Parlamentskorrespondenz Nr. 1045 vom 04.10.2018

Erklärung von Kremsier

Wien (PK) – Die drei Parlamentspräsidenten Österreichs, Tschechiens und der Slowakei trafen gestern und heute in Kremsier (Tschechien) erstmals im "Austerlitz-Format" zu Gesprächen zusammen. Heute verabschiedeten sie eine gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit der Parlamente der drei Länder. Darin fordern sie auch eine Stärkung der Rolle der nationalen Parlamente der EU.

Eintreten für Stabilität in der Nachbarschaft

"Wir teilen die Ziele der österreichischen Ratspräsidentschaft unter dem Motto 'Ein Europa, das schützt'", betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Dabei geht es um die Bekämpfung illegaler Migration, die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Europas und die Stabilisierung der europäischen Nachbarschaft. "Wir bekennen uns zur Integration der Westbalkanländer in die EU", strich Sobotka hervor.

Der österreichische Nationalratspräsident hob in den Gesprächen die Frage der Erweiterung der EU auf dem Westbalkan bzw. in Südosteuropa als besonders wichtiges Themenfeld hervor. Radek Vondrá ček, Vorsitzender der Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments, Andrej Danko, Präsident des slowakischen Nationalrats, und der österreichische Nationalratspräsident Sobotka sind übereingekommen, eine Reihe von Projekten zur Stärkung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Südosteuropa zu initiieren.

Politische Bildung und "Gedenkjahr 2019"

"Unter anderem wird es zu einem Austausch von Konzepten zur politischen Bildung kommen", kündigte Wolfgang Sobotka an. Des Weiteren werden die Ausschüsse der drei Parlamente zusammenarbeiten, insbesondere die Verkehrs-, Sozial-, EU- und Wirtschaftsausschüsse. Vereinbart wurde auch eine Zusammenarbeit im Bereich der Demokratiewerkstatt sowie eine gemeinsame Aufarbeitung der Geschichte der drei Nachbarländer.

"Wir planen ein Buch über die gemeinsame Geschichte Österreichs und Tschechiens zwischen dem Revolutionsjahr 1848 und dem EU-Beitritt Tschechiens im Jahr 2004", berichtet der österreichische Nationalratspräsident. Zudem werde es im "Gedenkjahr 2019" gemeinsame Veranstaltungen geben, um an die Friedensverhandlungen von 1919 nach dem Ersten Weltkrieg und den Fall des Eisernen Vorhangs 1989 zu erinnern.

Stärkung der nationalen Parlamente

In der Erklärung unterstreichen die drei Parlamentspräsidenten, es gelte, nicht nur dem Prinzip der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen, sondern auch den politischen Dialog zwischen den nationalen Parlamenten und der Europäischen Union zu stärken. Des Weiteren wird die EU aufgefordert, verstärkt gemeinsame Lösungen zu suchen, das Vertrauen der BürgerInnen in demokratische Prozesse zu erhöhen sowie Trennlinien und Missverständnisse zu überwinden, die in den letzten Jahren entstanden sind. Die nationalen Parlamente sollen enger und auf regelmäßiger Basis zusammenarbeiten, Freundschaftsgruppengruppen gründen und gemeinsame parlamentarische Aktivitäten anstreben, nach dem Vorbild der "Fiskalpaktkonferenz", des "Gemeinsamen Parlamentarischen Kontrollausschusses zu Europol", des "COSAC-Plenums", der "Interparlamentarischen Konferenz für Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" und der ParlamentspräsidentInnen-Konferenz der EU-Parlamente".

Die nunmehr getroffene Übereinkunft zwischen den drei Parlamentspräsidenten folgt dem "Austerlitz-Format" ("Slavkov-Format"). Dieses sollte die Beziehungen zwischen Österreich, Tschechien und der Slowakei fördern. Es besteht seit einem Treffen des österreichischen Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten der Tschechischen und der Slowakischen Republik am 29. Jänner 2015 in Austerlitz bei Brünn (Slavkov u Brna).

Die drei Präsidenten trafen sich an einem Ort, der für alle drei Länder von historischer Bedeutung ist: In Kremsier (Kroměříž) wurde vor 170 Jahren nach bzw. in der Oktoberrevolution von 1848 ein erster Verfassungsentwurf für die Habsburger Monarchie verabschiedet. Es war der erste, der auf modernen Prinzipien beruhte. (Schluss) gb