Parlamentskorrespondenz Nr. 946 vom 13.09.2018

Gute Konjunktur verbesserte Bundesrechnungsabschluss 2017

Rechnungshofpräsidentin Kraker verweist auf mittelfristige Risiken der Budgetentwicklung

Wien (PK) - Der Bundesrechnungsabschluss (BRA) für das Jahr 2017, den der Rechnungshof vorgelegt hat, stand am Beginn der ersten Sitzung des Budgetausschusses nach der Sommerpause. (III-160 d.B. ). Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Vor Eingang in die Tagesordnung merkten die Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ) und Bruno Rossmann (PILZ) kritisch an, dass Finanzminister Hartwig Löger den Abgeordneten nicht für Fragen zur Verfügung steht. Das dürfe nicht zur Regel werden, meinte Krainer. Ausschussvorsitzende Angelika Winzig (ÖVP) wies darauf hin, dass der Finanzminister einen Termin im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes wahrzunehmen habe und das Ressort durch Staatssekretär Hubert Fuchs angemessen vertreten sei. Sie werde aber selbstverständlich darauf achten, bei der Planung von weiteren Ausschussterminen Terminkollisionen mit dem Finanzressort möglichst zu vermeiden.

RH-Präsidentin Kraker: Höhere Steuereinnahmen verbessern Nettoergebnis

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker präsentierte dem Ausschuss den Bericht, der neugestaltet wurde, um eine größere Übersichtlichkeit zu erzielen. Der Rechnungshof stützt seine Einschätzung der Budgetentwicklung vor allem auf die Ergebnisrechnung des Bundeshaushalts. Die budgetäre Entwicklung ist demnach nicht zuletzt aufgrund der guten Konjunktur besser ausgefallen als ursprünglich erwartet, dennoch blieb das Nettoergebnis weiterhin negativ. Den Erträgen von rund 77,3 Mrd. € standen 2017 letztlich Aufwendungen von rund 79 Mrd. € gegenüber. Die Differenz betrug damit rund -1,64 Mrd. € und war damit um ca. 7,8 Mrd. € besser als im Jahr 2016. Zudem wich das Ergebnis damit erheblich von den Voranschlägen ab.

Die festgestellten Verbesserungen der Zahlen werden vom Rechnungshof vor allem auf höhere Steuereinnahmen zurückgeführt. Dies betraf vor allem die Umsatzsteuer (+1 Mrd. €), die Lohnsteuer (+1,06 Mrd. €), die Kapitalertragssteuer (+384,06 Mio. €), die Körperschaftssteuer (+322,45 Mio. €) und die Mineralölsteuer (+294,29 Mio. €). Zum besseren Ergebnis trugen insbesondere zwei Einmaleffekte bei. Einerseits wurde ein neuer Zuschussvertrag mit den ÖBB erst verspätet abgeschlossen und hat damit das Jahresergebnis nicht beeinflusst. Andererseits wurde eine Rückstellung von 996,71 Mio. €, die für die Hypo Alpe Adria gebildet wurde, aufgelöst.

Die positive Entwicklung der Haushaltsdaten 2017 ging laut Rechnungshof vor allem auf das starke Wirtschaftswachstum zurück. Das reale BIP wuchs im Jahr 2017 um 2,9%. Damit übertraf die Konjunkturentwicklung die Prognosewerte. Das Maastricht-Defizit stand bei -0,7% des BIP (2016: -1,6 %). Aufgrund des hohen nominellen Wachstums reduzierte sich der öffentliche Schuldenstand von 83,6% 2016 auf 78,4% des BIP im Jahr 2017. Das strukturelle Defizit ging nach -0,9% im Jahr 2016 auf -0,5% im Jahr 2017 zurück. Die Abgabenquote betrug im Vorjahr 41,9%.

Auch wenn das das Wirtschaftswachstum weiterhin positive Auswirkungen auf das Budget haben dürfte, sieht die Rechnungshofpräsidentin auch mittelfristige Risiken für die Haushaltsplanung des Bundes. So werde die Erreichung der für das Doppelbudget 2018/2019 vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen in Höhe von 2,5 Mrd. € davon abhängen, ob die Streichung von Budgetspielräumen sich in konkreten Maßnahmen niederschlage. Vor allem sei die Frage der Rücklagenbildung bzw. –verwendung zu klären, merkte Kraker dazu an. Auch sei abzuwarten, ob die angestrebte Reduzierung von Personalkosten des Bundes gelingt. Unwägbarkeiten sieht der Rechnungshof auch bei der Indexierung der Familienbeihilfe, von der eine Kostensenkung erwartet wird. Offene Fragen ortet RH-Präsidentin Kraker zudem bei den Auswirkungen der Abschaffung des Pflegeregresses und den vorgesehenen einnahmeseitigen Sondereffekten.

