung, wonach Autos ohne Kennzeichen auf öffentlichem Grund nicht abgestellt werden dürfen. Sie sehen darin eine Benachteiligung für InhaberInnen von Wechselkennzeichen.

Initiative zu Förderprogramm für Radfahrkurse in Volksschulen

Keinen Anlass sah die Mehrheit im Verkehrsausschuss auch für die Forderung der Grünen nach einem bundesweiten Förderprogramm für Radfahrkurse an Volksschulen. Es geschehe ohnehin schon sehr viel in Sachen Radfahren und Verkehrserziehung, so die Argumentation dagegen. Die Grünen halten dem entgegen, dass mit einem solchen Programm die Ziele der im Lehrplan der Volksschulen verbindlich festgelegten Verkehrserziehung erreicht werden und alle Kinder in Österreich mit zehn Jahren Radfahren können. (Schluss) jan/keg