Parlamentskorrespondenz Nr. 1267 vom 14.11.2018

VwGH rechnet mit weiterem Anstieg der Verfahrensanzahl in Asylsachen

Verfassungsausschuss beschäftigt sich mit Situation des Verwaltungsgerichtshofs

Wien (PK) - Die Zahl der neu anhängigen Verfahren im Verwaltungsgerichtshof (VwGH) steigt seit 2014 kontinuierlich an, heuer wird der Höchststand vom vorigen Jahr mit 7300 neuen Fällen abermals überschritten. Die Prognose liegt derzeit bei 8000 neuen Verfahren, wie VwGH-Präsident Rudolf Thienel heute im Verfassungsausschuss erklärte. Er rechnet zumindest in nächster Zeit insbesondere in Asylsachen mit einem weiteren Anstieg der Anfallszahlen, Budgetnöte könnten dann nicht mehr durch eine gewisse Zeitverzögerung von Neubesetzungen bis hin zu Richterposten überbrückt werden, der Druck der Arbeitsbelastung sei zu groß. Ob der seit heuer zusätzlich geschaffene, allerdings vorübergehende Richterposten sowie die zwei Stellen für wissenschaftliche MitarbeiterInnen auch noch nach Ablauf der Befristung bis Ende 2019 erforderlich sein werden, könne jetzt noch nicht abgesehen werden.

Anders als das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und das Bundesverwaltungsgericht habe er kein zusätzliches Personal für die Bearbeitung von Asylfällen bekommen, so Thienel im Ausschuss weiter. Auf die Frage von Abgeordnetem Markus Tschank (FPÖ), ob aufgrund von fallenden Zahlen im Asylbereich ab 2020 oder 2021 nicht eher ein Rückgang der Verfahren zu erwarten sei, meinte der VwGH-Präsident, dass er ein Auslaufen der zusätzlichen Posten annehme. Richtig beurteilen könne man dies allerdings erst im Laufe des nächsten Jahres, wie er auch gegenüber Stephanie Krisper (NEOS) sagte. Die Abgeordnete sieht die Gefahr, dass es aufgrund der angespannten Personalsituation zu Rückstaus und einer längeren Verfahrensdauer im VwGH kommen könnte.

Zur Frage von Johann Singer (ÖVP), woran es liegt, dass die Verfahrensdauer 2018 im Vergleich zum Vorjahr trotz des zahlenmäßigen Anstiegs der Verfahren von 4,6 auf 3,9 Monate minimiert werden konnte, verwies Thienel auf die unterschiedliche Struktur der Verfahren. Im Asylbereich würde ein Verfahrenshilfeantrag beispielweise unter 1,5 Monaten erledigt werden können, was die durchschnittliche Verfahrensdauer stark verkürze.

Die Zahl der Beschwerdefälle hat 2017 nicht nur in Asylangelegenheiten deutlich zugenommen (2016: 1.580, 2017: 2.321), sondern auch jene im Glücksspielbereich, wo im vergangenen Jahr 976 neue Fälle zu verzeichnen waren. Ein Großteil der neuen Verfahren betraf außerordentliche Revisionen (87%), 6% waren ordentlichen Revisionen, 7% Fristsetzungsanträgen zuzuordnen. Dazu kommen einzelne Feststellungsanträge und Verfahren betreffend Kompetenzkonflikte.

Serienmäßige Revisionen gebe es jedenfalls nicht nur im Asyl- und Glücksspielrecht, sondern auch etwa im Zusammenhang mit der Bodenreform, gab VwGH-Präsident Auskunft gegenüber Yildirim Selma (SPÖ).

Die Zahl der im Jahr 2017 vom Verwaltungsgerichtshof erledigten Verfahren lag bei 6.633, heuer rechnet man mit 8.200. Die Erledigungszahlen werden 2018 damit gegenüber dem Vorjahr wieder etwas höher ausfallen als die Anfallszahlen, wie der VwGH-Präsident im Ausschuss erklärte.

Neben dem Asylrecht (2.321), dem Glücksspielrecht (976) und dem Fremdenrecht (564) betrafen die häufigsten Verfahren im Jahr 2017 die Bereiche Abgaben (381), Baurecht (371), Bodenreform (256), Arbeitsrecht (249) sowie Straßenverkehrsordnung und Kraftfahrgesetz (239).

Neue Akademie soll Qualität der Verwaltungsgerichtsbarkeit sichern

Als wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung wertet der Verwaltungsgerichtshof die auch unter seiner Beteiligung an der Johannes Kepler Universität eingerichtete "Österreichische Akademie der Verwaltungsgerichtsbarkeit für Recht, Management und Innovation". Sie dient zum einen der Fortbildung von VerwaltungsrichterInnen sowohl auf Länder- als auch auf Bundesebene und soll darüber hinaus den Wissensaustausch in Rechtsfragen und in Managementfragen fördern.

Geht es um die Ausbildung von VerwaltungsrichterInnen, sprach sich Thienel dafür aus, das bisherige Modell im Kern beizubehalten. Es brauche Quereinsteiger, die aus der Verwaltung kommen und über wertvolle praktische Erfahrung für die Verwaltungsgerichtsbarkeit verfügen.

In Bezug auf die Verwaltungsgerichtsreform 2012 sagte Thienel, dass es im Schnitt bei weit über 90% der Entscheidungen von den Verwaltungsgerichten in den Ländern zu keinen Anfechtungen im VwGh komme. Die Verwaltungsgerichte würden schnell und qualitativ gut arbeiten, der Rechtsschutz sei dadurch relativ schnell geworden.

Basis für die Debatte im Verfassungsausschuss über die Arbeit des VwGh war der Tätigkeitsbericht des Höchstgerichts für 2017 (III-198 d.B.). (Fortsetzung Verfassungsausschuss) keg