Hanger (ÖVP) und Angerer (FPÖ) sehen Budgetkurs der Regierung bestätigt

Aus Sicht von Abgeordnetem Erwin Angerer (FPÖ) bestätigen die Zahlen des Bundesrechnungsabschlusses, dass die budgetpolitische Korrektur, wie sie Bundesregierung vorgenommen hat, überfällig war. Für ÖVP-Abgeordneten Andres Hanger ist es wenig erfreulich, dass das Nettovermögen des Bundes letztlich weiter gesunken ist. Für eine Gesamtbetrachtung sei es auch wichtig, in die Vermögensrechnung neben dem Bund auch die Gebietskörperschaften einzubeziehen und diese staatliche Gesamtrechnung bald umzusetzen.

Krainer (SPÖ): Finanzkrise ist überwunden, aber noch am Arbeitsmarkt spürbar

SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer entnahm dem Zahlenwerk, dass die Finanzkrise des vergangenen Jahrzehnts zwar weitgehend überwunden ist, dass die Auswirkungen aber auf dem Arbeitsmarkt immer noch spürbar sind, was entsprechende Maßnahmen erfordere. Krainer wollte auch wissen, welche Erfolge Österreich mit Maßnahmen der Armutsbekämpfung erzielt und wie sich die Mindestsicherung hier auswirkt. Kritisch merkte er an, dass die Belegprüfungen des Rechnungshofs eine Fehlerquote von 16 % ergeben haben. Das sei zwar eine Verbesserung zu früheren Jahren, aber immer noch sehr hoch, sagte Krainer und fragte, was das Ressort dagegen unternimmt. Sein Fraktionskollege Markus Vogl ortete eine gewisse Intransparenz bei der Darstellung der Personalkosten des Bundes. Es sei nicht völlig nachvollziehbar, welche ausgegliederten Unternehmen hier berücksichtigt sind, und welche nicht. Eva Holzleitner (SPÖ) bezweifelte, dass die Indexierung der Familienbeihilfe die angekündigten Einsparungen bringen wird, da die Maßnahme in weiten Teilen dem EU-Recht widerspreche.

Rossmann (PILZ): Ergebnisrechnung muss verbessert werden  

Bruno Rossmann von der Liste Pilz schloss sich der Kritik von Krainer an der hohen Fehlerquote, welche die Belegprüfung ergebe, an und zeigte sich außerdem unzufrieden darüber, dass die Ressorts die Ergebnisrechnungen aus seiner Sicht sehr ungenau durchführen. Wenn sich daran nicht ändere, stelle sich für ihn die Frage, ob es überhaupt sinnvoll sei, die Verwaltung eine Ergebnisrechnung durchführen zu lassen, und ob es nicht besser wäre, diese ganz in den Bundesrechnungsabschluss zu verlagern. Eine genaue Ergebnisrechnung sei jedenfalls notwendig, um ein längerfristiges Monitoring des Staatshaushaltes vornehmen zu können.

Scharfe Kritik übte Rossmann auch an den starken Abweichungen zu den Voranschlägen, die seiner Meinung nach nur teilweise mit Konjunktureffekten erklärt werden können. Vielmehr sei in den letzten Jahren im Finanzressort eine sehr ungenaue Budgetierung üblich geworden. Er könne sich die Zahlen nicht anders erklären, als dass teilweise mit Absicht Budgetposten über- oder unterbudgetiert werden. Grundsätzlich gehe es um mehr Budgetwahrheit. Rossmann wollte auch wissen, welches Ergebnis die Maßnahmen gegen Steuerbetrug gebracht haben, und welchen Steuerkategorien sie zuzuordnen sind.

