Parlamentskorrespondenz Nr. 1084 vom 11.10.2018

Bundesrat: Neuer Terrorismusparagraph mehrheitlich genehmigt

Länderkammer trägt die jüngste Strafrechtsnovelle mit

Wien (PK) – Justizthemen dominierten nach der Erklärung des burgenländischen Landeshauptmannes und nach der Aktuellen Stunde die heutige Sitzung des Bundesrats . So debattierte die Länderkammer die vom Nationalrat Ende September beschlossene Strafrechtsnovelle, mit der ein neuer Straftatbestand im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung geschaffen wird. Weiters standen rechtliche Modernisierungen für Notare und Genossenschaften auf der Tagesordnung. Den Fokus auf Kinder- und Menschenrechte richtete das Plenum, als ein internationales Übereinkommen gegen Kindesentführung und der jüngste Volksanwaltschaftsbericht diskutiert wurden.

In einer eigenen Enquete zum Thema Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe will der der Bundesrat unter burgenländischem Vorsitz mit ExpertInnen die Chancen und Perspektiven in Betreuungsorganisationen für Minderjährige ausloten. Diesen Beschluss fassten die MandatarInnen einstimmig.

Zu Sitzungsende wurden Ausschüsse des Bundesrats neu gewählt, da sie um jeweils ein Mitglied auf 14 Mitglieder (5 ÖVP, 5 SPÖ, 4 FPÖ) aufgestockt werden. Weiters wurde ein eigener Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur neu eigerichtet. Der bestehende Ausschuss für Unterricht, Kunst und Kultur heißt in Hinkunft Unterrichtsausschuss.

Eingangs fand die Angelobung von vier neuen BundesrätInnen statt: Die Vorarlbergerin Martina Ess (ÖVP) übernahm das Mandat von Edgar Mayer, ihre Tiroler Fraktionskollegin Elisabeth Mattersburger folgte Elisabeth Pfurtscheller nach, die in den Nationalrat gewechselt ist. Neu in der Länderkammer sind außerdem die Oberösterreicher Anton Froschauer (ÖVP) und Dominik Reisinger (SPÖ), nachdem Peter Oblerlehner und Michael Lindner die Länderkammer verlassen haben.

Strafrechtsnovelle passiert den Bundesrat

Keinen Einspruch erhob die Mehrheit im Bundesrat gegen den Nationalratsbeschluss, den Tatbestand "Reisen für terroristische Zwecke" im Strafgesetzbuch zu verankern. Dieser neue § 278g ist allerdings nur ein Teil der Strafrechtsnovelle . Außerdem wird damit die inländische Gerichtsbarkeit bei Terrordelikten ausgeweitet, sodass in Österreich ansässige TäterInnen, die im Ausland strafbar geworden sind, von der heimischen Justiz belangt werden können. Überdies sieht die Novelle für Opfer terroristischer Straftaten die Möglichkeit der Prozessbegleitung vor.

Außerdem verabschiedete die Länderkammer einstimmig das "Elektronische Notariatsform-Gründungsgesetz", mit dem die Errichtung elektronischer Notariatsakte bei Gründungen von GesmbHs erleichtert wird. Ohne Einspruch verließ den Bundesrat auch das Genossenschaftsspaltungsgesetz, womit Genossenschaften nach dem Vorbild von Kapitalgesellschaften ebenfalls die Möglichkeit der Spaltung als Umgründungsform erhalten.

Bundesrat stützt Abkommen zum Schutz vor Kindesentführung

Dem Übereinkommen gegen internationale Kindesentführungen bzw. die zivilrechtlichen Aspekte dabei – etwa Obsorgefragen - widmete die Länderkammer ihre Aufmerksamkeit, als eine diesbezügliche Annahmeerklärung zur Beschlussfassung stand. Einhellig befürworteten die Bundesrätinnen und Bundesräte, dass kürzlich die lateinamerikanischen Länder Paraguay, Uruguay, El Salvador und Kolumbien der Übereinkunft beigetreten sind. Mit der Annahme dieser Beitritte kann das Regelwerk zum Schutz von Kindern vor grenzüberschreitenden Entführungen, meist innerhalb der Familie, zwischen Österreich und den vier lateinamerikanischen Staaten Wirksamkeit entfalten.

Volksanwaltschaft: Einsatz für Bevölkerung von Bundesrat gewürdigt; Debatte über Pflegeregress

Dem Einsatz der Volksanwaltschaft im Dienst der Bevölkerung zollte die Länderkammer heute Respekt, indem sie den Volksanwaltschaftsbericht 2017 einstimmig zur Kenntnis nahm. Aus dem Tätigkeitsbericht geht hervor, dass die Ombudsstelle im Vorjahr erneut mehr Beschwerden über die öffentliche Verwaltung verzeichnete. Konkret wandten sich 20.097 BürgerInnen an die Volksanwaltschaft, die in 80,1% der Fälle ein Prüfverfahren einleitete, die meisten im Bereich der inneren Sicherheit. Bei der präventiven Menschenrechtskontrolle rückte die Volksanwaltschaft zuletzt die Rechte von Kindern und Jugendlichen in den Vordergrund, etwa bei zahlreichen Erhebungen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und in Kinderheimen.

Festgestellt wurden bei den Kontrollbesuchen große Versorgungsmängel für psychisch kranke Minderjährige und eine Gewaltzunahme in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Volksanwalt Günther Kräuter sagte dazu, bundeseinheitliche Bestimmungen in diesem Feld würden dem Wohl der Kinder am besten Rechnung tragen.

Von SPÖ und Grünen gab es in der Debatte einen Vorstoß für eine gerechte Anpassung der Familienbeihilfe, bei der Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe haben, nicht übergangen werden. Die Mehrheit im Bundesrat trug den entsprechenden Oppositionsantrag aber nicht mit.

Als aktuell brennendes Thema sprach Volksanwalt Kräuter überdies den Pflegeregress an. Seit Anfang des Jahres ist dieser Regress, also der Zugriff eines Bundeslandes auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, nicht mehr möglich. Die 2017 initiierte Reform hält Kräuter zwar für richtig, kritisch sieht er aber den damit einhergehenden Ansturm auf die ohnehin schon überlasteten Pflegeheime. Derzeit werde nämlich die teuerste Form der Pflege, die Heimunterbringung, vollständig durch Steuergeld finanziert, während der Staat die private Pflege als kostengünstigere Betreuungsform nicht ausreichend unterstütze, so Kräuter, der deswegen eine Anhebung des Pflegegeldes in allen Pflegestufen um 30% forderte. Bis die Frage der Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern geklärt ist, brauche Österreich auch einheitliche Übergangsregelungen für den Umgang mit noch bestehenden Pflegeregressforderungen, appellierte er außerdem.

Im Rahmen der Bundesratssitzung eingebrachte Fristsetzungsanträge der Grünen zur Behandlung von Forderungen im Bildungs- und im Kinderrechteausschuss wurden schließlich von der Plenumsmehrheit abgelehnt. (Schluss Bundesrat) red/rei

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