Loacker (NEOS): Rasche Entlastung der SteuerzahlerInnen notwendig

Für die NEOS vertrat Gerald Loacker die Ansicht, dass der gesamte Budgetprozess neu aufgesetzt werden sollte. Der Rechnungshof wäre weit früher einzubeziehen, lautete eine seiner Überlegungen. Auch müsste die Wirkungsorientierung von budgetären Maßnahmen in den Bundesrechnungsabschluss Eingang finden. Für bedenklich hält es Loacker, dass die niedrigere Schuldenquote nur durch höheres Wirtschaftswachstum erzielt wurde, den hohen Einnahmen aber nach wie vor noch höhere Staatsausgaben gegenüberstehen. Eine Entlastung vor allem der mittleren Einkommen sei dringend notwendig, da bei diesen jede Einkommenserhöhung überdurchschnittlich stark von der kalten Progression erfasst werden.

Kraker: Fehlerquote bei Verbuchungen vor allem Formalmängel

In der Beantwortung der Fragen der Abgeordneten rückte Rechnungshofpräsidentin Kraker die Fehlerquote von 16%, welche die Belegprüfung ergeben hat, mit dem Hinweis zurecht, dass es sich dabei größtenteils nicht um wesentliche Mängel, sondern um Formalfehler handle. Sowohl der Rechnungshof als auch das BMF führen mit den Ressorts Schulungen durch, was sich bereits in einem deutlichen Sinken der Fehlerquote niederschlage, sagte sie. Der Rechnungshof lege ganz bewusst den Fokus auf den Ergebnishaushalt, der aus seiner Sicht geeignet ist, die wahre Entwicklung über längere Zeiträume sichtbar zu machen, und der sich daher als Steuerungsinstrument eigne. Was die Einbeziehung der Vermögen der Gebietskörperschaften betrifft, so brauche diese eine gesetzliche Grundlage. Ab 2020 sollte eine staatliche Gesamtrechnung möglich werden.

Fuchs: Wirkungsorientierung des Budgets soll auch in BRA einfließen

Staatssekretär Hubert Fuchs ergänzte, die Fehlerquote gehe seit der Einführung des neuen Haushaltsrechts kontinuierlich zurück. Auch jetzt schon sei der Prozentsatz der Buchungen, bei denen das Risiko eines schwerwiegenden Fehlers besteht, sehr niedrig. Was das Budget für Arbeitsmarktmaßnahmen betreffe, so gebe man tatsächlich nur 73 Mio. € weniger aus. Armutsbekämpfung sei nicht Thema des Budgetausschusses, doch könne er mitteilen, dass der Bundeszuschuss zur Mindestsicherung zuletzt leicht gesunken sei, sagte der Staatssekretär. Er gehe davon aus, dass die Einsparungen aus der Indexierung der Familienbeihilfe richtig berechnet sind und auch erzielt werden können, sagte Fuchs.

Die Kritik von Rossmann an der Budgetierung ließ der Staatssekretär nicht gelten. Die Budgets würden stets mit der gebotenen Sorgfalt erstellt. Selbstverständlich sei dem Finanzministerium auch der Ergebnishaushalt wichtig, sagte er. Die Einnahmen aus den Maßnahmen gegen Steuerbetrug bezifferte Fuchs mit annähernd 600 Mio. €, die vor allem aus der Umsatzsteuer angefallen sind. Allerdings handle es sich dabei noch im keine endgültigen Zahlen. Man arbeite auch daran, Modelle zu entwickeln, um die Wirkungsziele in den Bundesrechnungsabschluss einfließen zu lassen, erfuhr NEOS-Abgeordneter Loacker.

Berger: Antizyklische Budgetentwicklung 2017 noch nicht erreicht

Helmut Berger vom Budgetdienst des Parlaments führte aus, dass die Vermögensbilanz des Bundes im Gefolge der Wirtschafts- und Finanzkrise gelitten habe. Er bezifferte den negativen Vermögenszuwachs mit rund 28 Mrd. €. Im Jahr 2017 habe sich zwar eine Verbesserung gezeigt, doch sei noch keine wirkliche Trendumkehr im Sinne einer antizyklischen Entwicklung der Staatsfinanzen gelungen. Zur Frage der ausgegliederten Unternehmen, die Abgeordneter Vogl angesprochen hatte, erläuterte Berger, dass es auf die jeweilige Rechtsform ankomme, ob sie in den BRA einbezogen werden. Eine Harmonisierung wäre im Sinne der größeren Transparenz jedenfalls wünschenswert. (Fortsetzung Budgetausschuss) sox